Schneider | Lingua Mathematica | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 369 Seiten

Schneider Lingua Mathematica

Ein mathematischer Fantasy-Roman

E-Book, Deutsch, 369 Seiten

ISBN: 978-3-7531-6330-7
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Der alte Leuchtturm des kleinen Städtchens Hyvelstörp birgt ein dunkles Geheimnis. Ein mysteriöses mathematisches Symbol scheint der Schlüssel zu sein. Juri und Maria, zwei Schüler der sechsten Klasse, wollten eigentlich nur das schöne Sommerwetter am Ende des Schuljahres genießen. Doch jetzt sind sie einer Sache auf der Spur, die ihre Welt völlig durcheinander wirft. Weiß man auf der Forschungsplattform für Hochenergiephysik draußen vor der Küste mehr, als die Bevölkerung wissen darf? Oder sind hier noch größere Mächte am Werk?

Geboren 1966 in North Carolina, USA, Wohnhaft seit 1971 in Berlin, Studium der Mathematik, Physik und Informatik in Berlin, IT Leiter in einem mittelständischen deutschen Konzern
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Autoren/Hrsg.


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Mathematikunterricht Eine Stunde hat 60 Minuten. Eine Minute hat 60 Sekunden. Das macht dann 3.600 Sekunden in einer ganzen Stunde. Eine Schulstunde hat 45 Minuten, also ¾ einer ganzen Stunde. Ein Viertel von 3.600 sind 900. Und das mal drei - das macht dann 2.700 Sekunden in einer Schulstunde. Jede Sekunde dauerte ein langes qualvolles Jahr. »Am Ende dieser Schulstunde werde ich 2.700 Jahre älter sein«, dachte Juri. »Eine Mumie, fest mit dem Stuhl und dem Pult verwachsen. Wenn mich jemand bewegen will, zerfalle ich zu trockenem, erstickendem Staub.« 24 Stunden in einem Tag. 86.400 Sekunden. Jede von ihnen die Ewigkeit. Zeit und Raum lösten sich auf. Die monotonen Geräusche der vor sich hinarbeitenden Kinder, die zwei Seiten Text-Aufgaben aus dem Mathebuch lösen mussten, das rhythmische Ticken der Wanduhr, deren Zeiger sich einfach nicht weiterbewegen wollten - alles Teil eines teuflischen Plans eines Wesens aus einer anderen Dimension, das einem den Lebenssaft mit Hilfe von Zirkel und Lineal aus der Seele saugen wollte. Der Lehrer, Herr Hagen, saß derweil vorn am Lehrerpult und las seine Zeitung, die Lehne seines Stuhls nach hinten geklappt, die übereinandergeschlagenen Beine auf der Schreibtischplatte neben dem großen Abakus, den er aus nostalgischen Gründen immer dort stehen hatte. 60 Sekunden, 60 Minuten, 60 Jahre. Juri seufzte und blickte aus dem Fenster. Draußen war der schönste Sonnenschein. Vor drei Jahren war er mit seinen Eltern aus der Ukraine an diesen kleinen Ort Hyvelstörp an der nordostdeutschen Küste gezogen. Sein Vater war Physiker und im Rahmen eines gemeinsamen Projekts der Regierungen von Deutschland und der Ukraine zur Erforschung von abnormen Phänomenen der Hochenergiephysik nach Deutschland versetzt worden. Seitdem war sein Vater kaum noch zu Hause gewesen. Seine Arbeitsstelle lag draußen vor der Küste auf einer streng bewachten und von der Außenwelt abgeschnittenen schwimmenden Plattform. Juris Mutter arbeitete halbtags in der städtischen Bücherei, damit sie am Nachmittag zu Hause war, wenn Juri nach Hause kam. Sie war eine sehr schöne Frau mit langem fließenden schwarzen Haar, hohen Wangenknochen und makelloser, olivfarben getönter Haut. Und sie gab Juri die uneingeschränkte Geborgenheit und Liebe, die sein Zuhause eben zu seinem Zuhause machte. 60 Jahre enthalten selbst 60 x 365 x 24 x 60 x 60 Sekunden. Das sind dann - ach halt - da gibt es ja auch noch Schaltjahre. Wie war die Regel dafür nochmal? Juri selbst war ein unauffälliger, blasser, schmächtiger Junge von gerade zwölf Jahren mit braunem Haar und Sommersprossen auf der Nase. In allem war er so ziemlich der Durchschnitt. Im Sport war er nicht sonderlich gut, dafür hielt er mit Ach und Krach seine Drei in Mathematik und auch in den anderen Fächern. Still und zurückhaltend hatte er noch keine richtigen Freunde gefunden. Aber Juri hatte Träume. Wenn er allein in seinem Zimmer saß, stellte er sich vor, wie auch er eines Tages ein berühmter Forscher und Physiker werden würde. Oder besser noch: Astronaut! Er hatte ein großes Teleskop an seinem Fenster stehen, mit dem er die Sterne beobachten konnte. Das Teleskop hatte er letztes Weihnachten von seinem Vater bekommen, bevor der gleich wieder zu seiner Forschungsstation beordert worden war. Juris Mutter ermutigte ihn in seinem Hobby, aber als er einmal seinem Lehrer davon erzählte, hatte der nur die Stirn gerunzelt und gesagt, da müsse er aber noch in Mathe eine ganze Schippe drauflegen, denn ohne Mathematik ginge in der Astrophysik nichts. Mit äußerster Willensanstrengung wandte Juri seinen Blick vom Fenster ab und starrte auf sein leeres Heft. Er kritzelte eine »1)« in die obere linke Ecke für die erste Aufgabe und seufzte erneut. Es half nichts, er musste jetzt mal anfangen. Von rechts neben ihm vernahm er das flinke Kratzen eines Füllers über Papier. Neben ihm saß Maria Stevens, die Klassenbeste. Sie hatte natürlich schon mehrere Seiten mit Antworten gefüllt. Juri dachte, er könnte jetzt wenigstens eine kleine Starthilfe gebrauchen, und versuchte zu erkennen, was Maria denn so alles geschrieben hatte. Doch ihr langes blondes Haar fiel ihr beim Schreiben nach vorn wie ein Vorhang, der ihm die Sicht auf ihr Heft versperrte. Und auch ihr Arm lag quer über der linken Heftseite, sodass er auch dort nicht das Geringste entziffern konnte. Maria merkte, dass jemand sie anstarrte. Sie drehte den Kopf und richtete ihre klaren blauen Augen vorwurfsvoll auf Juri. Dann sah sie hinunter auf sein leeres Blatt und flüsterte: »Warum schreibst du nicht? Die Stunde ist bald vorbei.« Juri lief knallrot an, einmal, weil Maria ihn erwischt hatte, und einmal, weil er sich schämte, dass er noch nichts zustande gebracht hatte. Die Sprache versagte ihm. Er konnte nur ein dummes Gesicht machen und hilflos mit den Schultern zucken. Maria schaute ihn noch ein paar Augenblicke durchdringend an und verdrehte dann genervt die Augen. »Hier.« Damit nahm sie ihren linken Arm vom Heft, damit er ihre Antworten lesen konnte. »Aber das heißt nicht, dass du das immer machen darfst«, zischte Maria ihm leise zu. Endlich klingelte es zum Ende der Stunde. Die Kinder packten eilig ihre Sachen, gaben ihre Rechenaufgaben bei Herrn Hagen ab und strömten dann lärmend und ausgelassen nach draußen in die Freiheit des sonnigen Nachmittags. Das Wochenende lachte. Nur Juri blieb tief in Gedanken zurück. In Zeitlupe packte er seine Bücher ein. »Juri, was ist los? Die Stunde ist zu Ende, und die anderen sind schon raus«, riss ihn die Stimme von Herrn Hagen aus seiner Trance. »Beeil‘ dich, ich will den Klassenraum abschließen.« Im Hinausgehen drückte Juri mit gesenktem Kopf seinem Lehrer sein Heft in Hand. »Tut mir leid, ich bin nicht ganz fertig geworden«, murmelte Juri. Herr Hagen runzelte die Stirn. »Die Zeit war mehr als ausreichend, und die anderen sind doch auch alle fertig geworden.« Juri konnte nur verlegen mir den Schultern zucken. »Also, ich weiß auch nicht, wie das mit dir weitergehen soll, Juri«, sagte Herr Hagen streng. »Ich meine, bisher konntest du deine Drei halten, aber seitdem wir das neue Thema begonnen haben, habe ich nicht den Eindruck, dass du mit den anderen Schülern mitkommst. Die letzte Lernzielkontrolle war jedenfalls sehr enttäuschend. Wenn du dir jetzt Lücken im Stoff leistest, wirst du es später wirklich schwer haben. Ich mache mir Sorgen. Du willst doch mal Astrophysiker oder Astronaut werden. Ich werde mal mit deinem Vater sprechen. Der ist doch Wissenschaftler. Kann der dir nicht ein bisschen helfen?« »Mein Vater ist fast nie zu Hause. Er arbeitet immer draußen auf der Plattform.« »Ach ja, stimmt. Na, dann werde ich eben mit deiner Mutter sprechen. Sage ihr bitte, dass sie sich bei mir melden soll, damit wir einen Termin ausmachen können.« Und damit öffnete er für Juri die Klassentür und deutete ihm unmissverständlich an, dass die Schule und das Gespräch beendet waren. Juri quetschte sich an Herrn Hagen vorbei und verließ mit roten Ohren den Raum. Er schämte sich und wäre wirklich gern besser in der Schule. Aber irgendwie wollte der Knoten nicht platzen. Draußen vor der Schule standen die Schülerinnen und Schüler in Grüppchen auf dem Schulhof schwatzend und lachend zusammen und machten Pläne für das bevorstehende warme Wochenende. »Oh nein«, dachte Juri, »auch das noch.« Da standen Klaus, der Dicke Willi und der lange Dirk zusammen. Sie waren eine Klassenstufe höher und gehörten zu den coolen Kids der Schule. Aus irgendeinem Grund hatten sie es gerade immer auf Juri abgesehen, wenn sie jemanden zum Schikanieren und Demütigen suchten. Juri zog den Kopf ein und steuerte geradewegs dem Torausgang des Schulhofes zu. Wenn er sich mit gesenktem Blick auf der anderen Seite der Traube von Mädchen aus seiner Klasse vorbeidrückte, die gerade eifrig mit ihren Smartphones beschäftigt waren, würden die drei Rowdys ihn vielleicht nicht sehen. »Bloß nicht hochschauen«, sagte sich Juri. »Hey, da ist ja unser Russe! Warte mal!« Zu spät. Sie hatten ihn gesehen, kamen direkt auf ihn zu und traten ihm in den Weg. »Bin kein Russe, ich bin aus der Ukraine«, murmelte Juri, der plötzlich scheinbar ein großes Interesse an seinen Turnschuhen gefunden hatte. »Na sowas, unser Aussiedler hat plötzlich Ahnung von Geographie«, höhnte Klaus. »Dann sag‘ uns doch mal, was die Hauptstadt von Opfer-Land ist.« »Kenne ich nicht.« Juris Stimme war kaum zu hören. Dafür leuchteten seine knallroten Ohren umso heller. »Das kennt er nicht!« Klaus mimte großes Erstaunen, während Willi und Dirk an seiner Rechten und Linken von einem Ohr zum anderen feixten. »Das müsstest du aber doch kennen. Da wohnen nämlich alle Opfer. Also auch du.« Mittlerweile hatten die umstehenden Kinder bemerkt, dass etwas Aufregendes passierte. Im Nu hatte sich ein Kreis um die drei Flegel und den armen Juri gebildet. Alle gafften neugierig, aber keiner tat oder sagte etwas. Es war nicht ratsam, auf die schlechte Seite von Klaus und seiner Gang zu geraten. »Lasst mich in Ruhe«, stammelte Juri und wollte sich zwischen Klaus und dem Dicken Willi durchquetschen. Aber die hielten ihn fest und stießen ihn zurück. »Nein, nein, nein, so geht das nicht«, sagte Klaus und hielt Juri die offene Hand hin. »Bürger von Opfer-Land müssen Zoll bezahlen, wenn sie in unsere kleine Stadt einreisen wollen.« »Ich habe aber kein Geld.« »Kein Geld? Was wollen wir dann mit unserem kleinen Opfer machen, Männer? Stecken wir ihn in die Mülltonne, oder schmeißen wir seine Turnschuhe auf das Dach der Schule?« »Ich bin für eine...


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