E-Book, Deutsch, 496 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Genossenschaftsrecht für die Praxis
E-Book, Deutsch, 496 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-16618-5
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Thomas Schlüter ist selbständiger Rechtsanwalt in Düsseldorf mit den Schwerpunkten Immobilien- und Gesellschaftsrecht. Zuvor war er unter anderem Justitiar des Verbandes der Wohnungswirtschaft Nordrhein-Westfalen.
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2 Firma, Sitz, Zweck und Gegenstand der Genossenschaft
2.1 Firma
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Unter dem Begriff »Firma« versteht man im Handels- und Gesellschaftsrecht den Namen, unter dem ein kaufmännisches Geschäft betrieben und die Unterschrift abgegeben wird (§ 17 HGB, § 3 GenG). Im täglichen Sprachgebrauch ist mit dem Begriff »Firma« dagegen oftmals gleich das ganze Unternehmen gemeint. Dieser Sprachgebrauch übersteigt die engeren Grenzen des juristischen Begriffs bei Weitem. Überlässt die eG Wohnungen an ihre Mitglieder durch Vermietung, so geschieht dies unter ihrer Firma. Gleiches gilt für alle anderen Vertragsschlüsse: Klagt die eG oder wird sie verklagt, so geschieht dies ebenfalls unter ihrer Firma. Die Firma muss in das Genossenschaftsregister eingetragen werden72 und zudem in der Satzung festgelegt sein (§ 6 Nr. 1 GenG). Jede Änderung der Firma bedarf einer Satzungsänderung.73
2.1.1 Allgemeine Grundsätze zur Namensgebung
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Bei der Namensgebung war eine eG früher viel stärker eingeschränkt, als dies heute der Fall ist. So musste nach früherem Recht der Name der eG dem Gegenstand des Unternehmens entlehnt sein, bei Wohnungsgenossenschaften somit dem Geschäft der Wohnraumüberlassung. Daher nennen sich die meisten Wohnungsgenossenschaften heute immer noch »Baugenossenschaft«, »Siedlungsgenossenschaft« oder »Wohnungsgenossenschaft« etc. Auch ohne rechtliche Verpflichtung ist dies natürlich sinnvoll.
Eine eG darf sich inzwischen jedoch auch Namen geben, die den Geschäftsbetrieb nicht bezeichnen. Eigennamen von lebenden oder schon verstorbenen Personen oder gar Fantasienamen wären heute somit ebenfalls zulässig (z. B. »Hubert Müller eG« oder »Sonnenschein eG«). Allerdings muss die eG bei der Namensgebung die allgemeinen, für jedes Unternehmen geltenden Grenzen des Handels- und Wettbewerbsrechts einhalten. Das bedeutet insbesondere, dass
- die eG als kaufmännisches Unternehmen von anderen am Ort tätigen Unternehmen unterscheidbar bleiben muss (§ 30 HGB),
- mit ihrem Namen den Rechtsverkehr nicht irreführen darf (§ 18 Abs. 2 HGB) und
- für das genossenschaftliche Unternehmen insgesamt auch nur eine einheitliche Firma vorhanden sein darf (Rückschluss aus § 23 HGB74).
Die Frage, welche Firma sich die eG geben soll und darf, wird zwar regelmäßig im Rahmen der Gründung einer eG relevant, manchmal aber durchaus auch bei einer schon bestehenden eG – hier oftmals im Zusammenhang mit breit angelegten Satzungsrevisionen oder mit Fusionen.
2.1.2 Genossenschaftsrechtliche Besonderheiten bei der Namensgebung
2.1.2.1 Der Rechtsformzusatz
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Das Genossenschaftsgesetz schreibt vor, dass die Firma der eG die ausgeschriebene Bezeichnung »eingetragene Genossenschaft« oder wenigstens die Abkürzung »eG« enthalten muss (§ 3 GenG). Dieser Rechtsformzusatz soll dem Rechtsverkehr u. a. im Hinblick auf Haftungsfragen Aufschluss darüber geben, »mit wem er es zu tun hat« und welches Risiko er durch die Geschäftsbeziehung eingeht (entscheidende Frage: Wer haftet mit welchem Vermögen?).
Wichtig
Der Rechtsformzusatz muss im Namen der eG ein selbstständiger Namensbestandteil sein. Er darf also nicht in den sonstigen Namen integriert werden. Das bedeutet, dass die Firma »Eingetragene Wohnungsgenossenschaft X-Stadt« nicht ausreichend wäre. Möglich wäre im Beispiel jedoch die Firma »Wohnungsgenossenschaft X-Stadt eG«. Die Abkürzung der Rechtsformangabe durch »eG« ist nach allgemeiner Ansicht insoweit streng zu sehen.
Manchmal erscheint der abgekürzte Rechtsformzusatz mit Punkten untergliedert (e. G.) oder sogar in Großbuchstaben (EG), teilweise auch hier mit Punkten untergliedert (E. G.). In der Praxis ist festzustellen, dass solche Gestaltungen der Abkürzung nicht nur auf Briefpapieren erscheinen, sondern – zumindest im Fall von älteren Bestands-Genossenschaften – im Rahmen von Satzungsänderungen ohne Beanstandung des Registergerichts eingetragen worden sind. Für Rechnungen nach dem Umsatzsteuergesetz gelten die besonderen Anforderungen des Steuerrechts.
Das Genossenschaftsgesetz nennt in seinem § 3 allerdings nur die Abkürzung »eG«, sodass bei Zugrundelegung einer streng formalen Sichtweise alle anderen Abkürzungsvarianten zumindest im Rahmen der Registereintragung mindestens als problematisch angesehen werden müssten.75 In der Praxis haben die in der geschilderten Form abweichenden Kürzel, soweit ersichtlich, jedenfalls bisher nur in sehr wenigen Einzelfällen zu Beanstandungen der Registergerichte geführt (und wenn, dann im Rahmen von Satzungsänderungen, nicht jedoch bei bestehenden Satzungen oder verwendeten Briefpapieren).
Da in jedem Fall klar ist, welche Rechtsform gemeint ist, dürfte nach der hier vertretenen Ansicht – zumindest bei bestehenden Eintragungen – rechtlich eigentlich nichts gegen die entsprechenden Abkürzungsvarianten »E. G.« oder »e. G.« sprechen. Es gibt jedoch auch die strenge Auffassung, die hier keine Kompromisse zulässt, und die Bezeichnung »e. G.«, »eGen« und »E. G.« für unzulässig erklärt.76 Keine Bedenken bestehen nach Kommentaransicht, wenn die Rechtsformbezeichnung im Schriftverkehr anders lautet als in der Eintragung.77 Dies soll sogar für den Schriftverkehr mit dem Registergericht gelten.78 Die Beurteilung wird im Detail also nicht einheitlich vorgenommen.
Der sicherste Weg für den abgekürzten Rechtsformzusatz ist jedoch immer die Verwendung der gesetzlich festgeschriebenen Abkürzungsvariante »eG«. Befindet sich die eG in Liquidation, so ist der Firma der eG ein die Liquidation andeutender Zusatz hinzuzufügen (§ 85 Abs. 3 GenG, »in Liquidation«, »i. L.«).
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Nach früherem Genossenschaftsrecht durfte des Weiteren dem Namen keinesfalls ein Zusatz hinzugefügt werden, der anzeigt, ob und in welchem Umfang die Genossenschaftsmitglieder zur Leistung von Nachschüssen verpflichtet sind (z. B. »Siedlungsgenossenschaft X-Stadt eG mit beschränkter Nachschusspflicht« o. Ä.).
Diese Regelung ist im Zuge der Genossenschaftsnovelle 2006 ersatzlos entfallen. Dennoch sollte auch in Zukunft auf eine Angabe zur Nachschusspflicht im Namen der eG eher verzichtet werden. In der Satzung ist nach § 6 Nr. 3 GenG hierzu jedoch eine Regelung darüber zu treffen, ob eine unbeschränkte, eine auf eine Haftsumme beschränkte oder gar keine Nachschusspflicht besteht – zu empfehlen: ganz generell zum Schutz der Mitglieder immer ein kompletter Ausschluss der Nachschusspflicht.
2.1.2.2 Die »Gemeinnützigkeit« in der Firma
2.1.2.2.1 Historische Bedeutung der Gemeinnützigkeit
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Die »Gemeinnützigkeit« im Namen ist auf die bis zum 31.12.1989 bestehende »Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen« zurückzuführen. Diese Wohnungsgemeinnützigkeit hat aber nichts mit der heutigen steuerlichen Gemeinnützigkeit im Sinne des § 52 der Abgabenordnung (AO) zu tun. Vielmehr handelte es sich um ein eigenes Rechtsgebiet zur Erstellung und Bewirtschaftung von Wohnraum in Zeiten großer Wohnungsnot, das schwerpunktmäßig in den Jahren des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde und in den Jahrzehnten nach dem Krieg in den alten Bundesländern zuerst im Rahmen des Wiederaufbaus, aber auch noch Jahrzehnte danach weiter wirkte. Durch die Unterstellung unter die strengen Anforderungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, das auch mit einer staatlichen Aufsicht verbunden war, erhielten die Wohnungsunternehmen erhebliche Vorteile, wie z. B. gänzliche Steuerbefreiung und besondere staatliche Förderung durch Wohnbaugelder. Hierfür mussten sich die Unternehmen im Gegenzug entsprechenden Bindungen unterwerfen (insbesondere Miethöhebeschränkungen, Belegungsverpflichtungen, Ausschüttungssperren und Überprüfungen). Die Wohnungsgemeinnützigkeit ist mit dem Einigungsvertrag zum 01.01.1990 ersatzlos abgeschafft worden. Sie hat in dieser Form heute keine inhaltliche Bedeutung mehr.
2.1.2.2.2 Bedeutung der Gemeinnützigkeit heute
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Die Erwähnung der »Gemeinnützigkeit« in der Firma einer Wohnungsgenossenschaft geht auf die historische Wohnungsgemeinnützigkeit im vorgenannten Sinne zurück. Die Gestaltung der Firma zeigt dann – eben unter diesen...