E-Book, Deutsch, 352 Seiten, ePub
ISBN: 978-3-13-242164-6
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zielgruppe
Ärzte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin Pädiatrie, Neonatologie
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin Immunologie
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin Infektionskrankheiten
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Umweltmedizin, Arbeitsmedizin, Tropenmedizin, Sportmedizin Reisemedizin, Tropenmedizin
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizin, Gesundheitswesen Allgemeinmedizin, Familienmedizin
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1 Historie und Zukunft von Schutzimpfungen
K. Cichutek, J. Scherer, C. Conrad, U. Heininger, H. Spiess Der Grundgedanke der Schutzimpfung resultiert aus Jahrtausende alten Erfahrungen, dass Infektionskrankheiten und Vergiftungen einen Schutz gegen spätere gleichartige Infekt- und Gifteinwirkungen hinterlassen. Die als Inokulation bezeichnete Übertragung von Pockenblaseninhalt oder Pockenkrusten zum Schutz gegen die Pockenerkrankung soll schon 1500 v. Chr. in Indien durchgeführt worden sein ? [3]. Die Vakzination – heute ein Begriff für die aktive Immunisierung (Impfung) – gründet sich auf die Beobachtung, dass Kuhpocken (lat. vacca = Kuh), auf die Hände von Melkern übertragen, vor echter Pockenerkrankung schützen. Dem englischen Arzt Jenner gebührt das Verdienst, durch exakte Untersuchung nachgewiesen zu haben, dass eine am 14.05.1796 bei einem Jungen durchgeführte Impfung mit Kuhpockenblaseninhalt gegen eine 6 Wochen später vorgenommene virulente Prüfinfektion mit inokuliertem menschlichem Pockenblaseninhalt gegen die Pockenerkrankung schützte. Die passive Immunisierung gründet sich auf den Nachweis der Schutzwirkung von Diphtherie- und Tetanusantitoxin durch Behring und Kitasato. Eine passive Immunisierung erfolgte mit einem Immunserum, das aus zuvor immunisierten Säugetieren gewonnenen wurde. 1.1 Vergangenheit
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurden viele Impfstoffe gegen bakterielle und virale Krankheiten entwickelt (? Tab. 1.1). Die 1. Generation von Vakzinen bestand aus partiell gereinigten Toxoiden (Diphtherie und Tetanus) oder abgetöteten Bakterien (Typhus, Cholera, Keuchhusten). Diese Impfstoffe sind teilweise heute noch ohne wesentliche Modifikationen im Gebrauch. Wegen der besseren Verträglichkeit werden der Pertussisganzkeimvakzine seit einiger Zeit in vielen Ländern azelluläre Keuchhustenimpfstoffe (aP) vorgezogen. Die Einführung der Zellkulturtechniken in den späten 1940er-Jahren brachte große Fortschritte für die Entwicklung von Impfstoffen gegen virale Erreger. Die neue Technik erlaubte nicht nur, Viren in großen Mengen unter kontrollierten Bedingungen herzustellen, sondern sie bot zugleich die Möglichkeit, durch kontinuierliche Passagen Viren zu attenuieren. 1955 wurde durch Salk die erste inaktivierte Poliovakzine eingeführt. 1962 wurden die ersten erfolgreichen Versuche unternommen, die Poliomyelitis durch Massenimpfung mit einem von Sabin entwickelten oralen Lebendimpfstoff zu kontrollieren. Wenige Jahre später standen Lebendimpfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln und seit den 1980er-Jahren auch gegen Varizellen zur Verfügung. Pasteur reduzierte die Virulenz der Tollwutviren durch Passagen in Kaninchen bereits 1885, und 1936 wurde ein attenuierter Impfstoff gegen Gelbfieber durch Passagen der Viren in Hühnerembryonen gewonnen. Nach anfänglichen Arbeiten, die vor allem in der Herstellung der BCG-Vakzinen bestanden, wurde die Entwicklung von bakteriellen Lebendimpfstoffen aufgegeben. Das war nicht nur in der Komplexität der Bakterien begründet, sondern auch darin, dass die meisten bakteriellen Erkrankungen durch Antibiotika erfolgreich behandelt werden konnten. Erst Mitte der 1970er-Jahre wurde ein oraler Lebendimpfstoff gegen Typhus produziert. Dieser Impfstoff verfügt zwar über einen definierten Enzymdefekt (Galaktose-Epimerase-Defekt), ist aber noch über einen ungerichteten physikochemischen Mutationsdruck selektiert worden. Erst die Entwicklung eines lebenden oralen Choleraimpfstoffs (Orochol Berna – Impfstamm CVD 103 HgR) erfolgte durch gezielte gentechnische Veränderung, die eine Detoxifizierung des Choleratoxins bewirkte. Tab. 1.1 Einige historische Daten zur aktiven und passiven Immunisierung Jahr Krankheit/Infektion Art des Impfstoffs 1796 Pocken natürlich attenuierte Kuhpockenviren 1885 Tollwut attenuierte bzw. inaktivierte Viren 1890 Diphtherie, Tetanus Antitoxine 1896 Typhus inaktivierte Bakterien 1896 Cholera inaktivierte Bakterien 1923 Diphtherie partiell gereinigtes Toxoid 1926 Keuchhusten inaktivierte Bakterien 1926 Tetanus partiell gereinigtes Toxoid 1927 Tuberkulose lebende attenuierte Bakterien (BCG) 1936 Gelbfieber replikationsfähige attenuierte Viren 1936 Influenza inaktivierte Viren 1953 Anthrax attenuierte Bakterien 1955 Poliomyelitis inaktivierte Viren 1961 Poliomyelitis replikationsfähige attenuierte Viren 1963 Masern inaktivierte Viren, replikationsfähige attenuierte Viren 1967 Mumps replikationsfähige attenuierte Viren 1969 ...