Sznaider / Welker | Über das Mitleid im Kapitalismus | Buch | 978-3-901862-08-3 | sack.de

Buch, Deutsch, 76 Seiten, GB, Format (B × H): 130 mm x 170 mm

Reihe: edition münchen

Sznaider / Welker

Über das Mitleid im Kapitalismus

[Essay]

Buch, Deutsch, 76 Seiten, GB, Format (B × H): 130 mm x 170 mm

Reihe: edition münchen

ISBN: 978-3-901862-08-3
Verlag: Bibliothek der Provinz


Mitleid und Moderne

Menschen haben immer gelitten und leiden noch. Aber so, wie es immer Leid gab, so haben Menschen auf das Leid anderer reagiert. Sie haben mitgelitten oder Mitleid gespürt. Mitleid gab es schon immer. Was es nicht immer gab, ist eine spezifische Form des Mitleids, nämlich das bürgerliche, moderne und kapitalistische Mitleid, welches für unsere Zeit und für die Zeit in der Zukunft bezeichnend ist und sein wird.

Ist die moderne Gesellschaft eine mitleidige oder sogar eine mitleidende? Ist sie im Stande, am Leiden anderer teilzuhaben, deren Leid selbst erleiden zu können, vor der Grausamkeit zu schaudern – gehen solche Empfindsamkeit und der Charakter moderner Gesellschaften zusammen? Wie kann so etwas im selben Atemzug behauptet werden? Es weiß doch jeder Mensch, dass unsere Welt grausam ist, dass wir aus einem Jahrhundert des Abschlachtens kommen, der Konzentrationslager, der Gaskammern, der Atombomben, des unsäglichen Leidens. Jeder Soziologe, Historiker, Philosoph, ja jeder, der glaubt, etwas zu sagen zu haben, wird sagen, wie grausam unsere moderne Gesellschaft ist, wie kalt und emotionslos der Kapitalismus sei, wie vereinsamt moderne Menschen.

Mitleid? Kann es überhaupt eine andere intellektuelle und moralische Position geben als die, die Mitleid als den Zynismus der Moderne betrachtet? Mitleid, wenn überhaupt, so heißt es, stamme aus einer besseren Welt, aus einer mythologischen, vielleicht auch religiösen. Mitleid und moderne und kapitalistische Gesellschaft: das kann nicht sein, soll nicht sein. Nicht der mitleidige Mensch ist von dieser Welt, sondern der Entfremdete, der Fremde, der Egoist, der über Leichen zur Bank schreitet und emotionslos am Fernsehen die Leiden entfernter Welten konsumiert. Mitleidige Menschen sind Überbleibsel vergangener Zeiten, Heilige, die noch nicht verstanden haben, dass die Welt modern ist, worin jeder sich selbst der Nächste ist. Weltkriege, Völkermord, das größte Verbrechen der Menschheit, die Vernichtung der europäischen Juden, und weiter so, Massenmord nach Massenmord. Es scheint, als ob die Abgründe des Bösen sich immer weiter öffnen. Mitleid? Allein der Klang des Wortes hört sich so weit entfernt an wie die letzte Bibelstunde.
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Weitere Infos & Material


Sznaider, Natan
Natan Sznaider: 1954 in Mannheim geboren
1974 Auswanderung nach Israel, Studium der Soziologie, Psychologie und Philosophie in Tel-Aviv
1992 Promotion in Soziologie an der Columbia University in New York, USA
1993 Dozent der Soziologie an der Hebrew University in Jerusalem
1994 Associate Professor für Soziologie am Academic College of Tel-Aviv
1998–1999 Gastprofessor am Institut für Soziologie an der Universität München

Zahlreiche Veröffentlichungen zur modernen Kultur und der Kultur Israels.

Welker, Andrea
Die in Augsburg geborene Autorin und Dokumentaristin Andrea Welker studierte nach einer Ausbildung im Schreinerhandwerk Innenarchitektur und Angewandte Kunst in München. Am Theater als Regieassistentin und Bühnenbildassistentin von 1968 bis 1972. Gastspiel an der Hochschule für Fernsehen und Film in München für Dokumentarfilm. Porträts, Interviews und Features zur Kunst, Musik, Literatur bei TV, Radio und Verlagen. Zusammen mit dem Verleger der Bibliothek der Provinz, Weitra, Richard Pils gründete sie als Herausgeberin die edition münchen, für kulturpolitische Essays und Texte zur Kunst.
1979 brachte sie ihr erste Buch über George Taboris Arbeit im Carl Hanser-Verlag München heraus.
Seit 1990 führt sie in München den Salon Palaver für kulturpolitische Diskurse.


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