E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten
Reihe: Magic Elements
Der Zauber erwacht
E-Book, Deutsch, Band 1, 304 Seiten
Reihe: Magic Elements
ISBN: 978-3-96129-393-3
Verlag: KARIBU
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Patricia Schröder, lebt mit ihrem Mann und einer Handvoll Katzen und Hühnern auf Eiderstedt. Sie studierte Textildesign, noch lieber aber als Muster für Sofabezüge oder Blusen denkt sie sich - insbesondere magische - Geschichten aus. Und so hängte sie ihren alten Beruf an den Nagel und veröffentlicht nun schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich Romane für Kinder und Jugendliche.
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Treppe rückwärts
„Verdammt noch mal, was soll denn das, du Idiot?“, blaffte Emma Kevin hinterher. Sie stoppte neben Alina, die inzwischen am Fuß der Treppe angekommen war und sich japsend auf ihre Oberschenkel stützte. „Willst du mit den Fotos vor deinen Kumpels prahlen, oder was?“ Kevin stoppte wenige Stufen vor der oberen Etage und drehte sich langsam wieder zu ihnen um. „Mit dem von Fättchen ganz bestimmt nicht“, erwiderte er abfällig. „Obwohl es natürlich ein prima Beweis dafür wäre, dass Querstreifen ganz sicher nicht schlank machen.“ „Weißt du was, Kevin Römer?“, schnaubte Kim. „Ich könnte mich glatt übergeben.“ Sie lief an Emma und Alina vorbei und stieg bis zur dritten Treppenstufe hinauf. „Und zwar genau hier rein!“, erklärte sie, während sie sich ihre Basecap vom Kopf angelte. „Viel Spaß dabei“, erwiderte Kevin knapp. Mit einer Geste, die wahrscheinlich besonders cool wirken sollte, schob er das Handy in seine Hosentasche und wandte sich erneut zum Weitergehen ab. Aber Kim war noch nicht fertig. „Und weißt du auch, was ich danach am liebsten damit machen würde?“, fragte sie scharf. Obwohl die Situation alles andere als lustig war, hätte Emma beinahe losgeprustet. Denn natürlich kannte sie Kim gut genug, um zu wissen, was ihr vorschwebte. Die Vorstellung, wie ihre Freundin Kevin die Kappe mit ihrem halb verdauten Frühstück darin auf die Rübe pflanzte, war jedenfalls zu komisch. „Ich kann’s mir ungefähr denken“, brummte Kevin. „Dumm nur, dass ich zwei Jahre älter bin als du und sehr viel schneller … und größer … und vor allem stärker …“ „Aber wir sind zu dritt“, entgegnete Emma. „Wir wissen, was du getan hast, und wir kennen deinen Namen. Also lösch gefälligst die Fotos! … Vor unseren Augen natürlich. … Und die Sache ist vergessen“, fügte sie sichtbar unwillig hinzu. „Träum weiter“, knurrte Kevin. „Das ist mein Handy. Darauf sind meine Fotos. Und mit denen kann ich machen, was ich will.“ „Kannst du eben nicht!“, fauchte Alina. „Jedenfalls … wenn du die Fotos nicht löschst, dann müssen wir das dem Direx melden, und dann …“ „Ja klar!“, fuhr Kevin dazwischen. „Das ist mal wieder typisch Weiber. Fällt euch eigentlich nix Besseres ein als immer nur Petzen? Was soll das überhaupt bringen?“, fragte er weiter, als weder Emma noch Alina oder Kim sofort mit einer schlauen Antwort konterten. „Bis ich beim Direx im Büro hocke, haben die Fotos längst die Runde gemacht. Nur auf meinem Smartphone wird dann leider keins mehr zu finden sein.“ Er bedachte die Mädchen mit einem überheblichen Grinsen, dann wandte er sich endgültig ab und stieg betont langsam weiter die Treppe hinauf. „Mist!“, zischte Kim. „Er hat recht.“ „Aber wir können ihn doch nicht so einfach davonkommen lassen“, sagte Alina. „Mensch, überlegt doch mal. Spätestens ab morgen wird jede Pause für Leo zum Spießrutenlauf.“ Mit glühenden Augen sah sie Emma an. „Wahrscheinlich ist sie dann nicht mal mehr in unserer Klasse vor Getuschel und gemeinen Kommentaren sicher.“ Ich weiß!, dachte Emma. Vor Wut hatte sie ihre Hände so fest zu Fäusten geballt, dass die Fingernägel tiefe Rillen in ihr Fleisch gruben. Wie hypnotisiert hielt sie den Blick auf Kevin geheftet. Inzwischen hatte er das Ende der Treppe fast erreicht. Aber er durfte auf keinen Fall ganz oben ankommen! Dieser Gedanke ließ Emma nicht mehr los. Für Kevin konnte es nur einen einzigen Weg geben: den zurück zu Alina, Kim und ihr. Und deshalb würde die Treppe sich jetzt nach unten bewegen. Stufe für Stufe. Schneller und immer schneller. Emma sah es genau vor sich: Während oben ständig neue Stufen hervorsprangen, verschwanden die unteren fortlaufend im Boden. – Wie bei einer Rolltreppe im Kaufhaus, nur dass es hier gerade in einem Wahnsinnstempo geschah. Kim schrie entsetzt auf, und Emma sah, dass ihre Freundin zurückstolperte und kurz darauf mit schreckgeweiteten Augen wie angewurzelt vor der Treppe stehen blieb. Und sie bemerkte auch die Panik in Kevins Gesicht. Verzweifelt versuchte er, gegen das Runterrollen der Stufen anzulaufen, doch diesmal gewann die Treppe den Schulsprint. Zielsicher beförderte sie Kevin nach unten und schubste ihn mit einem letzten energischen Ruck Emma vor die Füße. „Was war das denn?“, hauchte Alina. Sie war leichenblass um die Nase. „Ich … ich weiß es nicht“, stammelte Emma. Dabei wusste sie es eigentlich ziemlich genau. Alles, was sie gewollt hatte, war passiert. Ganz automatisch. Und plötzlich fühlte Emma sich stark. In ihrem Kopf gab es keinen einzigen störenden Gedanken mehr und auch keine Zweifel an dem, was sie tat. Unter den staunenden Blicken ihrer Freundinnen krallte sie eine Hand in Kevins Pulli fest und fischte mit der anderen das Handy aus seiner Hosentasche. Dabei fiel ein zusammengefalteter Fünfeuroschein zu Boden. Alina stutzte. „Das gibt’s doch nicht!“, krächzte sie. „Da ist ein Herz draufgemalt, oder?“ Sie bückte sich, um den Schein aufzuheben, und betrachtete ihn genauer. „Volltreffer! Der gehört ja wohl ganz klar Linus.“ „Hab ich’s nicht gesagt?“, presste Kim hervor. Sie hieb sich ein paarmal mit dem Handballen gegen die Schläfe und versuchte so, das Bild der rollenden Treppe auszublenden. „Dass der Dieb längst über alle Berge ist?“ „Ich hab die Kohle nicht geklaut“, kam es stockend von Kevin. Emma musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen. „Sondern?“ „Gefunden“, behauptete Kevin. „Etwa in der Cafeteria?“, hakte Emma nach. „Vor der Kioskausgabe?“ „Genau“, brummte Kevin. „Ach so“, meinte Kim. „Und da hast du dir gedacht, och, der Schein gehört bestimmt niemandem. Waren ja auch kaum Leute da. Wie immer in den Pausen. Und dann hast du ihn eingesteckt, damit er nicht mehr so ganz allein auf dem Boden rumliegen muss. Hab ich recht?“ „Anstatt einfach mal in die Runde zu fragen, ob ihn jemand verloren hat“, setzte Emma hinzu und hielt ihm das Handy unter die Nase. „Und jetzt lösch gefälligst die Fotos! Und zwar so, dass ich sehen kann, was du tust.“ „Äh …“ Unschlüssig sah Kevin über seine Schulter zur Treppe. „Vergiss es!“, sagte Emma. „Denk lieber an das, was eben passiert ist.“ Das war wirklich krass, durchzuckte es Kim von Neuem. Bei dem Gedanken an die rollenden Stufen bekam sie schon wieder weiche Knie. „Okay, okay!“ Kevin hob abwehrend die Hände, bevor er nach seinem Smartphone griff und den Fotoordner öffnete. Zuerst holte er das Bild von Leonie hervor und ließ es verschwinden. Danach war das von Emma, Alina und Kim dran. „Gut!“ Emma nickte zufrieden. „Und was ist jetzt mit der … ähm … Kohle?“, fragte Kevin und zeigte auf den Schein in Alinas Hand. „Was soll schon damit sein?“, entgegnete Kim. „Die bringst du jetzt natürlich zu Frau Röstitzer ins Büro.“ Kevin reckte provozierend das Kinn. „Und wenn nicht?“ „Können wir das auch gerne übernehmen“, bot Emma an. „Aber das wäre dann ja petzen“, sagte Alina, die den Rolltreppenschreck zu ihrer eigenen Überraschung schon fast verdaut hatte. „Und so etwas machen wir eigentlich nicht so gern“, ergänzte Kim. „Deshalb wäre es uns lieber, du würdest Frau Röstitzer selber erzählen, dass du das Geld während der Pause in der Cafeteria gefunden hast“, erklärte Emma. „Ach so.“ Ein Hoffnungsschimmer glomm in Kevins Augen auf. Erleichtert wanderte sein Blick zwischen den drei Mädchen hin und her. „Na ja, dann!“, freute er sich. „Das ist doch überhaupt kein Thema!“ „Fein“, meinte Alina und streckte ihre Hand mit dem Geldschein aus. Nach einem kurzen Zögern griff Kevin danach und stopfte ihn grinsend in seine Hosentasche zurück. „Frau Röstitzer wird natürlich wissen wollen, warum du dich nicht sofort bemerkbar gemacht hast“, sagte Emma. „Schließlich hat es deswegen ein ziemliches Chaos gegeben. Oskar hat Timo lautstark als Dieb bezichtigt und sich deswegen tierisch mit Cem in die Wolle gekriegt“, schmückte sie aus. „Erst als Frau Röstitzer dazugekommen ist, kehrte allmählich wieder Ruhe ein.“ „Was?“, hauchte Kevin. „Die Rösterin war auch in der Cafeteria?“ Sein Gesicht hatte mittlerweile die Farbe von frisch getünchtem Mauerputz angenommen. „Ja, stell dir vor“, meinte Alina leichthin. „Exaktemente“, pflichtete Emma ihr bei. „Uns würde dann nur noch interessieren, ob das Geld auch wirklich bei Linus angekommen ist. Spätestens morgen werden wir uns bei ihm danach erkundigen.“ „Pfff!“, machte Kevin. „Ihr seid echt …“ Er biss sich auf die Unterlippe und wandte sich kopfschüttelnd ab. „Was?“, fragte Emma. „Ach nix“, sagte Kevin. Er setzte einen Fuß auf die untere Treppenstufe, überlegte es sich dann aber doch anders und stürmte an den Mädchen vorbei in die entgegengesetzte Richtung davon. „Was. War. Das. Denn?“, ertönte Leonies stockende Stimme hinter ihnen Wie einstudiert wirbelten Emma, Alina und Kim herum. Leonie stand ein paar Schritte von ihnen entfernt und starrte sie fassungslos und mit Augen so...