Tang | Die Wissenschaft der Achtsamkeit | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Englisch, 128 Seiten

Tang Die Wissenschaft der Achtsamkeit

Wie Meditation die Biologie von Körper und Geist verändert.
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95571-849-7
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Wie Meditation die Biologie von Körper und Geist verändert.

E-Book, Englisch, 128 Seiten

ISBN: 978-3-95571-849-7
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die neurowissenschaftliche Erforschung der Achtsamkeit Trotz ihrer langen Geschichte ist wenig über die neurophysiologischen Prozesse bekannt, die beim Meditieren ablaufen. Der Achtsamkeitsmeditation wurde in der psychologischen und neurowissenschaftlichen Forschung bislang die größte Aufmerksamkeit zuteil. Dieses Buch gibt einen prägnanten Überblick über die Studienergebnisse und zeigt auf, wie Achtsamkeitstraining die mentale Aktivität verbessern und die neuronalen Verbindungen im Gehirn ebenso beeinflussen kann wie Prozesse im Körper. Im Fokus stehen dabei vor allem die Aspekte Aufmerksamkeitskontrolle, Emotionsregulation und Selbstbewusstheit. Die Anwendung von Achtsamkeit im Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie bei psychischen Störungen ist ebenso Gegenstand der vorgestellten Studien wie effektive Stressbewältigung und Voraussetzungen für eine gelungene Achtsamkeitspraxis. Yi-Yuan Tang führt auch aus, dass die Wirksamkeit von Meditationstraining zwischen Individuen schwankt, und liefert eine Orientierung in Bezug darauf, wer am wahrscheinlichsten davon profitieren dürfte.

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2. Mechanismen der Achtsamkeitsmeditation im Gehirn
2.1 Schlüsselmechanismen der Achtsamkeitsmeditation
In jüngerer Zeit wurden jährlich über 500 Arbeiten zur Achtsamkeitsmeditation veröffentlicht. Laut den neuesten neurowissenschaftlichen Befunden beinhaltet Achtsamkeitsmeditation mindestens drei Komponenten, die eng zusammenarbeiten, um einen Prozess hervorzubringen, der mit gesteigerter Selbstregulation oder Selbstkontrolle einhergeht: gesteigerte Aufmerksamkeitskontrolle, verbesserte Emotionsregulation und veränderte Selbstbewusstheit (Tang et al., 2015; Hölzel et al., 2011). Der Begriff Aufmerksamkeitskontrolle bezieht sich auf die Fähigkeit zur lang andauernden Konzentration auf ein Objekt oder Ziel (etwa Atmung oder eine Empfindung) während der Achtsamkeitsübung und beansprucht oft Aufmerksamkeitsnetzwerke, die für Aufmerksamkeitsaktivierung, Aufmerksamkeitsausrichtung oder exekutive Kontrolle verantwortlich sind. Aufmerksamkeitskontrolle umfasst in den frühen Phasen der Achtsamkeitspraxis explizite Prozesse mit bewusster Kontrolle und Anstrengung, aber mit zunehmender Erfahrung kann der Meditierende später auch mit weniger Anstrengung auskommen oder sogar eine anstrengungslose Art der Aufrechterhaltung von Konzentration und Bewusstheit wählen. Darüber hinaus trainiert Achtsamkeitspraxis eine einzigartige Form von Aufmerksamkeit, die auf den gegenwärtigen Moment gerichtet ist, sodass negative affektive Erfahrungen durch das Einnehmen einer nichturteilenden und akzeptierenden Haltung abgemildert werden können (Tang & Tang, 2015a, b). Emotionsregulation bezeichnet die impliziten und expliziten Strategien, die beeinflussen können, welche Emotionen aufkommen und wann sie dies tun, wie lange sie anhalten und wie sie erlebt und zum Ausdruck gebracht werden. Emotionsregula­tion wird benötigt, um mit dem Erleben von Langeweile und negativen Stimmungslagen während der Achtsamkeitsübung umzugehen. Wenn der Praktizierende bereits geübt ist, kommen positive Emotionen auf, die mit dem subjektiven Erleben von Freude und Wohlbefinden assoziiert sind. Diese können dabei helfen, die Aufmerksamkeit und den meditativen Zustand aufrechtzuerhalten, und unterstützen so die mentalen Prozesse der Meditation (Tang & Tang, 2015b). Selbstbewusstheit wird oft als Bezeichnung für die Bewusstheit des „Selbst“ als Gegenstand der Aufmerksamkeit verwendet. Somit ist Selbstbewusstheit eine Form der sogenannten Metabewusstheit, also der kognitiven Funktion, sich eigener mentaler Verarbeitungsprozesse oder Bewusstseinsprozesse bewusst zu sein. Während der Achtsamkeitsmeditation sind wir uns unseres eigenen inneren körperlichen Zustandes (aufgrund von Interozeption) ebenso bewusst wie unseres eigenen mentalen Zustandes (durch Metabewusstheit unseres Bewusstseins), und zwar in einer gleichmütigen Weise (Tang et al., 2015). In der Folge davon verschmelzen unser Selbst und unsere Umgebung allmählich zu einer einzigen nahtlosen Erfahrung (beziehungsweise lösen sich zu dieser auf). Selbstbewusstheit durch Achtsamkeitspraxis kann helfen, das Individuum von seinem eigenen Denken und seinen eigenen Denkprozessen zu distanzieren, was im Gegenzug Offenheit gegenüber eigenen Gedanken, Emotionen und Empfindungen und Akzeptanz derselben ermöglicht (Tang et al., 2015; Tang & Tang, 2015b). Ohne Metabewusstheit des Selbst hingegen werden wir zwangsläufig ein Teil von dem, was wir erleben, wie etwa Empfindungen, Emotionen und Gedanken. Im Folgenden erörtern wir Gehirnregionen, die für die drei genannten Komponenten der Achtsamkeitsmeditation von entscheidender Bedeutung sind. 2.2 Gehirnregionen, die mit der Aufmerksamkeitskontrolle während der Achtsamkeit in Zusammenhang stehen
Studien mit bildgebenden Verfahren zeigen, dass die Gehirnregionen, die an der Aufmerksamkeitskontrolle beteiligt sind, hauptsächlich den anterioren cingulären Cortex (ACC), den angrenzenden medialen präfrontalen Cortex (mPFC) und das Striatum / die Basalganglien einschließlich des Nucleus accumbens (NAc) umfassen, wobei Letzterer auch eine Gehirnregion darstellt, die von zentraler Bedeutung für das Belohnungssystem ist (Petersen & Posner, 2012). Ebenso sind dieselben Gehirnregionen (Abbildung 2.2), nämlich der ACC, der angrenzende mPFC und das Striatum, auch diejenigen, bei denen Aktivierungen im Zusammenhang mit dem breit gefassten Konstrukt der Selbstregulation nachgewiesen werden konnten (Posner et al., 2007). Somit deutet die Überlappung zwischen Gehirnregionen, die mit Aufmerksamkeitskontrolle und Selbstregulation in Zusammenhang stehen, auf die Existenz eines neuronalen Verarbeitungspfades hin, durch den die Achtsamkeitsmeditation ihre Wirkungen ausüben kann und der zumindest den ACC, den mPFC und das Striatum beinhaltet (Tang et al., 2015). Wichtig ist, dass, wenn ein sehr erfahrener Meditierender durch ein angemessenes Maß an Bemühen und Aufmerksamkeitskontrolle einen fortgeschrittenen Vertiefungszustand wie etwa ein Jhana aufrechterhält, eine ekstatische Meditationserfahrung mit extremer Freude und Vergnügen auftritt. Dies deutet ­darauf hin, dass eine optimale Aufmerksamkeitskontrolle möglicherweise das Belohnungssystem einschließlich des NAc im Striatum und des Striatums selbst aktiviert, wobei das Striatum (als zentrale Region der Aufmerksamkeitskontrolle) die Selbstkontrollfähigkeiten der Aufmerksamkeit weiter steigern könnte. Studien haben außerdem gezeigt, dass im Striatum im Anschluss an Meditation eine größere Menge des Neurotransmitters Dopamin ausgeschüttet wird (Tang et al., 2015). In den frühen Stadien der Meditationspraxis wendet eine Person normalerweise große Anstrengung für das Meditieren auf, und der dorsolaterale PFC sowie der parie­tale Cortex sind oft beteiligt (Posner et al., 2015; Tang et al., 2015). Demgegenüber sind der ACC und das Striatum hauptsächlich dann am Meditationsprozess beteiligt, wenn man dafür weniger Anstrengung aufwendet. Meditation bewirkt in der Regel eine Reduzierung des Umherwanderns des Geistes und / oder nicht aufgabenbezogener Gedanken, die mit Arealen an der Mittellinie des Gehirns einschließlich dem mPFC und dem posterioren cingulären Cortex (PCC) / Precuneus assoziiert sind (welche allesamt zu dem Default-Mode-Netzwerk [DMN] gehören). Dementsprechend konnte gezeigt werden, dass Meditierende, die mehr Anstrengung aufwenden, eine stärkere Deaktivierung im DMN aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass angestrengtere Meditation ein höheres Maß an mentaler Anstrengung mit gesteigerter Aufmerksamkeit erfordert, was durch eine starke Deaktivierung im DMN und Aktivierung im dorsolateralen PFC mediiert zu werden scheint (Tang et al., 2015). 2.3 Gehirnregionen, die mit Emotionsregulation während der Achtsamkeit in Zusammenhang stehen
Studien haben gezeigt, dass die präfrontalen Regionen des Gehirns einschließlich des mPFC und des ACC durch die Modulation der Aktivität des limbischen Systems primär dafür verantwortlich sind, eine Regulation von Emotionen vorzunehmen und dabei gleichzeitig sicherzustellen, dass gegenwärtig eingesetzte entsprechende Strategien mit den regulatorischen Zielen in Einklang stehen (Bush et al., 2000). Es gibt unterschiedliche Strategien dafür, die eigenen Ziele explizit oder implizit zu regulieren, und jede Strategie bezieht geteilte und abgegrenzte neurale Netze ein (Gross, 2014). Auch wenn zwischen einzelnen Kontrollstrategien subtile Unterschiede bestehen, werden ACC, mPFC und limbische Regionen durchweg in die Regulation emotionaler Reaktionen während der Achtsamkeit einbezogen. Insbesondere wird Emotionsregulation benötigt, um das Erleben von Langeweile und negativen Stimmungslagen während der Achtsamkeitsübungen zu bewältigen, wenn der Meditierende versucht, die Neigung seines Geistes, ständig umherzuwandern, unter Kontrolle zu behalten. Wenn der Praktizierende dann erfahrener wird, kommen positive Emotionen auf, die mit dem subjektiven Erleben von Freude, Vergnügen und Wohlbefinden assoziiert sind, was weiter dabei helfen kann, Aufmerksamkeit und den meditativen Zustand aufrechtzuerhalten, wodurch mentale Prozesse und kognitive Funktion unterstützt werden (Tang et al., 2015). Es existiert eine bestimmte Form der Achtsamkeitsmeditation, das sogenannte IBMT (Integrative Body-Mind Training; dt: Integriertes Körper-Geist-Training), welches unter anderem systematisches Training von Aufmerksamkeit und Selbstkontrolle umfasst, wobei gleichzeitig eine Einstellung von Akzeptanz und Offenheit für innere wie äußere Erfahrungen gepflegt wird. IBMT war auch bereits Gegenstand einer Reihe randomisierter kontrollierter Studien und kann daher als Demonstration dafür dienen, wie kurzes Training von nur wenigen Stunden Gesamtdauer die Aufmerksamkeitskontrolle (gemessen anhand der exekutiven Funktionen) und Emotions­regulation verbessert, Stress (gemessen anhand des Cortisolspiegels) reduziert und die ACC- / mPFC-Aktivität bei gesunden Probanden ebenso wie in Patientenpopulationen erhöht, was mit einer gesteigerten Fähigkeit zur Selbstkontrolle assoziiert ist. Der Kontrollgruppe wurde dasselbe Maß an Entspannungstraining zuteil, das oft Teil einer KVT ist. Allerdings beinhaltet Entspannungstraining lediglich körper­liche Entspannung und mentale Vorstellungsbilder, aber keine Achtsamkeit, weshalb es eine angemessene Kontrollbedingung gegenüber der Achtsamkeitsmeditation darstellt (Tang et al., 2007, 2009). Da IMBT zentrale Komponenten mit anderen Formen der Achtsamkeitsmeditation gemeinsam hat, erwarten wir, dass andere Achtsamkeitsmethoden ähnliche Effekte zeigen werden. In einer Studie (Tang et al., 2007) wurden...


Tang, Yi-Yuan
Yi-Yuan Tang ist Professor of Psychological Sciences and Internal Medicine und außerdem Presidential Endowed Chair in Neurowissenschaften an der Texas Tech University (Lubbock, Texas, USA).

Yi-Yuan Tang ist Professor mit einem Stiftungslehrstuhl für Neurowissenschaften an der Texas Tech University (Lubbock, USA), wo er außerdem in den Bereichen Psychologie und Medizin lehrt.



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