Steger | Max Mohr | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 136 Seiten, Format (B × H): 115 mm x 190 mm

Reihe: kleine bayerische biografien

Steger Max Mohr

Arzt und rastloser Literat

E-Book, Deutsch, 136 Seiten, Format (B × H): 115 mm x 190 mm

Reihe: kleine bayerische biografien

ISBN: 978-3-7917-6147-3
Verlag: Friedrich Pustet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Max Mohr (1891–1937), zugleich Arzt und Literat, feierte in den 1920er-Jahren große Erfolge als Dramatiker und pflegte mit zahlreichen bedeutenden Kulturschaffenden seiner Zeit engen Kontakt. Er lebte mit seiner Familie am Tegernsee, verbrachte viel Zeit in Berlin, von wo aus er in Briefen einen spannenden Einblick in den hektischen Literatur- und Theaterbetrieb der Weimarer Zeit liefert. Aufgrund seiner jüdischen Identität musste er 1934 emigrieren. Bis zu seinem frühen Tod lebte und arbeitete er als Arzt in Shanghai. In zahlreichen Briefen entwirft er ein plastisches Bild dieser aufstrebenden Metropole. Diese Biografie erzählt von einer vielschichtigen Persönlichkeit: Mohr sehnte sich nach dem Leben auf dem Land und nach abenteuerlichen Reisen; moderner Technik und dem Großstadtleben stand er, ambivalent gegenüber.
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4Im Ersten Weltkrieg
ALS SANITÄTER AN DER WESTFRONT
Am 28. Juli 1914 beginnt der Erste Weltkrieg. Nur zwei Wochen später, am 15. August, tritt Max Mohr seinen Dienst bei der berittenen »Zweiten Artillerie-Munitions-Kolonne der Bayerischen Ersatz-Division« an. Dem erhaltenen Personalbogen dieser Einheit ist zu entnehmen, dass Mohr neun Semester seines Studiums der Humanmedizin absolviert hat, eines davon als Feriensemester in Beirut. Unter »Religionszugehörigkeit« hat er angekreuzt »konfessionslos«. Durch diesen Personalbogen weiß man auch, dass Max Mohr 1,81 Meter groß war. Nur weitere zwei Wochen später, am 29. August 1914, ist seine Einheit bei Voivreville erstmals an Kampfhandlungen beteiligt. Es folgen Schlachten bei Coinches und Khememont. Die zügigen Ortswechsel spiegeln den schnellen Vormarsch der Deutschen Armee zu Beginn des Krieges wider. Gut zwei Monate später erhält Mohr seine erste Auszeichnung und wird zum Feldunterarzt ernannt. Ende des Jahres 1914 ist er noch optimistisch über den weiteren Verlauf des Krieges, er meint bereits die Türme von Paris sehen zu können. Auch noch im folgenden Jahr verliert er seine Zuversicht über einen deutschen Sieg nicht; er verspricht seiner Schwester Hedwig, die nächsten Blumen werde er aus dem Park von Versailles senden. Mohr erreicht immerhin einmal bei einem Patrouillenritt einen Vorort von Paris. Aber bald beginnt er, am Sinn dieses Kriegs zu zweifeln und das Töten allgemein abzulehnen. Hedwig schreibt er beispielsweise von seinem ständigen Wunsch, die eigene Artillerie möge die gegnerischen Soldaten nicht treffen. Mohr ist trotz seiner Zweifel ein mutiger und selbstloser Soldat. So versorgt er am 29. Februar 1916 einen schwerverwundeten Major in der Schlacht bei Verdun mitten im Kampfgeschehen und bringt ihn unter Beschuss in Sicherheit. Bei dieser Aktion werden drei seiner Krankenträger getötet, daraufhin trägt Mohr den Schwerverwundeten allein in Sicherheit. Und am 8. April 1916 verarztet er trotz starken Artilleriefeuers fünf verwundete Soldaten. Für diese und weitere Handlungen erhält er zahlreiche Auszeichnungen und Orden für bemerkenswerte Tapferkeit, bis hin zum Eisernen Kreuz I. Klasse. Unterwegs im Ersten Weltkrieg. Mohr auf dem Pferd vorne rechts. Noch während der Schlacht bei Verdun wird Mohr am 24. Juni 1916 zum »Feldhilfsarzt der Reserve« befördert. Als solcher steht er nun im Rang eines Sanitätsoffiziers – dem höchstmöglichen Rang eines Medizinstudenten – und ist für die Unterweisung von Sanitäts-Unteroffizieren und Feldunterärzten verantwortlich. Er darf damit auch anspruchsvolle medizinische Aufgaben ausführen. Mitte August 1916 wird ihm erstmals seit Beginn des Krieges ein dreiwöchiger Heimaturlaub »zur Wiederherstellung der Gesundheit« genehmigt. Er schreibt in der oben zitierten autobiografischen Skizze, er sei viermal im Krieg verwundet worden, mehr ist darüber nicht bekannt. Bis zum Februar 1917 nimmt er an allen Schlachten seines Regiments teil – darunter die Kämpfe bei Verdun, an der Somme, an der Aisne und in Ypern. All diese Orte stehen geradezu sinnbildlich für die Schrecken des Ersten Weltkriegs, für die schrecklichen Grabenkämpfe, für hunderttausendfachen Tod. Mohr wird hier als Sanitäter zahllose furchtbare Dinge gesehen und erlebt haben. Er erzählt aber niemals davon, auch später nicht, er deutet nur hier und da an, wie sehr ihn diese Erfahrungen geprägt und verändert haben. Mit den Erlebnissen ändert sich seine Haltung zum Krieg: Nach einer anfänglichen Kriegsbegeisterung, die er mit den meisten seiner Generation teilt, kommt er zu einer zunehmend kritischen Haltung. Im Februar 1917 erfährt Mohr von der Möglichkeit, in München einen dreimonatigen Kurs für Studierende der Humanmedizin zu belegen und damit sein Studium erfolgreich abzuschließen. Für ihn bedeuten diese drei Monate nicht nur eine willkommene Abwechslung von den grausamen Ereignissen an der Front, sondern auch eine Rückkehr in die vertraute Wahlheimatstadt, wo er Freunde und Familie wiedersehen kann. Am 24. Mai 1917 legt Mohr sein Staatsexamen ab, und man erteilt ihm die Approbation als Arzt. Er muss unmittelbar im Anschluss an die Front zurück. Hier wird er zum Assistenzarzt der Reserve ernannt und damit gleichzeitig zum Leutnant, er wird also Offizier. KRIEGSGEFANGENSCHAFT
Am 20. September 1917 ist Mohr mitten in der dritten Flandernschlacht bei Ypern. Nahe der Ortschaft Hooge hat man ihm einen Verbandsplatz der ersten Verteidigungslinie zugeteilt. Englische Soldaten erobern diesen Verbandsplatz und nehmen Mohr gefangen. Hierbei kommt es zu der Situation, »dass ich bei der Gefangennahme aus Gründen, die hier zu weit führen, aber nicht ungerecht waren, mit noch fünf anderen Bayern an die Wand gestellt wurde, aber begnadigt wurde, nachdem drei vor mir niedergeknallt waren«. Mohr beschreibt hier in sehr knappen Worten eine Situation, die überaus dramatisch gewesen sein muss: Er soll als einer von sechs Männern erschossen werden, und das erscheint ihm im Nachhinein sogar als gerecht. Und nachdem die Hälfte dieser Männer tot ist, hört das Schießkommando auf zu schießen, wird er plötzlich begnadigt, der sicher geglaubte Tod tritt doch nicht ein. Man kann nur darüber spekulieren, was so ein Ereignis in einem Menschen auslösen kann. Dass Mohr inzwischen Offizier geworden ist, ist sein Glück. Denn diese Tatsache spielt für einen Soldaten in englischer Kriegsgefangenschaft eine bedeutende Rolle. Wie später auch im Zweiten Weltkrieg leben die Gefangenen in den Offizierslagern unter vergleichsweise guten Bedingungen. Mohr wird nach Bevois Mount in Southampton gebracht, in ein Durchgangslager für maximal 85 Offiziere. Bei seinem Regiment gilt Mohr zunächst als vermisst, man vermutet dort, er sei desertiert. Sein Schwager Joseph Reuß drängt beim Schweizer Roten Kreuz darauf, Recherchen über Mohrs Verbleib anzustellen. Einen Monat später meldet das Rote Kreuz schließlich seinen Aufenthalt im Gefangenenlager bei Southampton. Beinahe ein Jahr bleibt Mohr in England. Hier in der Kriegsgefangenschaft findet er zur Literatur. Seine Haftbedingungen bieten ihm dazu den nötigen Spielraum: Als gefangener Offizier muss er körperlich nicht arbeiten, er hat genügend freie Zeit und es stehen ihm Schreibutensilien zur Verfügung. Mohr schreibt Gedichte und kleine Theaterstücke, und er wirkt an Theaterinszenierungen der Gefangenen mit. Einer seiner Mitgefangenen ist Werner Vogel (1892–1936), der ebenfalls Gedichte schreibt und mit dem er Freundschaft schließt. Als Vogel 1936 stirbt, findet seine Mutter in seinem Nachlass noch die handschriftlichen Gedichte aus dieser Zeit, er hat sie ein Leben lang aufbewahrt. Eines davon ist dem Freund Max gewidmet, dem Vogels Mutter dieses Gedicht übergibt. Vogel wird in Mohrs Leben noch eine bedeutende Rolle spielen: 18 Jahre später wird er für ihn zur Anlaufstelle im Exil. Ohne ihn hätte Mohr höchstwahrscheinlich nicht Shanghai gewählt. Am 26. September 1918, sechs Wochen vor Kriegsende, wird Mohr in Aachen gegen alliierte Kriegsgefangene ausgetauscht und kann auf diese Weise weitaus früher als die meisten anderen deutschen Gefangenen England verlassen. Seine vorzeitige Entlassung verdankt er seinem schauspielerischen Talent: Er simuliert eine psychische Erkrankung. Als Arzt weiß er, welche Symptome er zeigen muss, und so gelingt es ihm, die für die Begutachtung der Gefangenen zuständigen Schweizer Ärzte zu täuschen. Mohr erzählt später von dem sinnlosen Tod eines jungen Gefreiten, der ihn besonders betroffen gemacht habe. Solche Einzelschicksale spiegelten nach seiner Auffassung die Realität des Krieges besser wider als die in damaligen Schulbüchern veröffentlichten Heldengeschichten, in denen der Tod »mit dem blitzenden Schwert in der Heldenbrust mit Musik und Walküren« verherrlicht wird. Die Realität der Soldaten sei es dagegen, »am blutigen Durchfall zu sterben oder von reizenden jungen Studenten erschossen zu werden«. Er ist überzeugt, dass der Krieg für das Deutsche Kaiserreich nicht mehr zu gewinnen sei. Nachdem er die Ausstattung und Lebensqualität der englischen Soldaten hinter der Kriegsfront zu Gesicht bekommen hat, ist ihm die Überlegenheit des Gegners klar geworden. Diese Einschätzung teilt Mohr auch einem Freund im militärischen Hauptquartier mit. Die Antwort des Freundes empfindet er als dermaßen ignorant und überheblich, dass er viele seiner Orden an die Militärbehörden zurückgibt. ERSTE LITERARISCHE VERSUCHE
Man kann wohl mit Recht sagen, dass die Kriegserlebnisse für Max Mohr ein entscheidender Grund für das Schreiben waren. In Gedichten und Dramen versucht er, diese Erfahrungen aufzugreifen. Seine ersten erhaltenen Gedichte stammen aus den Jahren 1914 bis 1916. Ob er...


Prof. Dr. Florian Steger ist Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin und sitzt der Ethikkommission der Universität Ulm vor.

Prof. Dr. Florian Steger ist Direktor des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin und sitzt der Ethikkommission der Universität Ulm vor.


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