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Schwark / Thurm / da Cruz | Spielhallen und Wettbüros | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 10, 240 Seiten

Reihe: Texte zur kommunalen Freizeit und Sportkultur

Schwark / Thurm / da Cruz Spielhallen und Wettbüros

Die "schwarzen Schafe" der Stadtkultur
2. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8192-8704-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Die "schwarzen Schafe" der Stadtkultur

E-Book, Deutsch, Band 10, 240 Seiten

Reihe: Texte zur kommunalen Freizeit und Sportkultur

ISBN: 978-3-8192-8704-6
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Sind Spielhallen und Wettbüros die "schwarzen Schafe" der Stadtkultur? In einem kurzen historischen Abriss wird aufgezeigt, dass die Verheißung eines leistungslos erworbenen Gewinns der "Obrigkeit" immer schon ein Dorn im Auge war. Aus der Sozialfigur des faulen Müßiggängers wurde im Verlauf der Geschichte dann der stets Suchtgefährdete und potentiell Beschaffungskriminelle. Das Buch beleuchtet folgende weitere Themen: - Unterschiede zwischen Spielen/Bedienen und Wetten/Zocken - volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Daten - Kritik zur Datenlage gefährdeter und pathologischer Spieler - Sozialstruktur und ein kritischer Blick auf das Verständnis von "Sucht" - Interviews mit Vertretern von Stadtverwaltungen - anschauliche Beschreibungen zu Spielhallen und Wettbüros - Perspektiven für den zukünftigen Umgang mit diesen Einrichtungen

Professor für Sport-, Freizeit- und Kulturmanagement an der Westfälischen Hochschule, Standort Bocholt
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2 Spielen oder Bedienen? Wetten oder Zocken? Eine kategoriale Annäherung


Bislang ist wie selbstverständlich mit den zentralen Begriffen „Glücksspiel“ und „Wette“ operiert worden. Die verwendeten Termini geben jedoch nicht zwangsläufig Aufschluss darüber, ob sie die wesentlichen Eigenschaften und spezifischen Merkmale einer Praxis oder eines Gegenstandes treffend beschreiben. Die Problematik einer möglichen inkongruenten oder verfehlten Benennung im Verhältnis zu Eigenschaften und Spezifik wird insbesondere durch einen zeitlich andauernden, weit verbreiteten sowie alltäglichen und vorwissenschaftlichen Gebrauch vielfach nicht mehr ins Bewusstsein gerufen.

Auf einer 1. Stufe wird die Unangemessenheit von Benennungen bereits offensichtlich, hat aber, abgesehen vom fachlichen Diskurs, keine weiteren Auswirkungen. Drei einfache Beispiele können das bereits belegen. Erd“nüsse“ fallen nicht in die Kategorie der Nüsse, sondern sind nach botanischer Klassifizierung Hülsenfrüchte. Türkischer „Honig“ ist nicht etwa Honig mit geografischer Herkunftsangabe, sondern ein Gemisch aus Zucker sowie Öl und ist damit eine Etikettierung, wie sie dem Marketing eigen ist. See“pferdchen“ werden seit der Antike aufgrund ihrer Formgebung so genannt, zählen biologisch jedoch zur Gattung der Fische. Derartige Beispiele ließen sich beliebig verlängern.

Die 2. Stufe der Argumentation bezieht sich nicht mehr nur auf die verfehlte Benennung, sondern zusätzlich auf die damit fälschlicherweise in Verbindung gebrachten Tätigkeiten und kulturellen Praxen. Vorgefertigte Tiefkühlkost in einer Pfanne zu erwärmen, durch einschalten des Herds und wieder ausschalten, erfüllt nicht die qualifizierte Tätigkeit des Kochens, auch bei mehrmaliger Wiederholung nicht. Das Servieren mit dem Selbstlob zu verknüpfen „schaut mal, was ich gekocht habe“, würde auf allseitige Ablehnung oder Erheiterung stoßen. Essen erwärmen wäre demgegenüber die treffende Bezeichnung. Ein weiteres Beispiel auf dieser Stufe, ist das bedienen einer Drehorgel, bzw. eines Leierkastens. Über vorgestanzte Lochkarten kann durch die gleichmäßige Betätigung einer Kurbel eine vorgegebene Melodie erzeugt werden. Die Bedienung der Drehorgel qualifiziert dennoch nicht dazu, sich als Musiker zu verstehen oder als solcher beurteilt zu werden. Zumindest ist das gleichförmige Halten der Drehgeschwindigkeit eine schwach ausgeprägte Fertigkeit, ähnlich dem Umrühren der zu erwärmenden Tiefkühlkost.

In der 3. Stufe richtet sich der Fokus stärker auf die Eigenschaften und Spezifik einer kulturellen Praxis. Insbesondere ist darauf einzugehen, inwieweit bestimmte Handlungen und Tätigkeiten elementar sind, oder eher nebensächlich. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist zu betonen, dass das Ziel nicht die Abwertung, sondern eine begründete Differenzierung und Abgrenzung zwischen spezifischen Merkmalen und Eigentümlichkeiten von Aktivitäten ist.

Als erstes Beispiel soll Schach angeführt werden, das fälschlicherweise oftmals als Sport anerkannt wird. Die Argumentation, dass Kalorien verbraucht werden, ein hoher Fitnesslevel erreicht sein muss, um stundenlanges Schachspielen durchzuhalten und es sich schließlich um „Denksport“ handele, überzeugt keineswegs um Schach als Sport zu qualifizieren. Die beiden ersten Aspekte treffen auch auf intensive Gartenarbeit und viele andere Tätigkeiten zu. Die sprachliche Konstruktion, wettkampfbezogene kognitive Leistungen zu vergleichen, trifft auch auf zahlreiche andere komplexe Brettspiele zu. Auch Halma ist kein Sport, ohne das Spiel damit abzuwerten. Unterziehen wir uns dazu einem Gedankenexperiment und stellen uns zwei Personen in einem Krankenhauszimmer vor, die bedauerlicherweise nach einem Unfall vollkommen eingegipst wurden. Die erste Person startet unvermittelt mit der Buchstaben-Zahlen-Kombination e2-e4. Der Bettnachbar antwortet mit e7-e5. Daraufhin g1-f3 und als Erwiderung b8-c6 usw. Der Kern dieses strategischen Kriegsspiels (Bauernheer, Offiziere usw.) ist von den beiden Personen ohne Bewegungsleistung bereits erfüllt. Auch Großraumschach mit dem Heben schwerer Figuren macht aus Schach keinen Sport (bspw. Schwerathletik), weil kein Vorteil daraus zu ziehen ist, die Großfigur mittiger auf das Einzelfeld zu platzieren, als der Gegenspieler. Zeitlich nachfolgend zum Begriff Denksport ist in jüngster Zeit der Begriff E-Sports etabliert worden. Hier geht es nicht nur um eine clevere strategisch-terminologische Besetzung des Begriffs, sondern aus Sicht der damit verbundenen Industrie (die Ebene der Branche ist längst überwunden) um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit und damit um Milliarden von Euro an Einsparungen. Warum „E-Sport“ kein Sport ist, hat u.a. Borggrefe 2018 in ihrer schriftlichen Stellungnahme im Rahmen der öffentlichen Anhörung zum Thema „Entwicklung des E-Sports in Deutschland“ an den Sportausschuss des Deutschen Bundestages ausgeführt. „Beim eSport gibt es zwar eine körperbezogene Handlung, nämlich die Bedienung eines Controllers, aber bei dieser Handlung handelt es sich nicht um eine sportartbestimmende motorische Aktivität. eSportler kommunizieren ja nicht, „Ich kann klicken!“ oder „Ich kann besser klicken als Du!“, sondern Sinn bekommt ihre Handlung erst durch das virtuelle Geschehen, also durch die Bewegungen eines Avatars. Das heißt: Die motorische Aktivität ist entkoppelt vom eigentlichen Spielgeschehen. Die Zuteilung von Sieg und Niederlage erfolgt im eSport nicht darüber, wie viele Klicks pro Minute jemand schafft oder welche Tastenkombinationen koordinativ bewältigt werden, sondern darüber, wie viele Tore ein Avatar bei der Fußballsimulation schießt …“ (Borggrefe 2018) Diese Argumentation stößt insbesondere auf Seiten der eSport-Industrie aus ökonomischen Erwägungen auf wenig Zustimmung, allerdings kann sie inhaltlich der Argumentation wenig entgegensetzen. Greifen wir ergänzend zu Borggrefe das eben angeführte Beispiel der Drehorgel auf, so erkennen wir in der Argumentation strukturelle Ähnlichkeiten. Auch wenn die Aufgabe des Drehorgelspielers darin bestünde, schneller und langsamer drehen zu müssen, mit Pausen usw., also eine gewisse Virtuosität des Drehens erforderlich wäre, so bleibt es bei der vorgefertigten Melodie. Damit ist er mit Sicherheit kein Komponist und allenfalls ein virtuoser Musikbediener. Dieser Aspekt führt nun zum abschließenden Beispiel der dritten Stufe. Eine Person die Platten (vor Publikum) auflegt, führt gemeinhin die Bezeichnung Diskjockey (DJ). Zutreffend dürfte eine allseitige Zustimmung darüber sein, dass es sich hier nicht um einen Musiker oder Komponisten handelt. In dem Moment wo die Techniken des Backspinning (Zurückziehen oder -drehen einer Platte), Beatjuggling (Benutzung einer Platte als Rhythmuseinheit), Beatmatching (Synchronisieren zweier Platten) und Scratching (Benutzung einer Platte als Solo-Instrument) eingeführt werden, stellt sich die zentrale Frage, was davon lediglich Bedienung ist oder kreative Leistung. Das ist die zentrale Kategorie, mit der darüber entschieden werden kann, ob die Ebene des DJ verlassen und zugunsten der Ebene des Musikers, Musikkünstlers oder Komponisten erreicht wird.

Dieser zugegeben lange Anlauf mit zahlreichen Beispielen war notwendig, um eine entsprechende Sensibilität und ein Verständnis dafür zu entwickeln, dass ein Großteil dessen, was als „Glücksspiel“ und „Wette“ bezeichnet wird, überwiegend nicht zutreffend ist! Das ist keine Petitesse und keine Frage, die vorschnell übergangen werden kann. Sie ist vielmehr von zentraler kultureller, (kultur-)politischer und ökonomischer Bedeutung. Mit der bisherigen Herleitung kommen wir nun auf die Thematik Automaten“glücksspiel“, das im doppelten Sinne unzutreffend ist.

Henzgen und Meyer haben jüngst auf die problematische Verwendung des Begriffs „Glück“ für das so genannte „Glücksspiel“ hingewiesen. „Doch „das Glücksspiel“ im Sinne eines trennscharfen Gattungsbegriffs mit klarem Begriffsumfang und -inhalt, der universelle Gültigkeit für sich reklamieren könnte, gibt es nicht und gab es nie. Was es seit jeher gibt, ist die Spielform der Regelspiele, zu denen Gewinnspiele gehören, die sich durch die Komponente des Zufallsgrads auszeichnen. Und innerhalb dieser Gewinnspielkategorie lässt sich wiederum die Spielart der Geldspiele als Subkategorie ausmachen.“ (Henzgen, Meyer 2024, S 2f) Mit dem Begriff des Zufalls wird das, was gemeinhin und traditionell unter Glücksspiel bezeichnet wird, zutreffender gefasst. „Vielmehr ist „Glück“ ein provisorischer und analytischer Begriff für starke Emotionen, eigene Machbarkeitsvorstellungen und Lebenskunstentwürfe. Glück ist also etwas, das von Generation zu Generation historisch jeweils neu verhandelt wird. Damit wird zugleich auch das Gewinnspiel konsequent vom Begriff „Glücksspiel“ getrennt.“ (Henzgen, Meyer 2024, S 3)

Dieser Argumentation wird bis hierhin gefolgt, sie bleibt aber gleichsam auf halbem Wege stecken. Problematisiert werden muss bei zufallsbasierten...



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