Sittig | Mordwald | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: Eifel Krimi

Sittig Mordwald


1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-86358-665-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: Eifel Krimi

ISBN: 978-3-86358-665-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Eigentlich wollte der Bonner Bauunternehmer Sauter in seinem eigenen Revier jagen. Doch dann liegt er tot im winterlichen Mayener Hinterwald, unbekleidet, gefroren und scheinbar von Wildschweinen getötet. Aber Hauptkommissar Jan Wärmland wird schnell klar, dass es sich um Mord handeln muss. Als auch ein Jagdfreund Sauters von Pfeilen durchbohrt aufgefunden wird, nennt die Presse den Täter nur noch den 'Indianer'. Der hat es anscheinend auf einen Freundeskreis abgesehen, der über die Jagd verbunden ist. Aber Wärmland kann kein Motiv ermitteln. Bis er erkennt, wer das nächste Opfer sein wird.

Sittig Mordwald jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


EINS Am Meckenheimer Kreuz fuhr Gerhard Sauter mit seinem Range Rover auf die A 61 in Richtung Koblenz. Er war auf dem Weg in die Eifelberge. In etwa einer Dreiviertelstunde würde er Mayen erreichen. Westlich der Stadt, im sogenannten Mayener Hinterwald, lag sein Jagdrevier. Dort würde er den geschäftlichen Erfolg der vergangenen Woche angemessen und auf seine ihm eigene Weise feiern: mit der Jagd, die seine Passion war. Er hatte zwei Tage, um seiner Leidenschaft zu frönen. Es gab nichts außer Sex, was ihn derart befriedigte wie die Jagd. Er war in Hochstimmung an diesem Freitagnachmittag, denn er hatte gerade ein neues Projekt von beträchtlichem Umfang an Land gezogen. Heute Morgen waren die Verträge unterzeichnet worden. Als größter Bauunternehmer der Region Köln-Bonn hatte er sich wieder einmal durchgesetzt und seine Mitbewerber auch diesmal wieder aus dem Feld schlagen können. Er lächelte angesichts dieser dem Sportbereich entliehenen Formulierung. Es war jedenfalls eine harmlose Beschreibung seiner Aktivitäten. Erfolg wollte geplant sein. In diesem Bewusstsein hatte Sauter auch dieses Geschäft detailliert vorbereitet. Vor Jahren schon hatte er die noch immer wirksamen Verbindungen geknüpft und sich Freunde an wichtigen Schaltstellen geschaffen. Dem Glück überließ er schon lange nichts mehr, jedenfalls nicht im Beruf. Eher auf der Jagd. Sauter hatte fast überall auf der Welt überaus erfolgreich gejagt. Nicht nur von den afrikanischen »Big Five« – Elefant, Nashorn, Kaffernbüffel, Löwe und Leopard – hatte er kapitale Trophäen in seiner Sammlung. Jetzt war er unterwegs in »seine« Eifel. Er liebte diesen Landstrich. Sauter hatte beinahe alle spektakulären Landschaften dieser Erde gesehen: Sibirien, den Himalaja, Alaska, die kanadischen und amerikanischen Rocky Mountains, die Anden, den Amazonas-Urwald und die afrikanische Savanne. Trotzdem empfand er eine besondere Begeisterung für dieses kleine Mittelgebirge mit seinen Bachtälern und Buchenwäldern. Die Eifel war ihm kostbar als Rückzugsgebiet und zugängliche »Wildnis« direkt vor seiner Haustür. Die Kölner Bucht dagegen sah er nur als Bauland. Obwohl er so viel übrig hatte für freies, wildes Land, maß sich sein beruflicher Erfolg eben doch an Art und Größe der durchgeführten Baumaßnahmen, und Sauter kannte diesbezüglich keine Skrupel. Die Region zwischen Nürburgring, Ahr, Laacher See und Mayen hingegen hätte sein privater Nationalpark werden können. So sehr fühlte er sich ihr verbunden. Er hatte sogar wiederholt auf eigene Kosten Forstleute und Wildbiologen als Referenten eingeladen, um den ortsansässigen Waldbesitzern und Bauern die Vorteile gesunden Mischwaldes im Vergleich zu den weitverbreiteten Fichtenmonokulturen vor Augen zu führen. Jetzt konnte er es kaum erwarten, auf den Hochsitz zu gelangen. In »seinem« Wald, der immer ein ganz besonderer Ort für ihn gewesen war. Denn in der Eifel hatte er ein besonderes Gefühl für den Wald und das Wild. In Amerika, Asien oder Afrika war er immer nur Gast gewesen. Hier jedoch begleitete er ein Stück Land durch alle Jahreszeiten. Hier war er Souverän über Leben und Tod und stand unangefochten an der Spitze der Raubtiere. In einem viel archaischeren Sinn als in seiner Firma. Das war wirkliche Macht. Sauter erreichte die Ahrbrücke bei Bad Neuenahr. Noch lag heller Sonnenschein über dem Land. Was seine Hochstimmung nur beflügelte. Aber er wusste, dass am Abend eine Wolkenfront kommen würde. Mit weiterem Schneefall. Bis vorgestern hatte es wiederholt geschneit. Dann war das Zwischenhoch gekommen, mit stärkerem Frost, und hatte den Sauen das Erreichen von Futter im nun harten Boden erschwert. Darum standen die Chancen gut, dass sie zum Fressen an die Kirrung auf seiner bevorzugten Lichtung kommen würden. Peters, sein Jagdaufseher, hatte vorgesorgt und dort reichlich Mais platziert. Wegen der Schweinepest war die Saujagd das ganze Jahr offen. Ohne Schnee waren sie allerdings nur bis zur Abenddämmerung ansprechbar. Da der Boden aber bereits von Schnee bedeckt war, herrschten nun ideale Bedingungen, auch in der Nacht. Dann reichte schon das Sternenlicht für die Jagd auf die Schwarzkittel. Die Tiere waren gegen den Schnee gut erkennbar. Mit Hilfe von exzellenten Hochleistungsferngläsern und Zielfernrohren. Sauter hatte sich den ganzen Herbst über auf den Winter gefreut. Auf seine Eifel-Sauen. Er rechnete gar nicht mit einem kapitalen Keiler. Diese Einzelgänger waren launisch und unzuverlässig. Wie geschlechtskranke Ziegenböcke. Aber Sauter war auch schon lange nicht mehr trophäensüchtig. Er schoss nur noch aus Sicht der Hege für einen starken, gesunden Bestand. Also schwache Tiere oder Jungtiere. Seinem Freund Traveloe dagegen, der ein Nachbarrevier besaß, waren die heimischen Sauen längst nicht mehr groß genug. Der fuhr lieber in die Türkei, wo er schon Keiler mit bis zu zweihundertzweiundfünfzig Kilo Gewicht erlegt hatte. Dabei war auch in der Eifel vor wenigen Jahren mal ein Stück mit hundertdreiundneunzig Kilogramm Gesamtgewicht gefallen. Sauter fuhr bei Wehr von der A 61 ab und fühlte erneut Vorfreude in sich aufsteigen. Es war eine alte Verbindung aus seiner Kindheit. Damals hatte sein Vater die Familie am Wochenende oft ins Auto gepackt, um durchs Ahrtal in die Eifel zu fahren. Zum Abschluss der Ausflüge hatte es dann meist im Café Geisbüsch am Brückentor in Mayen Erdbeer- oder Apfelkuchen gegeben. Sauter erinnerte sich noch immer daran, wie sehr ihm diese Kuchen nach den Touren in den Eifelbergen geschmeckt hatten. Die leichte Anspannung, die Sauter auf der Bundesstraße stets erfasste, wuchs, nachdem er Weibern durchquert hatte und hinter Morswiesen das Nettetal erreichte. Die Wälder ringsum waren wildreich. Und Sauter war froh, dass er selbst noch nie einen Wildunfall erlebt hatte. Noch eine halbe Stunde, dann würde er sein Jagdhaus erreichen. Peters hatte sicher schon den Kachelofen angeheizt. Trotzdem würde er es sich dort in der behaglichen Atmosphäre seiner Jagdhütte nicht groß gemütlich machen, sondern sich für eine halbe Nacht im Freien rüsten und wieder aufbrechen. Draußen würde er allmählich ganz frei werden von allen Gedanken rund um die Firma. Von den Gedanken an die Menschen in seiner Umgebung. Auch an seine Frau würde er nicht denken. Sie hatten sich ohnehin nicht mehr viel zu sagen. Nach und nach würde die Metamorphose vollzogen, und er würde zum perfekten Jäger werden. So war es immer gewesen. Das Jagdfieber würde sich noch weiter steigern. Bis zu dem Moment, da er an das erlegte Wild trat und auch hier bewiesen hatte, dass er der Beste war. *** Der alte dunkelblaue Golf stand am Beginn eines Waldweges an der Landstraße 10, die steil aus dem Nettetal in Richtung Kirchwald führte. Etwa dreihundert Meter weiter mündete die L 10 am Talgrund in die L 83, kaum zweihundert Meter von Schloss Bürresheim entfernt. Der Fahrer saß unbeweglich auf seinem Sitz. Er schaute hinunter ins Tal des Flüsschens Nette und wartete. Er kannte Sauters Jagdgewohnheiten, sein Jagdhaus und sein Revier. Und er kannte die Fütterungsplätze, die »Kirrungen«, mit denen Sauter, wie andere Jäger auch, die Wildschweine anlockte. Eine dieser Kirrungen war in den vergangenen Wochen immer wieder frisch mit Futter beschickt worden. Das hatte er bei seinen Kontrollgängen im Revier festgestellt. Es war ein unzweifelhafter Hinweis, dass Sauter dort zur Ansitzjagd erscheinen würde. Auf seiner bevorzugten Kanzel an der kleinen Lichtung mit dem Wildacker. Ideales Gelände für die Umsetzung seines Plans. Bisher lief alles perfekt. Nur ein unvorhersehbares Ereignis konnte den Ablauf der Dinge jetzt noch stoppen. Doch selbst wenn heute etwas dazwischenkäme, würde er ihn an einem anderen Jagdtag erwischen. Er wusste, wie sehr Sauter die Saujagd liebte. Die Gelegenheiten waren zahlreich. Endlich würde er bezahlen für seine Tat. Zu lange schon war er ungeschoren davongekommen. Ich werde dich holen, dachte er. Und ihn durchströmte wieder dieses Gefühl der Anspannung, das er vom Jagen kannte. Ich werde dich holen, und du wirst erfahren, wie es ist, vom Jäger zum Opfer zu werden. Sauters Angst würde grenzenlos sein. Der rücksichtslose Geschäftsmann, der andere schon immer gnadenlos ausmanövriert oder auch ruiniert hatte, um sich selbst zum Erfolg zu verhelfen, war es nicht gewohnt, aussichtslos auf der Verliererseite zu stehen. Aber dieses eine Mal, dachte er, wird ihm bewusst werden, dass er auf der falschen Seite steht. Und dass es ihn das Leben kosten wird. Er beobachtete weiter durch die Seitenscheibe seines Wagens die Landstraße, die unten im Tal dem Lauf des Flüsschens Nette folgte. Der alte Golf hatte keine Standheizung. Damit sie nicht beschlugen, hatte er die Scheiben der Fahrer- und Beifahrertür einen großen Spalt geöffnet. Dadurch war es auch drinnen im Wagen sehr kalt geworden. Er hatte das einkalkuliert und trug lange Unterwäsche unter der dunkelgrünen Militärhose, dicke Wollsocken, gefütterte Stiefel und zwei Wollpullover unter einem gefütterten Jagdparka. Seinen Kopf wärmte eine lammfellgefütterte Kappe mit Ohrenschützern, die er heruntergeklappt hatte. Doch wenn er noch lange warten musste, würde auch das nicht ausreichen, und er würde frieren. Aber das kümmerte ihn nicht. Er schaute nur weiter konzentriert ins Tal, sicher, dass der Wagen irgendwann dort unten auftauchen würde. Es war die übliche Route. Sauter nahm immer diesen Weg. Es gab keinen Grund anzunehmen, dass es diesmal anders sein würde. Er musste nur etwas Geduld haben. Er verfügte über eine enorme Geduld. Aber er saß nun schon mehr als eine Dreiviertelstunde beinahe...


Hans Jürgen Sittig, 1957 in Mayen geboren, begann als Biologiestudent mit dem Fotografieren und Schreiben. Als Fotograf und Reiseschriftsteller belieferte er 29 verschiedene Magazine und veröffentlichte viele Fotokunstkalender, Bildbände und den Gedichtband 'Herzwehen'. Auch seine Heimat Eifel porträtiert er jedes Jahr in einem eigenen Fotokalender. Der ehemalige Fallschirmjägerhauptmann d. R. und Vater zweier Söhne spielt Klavier, Theater und regelmäßig in kleinen TV-Serien. 'Mordwald' ist sein erster Roman.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.