E-Book, Deutsch, Band 1, 272 Seiten
Reihe: Das Feriendorf am Glücksberg
Roman
E-Book, Deutsch, Band 1, 272 Seiten
Reihe: Das Feriendorf am Glücksberg
ISBN: 978-3-377-90031-9
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Heidi Troi ist eine vielseitige Autorin, die sich nicht gern in Schubladen stecken lässt. Daher gibt es von ihr Krimis, Kinderbücher und Wohlfühlromane. Viele davon spielen dort, wo Heidi Troi aufgewachsen ist und jeden Stein kennt, nämlich in Südtirol. Aber nicht nur. Jedes ihrer Bücher ist einzigartig und sie liebt es, in ihren Geschichten den Menschen auf die Spur zu kommen, den Gründen ihres Handelns, ihren versteckten Ängsten und Wünschen. In ihren Büchern steckt immer eine Prise Humor, ein Quäntchen Wahrheit und ganz viel Liebe zu ihren Protagonisten und zu ihren Leser:innen.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1 – Trixi ist weg
Matt
»Das klingt ja fast, als hätte ich es hinnehmen sollen, dass ich sie jetzt zum dritten Mal mit einem anderen Kerl erwischt habe.« Matthäus, kurz Matt, sah zwischen seinem Bruder Mark und ihrem besten Freund Alex hin und her und fuhr sich verzweifelt mit den Händen durch das Haar. »Ganz zu schweigen von all den anderen Malen, von denen ich gar nicht weiß.« Alex hatte eine Krisensitzung einberufen und die war bitter nötig. Jetzt saßen sie in der zirbenholzgetäfelten Stube des Haupthauses im Almdorf auf etwa zweitausend Meter Meereshöhe und überlegten, wie es weitergehen sollte. Trixi war nicht unerheblich an dem Projekt beteiligt gewesen und vor diesem Hintergrund fiel es Mark schwer, den Bruch zwischen seinem Bruder und dessen Freundin zu akzeptieren, obwohl er Matts Entscheidung sehr wohl verstand. »Dir ist schon klar, dass wir gerade nicht nur eine Kellnerin verloren haben?« Matt fixierte seinen Bruder mit zusammengekniffenen Augen. »Und dein Lösungsvorschlag ist, dass ich mir weiter die Hörner aufsetzen lasse, damit der Laden hier läuft?« Bevor die Situation eskalieren konnte, legte ihm Alex beschwichtigend die Hand auf den Unterarm. »Natürlich musstest du sie zum Teufel schicken. Ich hätte dasselbe getan. Schon nach dem ersten Mal. Trotzdem stellt uns das jetzt vor Probleme. Wir brauchen schnellstmöglich Ersatz.« »Erzähl mir was Neues«, sagte Matt frustriert. Er wusste ja selbst, dass es gelinde gesagt eine Katastrophe war, dass Trixi jetzt, kurz vor Beginn der Saison weggefallen war. Aber er hatte es einfach nicht mehr hinnehmen können. So oft hatte er ihr verziehen, wenn er wieder über eine ihrer Affären gestolpert war. Jetzt hatte er endgültig einen Schlussstrich unter diese verkorkste Beziehung gezogen. Einerseits war er erleichtert. Dieses Hin und Her zwischen der großen Liebe und der noch größeren Enttäuschung hatte an seinen Nerven gezerrt – ganz zu schweigen von seinem Herzen. Nie hatte er gewusst, ob er ihr wirklich vertrauen konnte, ob es ihr diesmal ernst war. Andererseits tat es ihm weh. Aber letztlich war ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Mit einem dicken Knoten im Hals dachte er an ihr letztes schreckliches Aufeinandertreffen, als er ihr gesagt hatte, dass endgültig Schluss war zwischen ihnen. Und sie hatte einfach den Spieß umgedreht. »Du hast dich nie um mich bemüht«, hatte sie ihm vorgeworfen. Matt hatte nur genickt. »Du hast mich nie geliebt.« Wieder hatte er mit nichts als einem Nicken auf ihren Vorwurf reagiert. Wenn sie es brauchte, das Ganze so hinzustellen, als trüge er die Schuld daran, dann sollte es ihm recht sein. Hauptsache ihre Trennung blieb diesmal endgültig. Und so hatte er sich fast schon staunend angehört, wie sie die Tatsachen verdrehte, sodass auf einmal er den Aushilfskellnerinnen in den Ausschnitt geschaut hatte. Er reagierte auch nicht, als sie ihm an den Kopf geworfen hatte, dass dieses Projekt mitten im Nirgendwo eine Zumutung gewesen sei, und hatte sich den Kommentar verkniffen, dass Trixi selbst eine treibende Kraft dahinter gewesen war. Geduldig hatte er gewartet, dass das passierte, was passieren musste. »Ich gehe!« Da war der Satz, den Matt gefürchtet und doch herbeigesehnt hatte. »Hörst du? Ich gehe!« »Reisende soll man nicht aufhalten.« Er hatte gewusst, dass dieser Kommentar ihr Fass zum Überlaufen bringen würde und tatsächlich: Trixi war ausgerastet. Ohne ein weiteres Wort hatte sie ihren Koffer gepackt, ihn über die Holztreppe der Glücksalm poltern lassen, dabei das Spaßbarometer zerstört und war aus der Tür gerauscht, die Almstraße hinunter. Seit diesem Tag hatte er nichts mehr von ihr gehört oder gesehen. Matt seufzte. Er würde in Zukunft einen großen Bogen um Frauen machen. Die waren doch alle gleich. Kaum kam einer mit einem dickeren Geldbeutel oder den teureren Klamotten, wechselten sie ihr Zielobjekt. Und was konnte er einer Frau schon bieten? Harte Arbeit, kaum Urlaub – und wenn, dann in Zeiten, in denen überall der Ferienbetrieb lahmgelegt war … ein karges, mühevolles Leben, das hauptsächlich aus Schufterei bestand. Alex, der ihm diese Gedanken wohl vom Gesicht ablesen konnte, tätschelte seinen Arm. »Vergiss sie. Also. Was tun wir?« Die drei Männer verfielen in Schweigen. Durch das Fenster der Almhütte sah man die Felsen glühen, die von der Abendsonne in leuchtendes Orange getaucht wurden. Der letzte Gast war gegangen, auf der Alm war Ruhe eingekehrt. Erst am Wochenende kämen neue, vorher würden höchstens ein paar Wanderer einen Zwischenstopp in der Hütte einlegen, um sich zu stärken. Noch war es ruhig. Doch schon bald würden sie von einer Lawine aus Menschen überrollt werden. Spätestens in zwei Wochen sollte die Bude voll sein. Dann brach die Wandersaison richtig an und sie hätten von morgens um sechs bis Mitternacht kaum eine Minute Zeit, um sich Gedanken über irgendwas zu machen. Auch wenn Matt diese Zeit herbeisehnte, weil er dann so in Arbeit vertieft sein würde, dass seine Gedanken nicht um Trixi kreisen konnten, graute ihm davor, was ihr Ausfall für sein eigenes Pensum bedeuten würde. Es ging nicht nur um die fehlende Servierkraft. Trixi hatte auch das Marketing übernommen und aus den einfachen Almhütten mit ein paar Handgriffen zauberhafte Rückzugsorte gemacht. Dazu hatte sie immer neue Ideen eingebracht, die weitere Gäste auf diese Höhe lockten. Innerhalb eines Jahres war die Jausenstation mit dem dazugehörigen Feriendorf zum Geheimtipp geworden. Wobei Feriendorf vielleicht ein etwas überzogener Begriff für die paar Chalets war, die sich am Talschluss in das Hochtal schmiegten. Matt und Mark hatten sie von ihrem Vater geerbt und das Haupthaus sowie den Stall zwei Sommer lang liebevoll renoviert und die fünf kleineren, teilweise völlig verkommenen Hütten zu schnuckeligen Ferienhäuschen umgebaut, die sie nun vermieteten. Nachdem die erste Saison all ihre Erwartungen übertroffen hatte, versetzte Trixi ihrem Gemeinschaftsprojekt nun womöglich den Todesstoß. »Für den Anfang suchen wir einfach eine neue Kellnerin«, meinte Mark mitten in das Schweigen hinein. Matt lachte kurz auf. »Ach, und wo findest du jemanden?« Seit der Krise waren Servierkräfte Mangelware. In den langen Monaten, in denen das Gastgewerbe lahmgelegt gewesen war, hatten sich viele beruflich umorientiert. Um die wenigen, die noch übrig waren, wurde hart gekämpft. Ganz sicher war niemand auf einen Job in dieser Höhe angewiesen. »Wir finden jemanden«, sagte Alex. »Irgendeine fleißige Frau, die Lust auf ein bisschen Bergluft hat, wird sich schon finden.« »Keine Frau«, widersprach Matt sofort. Er wollte nichts mehr mit Frauen zu tun haben. Die machten alles nur unnötig kompliziert. »Egal ob Mann oder Frau: Wir finden jemanden.« Sie warfen sich zweifelnde Blicke zu. »Studenten?«, schlug Alex vor. »Die dann verschwinden, nachdem sie verstanden haben, dass sie die Arbeit nicht wegdiskutieren können? Ihnen hier wirklich etwas abverlangt wird? Die dann plötzlich eine Prüfung mitten im Sommer haben?« Matt malte Anführungszeichen in die Luft, während er das sagte. Im vergangenen Jahr hatten gleich drei Studenten auf geheimnisvolle Weise unvorhergesehene Prüfungen aus dem Hemdsärmel gezaubert und sie hatten leider den Sommerjob aufgeben müssen. Nein. Sie brauchten jemanden, auf den sie sich hundertprozentig verlassen konnten, jemanden, der den Laden hier schmiss, der was von Dekoration und Marketing verstand und im Idealfall gut in einem Dirndl aussah. Matt verbannte den Gedanken schnell aus seinem Kopf. Nein, er wollte einen Mann. Also jemanden, der gut in Lederhosen aussah. Vor allem aber jemanden mit Humor und Geduld. An Wochenenden saßen von elf bis sechzehn Uhr an die hundert Menschen auf der Holzterrasse. Einer war immer darunter, der nur zu meckern hatte. »Ausländer?«, machte Matt einen...