Suchodoletz Therapie von Entwicklungsstörungen
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8409-2138-4
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Was wirkt wirklich?
E-Book, Deutsch, 296 Seiten
ISBN: 978-3-8409-2138-4
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Entwicklungsstörungen stellen ein erhebliches Risiko für die soziale und emotionale Entwicklung eines Kindes dar. Das vorliegende Buch informiert kompakt und fundiert über Förder- und Therapiemöglichkeiten. Hilfe für Kinder mit motorischen oder kognitiven Beeiträchtigungen, mit Sprachentwicklungsstörungen, Lese-Rechtschreibs- oder Rechenschwächen, mit emotionalen, hyperkinetischen, sozialen oder autistischen Störungen werden beschrieben.
Das Buch macht die Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten deutlich. Ausführlich wird besprochen, welche Behandlungsangebote auf ihre Wirksamkeit hin überprüft wurden und welcher Nutzen für die Kinder zu erwarten ist. Dabei wird auch auf alternative Therapieangebote eingegangen. Die Übersicht soll helfen, in der Praxis diejenigen Behandlungsverfahren auszuwählen, die tatsächlich zu einer Verbesserung der Entwicklungschancen der betroffenen Kinder beitragen.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Vorwort;6
2;Inhalt;8
3;1 Möglichkeiten und Grenzen einer Therapie von Entwicklungsstörungen;10
3.1;1.1 Entwicklungsstörungen;11
3.2;1.2 Therapieevaluation;13
4;2 Therapie motorischer Störungen - was ist gesichert?;26
4.1;2.1 Einleitung;26
4.2;2.2 Therapie motorischer Störungen;30
5;3 Therapie psychischer Störungen bei Menschen mit einer Intelligenzminderung;42
5.1;3.1 Intelligenzminderung;42
5.2;3.2 Interventionen bei Intelligenzminderung;48
5.3;3.3 Fazit;62
6;4 Therapie von Sprech- und Sprachentwicklungsstörungen;66
6.1;4.1 Sprech- und Sprachentwicklungsstörungen;66
6.2;4.2 Multimodale Therapie sprachgestörter Kinder;70
6.3;4.3 Wirksamkeit einer Sprachtherapie;76
6.4;4.4 Schlussfolgerungen für die Praxis;89
7;5 Therapie von Lese- Rechtschreibstörungen;98
7.1;5.1 Lese-Rechtschreibstörungen;98
7.2;5.2 Grundprinzipien einer LRS-Therapie;100
7.3;5.3 Beschreibung einzelner Förderprogramme;108
7.4;5.4 Maßnahmen zur Prävention;123
7.5;5.5 Empfehlungen für die Praxis;130
8;6 Rechenstörungen: Möglichkeiten der Prävention und Intervention;138
8.1;6.1 Rechenstörungen;138
8.2;6.2 Entwicklung früher mathematischer Kompetenzen;140
8.3;6.3 Allgemeine Anforderungen an eine mathematische Förderung;143
8.4;6.4 Möglichkeiten einer primären Prävention im Kindergarten und deren Effektivität;144
8.5;6.5 Möglichkeiten schulischer Interventionen und deren Effektivität;150
8.6;6.6 Fazit und Empfehlungen für die Praxis;156
9;7 Therapie autistischer Störungen;162
9.1;7.1 Autistische Syndrome;162
9.2;7.2 Interventionsmethoden bei autistischen Störungen;165
9.3;7.3 Empfehlungen für die Praxis;180
10;8 Therapie emotionaler Störungen;186
10.1;8.1 Emotionale Störungen;186
10.2;8.2 Therapie;191
10.3;8.3 Fazit;198
11;9 Therapie von ADHS;202
11.1;9.1 Störungsbild;202
11.2;9.2 Medikamentöse Therapie;205
11.3;9.3 Psychoedukation/Beratung;206
11.4;9.4 Elternzentrierte Interventionen;208
11.5;9.5 Schul- und kindergartenzentrierte Interventionen;210
11.6;9.6 Kindzentrierte Interventionen;211
11.7;9.7 Zusammenfassende Beurteilung;216
12;10 Therapie von Störungen des Sozialverhaltens;220
12.1;10.1 Störungsbild;220
12.2;10.2 Beschreibung verschiedener Therapieansätze;224
12.3;10.3 Empfehlungen für die Praxis;234
13;11 Alternative Therapiemethoden;240
13.1;11.1 Charakteristika alternativer Therapiemethoden;240
13.2;11.2 Übersicht über alternative Behandlungsverfahren;243
13.3;11.3 Fazit;258
14;12 Therapie von Entwicklungsstörungen - ein Fazit;264
14.1;12.1 Therapieziele;264
14.2;12.2 Grundrichtungen in der Therapie von Kindern mit Entwicklungsstörungen;266
14.3;12.3 Wie wirksam und hilfreich ist eine Therapie?;275
14.4;12.4 Derzeitige Situation und Ausblick;284
15;Die Autorinnen und Autoren des Bandes;288
16;Verzeichnis der Therapiemethoden;290
17;Stichwortverzeichnis;294
1 Möglichkeiten und Grenzen einer Therapie von Entwicklungsstörungen (S. 1-2)
Waldemar von Suchodoletz
Gliederung
1.1 Entwicklungsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.1 Ursachen von Entwicklungsstörungen . . . . . . 2
1.1.2 Häufigkeit von Entwicklungsstörungen . . . . . . 3
1.2 Therapieevaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2.1 Evidenzbasierte Therapie . . . . . . . 5
1.2.2 Wirksamkeit einer Therapie . . . . . . . . . . 7
1.2.3 Grenzen randomisierter kontrollierter Studien . . . . . . . . . . 9
1.2.4 Effektivität einer Therapie . . . . . . . 11
1.2.5 Effizienz einer Therapie . . . . . . . 11
1.2.6 Erreichen der Zielgruppen . . . . . . . . . 12
1.2.7 Mögliche Nebenwirkungen . . . . . 12 1.2.8 Spannungsfeld zwischen erfahrungs- und evidenzbasierter Therapie . . . . . . . . 13
Große epidemiologische Studien machen deutlich, wie häufig Entwicklungsstörungen auftreten, und Langzeitstudien lassen keinen Zweifel daran, dass Entwicklungsstörungen eine häufige Ursache für Schulschwierigkeiten und psychische Fehlentwicklungen sind. In die Diagnostik, Therapie und Förderung betroffener Kinder sind Fachleute zahlreicher Disziplinen einbezogen, wie z. B. Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen, Psychologen, Sonder- und Heilpädagogen, Sprach-, Ergo- und Mototherapeuten. Eine Früherfassung von Kindern mit Entwicklungsstörungen ist ein zentrales Anliegen der Vorsorgeuntersuchungen und Schuleingangsuntersuchungen ermöglichen das Erkennen von Entwicklungsauffälligkeiten an der wichtigen Nahtstelle des Übergangs vom Kindergarten in die Schule. Die Förderung und Therapie steht im Mittelpunkt der Tätigkeit zahlreicher niedergelassener Therapeuten, von Frühförderstellen und sozialpädiatrischen Zentren. Welche Therapie- und Förderangebote zur Verfügung stehen und wie deren Wirksamkeit und Nutzen einzuschätzen sind, ist Thema dieses Buches.
1.1 Entwicklungsstörungen
Als motorische, kognitive und emotionale Entwicklungsstörungen werden nach der Internationalen Klassifikation der Erkrankungen von der Weltgesundheitsorganisation Störungsbilder bezeichnet, die Folge einer Einschränkung oder Verzögerung der Entwicklung von Funktionen sind, die eng mit der biologischen Reifung des Zentralnervensystems verknüpft sind (WHO, 2008). Die dieser Kategorie zugeordneten Störungsbilder zeigen typische Charakteristika im Verlauf. Entwicklungsstörungen beginnen in der Kindheit und die entsprechende Funktion ist von Anfang an beeinträchtigt, ohne dass eine Phase einer unauffälligen Entwicklung vorangegangen ist. Sprunghafte Verbesserungen der Symptomatik oder Rückfälle nach Zeiten weitgehenden Wohlbefindens, wie dies bei anderen Störungsbildern häufig vorkommt, treten bei Entwicklungsstörungen nicht auf. Der Verlauf ist eher stetig mit einer Tendenz zur Verbesserung über die Jahre. Jungen sind deutlich häufiger als Mädchen betroffen.
Zu den Entwicklungsstörungen werden in der ICD-10 umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache, der schulischen Fertigkeiten (Lese-Rechtschreibstörung, Rechenstörung) und motorischer Funktionen sowie tiefgreifende Entwicklungsstörungen (autistische Syndrome) gerechnet. Sehr ähnliche Charakteristika wie diese Entwicklungsstörungen zeigen auch andere primäre Störungen kognitiver, sozialer und emotionaler Funktionen, weshalb Möglichkeiten zur Therapie primärer Störungen der Intelligenz, hyperkinetischer Störungen, Störungen des Sozialverhaltens und Störungen in der emotionalen Entwicklung in diesem Buch gleichfalls thematisiert werden.
1.1.1 Ursachen von Entwicklungsstörungen
Entwicklungsprozesse werden entscheidend genetisch gesteuert und Entwicklungsstörungen sind wesentlich auf genetische Einflüsse zurückzuführen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Entwicklung eines Kindes schon bei der Geburt schicksalhaft vorgegeben ist, was Anlass zu therapeutischem Nihilismus wäre. Zwischen genetischer Veranlagung und Entwicklungsverlauf bestehen keine einfachen kausalen Beziehungen, sondern komplexe Interaktionen zwischen genetischer Prädisposition, Umwelteinflüssen und hirnorganischen Voraussetzungen. Der Einfluss jedes Einzelfaktors auf die Geschwindigkeit des Entwicklungsprozesses und das Auftreten von Entwicklungsstörungen ist von Kind zu Kind verschieden.
Hinsichtlich des Verständnisses genetischer Einflussfaktoren auf die Entstehung von Entwicklungsstörungen wurden in den letzten Jahren grundlegende Einsichten gewonnen. Es hat sich gezeigt, dass Entwicklungsvorgänge nicht durch ein einzelnes Gen gesteuert werden, sondern dass sie das Ergebnis des Zusammenwirkens zahlreicher Gene, so genannter Prädispositionsgene sind (polygenetische Vererbung). Als Prädispositionsgene werden Gene bezeichnet, die eine Veranlagung für eine bestimmte Eigenschaft bedingen. Der Beitrag eines einzelnen Gens zur Erklärung eines Entwicklungsprozesses ist meist gering und zudem von Kind zu Kind unterschiedlich (unterschiedliche Penetranz).