E-Book, Deutsch, 464 Seiten
Reihe: MM-Reiseführer
Schwab Elsass Reiseführer Michael Müller Verlag
8. Auflage 2024
ISBN: 978-3-96685-337-8
Verlag: Michael Müller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Individuell reisen mit vielen praktischen Tipps
E-Book, Deutsch, 464 Seiten
Reihe: MM-Reiseführer
ISBN: 978-3-96685-337-8
Verlag: Michael Müller Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
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Strasbourg „Stadt mit vielen Gesichtern“ - die oft strapazierte Floskel trifft hier tatsächlich den Kern. Im Zentrum der elsässischen Hauptstadt ragt das majestätische gotische Münster wie ein Mahnmal der Beständigkeit in den Himmel, umgeben von mittelalterlicher Butzenscheibenromantik, und gar nicht weit davon entfernt zeugen ultramoderne Glaspaläste vom Geist des 21. Jh. In dem pulsierenden Wirtschaftszentrum mit behaglichem Winstub-Flair - ein bisschen Metropole, ein bisschen Kleinstadt - ergänzen sich genussfrohe elsässische Lebensart trefflich mit kosmopolitischem Europabürgertum und deutsche Ordentlichkeit mit französischem Esprit. Spaziert man durch die Gassen der Altstadt, erscheint es kaum vorstellbar, dass im Großraum Strasbourg ca. 495.000 Menschen leben. Hinzu kommen noch zahlreiche Gäste wie etwa die Europaabgeordneten, die einmal im Monat mit großer Begleitung wie die Heuschrecken in die Stadt einfallen und nach einer Woche ebenso schnell wieder verschwinden. Während der Sitzungsperioden des Europaparlaments sind viele Hotels ausgebucht, die Taxis ständig unterwegs und in den Restaurants ist kaum ein freier Platz zu ergattern. Als Langzeitgäste kann man den überwiegenden Teil der mehr als 55.000 an den verschiedenen Hochschulen der Stadt eingeschriebenen Studierenden bezeichnen. In den von ihnen bevorzugten Cafés und Kneipen herrscht die typische Atmosphäre einer Universitätsstadt. Wichtige Gäste für Strasbourg sind natürlich auch die Touristen, die in großer Zahl - pro Jahr sind es weit mehr als zehn Millionen - die Stadt besuchen. Und ihnen wird auch wirklich Außergewöhnliches geboten: die von der Ill und dem Fossé du Faux Rempart umschlossene malerische Altstadtinsel, von der UNESCO 1988 in ihrer Gesamtheit zum Weltkulturerbe erklärt, ein in seiner Größe einzigartiges Stadtviertel mit wilhelminischen Monumentalbauten, die Europameile, eine Vielzahl bedeutender Museen, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle Sehenswürdigkeiten liegen vergleichsweise nahe beieinander und sind gut zu Fuß erreichbar. Zudem gibt es einige weitere Möglichkeiten der Stadterkundung: mit dem Schiff, einem Bähnchen oder - ganz sportlich - mit dem Fahrrad. Und natürlich kann man angenehme Verschnaufpausen einlegen: romantisch an den Ufern der Ill, auf wunderschönen Plätzen, in lebhaften Straßencafés, urigen Winstubs oder erlesenen Gourmetrestaurants. Auch am Abend kommt keine Langeweile auf. Für Unterhaltung sorgen verschiedene Theater, die Oper, zahlreiche Bars, Musikkneipen und Diskos. Zu Strasbourg gehören aber auch zigtausend Menschen aus den ehemaligen französischen Kolonien in Afrika. Nur wenige davon sind Gäste, die meisten besitzen inzwischen einen französischen Pass, ihre Nachkommen sind bereits in Strasbourg geboren. Die meisten leben in heruntergekommenen Vorstadtvierteln, z. B. in Neuhof oder in Elsau, wo die sozialen Probleme seit Jahren vermehrt zu Gewaltausbrüchen führen - auch dies ist eine der vielen Facetten der elsässischen Hauptstadt. Geschichte Im Jahre 12 v. Chr. errichteten die Römer auf der heutigen Altstadtinsel, wo jahrhundertelang schon Kelten gesiedelt hatten, ein Militärlager, das sie Argentoratum nannten. Zügig bauten sie es zu einem ummauerten Kastell aus, in dem dann die II. Legio Augusta stationiert war. Später lebten auf der Insel Alemannen, auf die wohl auch der heutige Name der Stadt zurückgeht. Jedenfalls ist er als Strateburgum (Burg an den Straßen) erstmals bei dem Geschichtsschreiber Gregor von Tours (538-594) bezeugt. Nach dem Sieg des Merowingerkönigs Chlodwig über die Alemannen wurde Strateburgum ins entstehende Frankenreich eingegliedert und auch schon früh Bischofssitz. Als sich die Enkel Karls des Großen stritten und das inzwischen riesige Frankenreich zerfiel, kam Straßburg 843 zunächst zum sog. Mittelreich Lothars I. Knapp 30 Jahre später (870) wurde die Stadt dann im Vertrag von Meersen zusammen mit dem Elsass dem Ostfränkischen Reich, dem späteren Heiligen Römischen Reich, zugeschlagen. Das Wahrzeichen von Strasbourg Die Herrschaftsgewalt in der Stadt übten die jeweiligen Bischöfe aus, bis sie diese nach blutigen Kämpfen 1262 an den Adel verloren. Vom Kaiser erhielt Straßburg kurz danach zudem das Privileg einer Freien Reichsstadt und wurde damit weitgehend autonom. Die Bevölkerung nahm stark zu, die Stadt, die noch im 11. Jh. kaum über das Gebiet des einstigen römischen Kastells hinausgewachsen war, dehnte sich aus, mehrfach musste ihre Befestigung erweitert werden. Unter ihren Bewohnern waren auch zahlreiche Juden. Wie in vielen Städten des Reiches hatten sie immer wieder Schmähungen, Diskriminierungen, Verfolgungen und Pogrome zu erleiden, insbesondere auch im Zusammenhang mit der großen Pestepidemie in der Mitte des 14. Jh., als sie wieder einmal als Sündenböcke herhalten mussten. Die Straßburger Eide Der fränkische Hofgeschichtsschreiber Nithard überlieferte ein sprachgeschichtlich aufschlussreiches Dokument aus der Zeit, als das Reich Karls des Großen geteilt wurde. In Straßburg schworen sich darin im Jahre 842 Karl der Kahle und Ludwig der Deutsche Bündnistreue gegen ihren Bruder Lothar I. Ihr Eid ist in altfranzösischer und altdeutscher Sprache abgefasst und belegt so erstmals den sprachlichen Unterschied zwischen West- und Ostfranken. Seinen Reichtum verdankte Straßburg in erster Linie dem Handel. Neben dem Marktrecht besaß die Stadt lange Zeit das alleinige Schifffahrtsrecht auf dem Rhein zwischen Basel und Mainz, und das sog. Stapelrecht zwang durchziehende Kaufleute, ihre Waren in Straßburg zu verzollen und für eine gewisse Zeit zum Verkauf anzubieten. Um die vielfältigen Handelsaktivitäten noch zu optimieren, baute man 1388 eine hölzerne Brücke über den Rhein. Im Laufe der Zeit war der Einfluss der in den Zünften organisierten Handwerksmeister ständig gewachsen, im 14. Jh. übernahmen sie die Stadtverwaltung, die Adligen waren daran nur mit geringem Einfluss beteiligt. Mit den sog. „Schwörbriefen“ gaben die Zünfte der Stadt 1482 eine vorbildliche Verfassung, die bis zur Französischen Revolution Gültigkeit besaß. Neben einer wirtschaftlichen erlebte Straßburg in der beginnenden Neuzeit auch eine kulturelle Blüte. Schon im 14. Jh. ein bedeutendes Zentrum der Mystiker, in dem so redegewandte Theologen wie Meister Eckart und Johannes Tauler wirkten, war die Stadt im 15. Jh. nach Gutenbergs genialer Erfindung führend im Buchdruck und wurde bald eine der Hochburgen des Humanismus, wofür Namen wie Jakob Wimpfeling, Beatus Rhenanus, Johann Geiler von Kaysersberg, Sebastian Brant und Martin Bucer stehen. Da ist es nicht verwunderlich, dass die Lehre Luthers sehr wohlwollend aufgenommen und die Stadt bald ein Zentrum der Reformation wurde. 1529 beschloss der Stadtrat, die katholische Messfeier im Münster offiziell abzuschaffen. Der Reformator und Ratsherr Jakob Sturm gründete 1538 das protestantische Gymnasium, aus dem 1621 die Universität hervorging. Den Dreißigjährigen Krieg überstand Straßburg ohne größere Verwüstungen. Doch am 30. September 1681 besetzten Truppen Ludwigs XIV. die Stadt, das Münster wurde wieder katholisch. Straßburg blieb aber zunächst noch weitgehend autonom, bis es 1697 im Frieden von Rijswijk endgültig an Frankreich abgetreten, Verwaltungshauptstadt der Provinz Elsass sowie Standort einer Garnison und Sitz eines Fürstbischofs wurde. Die neue, durch den Zentralismus der Pariser Monarchie geprägte politische Situation führte zum Aufblühen von Kunst und Architektur. Im Versailler Stil entstanden fürstliche Paläste und Patrizierhäuser, und in der zunehmend mondänen Stadt wurden aus Anlass der königlichen Besuche von Ludwig XV. 1744, Maria-Josefa von Sachsen 1747 und Marie-Antoinette 1770 prunkvolle Feste gefeiert. Zahlreiche Deutsche, u. a. Goethe, studierten im kosmopolitischen Strasbourg. Ein jäher Wandel setzte mit dem Ausbruch der Französischen Revolution ein. Fanatische Revolutionäre plünderten das Rathaus, vertrieben die Adligen und richteten am Münster und anderen Kirchen fürchterliche Schäden an. Zwischen 1800 und 1900 verdoppelte sich die Einwohnerzahl der Stadt im Zuge der Industriellen Revolution auf ca. 100.000 Menschen. Bis zum Deutsch-Französischen Krieg vollzog sich dieser Bevölkerungszuwachs noch auf französischem Boden, 1870 wurde Strasbourg dann von deutschen Truppen erobert und bald zur Hauptstadt des Reichslandes Elsass-Lothringen erklärt. In den Folgejahren prägten kaiserliche Baumeister das Stadtbild. Für zuziehende Deutsche stampfte man neue Viertel am Rande der Altstadt in der typisch wilhelminischen Architektur aus dem Boden. Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde Strasbourg dann wieder französisch.1939 ließ die Pariser Regierung in Erwartung von Kriegshandlungen am Rhein innerhalb von 24 Stunden nahezu alle Bewohner der Stadt nach Südfrankreich evakuieren. Die Nazitruppen annektierten 1940 eine Geisterstadt. Nach dem Waffenstillstand Hitlers mit der Pétain-Regierung wurden die Evakuierten...