E-Book, Deutsch, Band 1, 640 Seiten
Reihe: Die Heir-Reihe
Tahir Heir
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-641-32581-7
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die epische neue Fantasy von Weltbestsellerautorin Sabaa Tahir voller Spannung, Action und Romantik.
E-Book, Deutsch, Band 1, 640 Seiten
Reihe: Die Heir-Reihe
ISBN: 978-3-641-32581-7
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Waise. Eine Ausgestoßene. Ein Prinz. Und ein Killer, der ein ganzes Imperium in die Knie zwingt.
Aiz hat als Kind im Waisenhaus eine Tragödie erlebt und dürstet seitdem nach Rache. Sirsha, die wegen eines unverzeihlichen Verbrechens aus ihrem Stamm verbannt wurde, kann mit Erde, Luft und Wasser sprechen. Für Geld erklärt sie sich bereit, einen gewissenlosen Mörder zu jagen. Doch dabei kommt ihr die Liebe in die Quere. Quil ist der Kronprinz des Imperiums, will aber als Sohn des meistgehassten Imperators seines Volks keine Macht übernehmen. Als jedoch ein bösartiger Feind das Imperium bedroht, muss Quil sich fragen, ob er sein Erbe nicht doch antreten will.
Die drei jungen Helden begeben sich auf eine düstere und atemlose Reise, die sie das Leben kosten könnte - und ihre Herzen.
In ihrer großen neuen Fantasy-Dilogie kehrt New-York-Times-Bestsellerautorin Sabaa Tahir zurück in die Welt von »An Ember in the Ashes«. Dort kämpfen eine Waise, eine Ausgestoßene und ein Prinz mit der Bürde der Macht, den verheerenden Folgen hemmungsloser Gier und den Fallstricken der Liebe.
Sabaa Tahir, ehemalige Zeitungsredakteurin, wuchs im Motel ihrer Familie in der kalifornischen Mojave-Wüste auf. Dort verschlang sie Fantasyromane, hörte donnernden Indie-Rock und spielte mehr schlecht als recht Gitarre und Klavier. Sie ist die Autorin der »An Ember in the Ashes«-Reihe, die auf Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste stand und in 35 Sprachen übersetzt wurde. Der erste Band wurde vom Time Magazine zu einem der 100 besten Jugendbücher aller Zeiten gekürt. Für ihren von der Presse gefeierten Roman »So viel Zorn und so viel Liebe« erhielt sie den National Book Award, den Printz Award und zahlreiche weitere Auszeichnungen.
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1
Aiz
Kegar, Südlicher Kontinent Aiz wünschte, sie würde ihre Feinde nicht so glühend hassen, denn das gab ihnen Macht über sie. Doch sie war ein Kind der Gosse, und die Gosse in Kegar brachte zähe und raue Kreaturen hervor, bereit, Ränke zu schmieden, zuzustechen oder sich in den Schatten zu verkriechen, je nachdem, was die Situation erforderte. Was die Gosse nicht bot, war Glück. Glück konnte einem in Kegar nur durch ein göttliches Wesen zuteilwerden. Daher schlich Aiz gerade kurz vor Tagesanbruch durch die stillen Gänge mit den hohen Deckenbalken auf den gepflasterten Innenhof des Klosters. Den dreißig Zentimetern Neuschnee, die in der Nacht gefallen waren, hatte Aiz in ihren dünnen Schuhen und dem zerschlissenen Rock wenig entgegenzusetzen. Dennoch schob sie sich mit grimmiger Miene voran, durch den beißenden Wind, der von den Gipfeln herabfegte und ihr den Atem nahm. Vielleicht würde er ihr ja auch die Wut nehmen. Mehr als je zuvor brauchte sie heute einen klaren Kopf. Denn heute würde Aiz bet-Dafra ihren ersten Mord begehen. Die Klosterwaisen und die Ordensmitglieder schliefen noch. Der Unterricht begann erst nach Sonnenaufgang. Auch der Rest von Kegar – dieser mit ihrer Viertelmillion an Einwohnern übervollen Stadt – lag hinter den Klostermauern ruhig da. Aiz war allein, die Wut ihre einzige Begleiterin. Sie betrachtete die verkohlten Balken an der einen Seite des Innenhofs: der alte Waisenflügel, noch immer eine Ruine, nachdem er vor zehn Jahren fast bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Der Anblick schnürte Aiz die Kehle zu, und wieder hörte sie die Schreie der anderen Kinder, die es nicht wie sie aus den Flammen herausgeschafft hatten. Sie grub die Fingernägel in ihren Oberschenkel, in die Narben unter ihrem Flickenrock. Die meiste Zeit verschwendete Aiz keinen Gedanken an sie. Doch an manchen Tagen brannten sie nach wie vor. Deine Wut bringt dich noch ins Grab, hatte ihr ältester Freund Cero vor Jahren zu ihr gesagt. Zu oft hatte er miterlebt, wie sie die Beherrschung verlor, kein Wunder also, dass er so dachte. Du musst sie im Zaum halten. Nimm dir, was du brauchst. Vergiss alles andere. Was Aiz brauchte, war Rache. Gerechtigkeit. Dass ihr Plan funktionierte. Vor der Statue in der Mitte des Innenhofs blieb sie stehen: eine Frau in einem Gewand mit Glockenärmeln, die den Blick auf die Berge gerichtet hatte. Ausgeprägte Wangenknochen im steinernen Gesicht, schmale Lippen und eine markante Brauenpartie, die Haare aus der hohen Stirn gekämmt, darauf ein Kopfschmuck mit einer strahlend aufgehenden Sonne. Aiz stellte sich gern vor, dass sie und das Vorbild der Statue die gleichen braunen Haare und hellen Augen hatten. Die Frau hatte viele Namen. Kelch der Quelle. Erste Königin der Überfahrt. Aber hier im Armenviertel Dafra, wo so viele durch Militärdienst, Krankheit und Hunger zu Waisen geworden waren, nannte man sie Mutter Div. Die Gedenktafel an der Statue war durch die Witterung nahezu unleserlich geworden, doch Aiz konnte die Inschrift seit Kindertagen auswendig: Gesegnet sei Div, Retterin von Kegar, die unser Volk nach der großen Katastrophe im Mutterland jenseits des Meeres hier zwischen den Gipfeln in Sicherheit brachte. »Mutter Div, hör mich an.« Aiz faltete die Hände zum Gebet. »Lass mich nicht versagen. Ich kann nicht länger warten. Werde ich gefangen genommen oder gefoltert, so sei es. Werde ich getötet, so ist es dein Wille. Aber zuvor muss ich Erfolg haben.« Seltsam, die Schutzpatronin des Lichts und der Güte darum zu bitten, ihren Segen für einen Mord zu geben, so viel war Aiz klar. Doch in Mutter Divs Herzen hatten Waisen einen besonderen Platz. Auch sie würde Rache für diejenigen wollen, die im Feuer umgekommen waren. Ganz sicher. Ein Segler glitt über sie hinweg und warf einen Schatten wie ein gigantischer Vogel, ehe er nach Norden abdrehte. Tiral bet-Hiwa, der hochgeborene Kommandant der Fliegerstaffel, schickte regelmäßig Patrouillen über die Armenviertel. Eine Erinnerung daran, dass die Schnepfen, die hier lebten, unter Beobachtung standen. Und ein Versprechen, dass sie mit genügend Glück eines Tages selbst zu den Beobachtern gehören würden. Aiz ließ das fliegende Gefährt eine ganze Weile nicht aus den Augen und fuhr zusammen, als sie Schritte hinter sich hörte. Schwester Noa lief durch den knirschenden Schnee, der Saum ihres fadenscheinigen wollenen Rocks schleifte hinter ihr her. »Licht der Gipfel, mein Kind«, grüßte die alte Frau. »Lang möge es uns leiten«, antwortete Aiz. Schwester Noa legte die braune runzlige Hand an die steinerne Stirn der Statue und wickelte dann ihr Halstuch um Aiz’ Hals. Ihren Protest tat sie ab. »Du wirst auf dem Flugfeld arbeiten, während ich bloß hier herumbummele.« »Ja, ja, und Tee mit Keksen zu Euch nehmt«, stieg Aiz darauf ein, wohl wissend, dass das Kloster für beides zu arm war, »und Eure Bediensteten umherscheucht.« So viel Unfug brachte Noa zum Lächeln, und ihre braunen Augen funkelten in all dieser Schnee- und Wolkenblässe. Als Priesterin des größten Klosters im Armenviertel Dafra würde sie den ganzen Tag auf den Beinen sein, selbst einer Bediensteten gleich. Sie würde Unterricht beaufsichtigen, für reibungslose Abläufe in der Küche sorgen und sicherstellen, dass sich um alle gekümmert wurde, die sich Hilfe suchend ans Kloster wandten. Und bei alldem würde sie zweifellos vor Kälte zittern. Noa strich Aiz mit der gleichen resoluten Zärtlichkeit übers Haar, mit der sie ihr früher fürs Berberitzenstehlen einen Klaps versetzt oder sie im Arm gehalten hatte, als sie den Tod ihrer Mutter beweinte. Schon damals war Noa ihr alt vorgekommen. Jetzt war sie so verhutzelt und knorrig wie eine Dornkiefer. Die Priesterin musterte Aiz. »Du hast Sorgen, mein Liebes. Sag, wovon träumst du?« Bei dieser vertrauten Aufforderung musste Aiz lächeln. »Ich träume vom Frühling in Kegar. Und von einer ordentlichen Portion Silzfisch-Curry.« »Möge Mutter Div es dir vergönnen«, gab Schwester Noa zurück. »Die Sonne geht auf. Rasch zum Flugfeld. Wenn Cero dich mitnimmt, kommst du zeitig genug an, dass die Staffelmeister dir keinen Satz heiße Ohren verpassen.« Noa wies zu den Klostertoren. Dahinter stampfte ein Pferd in der Kälte mit den Hufen. Und daneben lief ebenso ungeduldig eine Gestalt auf und ab. Cero. Die Gelassenheit, mit der Noas Berührung sie erfüllt hatte, verpuffte, und an ihre Stelle trat eine Erinnerung: eine Nacht vor sechs Monaten, kurz bevor ein neuer Schwung Piloten verkündet werden sollte. Aiz hatte zusammen mit Cero in seiner Kammer gewartet und gebangt, ob man sie beide für die Elite-Seglerstaffel auswählen würde. Unfähig, still zu sitzen, war Aiz unablässig zwischen Pritsche und Fenster hin und her getigert, bis Cero ihre Hand genommen hatte. Seine Berührung hatte einen Funken entzündet und zu einem Kuss geführt, gefolgt von Verwirrung und dann Lachen und Glück und Hoffnung. Und am Morgen danach wurde Cero Pilot. Und Aiz wurde gar nichts. »Ich verstehe einfach nicht, warum er hier wohnen muss«, sagte Aiz nun. »Ein Bett besetzen. Unsere Vorräte verbrauchen. Er könnte mit den anderen Piloten zusammenleben.« »Das Kloster ist sein Zuhause«, entgegnete Schwester Noa. »Du bist sein Zuhause. Bestraf ihn nicht, weil Mutter Div es für richtig hielt, ihn zum Piloten zu machen. Und jetzt husch, husch, Liebes.« Aiz nahm den Schal und legte ihn wieder um Schwester Noas kurze weiße Locken. Die Priesterin brauchte ihn dringender. »Geht nach drinnen, Schwester. Wärmt Eure Knochen noch ein klein wenig länger.« Als Schwester Noa davongetrippelt war, blickte Aiz zu Cero, der weiterhin vor den Toren wartete. Noch hatte er sie nicht entdeckt. Abrupt wandte sie sich ab und schlich sich durch einen Hintereingang nach draußen. Als Aiz auf dem Flugfeld ankam, wimmelte es dort bereits von Pilotinnen, Staffelmeistern, Ingenieurinnen und Lotsen. Mitten durch dieses Getümmel wuselten Hilfskräfte wie Aiz – ebenso wie sie mittellose Schnepfen – und schleppten Eimer, Stangen und vereiste Fliegerrüstungen aus Leder hin und her. Hinter dem Flugfeld ging es im Hof der Segler-Werft zwischen Gerüsten, Spulen mit Segelgarn, Packen von Segeltuch und Bündeln getrockneter Schilfrohre nicht minder betriebsam zu. Daneben ragte der Horst auf und warf einen langen, bläulichen Schatten. Wie viele Gebäude in Kegar war er aus Holz und Steinen erbaut, hatte ein Schrägdach und war geformt wie die Spitze einer Schreibfeder. Hunderte Piloten und Hilfskräfte waren darin untergebracht. »Schnepfe!« Ein Staffelmeister packte Aiz am Ellbogen und zerrte sie zu den Ställen. Er war ein Habicht, ein Hochgeborener, wie die meisten, die im Horst etwas zu sagen hatten. »Miste die Ställe aus, dann melde dich in Hangar eins. Ein Dutzend neue Segler muss kalfatert werden.« Aiz seufzte und griff nach einer Mistgabel. Die Stallarbeit war übel riechend, aber wenigstens hielten die robusten Steinwände den Wind ab, während die breiten Torbögen trotzdem den Blick aufs Flugfeld freigaben. Draußen auf der Startbahn warteten Hunderte Segler auf ihre Piloten. Von hier hatte man den Eindruck, die Flotte wäre nichts weiter als ein Haufen Stöcke und im...