E-Book, Deutsch, 132 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
Stöbel Der kokreative Dialog in Unternehmen
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7910-4724-9
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Was salutogene Kommunikation bewirken kann
E-Book, Deutsch, 132 Seiten, E-Book
Reihe: Systemisches Management
ISBN: 978-3-7910-4724-9
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Manuel Stöbel ist Inhaber des Instituts für Verhaltenskultur. Der studierte Opernsänger und Pädagoge widmet sich nach seiner Karriere als Opern- und Konzertsänger seit dem Jahr 2000 der Erwachsenenbildung und seit 2005 als Unternehmensberater und Businesscoach organisationalen Themen und der Kulturgestaltung von Führung, Vertrieb und Gesundheit in Unternehmen. Zudem betreut er im eigenen Atelier Mandelbachtal im Saarland nationale und internationale Klienten zu den Themen Professional Speaking und Persönlichkeit. Er ist International Business Coach (ICA), Träger des European Speaker Award und einer der wenigen zertifizierten Unternehmensberater für Salutogenese in der D-A-CH-Region.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Management: Führung & Motivation
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Unternehmensorganisation, Corporate Responsibility Unternehmenskultur, Corporate Governance
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Betriebliches Gesundheitsmanagement
Weitere Infos & Material
3 Was ist Kommunikation?
Den Begriff »Kommunikation« kennen alle, er wird in den unterschiedlichsten Kontexten verwendet, und spätestens seit dem berühmten Satz des österreichischen Psychologen und Kommunikationswissenschaftlers Paul Watzlawick »Man kann nicht nicht kommunizieren« (Watzlawick, 2000, S. 51) wissen wir: Kommunikation ist immer und überall!
Wenn wir die großen Felder der Kommunikation betrachten, stellen wir schnell fest, dass Kommunikation nicht nur an Sender und Empfänger und ihre gerade in dem Moment sichtbare und wahrnehmbare Art von Worten, Tonfällen, Gesten oder Blicken gebunden ist – sondern sie ist vor allem sehr schnell vorbei. Kommunikation ist eine temporäre Erscheinung, eine dynamische, aber nicht immer spontane Einheit, die hochkomplex und doch oft so simpel ist: denken wir dabei beispielsweise an das Erröten der Wangen bei Aufregung, vor Scham oder beim ersten Kuss.
Ich möchte Sie auffordern, einmal kurz zu überlegen, was Kommunikation für Sie bedeutet.
Reflexion
Was ist für Sie Kommunikation? Schreiben Sie spontan und ohne lange zu überlegen!
Auf diese Frage kommen folgende Aussagen verlässlich als Antwort: Sprechen, Gestik, Mimik, Rhetorik, Zuhören. Alles in der Tat Elemente von Kommunikation – doch ist die Frage damit beantwortet, was genau Kommunikation ist? Ich denke eher nicht!
Wenn man zwischenmenschliche Kommunikation empirisch in Echtzeit und unter ganz realen Bedingungen erforschen will, dann haben wir unweigerlich ein Problem – eben mit den realen Bedingungen. Auf der lesenswerten Seite des emeritierten Erfurter Professors für Vergleichende Literaturwissenschaften Michael Giesecke finden wir eine erhellende Aussage:
»Doch wenn man versucht, Kommunikation und deren Leistungen zu analysieren und zu erklären, stößt man auf ungeahnte Schwierigkeiten. Zumindest drei Probleme treten bei der Analyse von Kommunikation durchgängig auf, die sich deren Relationalität, Reflexivität und Flüchtigkeit verdanken und sowohl für die Theorie als auch für die Methode der Kommunikationsforschung gravierende Folgen haben« (zitiert nach Merten/Teipen, 1991, S. 35 f.).
Relationalität meint hier, dass Kommunikation nicht nur beim Sprecher oder Hörer zu verorten und auch nicht ausschließlich durch die Inhalte bestimmt ist. Vielmehr braucht es die Beziehungen zwischen diesen und noch vielen weiteren Faktoren einer Austauschsituation in ihren vielfältigen Möglichkeiten.
Reflexivität macht deutlich, dass die Kommunikanten in ihrem Sprechen und Verhalten aufeinander bezogen sein müssen, damit Kommunikation stattfindet. Wenn jeder nur Monologe hält, die alle anderen nicht beachten oder nicht verstehen, kommt keine kommunikative Aktion zustande.
Die Flüchtigkeit meint schlicht die Feststellung, dass eine Kommunikationssituation einem dynamischen Prozess unterliegt. Eine wissenschaftliche, systematische Herangehensweise für die Definition von Kommunikation ist somit eigentlich unmöglich.
Oder in anderen Worten: Insbesondere der zeitliche Faktor und situative Charakter ist hier von Bedeutung. Dies betrifft besonders diese drei Aspekte:
- Wenn Kommunikation analysiert wird, ist sie meistens schon vorbei.
- Wird sie experimentell analysiert, findet sie unter nicht ganz realen Bedingungen statt.
- Wird Kommunikation vorher geplant, dann weiß man letztlich nicht, was in der Realität wirklich dabei herauskommt.
Dazu kommt, dass das Beziehungsgeflecht, innerhalb dessen die Kommunikation stattfindet, ausgesprochen komplex ist, etwa aufgrund der Qualität der Beziehungen, den enthaltenen Emotionen, den Erwartungen an die Gesprächspartner:
- Welchen qualitativen Wert hat die Beziehung vom einen zum anderen Menschen (oder auch von einem zu mehreren anderen)?
- Was für eine Beziehung haben die an einer Kommunikation Beteiligten zu dem Thema bzw. ist für alle das Thema klar umrissen und definiert?
- In welchem Maß ist die Beziehung mit- und untereinander bewusst gestaltbar – und wie werden wir von unbewussten Faktoren bestimmt und geleitet?
- Welche Beziehung habe ich als Beteiligter innerhalb der Kommunikation zu mir selbst?
Zu guter Letzt ist der zirkuläre Charakter eines Kommunikationsprozesses zwischen Senden und Feedback wichtig oder sogar ausschlaggebend für dessen Erfolg oder Misserfolg: Ob wir wollen oder nicht, erfolgt auf ein Senden eine Feedbackreaktion des Empfängers, woraufhin wiederum eine erneute Sendeaktion des Senders erfolgen wird, die wieder eine andere Feedbackreaktion erzeugt. Nicht zufällig heißte es sprichwörtlich: »Ein Wort ergibt das andere.«
Wenn der Kommunikationsprozess erfolgreich verläuft, dann haben die daran Beteiligten am Ende ein stimmiges und kohärentes Ergebnis, das allen einleuchtet, mit dem alle gut leben können und dessen mutmaßliche Folgen für alle akzeptabel, einigermaßen vorhersehbar und vertretbar sind. Gelingt der Kommunikationsprozess nicht, kann nicht nur diese spezielle Situation, sondern auch das gesamte Beziehungsgefüge Schaden nehmen. Zurück bleibt das Gefühl der Dissonanz, des Scheiterns, des Nicht-Verstehens.
Um trotzdem ein besseres Verständnis des wie beschrieben sehr komplexen Begriffs Kommunikation zu bekommen, wird er häufig in verschiedenen Aspekte aufgeteilt: die nonverbale, die paraverbale und die verbale Kommunikation.
3.1 Wer spricht mit wem?
Die Frage, inwiefern der kokreative Dialog im Unternehmenskontext von Bedeutung ist, erfordert zunächst einen Ausflug in die Welt der Theorien: Was ist Kommunikation eigentlich genau? Was sind ihre Parameter? Wie gehen verschiedenen Persönlichkeitstypen damit um?
Doch keine Angst, der Schwerpunkt des Buches liegt ganz klar auf dem Praxisbezug. Deshalb werden die Überlegungen zum kokreativen Dialog genau dadurch veranschaulicht: durch Gespräche zwischen Menschen. Anhand eines praktischen Beispiels, wie es im realen Leben regelmäßig vorkommt, erfahren Sie, wie Gespräche funktionieren, welche Fallstricke dabei lauern können und wie durch einen bewussten Einsatz der gemeinsamen Kreativität der Gesprächsteilnehmenden eine positive Grundhaltung zum Leben und Arbeiten, eine hohe Kohärenz entstehen und gefördert werden kann.
Im folgenden Abschnitt lernen Sie unsere Protagonisten kennen. Im Verlauf des Buches werden immer wieder Gesprächssituationen dieser Menschen geschildert. Sie sind durch das Signet der vier Gesichter (s. Abb. 2) gekennzeichnet.
Abb. 2: Vier Gesichter – Menschen sind wechselhaft. Manchmal müssen wir uns für ein Gesicht entscheiden, obwohl wir alle im Blick haben können. Sie werden uns begleiten und sich wandeln (modifiziert; © Adobe Photostock 296401977 by melita).
3.1.1 Darf ich vorstellen: Lion, Kim, Adiam und Dana
Lion
Lion lebt als Sohn recht gut situierter Eltern am Stadtrand in seinem eigenen für einen Single großzügigen Appartement, das jetzt fast schon abbezahlt ist. Ehrensache! Seine Zeit im Vertrieb in den USA prägten seine Bild vom Leben, Arbeiten und von Erfolg: Wenn es auch kein Vorstandsposten in einem traditionellen Großunternehmen wird, dann eben kleiner – aber eben oben. Und wie Großvater auch sagte: Die Qualität von Arbeit und Leben muss stimmen. Teuer darf es sein, aber man muss nicht protzen. Lion hat es gerne klar umrissen, kann zwar mit Details kaum etwas anfangen, behält aber immer gut den Überblick über das Gesamte. Er hat eine genaue Vorstellung, wie die Dinge sein müssen, und weicht nur ungern von seinem Weg ab. Dabei wird er manchmal fast als intolerant erlebt. Doch insgesamt ist er einerseits ein strebsamer Erfolgsmensch mit einer Menge Energie, andererseits kann er aber auch große Konstanz und Sicherheit bieten.
Kim
Für Kim besteht das Leben im Gegensatz zu einigen ihrer Freundinnen aus mehr als Klamotten. Solange die Technik funktioniert, ist alles gut. Sie lebt stadtnah, aber ruhig in einer kleinen Wohnung. Sie legt insgesamt nicht viel Wert auf eine besonders wohnlich eingerichtet Umgebung: reduziert, funktional, WLAN. Sie mag Projektarbeit, aber eher nicht mittendrin, arbeitet gerne nachts, wenn sie keiner stört, und braucht Entfaltungsraum für Gedankengänge, die Details zu einem differenzierten Puzzle werden lassen, das man dann Stück für Stück zusammensetzen kann. Reden? Das überlässt sie gerne den anderen – der Kopf ist ihr viel wichtiger.
Adiam
Adiam wacht morgens immer als Letzter der WG auf, wo er sich bis heute pudelwohl fühlt. Das Leben? Wenn der Kopf in den Wolken und der Fuß im Kuhfladen steckt, riecht man den Fladen zum Glück nicht. Einsam ist Adiam nie – nur, wenn ihn niemand...