Nach der Reform ist vor der Reform
E-Book, Deutsch, 337 Seiten, eBook
ISBN: 978-3-531-91786-3
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Prof. Dr. Wolfgang Schroeder lehrt Politikwissenschaft an der Universität Kassel.
Dr. Robert Paquet ist selbständiger Publizist und Berater im Gesundheitswesen sowie Redakteur des 'Gesundheitspolitischen Informationsdienstes - gid'.
Zielgruppe
Professional/practitioner
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;5
2;Vorwort;9
3;Gesundheitsreform 2007 – Akteure, Interessen und Prozesse;11
4;Experimentelles Regieren unter den Bedingungen der Großen Koalition;30
5;Motor der Reform und Schaltzentrale: Die Rolle des Bundesministeriums für Gesundheit in der Gesundheitsreform 2007;32
6;Die Bundesländer bei der Reform der GKV;50
7;Konsens im Dissens? Konflikte in der Gesundheitsreform der Großen Koalition;58
8;Die SPD und die Gesundheitsreform 2007: Vom Gesundheitsfonds zur Bürgerversicherung?;77
9;Die Union zwischen Gesundheitsfonds und Rettung der PKV;89
10;Bündnis 90/ Die Grünen und die Gesundheitsreform 2007: Das harte Brot der Opposition1;103
11;Zur Verfasstheit gesetzlicher und privater Krankenversicherungsunternehmen nach der Gesundheitsreform 2007;112
12;Krankenversicherung im Umbruch;118
13;Gesundheitsreform 2007: Die Kassen unter Druck;126
14;PKV und die Gesundheitsreform 2007: Verhinderung eines „ schleichenden Todes“;136
15;Herausforderungen für die Leistungserbringer: Von Kollektiv- zu Einzelverträgen;147
16;Die Krankenhäuser und die Gesundheitsreform 2007;152
17;Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Gesundheitsreform 2007;159
18;Die pharmazeutische Industrie und die Gesundheitsreform 2007;175
19;Soziale Selbstverwaltung: Von der klassischen Beteiligungs- zur professionalisierten Effizienzinstitution?;188
20;Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und die Gesundheitsreform 2007;198
21;Die Gewerkschaften und die Gesundheitsreform 2007;204
22;Der Gemeinsame Bundesausschuss und die Gesundheitsreform 2007: Auch künftig Organ der Selbstverwaltung;211
23;Patientenbeteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss;222
24;Kommunikation von Reformen am Beispiel der Gesundheitsreform 2007;229
25;Gesundheitspolitik und neue kommunikativmediale Entwicklungsmuster;237
26;Wissenschaftliche Politikberatung und Gesundheitsreform 2007;247
27;Anhang;256
Gesundheitsreform 2007 - Akteure, Interessen und Prozesse.- Gesundheitsreform 2007 - Akteure, Interessen und Prozesse.- Regierung.- Experimentelles Regieren unter den Bedingungen der Großen Koalition.- Motor der Reform und Schaltzentrale: Die Rolle des Bundesministeriums für Gesundheit in der Gesundheitsreform 2007.- Die Bundesländer bei der Reform der GKV.- Parteien.- Konsens im Dissens? Konflikte in der Gesundheitsreform der Großen Koalition.- Die SPD und die Gesundheitsreform 2007: Vom Gesundheitsfonds zur Bürgerversicherung?.- Die Union zwischen Gesundheitsfonds und Rettung der PKV.- Bündnis 90/ Die Grünen und die Gesundheitsreform 2007: Das harte Brot der Opposition.- Kassen.- Zur Verfasstheit gesetzlicher und privater Krankenversicherungsunternehmen nach der Gesundheitsreform 2007.- Krankenversicherung im Umbruch.- Gesundheitsreform 2007: Die Kassen unter Druck.- PKV und die Gesundheitsreform 2007: Verhinderung eines „schleichenden Todes“.- Leistungsanbieter.- Herausforderungen für die Leistungserbringer: Von Kollektiv- zu Einzelverträgen.- Die Krankenhäuser und die Gesundheitsreform 2007.- Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Gesundheitsreform 2007.- Die pharmazeutische Industrie und die Gesundeitsreform 2007.- Selbstverwaltung und gesellschaftliche Interessen.- Soziale Selbstverwaltung: Von der klassischen Beteiligungs- zur professionalisierten Effizienzinstitution?.- Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und Gesundheitsreform 2007.- Die Gewerkschaften und die Gesundheitsreform 2007.- Der Gemeinsame Bundesausschuss und die Gesundheitsreform 2007: Auch künftig Organ der Selbstverwaltung.- Patientenbeteiligung im Gemeinsamen Bundesausschuss.- Wissenschaft und Medien.- Kommunikation von Reformen am Beispiel derGesundheitsreform 2007.- Gesundheitspolitik und neue kommunikativmediale Entwicklungsmuster.- Wissenschaftliche Politikberatung und Gesundheitsreform 2007.
"Herausforderungen für die Leistungserbringer: Von Kollektiv- zu Einzelverträgen (S. 147-148)
Herausforderungen für die Leistungserbringer
Robert Paquet
Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) verändert die Handlungsmöglichkeiten und Machtpositionen der Leistungserbringer insgesamt erheblich und bestimmt das Verhältnis zwischen den Krankenkassen und ihren Vertragspartnern neu (vgl. auch Einleitung zum Kapitel „Kassen""). Das gilt jedoch für die verschiedenen Leistungserbringergruppen in unterschiedlichem Ausmaß und muß daher differenziert betrachtet werden. Grundsätzlich wurden zwar die Vertragsrechte der einzelnen Krankenkassen gestärkt (wodurch zugleich die Rolle der Kassenverbände geschwächt wurde).
Dabei wurde jedoch der gesamte stationäre Sektor im GKV-WSG überhaupt nicht berührt. Die zentralen Regelungen bzw. Veränderungen betreffen die niedergelassenen Ärzte. Die einzelvertraglichen Rabattverträge im Bereich der Arzneimittel wurden von der Großen Koalition allerdings schon vor dem GKVWSG im Rahmen des Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) eingeführt, entsprechen aber der konzeptionellen Weichenstellung des GKVWSG, die dort z.B. durch die Einführung einzelvertraglicher Ausschreibungen bei den Hilfsmitteln (§ 127 Sozialgesetzbuch (SGB V) ) eine weitere Bestätigung erfahren hat.
1 Niedergelassene Ärzte – Vertragssituation im Umbruch
Durch das GKV-WSG wird der einzelvertragliche Wettbewerb in den Kernbereich der ambulanten medizinischen Versorgung hineingetragen. Zwar gab es bis dahin schon durch die Möglichkeiten der Disease-Management-Projekte (DMP), der Integrationsversorgung und früher bereits der so genannten „Strukturverträge"" einzelvertragliche Möglichkeiten, die jedoch immer nur eine Nebenrolle gespielt haben und zum größten Teil auch von den etablierten Organisationen, den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), umgesetzt worden sind.
Der qualitativ neue Schritt des GKV-WSG liegt in der Verpflichtung für alle Kassen, ihren Versicherten (einzelvertraglich vereinbarte) Hausarztmodelle anzubieten (§ 73 b SGB V) und in der generellen Möglichkeit, die ambulante ärztliche Versorgung, unabhängig von den KVen, in freien Verträgen mit Ärzten und ihren Gruppierungen zu vereinbaren (§ 73 c SGB V). Durch diese Regelungen haben einerseits die (einzelnen) Krankenkassen, unabhängig von ihren bisherigen (kassenartenbezogenen) Verbänden, Macht und Handlungsmöglichkeiten gewonnen.
Welche (gegebenenfalls neuen) Gruppierungen und Koalitionen sich dabei auf dieser Seite der Vertragspartner entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Einfluß und Handlungsmacht gewonnen haben aber auch die einzelnen Ärzte bzw. ihre Gruppierungen, so weit sie konzeptionell und organisatorisch – unabhängig von den KVen – handlungsfähig sind. Das gilt zur Zeit insbesondere für die Hausarztverbände und die so genannten „MEDIVerbünde"".
Andere Gruppierungen müssen sich erst noch so weit institutionalisieren, dass sie Vertragskonzepte vorlegen und als Vertragspartner glaubwürdig und abschlußfähig sind. Eindeutige Verlierer der aktuellen Reform sind die KVen, an denen außerdem das unangenehme „Geschäft"" hängenbleibt, die Finanzierung der mit anderen Vertragspartnern geschlossenen Einzelverträge aus dem System der kassenärztlichen Gesamtvergütung herauszurechnen. Das Vertragsmonopol der KVen ist damit gebrochen, der „Sicherstellungsauftrag"" für die flächendeckende ambulante ärztliche Versorgung hat einen wesentlichen Schock erlitten.
Was jahrzehntelang völlig unumstritten war, ist nun offen in Frage gestellt. Obwohl der Unmut über die KVen, auch bei ihren eigenen Mitgliedern, in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist, konnte sich doch niemand so richtig vorstellen, wie man ohne diese Organisationen auskommen könnte. Seit dem GKV-WSG wird – gerade bei den niedergelassenen Ärzten – darüber offen diskutiert. Dass die CDU/ CSU im GKV-WSG noch verankert hat, dass auch die KVen nach § 73 b Abs. 4 als Vertragspartner für die „hausarztzentrierte Versorgung"" auftreten dürfen, hat dabei nur den Stellenwert eines Rückzugsgefechts. "