Schmitt-Kilian / Siorpaes | Verblendet | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 369 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm, Gewicht: 314 g

Schmitt-Kilian / Siorpaes Verblendet

E-Book, Deutsch, 369 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm, Gewicht: 314 g

ISBN: 978-3-96031-055-6
Verlag: TZ-Verlag & Print GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ayse Y. flieht vor ihrem brutalen Ehemann. Kurz darauf wird ihr neuer Freund in Koblenz getötet. Alle Spuren führen zurück zu ihrer Familie nach Darmstadt. Tage später geschieht ein zweiter Mord. Mit derselben, beim BKA registrierten Tatwaffe wurde vor fünf Jahren die Polizeikommissarin Sabine Laube beim Reiterstandbild am Deutschen Eck erschossen. Ist der Polizistenmörder von damals zurück? War verbindet ihn mit den beiden Opfern? Als der Verfassungsschutz die Gefahr eines drohenden Terroranschlags enthüllt, wird klar, dass es um mehr geht als persönliche Motive...
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Freitag, 24. April, fünf Jahre später
1.
…die Hände zittern, wenn ich dem Tagebuch meine geheimsten Gedanken anvertraue. In dem kleinen Büchlein habe ich die schlimmste Zeit meines Lebens dokumentiert. Nur meine Peiniger, meine Therapeutin und Jan wissen, was wirklich geschehen ist. Oder zumindest das meiste, denn jede Einzelheit der Scheußlichkeiten, die sie mir angetan haben, konnte ich nicht erzählen. Vor allem Jan nicht. Gewisse Dinge sagt man nicht dem Mann, den man liebt. Und meiner Freundin Gonca habe ich aus Scham gar nichts erzählt. Zur Polizei bin ich aus diesem Grund auch nicht gegangen, obwohl mir die Therapeutin dringend geraten hatte, ich sollte die Verletzungen von einer Ärztin attestieren lassen. Sie bezeugen, dass mir der Tod verlockender erschienen ist als diese Hölle auf Erden, in der ich lebte. Ich sehe sie noch vor mir, die Rasierklinge, wie sie in meine Haut eindringt und wie das Blut hervorquillt, ich spüre, wie es sich warm auf meiner linken Hand ausbreitet, sehe die roten Tropfen auf dem weißen Bettlaken. Ich lag in meinem Bett unter der Decke und hoffte, dass sie nicht gleich entdeckten, was ich getan habe. Besser wäre es gewesen, sich mit aufgeschnittenen Pulsadern in die Badewanne zu legen, weil das Blut im Wasser nicht gerinnt und man schneller stirbt. Das hatte ich im Internet in einer Anleitung zum Suizid gelesen. Aber das ging nicht, weil sie mir nicht lang genug erlaubten, allein im Badezimmer zu bleiben. Sie ließen mich jedoch auch in meinem Zimmer nicht in Ruhe, weshalb ich nicht genügend ausgeblutet war, als sie mich fanden. Heute bin ich froh, dass ich noch lebe, auch wenn ich im Gegensatz zu den längst verheilten Wunden in der Haut an denen in meiner Seele noch immer leide. Nach all der Zeit und den vergeblichen Versuchen der Psychotante. »Glauben Sie mir. Irgendwann werden Sie das alles vergessen können«, hatte sie mir versprochen. Sie hat sich geirrt. Auch heute noch wecken mich nachts diese Stimmen. Sie schreien wutentbrannt ihre Drohungen heraus. Wiederholen sich ständig. Klingen wie ein Echo in meinen Ohren: Wir werden dich töten, wenn du nicht tust, was wir sagen. Ich halte mir die Ohren zu, aber vergebens, denn die Stimmen kommen von innen, brüllen ja in mir. Dann tauchen die Bilder auf, so klar, als sei alles erst gestern geschehen. Ich fühle, wie behaarte Hände meinen Hals umklammern, ringe nach Luft und spüre die Schläge auf meinem Körper, die Tritte in die Nieren, die Schmerzen im Unterleib. Ich habe Todesangst, bis ich endlich erwache, völlig erschöpft und schweißgebadet. Ich weiß, wäre mir die Flucht nicht gelungen, hätten sie mich längst getötet. Und sie trachten mir immer noch nach dem Leben, aber sie wissen nicht, wo ich bin. Trotzdem lebe ich in ständiger Angst … Der Mann legt das Tagebuch auf den kleinen Beistelltisch in der Wohnung, in die er soeben gewaltsam eingedrungen ist. Er fingert die letzte Zigarette aus der Marlboro-Packung, zündet den Glimmstängel an und blättert weiter in dem Büchlein bis zur aktuellen Aufzeichnung aus der vergangenen Nacht. Heute Abend habe ich mich mit Jan gestritten. Er will, dass ich mich endlich aus diesem Gefängnis befreie und zur Polizei gehe. Er meint, ich kann mich nicht mein ganzes Leben lang verstecken. Daher gibt es nur eine Lösung: Ich muss sie alle anzeigen. Wirklich alle. Jetzt kann ich nicht einschlafen. Immer wieder gehen mir seine Worte durch den Kopf. Ich weiß ja, dass er Recht hat. Und darum werde ich seinem Rat folgen. Gleich morgen Mittag nach der Arbeit rufe ich Jan an, und dann gehen wir gemeinsam zur Polizei. Das wirst du nicht mehr erleben, denkt er, und ein verächtliches Grinsen breitet sich auf seinem vernarbten Gesicht aus. Er steckt das Tagebuch in die Innentasche seiner abgewetzten, schwarzen Lederjacke, schraubt den Schalldämpfer auf die Pistole und atmet tief ein. Nur gut, dass er diese Schlampe noch rechtzeitig gefunden hat. Das Tagebuch darf nicht in die Hände der Polizei gelangen. Seine nervös-zittrigen Finger öffnen die zweite Zigarettenpackung. Er zündet sich eine weitere Zigarette an und zieht den Rauch tief in seine teerschwarze, kranke Lunge. Noch maximal sechs Monate hat ihm der Arzt gesagt, nachdem er von seiner Ausbildung im Terrorcamp der „Al Kaida“ im März zurück nach Deutschland gekommen war. Er hat nichts mehr zu verlieren, nicht mehr als sein Leben. Aber sie wird noch vor ihm sterben. Seine Gedanken wandern einige Jahre zurück. Die Vergangenheit ist gegenwärtig wie nie zuvor: Ihre Schreie dröhnen in seinen Ohren. Er spürt das tosende Beben in seiner Brust. Da ist sie wieder, diese blanke Wut, die ihn damals überfallen hatte, als sie nicht so wollte wie er und die anderen. Sie hatte nur so getan, als würde sie ihm gehorchen und ihn verarscht. Dieses Drecksweib. War einfach weggelaufen. Aber Allah hatte ein Einsehen. Hat ihn zu ihr geführt, oder besser gesagt Cousin Erkan, der von Darmstadt nach Koblenz gezogen war. Er hat sie sofort erkannt, ist ihr gefolgt und hat umgehend Ayses neue Adresse mitgeteilt. Das war die Nachricht, auf die er lange gewartet hat. Inzwischen kennt er ihre Arbeitszeiten und weiß, wo er sie treffen kann. Treffen! Ja, er wird sie treffen. Neun Millimeter. Genau zwischen die Augen. Sie hat seine Autorität mit Füßen getreten. Seine Brüder haben ihn ausgelacht. Verspottet. Hätte sie sich damals umgebracht, müsste er sich heute nicht die Finger schmutzig machen. Sie hatte es mehrmals versucht. Aber selbst dafür war sie zu blöd. Was nach dem Mord kommt, ist egal. Es macht keinen Unterschied, die letzten Wochen seines Lebens in einer kargen Gefängniszelle zu verbringen oder in einem beschissenen Krankenhaus von Ungläubigen zu Tode gepflegt zu werden. Irgendwann wird er elendig verrecken. Und wenn sie ihn nicht erwischen, bleibt genügend Zeit, um bei einem spektakulären Selbstmordattentat möglichst viele Ungläubige mitzunehmen in den Tod. Der Name Ali Yilmaz soll sich für immer und ewig in das Gedächtnis der Menschen einbrennen. Wie die Namen seiner Glaubensbrüder Said und Cherif Kouachi, die in Frankreich diese Schmierfinken von der Zeitung getötet und den Propheten gerächt haben. Und auch den Namen von Amedy Coulibaly, der am gleichen Tag in dem jüdischen Supermarkt vier Menschen getötet hatte, wird niemand vergessen. Er ist stolz darauf, dass er die drei Dschihadisten kannte. Coulibaly hatte er die Schutzweste aus einer deutschen Produktion geliefert und gegen die Waffe getauscht, mit der er heute die Schlampe umbringen wird. Für sie braucht er die Kalaschnikow nicht, die ihm seine von der belgischen Polizei getöteten Brüder aus dem belgischen Verviers besorgt hatten. In Paris, Verviers und Kopenhagen sind sie gestorben. Bald würde er die Brüder im Paradies wiedersehen, aber vorher … Das Läuten der Wohnungsklingel reißt ihn aus seinen Gedanken. 2.
Jan Rummel drückt auf den Klingelknopf an Ayses Wohnungstür. Die junge Türkin, mit der er seit einigen Wochen befreundet ist, hatte ihm unter Tränen ihre Leidensgeschichte erzählt. Danach war sein Hass auf diese radikalen Muslime noch mehr gewachsen. Ayse wollte ihre Peiniger nicht anzeigen. Stattdessen lebt sie in der ständigen Angst vor Entdeckung. Gestern Abend hatten beide einen handfesten Streit, weil er damit gedroht hatte, der Polizei einen Tipp zu geben. Diese Schweine gehören endlich zur Rechenschaft gezogen. »Die Polizisten können dich schützen, wenn du endlich auspackst«, hatte er ihr erklärt. Ayse hatte getobt und ihn gegen Mitternacht aus der Wohnung verwiesen. Bei dem plötzlichen Aufbruch hatte er sein iPhone vergessen. Jan betätigt mehrfach die Klingel an der Wohnungstür. Warum öffnet Ayse nicht? Sie müsste ihre Auslieferungsfahrt schon beendet haben. Hat er Ayse gestern Abend so stark unter Druck gesetzt, dass sie die Beziehung beenden will? »Ayse, mach bitte auf. Gib mir mein Handy! Ich weiß, dass du zuhause bist. Ich habe dich hinter der Tür gehört.« »Ayse, mach bitte auf. Gib mir mein Handy! Ich weiß, dass du zuhause bist. Ich habe dich hinter der Tür gehört«, ruft eine männliche Stimme im Flur. Fuck. Die Bitch hat wieder einen deutschen Freund. Er bewegt sich auf Zehenspitzen zur Tür und hält die Waffe mit dem Schalldämpfer schussbereit in seiner Hand. Dann wagt er einen Blick durch den Türspion. »Ayse, bitte. Gib mir wenigstens mein Handy«, wiederholt der Typ mit den kurzen blonden Haaren und klopft gegen die Tür. Gleich wird der Mann bemerken, dass sie unverschlossen...


Siorpaes, Jutta
Angaben zur Person: Jutta Siorpaes ist in Weissenburg (Bayern) geboren und aufgewachsen. Auf das Abitur in Bayern folgte das Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck. Nach der Promotion begann sie ihre bis heute andauernde journalistische Tätigkeit. Seit 2008 veröffentlicht sie historische Romane, Kurzkrimis in zahlreichen Anthologien, Krimikalendern und Adventskalendern, außerdem Kurzgeschichten für Kinder sowie Songtexte für deutschsprachige SängerInnen, u. a. für Heino. Das Schreiben zu zweit entdeckte sie 2014 mit ihrem Koblenzer Kollegen Jörg Schmitt-Kilian. Die Zusammenarbeit soll in einem Folgeband zu Verblendet fortgesetzt werden. Jutta Siorpaes ist verheiratet, hat vier erwachsene Kinder und lebt in Tirol.

Schmitt-Kilian, Jörg
Angaben zur Person: Jörg Schmitt-Kilian (Kriminalhauptkommissar a. D. und ehemaliger Drogenfahnder) hat zahlreiche Bücher und Themenhefte mit einer Gesamtauflage von über einer halben Million Exemplare veröffentlicht, u. a. den SPIEGEL-Bestseller "Vom Junkie zum Ironman", verfilmt mit Uwe Ochsenknecht, Max Riemelt und Leslie Malton. In seinen ersten beiden Romanen Spurenleger und Leichenspuren erfahren neugierige Leserinnen und Leser in Anlehnung an die mysteriöse Mordserie der deutschen Kriminalgeschichte mehr über Ermittlungsstrategien, persönliche Probleme der Protagonisten und warum der Mann, der die junge Polizistin in ihrem Streifenwagen erschossen hat, weiterhin flüchtig ist.


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