Teresa Mayr - Google Earth Book | Buch | 978-3-940999-58-0 | sack.de

Buch, Englisch, Deutsch, 34 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm, Gewicht: 200 g

Reihe: Fanto^me Verlag

Teresa Mayr - Google Earth Book


Erscheinungsjahr 2023
ISBN: 978-3-940999-58-0
Verlag: Fantôme Verlag

Buch, Englisch, Deutsch, 34 Seiten, Format (B × H): 210 mm x 297 mm, Gewicht: 200 g

Reihe: Fanto^me Verlag

ISBN: 978-3-940999-58-0
Verlag: Fantôme Verlag


Trips on Screen – Teresa Mayrs Bildschirmzeichnungen

Wenn Caspar David Friedrich in die Natur ging, um dort zu zeichnen und Material für seine Gemälde zu sammeln, dann notierte er auf den Blättern, neben der Skizze eines Baums oder einer Landschaft, gerne die Anzahl der Stunden, die er mit dem Zeichnen verbracht hatte. Er sah darin also offenbar ein Live-Erlebnis, dem er sich mit voller Konzentration aussetzen wollte, um möglichst wenig zu verpassen. Drei, vier oder fünfeinhalb Stunden durchzuhalten beim genauen Blick auf eine Umgebung, in der immer etwas in Bewegung ist, bedeutet dann an sich schon eine große Leistung.

Man könnte sich gut vorstellen, dass auch Teresa Mayr an den Rand jeder ihrer Zeichnungen eine Zeitangabe notiert. Vielleicht sucht man sogar danach. Denn sie hält fest, was auf einem Computer-Bildschirm passiert, ist also ihrerseits zeichnend live dabei – bei etwas, das viel flüchtiger ist als Bäume und Landschaften. Hier kann sich von einem Moment zum nächsten ein völlig neues Bild aufbauen, und wer scrollt, von einem Tab zum nächsten wechselt, gar mehrere Programme gleichzeitig geöffnet hat, kommt kaum nach, das zeichnerisch festzuhalten. Entsprechend zeigen Mayrs Zeichnungen auch keinen einheitlichen Bildraum, sondern in ihnen kommen Fragmente jeweils verschiedener Screen-Oberflächen zusammen: Eine Ansicht von Google Earth, eine WhatsApp-Nachricht, ein Instagram-Post, eine Textdatei, das Ergebnis einer Bildersuche – das und vieles mehr kann auf demselben Blatt auftauchen, sich sogar überlagern und so umso bewusster machen, wie viel Unterschiedliches man nahezu gleichzeitig auf einem Bildschirm geboten bekommt. Das meiste verlangt auch Interaktion, verleitet zumindest zum direkten Eingreifen, und so ist, wer vor einem Computer sitzt oder auf sein Smartphone blickt, immer schon im Modus des Multi-Tasking. Teresa Mayrs Zeichnungen stellen die künstlerische Reflexion und Umsetzung davon dar; in vielen zarten, oft geradezu tänzelnden Strichen vergegenwärtigen sie die Beweglichkeit, ja die Geschwindigkeit, in der das Geschehen auf einem Bildschirm stattfindet.

Für viele Menschen ist der Blick auf Bildschirme ihr Alltag; er macht, rein zeitmäßig, vielleicht sogar ihre erste Realität aus. Hier erfahren sie Neuigkeiten aus der gesamten Welt, tauschen private Nachrichten aus, informieren und unterhalten sich. Via Bildschirm erleben sie mindestens so viel wie früher, wenn sie ins Freie gegangen und zu Spaziergängen oder Reisen aufgebrochen sind. Daher ist es auch naheliegend, mittlerweile lieber festzuhalten, was auf Bildschirmen zu sehen ist, als in der Natur zu zeichnen. Dabei bleibt der Mehrwert des Zeichnens unverändert: Es stellt etwas still, mit dem man sonst aktiv verbunden ist, und das man gar nicht eigens wahrnimmt, solange man in und mit ihm lebt. So wie ein Bauer zu Zeiten Caspar David Friedrichs in der Natur tätig war und seine Lebenswelt erst durch Zeichnungen von Bäumen oder Landschaftsgemälde als solche zu sehen vermochte, braucht heute ein Digital Native auch Zeichnungen oder andere statische Bilder ohne interaktive Features, um überhaupt erst das erkennen zu können, was die eigene Wirklichkeit prägt.

Da Teresa Mayr in Arbeiten wie dem „google earth book“ Sujets aufgreift, denen man herkömmlich auf Reisen begegnet ist, ja da sie gerade auch das zeigt, was man lange als Sehenswürdigkeit auf einer Grand Tour oder bei Spaziergängen erlebt hat, stellt sie selbst eine Verbindung zwischen analoger Vergangenheit und digitaler Gegenwart her. Und da sie das geradezu zeitlose Medium der Zeichnung dafür nutzt, postuliert sie sogar eine Kontinuität zwischen den beiden vermeintlich so unterschiedlichen Modalitäten von Welterfahrung. Ihre ‚Trips on Screen’ setzen also eine lange Geschichte der Aneignung dessen fort, was an sich schon das Eigene ist, als solches aber jeweils erst noch auf Distanz gebracht werden muss, bevor man wirklich darum weiß.

Text: Wolfgang Ullrich

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Weitere Infos & Material


Mayr, Teresa
Angaben zur Person: Teresa Mayr wurde 1992 in Friedberg/Bayern geboren. Von 2012 bis 2019 studierte sie u.a. an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle sowie der Universität der Künste Berlin. 2019 schloss sie als Meisterschülerin bei Prof. Ina Weber an der UdK Berlin ab und ist seither als freischaffende bildende Künstlerin tätig. Derzeit promoviert sie außerdem im PhD-Programm Art+Design der Bauhaus-Universität Weimar. Teresa Mayr lebt und arbeitet in Berlin.
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Teresa Mayr was born in 1992 in Friedberg/Bavaria. From 2012 to 2019, she studied at Dresden University of Fine Arts; Burg Giebichenstein Kunsthochschule, Halle; and the Berlin University of the Arts; among others. In 2019, she graduated as a master's student with Prof. Ina Weber at the UdK Berlin and has since been working as a freelance visual artist. Currently, she is also pursuing a PhD in the Art+Design PhD program at the Bauhaus-University Weimar. Teresa Mayr is based in Berlin.



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