E-Book, Deutsch, 292 Seiten
Schöffner Followership im agilen Zeitalter
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-17-044544-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mitarbeiterloyalität und Verantwortungsübernahme als Erfolgsfaktoren
E-Book, Deutsch, 292 Seiten
ISBN: 978-3-17-044544-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In der Managementliteratur sind die Themen Führung und Leadership omnipräsent. Erfolgreiche Führung setzt aber voraus, dass sich Mitarbeiter auch führen lassen und die gemeinsamen Ziele mit Eigeninitiative lösungsorientiert verfolgen. Zudem verdrängen agile Ansätze die klassisch-hierarchischen immer mehr. Das erfordert nicht nur zeitgemäße Führung, sondern auch urteilsstarke Mitarbeiter, welche die Führungskräfte tatkräftig und selbstorganisiert unterstützen. Diese Bereitschaft zur Unterstützung und zum zielorientierten Sich-führen-lassen in Verbindung mit der Verantwortungsübernahme für Unternehmen, Mitarbeiter und Führungskräfte wird unter dem Begriff "Followership" zusammengefasst. Das Buch beschreibt die enge Wechselbeziehung von Leader- und Followership sowie die organisationalen und persönlichen Faktoren für Followership in der digitalen und agilen Arbeitswelt. Die Möglichkeiten und Grenzen praxisgerechter Followership-Ansätze schließen die Betrachtungen ab.
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2.1Die rechtliche Stellung von Arbeitnehmern
Von Mitarbeitern oder Beschäftigten sprechen wir wie im Anhang erläutert dann, wenn sie aufgrund eines bestehenden Arbeitsvertrages Leistungen erbringen, für die sie die vertraglich vereinbarte Entlohnung erhalten. Dieser Vertrag regelt, welche Rechte und Pflichten sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber im Zusammenwirken beider Seiten hat. Arbeitsverträge müssen den hierfür relevanten Gesetzen und sonstigen geltenden Vereinbarungen wie z.B. Tarifverträgen entsprechen. Während der Ausführung der Tätigkeiten eines Mitarbeiters im oder für das Unternehmen sind sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber an die dafür geltenden Gesetze, Regeln und Verordnungen gebunden. Beispiele hierzu sind das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) oder die Gewerbeordnung (GewO). Aber auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ist hierfür relevant, weil Arbeitsverträge auf Basis des dort enthaltenen Vertragsrechts geschlossen sind. Vertragliche Rechte verleihen den Vertragspartnern innerhalb der vertraglichen Grenzen die Möglichkeit, gewisse Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen. Vertragliche Pflichten hingegen verlangen gewisse Handlungen oder Unterlassungen. Werden diese Pflichten verletzt, kann die andere Partei die Einhaltung einfordern bis hin zur Klage (z.B. Auszahlung des vereinbarten Jahresbonus) oder zur Auflösung des geschlossenen Vertrages (z.B. Kündigung). Diese etwas hölzern klingenden Sätze der juristischen Basis der Beschäftigung von Mitarbeitern in Unternehmen ist eine wichtige Grundlage für das Verständnis der Zusammenarbeit von Führungskräften und Mitarbeitern, d.h. im Kontext dieses Buches zwischen Leadern und Followern. Nachfolgend wollen wir diese grundsätzliche Basis etwas näher betrachten, um die prinzipiellen Handlungsmöglichkeiten von Führungskräften mit Weisungsbefugnis genauer kennenzulernen. Ganz allgemein betrachtet bedarf Arbeit, die unter mehreren Personen aufgeteilt wird, ihrer Koordination und Synchronisation, um geordnete Resultate zu erzielen.58 Dies trifft auch insbesondere für Unternehmen zu, in denen die Arbeitsleistung arbeitsteilig von mehreren Personen erbracht wird. Der Begriff »Management« fasst die hierzu in Unternehmen erforderliche Koordinierungsaufgabe und -tätigkeit zusammen.59 Die Begriffe Unternehmensführung und Management werden oft synonym verwendet, obwohl sie teils unterschiedliche Bedeutungen und Inhalte haben. Wir wollen jedoch hier aus Gründen der Vereinfachung weder eine Entzerrung der Begriffsvermischung durchführen, noch eine genaue Einordnung der Begriffe geben. Die Wahrnehmung der Tätigkeiten von Unternehmensführung und Management erfolgt für unser weiteres Verständnis in diesem Buch durch Manager. In vielen Unternehmen umfasst die Geschäftsführung das gesamte Team der obersten Manager und Führungspersonen.60 Damit Unternehmen Rechtsgeschäfte tätigen und funktionieren können, brauchen sie gesetzliche Vertreter in Form von Personen.61 Dies sind abhängig von der Rechtsform des Unternehmens die Geschäftsführer, Vorstände oder Firmeninhaber. Zur Vereinfachung fassen wir all diese Bezeichnungen im weiteren Verlauf des Buches unter dem Begriff »Geschäftsführer« zusammen. Sie sind die rechtlichen Vertreter der Unternehmen und dadurch die rechtlich verantwortlichen Ansprechpartner aller Personen und Institutionen, die mit dem Unternehmen vertraglich in Verbindung treten wollen. So eben auch für Mitarbeiter, wenn sie mit einem Unternehmen einen Arbeitsvertrag schließen wollen. Geschäftsführer beziehen ihre Legitimation aus der ihnen vom Eigentümer übertragenen Verfügungsgewalt über die Ressourcen des Unternehmens, durch die sie Entscheidungsrechte über diese Ressourcen erhalten.62 Zu diesen Ressourcen zählen auch die Mitarbeiter. Zur zielgerichteten Koordinierung der Mitarbeiter steht dem Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber das Direktionsrecht gegenüber den Arbeitnehmern zur Verfügung. Durch sein einseitiges Weisungsrecht kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind (§ 106 GewO).63 Dieser Paragraf befugt den Arbeitgeber, den Arbeitnehmern einseitig Weisungen zu erteilen und die im Arbeitsvertrag nur allgemein umschriebenen Leistungspflichten zu konkretisieren.64 Dieses Weisungsrecht verleiht den Geschäftsführern als gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers eine weitreichende Weisungsbefugnis gegenüber ihren Mitarbeitern. Dies umfasst auch das Verhalten der Mitarbeiter, sodass der Geschäftsführer in gewissen Grenzen auch das Tragen einer vorgeschriebenen Dienstkleidung anordnen kann.65 Durch den Arbeitsvertrag wird ein Arbeitnehmer in Deutschland laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) »im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet«.66 Ein Mitarbeiter muss damit den Weisungen und Anweisungen des Geschäftsführer Folge leisten, sofern sich diese innerhalb des gesetzlichen Rahmens, des Arbeitsvertrages, eines Tarifvertrags oder eventuell bestehender Betriebsvereinbarungen oder anderer relevanter Verträge oder Verordnungen befinden. Er kann somit über die Arbeitskraft des Mitarbeiters verfügen, seine diesbezüglichen Anweisungen sind für den Mitarbeiter verbindlich. Das bedeutet, dass dies bei Zuwiderhandeln des Mitarbeiters für ihn Konsequenzen haben könnte. Dieses Weisungsrecht entspringt der im Anhang erwähnten Verfügungsmacht, die sich immer auf Gesetze oder Verordnungen stützt. Geschäftsführer können Teile ihrer Verfügungsmacht und die damit verbundenen Weisungsrechte auch teilweise oder ganz an andere Manager delegieren. Diese sind dann berechtigt, diese Rechte in festgelegten Grenzen auszuüben. So auch das Weisungs- oder Direktionsrecht für Mitarbeiter. Die beauftragten Manager dürfen dann anstatt des Geschäftsführers bestimmten Mitarbeitern verbindliche Anweisungen erteilen. Der Geschäftsführer hat in diesen Fällen seine diesbezügliche Verfügungsmacht an die betreffenden Manager delegiert. Das kann vom »einfachen« Leiter eines Zweierteams bis hin zu einem Bereichsleiter mit mehreren tausend Mitarbeitern sein. Das Prinzip ist das gleiche. Die zuvor kurz erwähnten Konsequenzen im Falle des Nicht-Beachtens verbindlicher Weisungen können Sanktionen durch den Manager sein. Das kann von einer Ermahnung über eine Abmahnung bis hin zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses reichen. Verfügungsmacht ist mit einem direkten Sanktionierungspotential verbunden. Sanktionen dienen der Stabilisierung des Machtsystems, das seinerseits keinen Selbstzweck darstellt, sondern der Stabilität des Macht verleihenden Systems, in diesem Fall des Unternehmens, dient.67 Wer »Dienst nach Vorschrift« macht und alle Anweisungen erfüllt, muss zwar in der Regel keine Sanktionen befürchten, weil er »gehorsam« war. Diese etwas einfachere, weil meist nicht in Form von Befehlen stattfindende Unterart des Systems von Befehl und Gehorsam, ist aber, wie wir am Ende des ersten Kapitels gesehen haben, weder angebracht im agilen Zeitalter, noch dazu fähig, einen möglichst großen Teil des Potentials von Mitarbeitern zu aktivieren. Managern steht jedoch nicht nur die vom Unternehmen verliehene und gesetzlich legitimierte Verfügungsmacht in Form des Weisungs- bzw. Direktionsrechts gegenüber Mitarbeitern zu Verfügung. Wie alle anderen Menschen verfügen sie auch über eine gewisse Beeinflussungsmacht, die nur ihrer Person entspringt. Diese können sie zusätzlich zur Verfügungsmacht bzw. dem Direktionsrecht oder stattdessen verwenden. Sie können beispielsweise den Mitarbeiter von Sinn und Zweck eines Arbeitsauftrages überzeugen, sodass dieser ihn bereitwillig mit vollem Eifer ausführt, ohne dazu eine Anweisung erhalten zu müssen. Quellen solcher Beeinflussungsmacht gibt es jenseits der zuvor beschriebenen Überzeugungskraft viele. Beispiel sind hierzu Expertise, Kontakte (Vernetzung), im Unternehmen erworbene Meriten (z.B. »Heldenstatus«), Herkunft, Charisma oder schlichtweg die eigene Persönlichkeit.68 Anhand dieser Vielzahl wird schnell klar, dass alle Menschen unterschiedliche Potentiale an Beeinflussungsmacht haben. Durch den Einsatz ihrer Beeinflussungsmacht können Menschen auf andere Einfluss nehmen und sie dadurch zu gewissen Handlungen oder Unterlassungen bewegen, sprich als Leader agieren. Charismatische Leader setzen beispielsweise sehr häufig ihr Potential an Beeinflussungsmacht ein. Betrachtet man das Wirkungsprinzip der Beeinflussungsmacht etwas näher, wir schnell deutlich, dass alle Menschen in einem Unternehmen als Leader fungieren können. Auch Mitarbeiter mit wenig oder keiner verliehenen Verfügungsmacht in Form einer Weisungsbefugnis können durch ihre Beeinflussungsmacht starke Leader sein und dadurch vieles bewirken. Dies wird durch zwei wesentliche Tatsachen verstärkt. Zum einen kann Beeinflussungsmacht unabhängig jeglicher Organigramme oder Hierarchien in jede Richtung einer Unternehmensorganisation eingesetzt und wirksam werden.69 Zum anderen kann Beeinflussungsmacht in bestimmten Fällen sogar eine größere Wirkung entfalten als Verfügungsmacht.70 Dies kann den scheinbaren Nachteil der Beeinflussungsmacht, dass sie im Vergleich kein offizielles, direktes Sanktionierungspotentials hat, sondern nur indirekte Sanktionierungen bewirken kann, in vielen Fälle kompensieren. Dies macht die Wirkung lateraler Führung in...