Übersetzung von Friedrich Hölderlin
Buch, Deutsch, 136 Seiten, PB, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
ISBN: 978-3-86541-282-9
Verlag: Lehmanns Media
Als Sinnbild der Gewissenshaltung durchzieht der Kaiserdom in Königslutter Kucks Antigone-Buch. Das Vexierbild einer Teufelsfratze auf dem Jagdfries an der Hauptaußenapsis des Kaiserdoms symbolisiert den (vorübergehenden) Sieg des teuflisch-dämonischen Prinzips über die Gotteszugewandtheit - und genau hier liegt für Kuck der Berührungspunkt, die analogische Beziehung zum Antigone-Drama, in dem Kreon dem Dämon seiner weltlichen Herrschaft blindwütig verfällt, während Antigones Unbedingtheit in Beziehung zur göttlichen Absolutheit steht.
Im Epilog wird als aktualisierende Dimension des Antigone-Dramas der Kulturattaché Hans Bernd von Haeften (1905-1944) wachgerufen, der als Mitglied der Bekennden Kirche und als Sympathisant des Kreisauer Kreises eine christliche Widerstandhaltung gegen den Nationalsozialismus einnahm und 1944 hingerichtet wurde.
Im Übrigen zielt Kucks Visualisierung auf eine zeitübergreifende und mithin zeitlose Gegenwärtigkeit des Geschehens. Moderne Anzüge und Brillengesichter der Chorgestalten symbolisieren nähere Gegenwart, die kreatürliche Nacktheit der Hauptfiguren streift jedes Zeitkolorit ab. Dieses Schillern der Zeitbezüge korrespondiert mit dem Changieren der künstlerischen Stile und Verfahrensweisen, die Kuck wählt. Von Seite zu Seite wartet eine andere ästhetische Überraschung - oder Schockierung. Der Betrachter betritt einen vielstufigen Imaginationsraum; ihn überfällt und bereichert die wuchtige Trias des sophokleischen Daseinsbildes, der Hölderlinschen Sprachbilder und der Kuckschen Bildfantasie.