Thomas | Der Messingdeal | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

Thomas Der Messingdeal

Ein Philip-St.-Ives-Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-89581-381-8
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Philip-St.-Ives-Roman

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Ross-Thomas-Edition

ISBN: 978-3-89581-381-8
Verlag: Alexander
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In diesem ersten Fall (von fünf) wird ein weltbekanntes Washingtoner Museum erpreßt. Ein wertvolles afrikanisches Messingschild wurde gestohlen und St. Ives soll das Lösegeld überbringen. Aber nichts ist, wie es scheint, und bevor St. Ives sichs versieht, sind mehrere Menschen tot.

Der erste Band der Philip-St.-Ives-Reihe in der Ross-Thomas-Edition.
Ross Thomas veröffentlichte diesen Roman unter dem Pseudonym 'Oliver Bleeck'. Titel der deutschen Erstausgabe: 'Bonbons aus Blei' (1970).

Philip St. Ives - talentierter, aber arbeitsloser Reporter in New York - ist der pokernde Dandy unter Ross Thomas' coolen Helden und professioneller Verbindungsmann.
Gegen eine satte Provision vermittelt er zwischen der Unterwelt und den von ihr erpreßten Opfern und gerät dabei zwischen die Fronten.

'Fleiß, Sparsamkeit und Mut - Charakterzüge, die mir im Laufe der Jahre irgendwie abhanden gekommen waren.'
Philip St. Ives

'Ross Thomas heute lesen, das heißt nicht bloß, in die Hinterzimmer der Vergangenheit zu schauen, sondern auch, sich eine Sehhilfe für die Gegenwart zu verschaffen.' FAZ

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1 Die Wahl war ganz einfach. Entweder konnte ich auf das Klopfen hin die Tür öffnen, oder ich konnte zu meinen drei Karos zwei weitere zu einem kompletten Flush ziehen, ein tollkühner Versuch, den man normalerweise nur Leuten mit einem unerschütterlichen Glauben an Elfen, Wahlversprechen und Geldzurückgarantien zutraut. Die Tür und wer auch immer hinter ihr stehen mochte – sogar die Avon-Tante – schien um einiges vielversprechender, darum warf ich die Karten hin, machte die Tür auf und war eigentlich nur wenig enttäuscht, als sich Myron Greene, der Anwalt, als die Person erwies, die angeklopft hatte. Etwas zu laut, fand ich, verkündete er, daß er mich dringend unter vier Augen sprechen müsse. An diesem Samstag pokerten wir bei mir, Five Card Stud und Draw, und die Partie sollte den ganzen Tag über und bis tief in die Nacht dauern. Wir waren zu fünft und hatten um halb elf am Vormittag angefangen, und als am Nachmittag Myron Greene, der Anwalt, klopfte, stand ich mit fast sechshundert Dollar im Plus. Ich wohnte im achten Stock des Adelphi in der East 46th Street, und der einzige Raum, in dem man ungestört sein konnte, war das Bad, also gingen wir dort hinein. Ich schloß die Tür, setzte mich auf den Rand der Wanne und überließ Myron Greene den einen Platz, der einem Stuhl ähnelte. Er klappte den Deckel runter und setzte sich, schlug die dicken Beine übereinander, nahm die Brille ab, um sie mit einer Seidenkrawatte, die modisch breit war, zu polieren, und schnaufte dabei wie immer etwas asthmatisch. »Sie beantworten Ihre Post nicht«, sagte er. »Ich lese sie nicht einmal.« »Sie gehen auch nicht ans Telefon.« »Der Empfang nimmt Nachrichten entgegen. Ich hol sie einmal täglich ab.« »Ich habe gestern vier Nachrichten für Sie hinterlassen. Dringende.« »Gestern hab ich vergessen zu checken.« »Ich mußte die ganze Strecke aus Darien herkommen«, sagte Myron Greene in vorwurfsvollem, sogar gereiztem Ton. »Konnte es nicht bis Montag warten?« sagte ich. »Am Montag geh ich wieder ans Telefon.« »Nein«, sagte Myron Greene, »es konnte nicht warten. Montag müssen Sie da sein.« Ich habe mich nie überwinden können, Myron Greene als meinen Anwalt zu betrachten, und nicht etwa, weil ich ihn nicht leiden konnte oder sein Honorar nicht hoch genug war. Myron Greene entsprach einfach nicht der sorgfältig entwickelten Vorstellung davon, wie mein Anwalt sein sollte. Nach dieser Vorstellung war mein Anwalt ein schäbiger, geschwätziger alter Bock mit Triefaugen, einer rostfarbenen Alpakajacke auf dem Rücken, einer Cowboy-Krawatte um den Hals und Diebstahl im Herzen, der in einem schmuddeligen Büro ohne Fahrstuhl arbeitete, das er mit einem Kautionsagenten in der Nähe des Rathauses teilte. Außerdem wuchsen ihm krause graue Haarbüschel aus den Ohren. Im Gegensatz dazu war Myron Greene ein gepflegter, übergewichtiger Fünfunddreißiger, der sich einige (für ihn) gewagte Modegrade links der Brooks Brothers kleidete, Büroräume in der Madison Avenue hatte, ein Zuhause in Darien und, von mir abgesehen, Mandanten mit sechs- oder siebenstelligen Bankkonten oder Firmen hinter ihren Namen und Außenstellen in Houston und Los Angeles. Immer wenn ich mit Myron Greene sprach, empfand ich eine gewisse Enttäuschung. Ich gab die Hoffnung nicht auf, auf seinem Revers einen Soßenfleck oder auf seiner Krawatte einen Klecks Mayonnaise zu finden, aber das war nie der Fall, und so blieb Myron Greene der Anwalt. »Wo muß ich Montag sein?« sagte ich. »In Washington.« »Warum?« »Ein Schild«, sagte Myron Greene. »Er wird vermißt.« »Von wem?« »Einem Museum. Dem Coulter.« »Warum ich?« »Man hat nach Ihnen verlangt.« »Das Museum?« »Nein«, sagte Myron Greene. »Die andere Seite. Die Diebe.« »Wieviel?« »Eine Viertelmillion.« »Woraus ist er? Aus Gold?« »Nein. Aus Messing.« »Die üblichen Bedingungen?« Er nickte. »Zehn Prozent.« »Brauche ich das Geld?« Myron Greene kreuzte die Beine andersherum, fingerte an einem etwas abstehenden Aufschlag seiner achtknöpfigen, zweireihigen, geköperten Jacke im Kavallerieschnitt und lächelte mich mit weißen, bemerkenswert ebenmäßigen Zähnen an, denen seit zweiunddreißig Jahren ein Zahnarzt viermal jährlich seine volle Aufmerksamkeit widmete. »Ihre Frau«, sagte er. »Meine Ex-Frau.« »Ihr Anwalt hat angerufen.« »Und?« »Ihr Sohn fängt nächsten Monat mit der Schule an. Der Anruf sollte mich erinnern, daß sich Ihre Unterhaltszahlungen damit um zweihundert im Monat erhöhen.« »Na ja, zweihundert monatlich sollten für seine Frühstücksmilch und die Kekse reichen. Ich würde ja nicht wollen, daß er sie in einer Papiertüte mitbringen muß.« »Es ist eine besondere Schule«, sagte Myron Greene. »Diese vornehme Privatschule, von der sie geredet hat?« »Genau die.« »Was spricht gegen einen öffentlichen Kindergarten?« sagte ich. Myron Greene lächelte wieder. »Der hundertvierundsechziger IQ Ihres Sohnes – und Ihre Ex-Frau.« »In erster Linie meine Ex-Frau.« »In erster Linie.« »Ich hab gehört, daß sie wieder heiratet.« »Vorläufig nicht«, sagte er. »Nicht vor Mai. Wenn die Schule aus ist.« »Wenn die Zahlungen um zweihundert monatlich erhöht werden, sind es runde tausend – richtig?« »Richtig.« »Dann brauche ich das Geld.« Myron Greene nickte und strich sich mit der Hand sorgfältig über sein braunes Haar, das gerade nicht zu lang war – zu lang auf jeden Fall für einen City-Anwalt. Die Länge seines Haares entsprach völlig der Kleidung, die er trug, und dem Excalibur, den er fuhr. All das sollte andeuten, aber nur andeuten, was er als den wahren Myron Greene betrachtete, den Myron, der – wenn es nicht das Haus in Darien, den Bungalow in Kennebunkport, die Frau (seine erste), die drei Kinder (zwei Jungen und ein Mädchen), die Kanzlei und die Mandanten (ganz besonders die Mandanten) gäbe – dann dort wäre, wo die Post abginge, wo sein Verstand und seine Phantasie unbehindert, sein Sexleben reich und vielseitig wären, wo seine Seele ihm selbst gehörte und in vollkommenem Einklang mit dem Takt jenes anderen Trommlers wäre. Das ist der wahre Grund dafür, warum ich Myron Greenes Mandant war: Irrtümlicherweise glaubte er, ich würde den Trommler beim Vornamen kennen. »Erzählen Sie mir mehr über den Schild«, sagte ich. Myron Greene griff in die Innentasche seiner Jacke und zog einen Umschlag heraus. »Als ich Sie gestern nicht erreichen konnte, habe ich alles diktiert«, sagte er und klopfte mit dem Umschlag gegen das gelbe Waschbecken von American Standard. »Wenn ich Sie hier nicht angetroffen hätte, hätte ich ihn unter der Tür durchgeschoben.« »Wollen Sie es mir nicht erzählen, jetzt, wo ich hier bin?« Er blickte auf seine Uhr, ein goldener Zeitmesser, der ihm bestimmt auch sagen konnte, wie spät es in Shanghai war. »Ich habe jetzt nicht viel Zeit.« »Ich auch nicht.« Darüber rümpfte Myron Greene die Nase. Einer, der am Nachmittag Karten spielte, mußte alle Zeit der Welt haben. »Machen Sie’s kurz«, sagte ich. »Also gut, kurz. Aber es steht alles hier drin.« Er hörte auf, mit dem Umschlag gegen das Waschbecken zu klopfen, und reichte ihn mir. »Ich werde es lesen, wenn das Spiel vorbei ist.« »Falls Sie die Zeit dafür erübrigen können.« Sarkasmus lag Myron Greene nicht besonders. »Machen Sie’s kurz«, sagte ich wieder. »Also gut. Vor drei Tagen – das war Donnerstag, oder?« »Donnerstag.« »Am Donnerstag eröffnete das Coulter Museum in Washington eine zweimonatige Ausstellung afrikanischer Kunst. Sie ist seit fast einem Jahr unterwegs – Rom, Frankfurt, Paris, London und Moskau. Washington ist die letzte Station. Am selben Abend, als sie eröffnet wurde, am Donnerstagabend, wurde das Spitzenstück gestohlen. Nur ein Stück. Es ist ein Messingschild mit einem Durchmesser von etwa einem Meter, rund sieben- oder achthundert Jahre alt. Womöglich älter. Jedenfalls ist er unbezahlbar, und wer immer ihn gestohlen hat, will für die Rückgabe zweihundertfünfzigtausend Dollar, und er will, daß Sie die Verhandlungen leiten. Deshalb hat die Museumsleitung sich mit mir in Verbindung gesetzt, und deshalb habe ich versucht, Sie zu erreichen. Das Museum ist mit der Summe...


"Ironie ist ein anderes Wort für Realismus."
Ross Thomas

Ross Thomas, geboren 1926 in Oklahoma, war ein amerikanischer Autor. Er schrieb bereits als Jugendlicher Sportberichte für eine Lokalzeitung, kämpfte im Zweiten Weltkrieg als Infanterist auf den Philippinen und arbeitete danach als Reporter in Louisiana. In den fünfziger Jahren lebte er in Bonn und richtete dort das deutsche AFN-Büro ein, sowie in Frankfurt am Main. Er arbeitete als Public Relations- und Wahlkampfberater für Politiker wie beispielsweise Lyndon B. Johnson sowie als Journalist und Gewerkschaftssprecher in den USA und Nigeria.

Seine Karriere als Schriftsteller begann er erst mit vierzig Jahren mit dem Schreiben vor allem von Politthrillern, in denen er die Hintergründe des amerikanischen Politikbetriebs entlarvt und bloßstellt. Für seinen ersten Roman "The Cold War Swap" ("Kälter als der kalte Krieg") erhielt er den Edgar Allan Poe Award. Ab 1982 verfaßte er auch Drehbücher für Fernsehserien wie "Simon und Simon" oder "Die unglaublichen Geschichten" von Roald Dahl. Ross Thomas starb am 18. Dezember 1995 in Santa Monica.

'Ein Roman von Ross Thomas ist nicht einfach ein Krimi oder ein Polit-Thriller, sondern - wenn wir davon ausgehen, daß der Teufel damals auf den Hügeln des Galiläerlands dem Herrn Jesus die Welt so gezeigt hat, wie sie wirklich ist, und nicht, wie Idealisten sie gerne hätten - eine diabolische Analyse unserer politischen Verhältnisse.'
Jörg Fauser



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