Buch, Deutsch, Band 20, 523 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 200 mm
Die jihadistische Doktrin des Abu ?Abdallah al-Muhagir
Buch, Deutsch, Band 20, 523 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 200 mm
Reihe: Schriftenreihe der Deutschen Hochschule der Polizei
ISBN: 978-3-945856-22-2
Verlag: Deutsche Hochschule der Polizei - Stabsstelle I - Hochschulkommunikation, Öffentlichkeitsarbeit
Die so sichtbar gemachte jihadistische Doktrin dient der geistigen Vorbereitung von militanten Salafisten auf die Teilnahme am bewaffneten Jihad. Weiterhin zielt sie auf die Umwandlung von passiver Unzufriedenheit in ein aktives Wut- und Hassgefühl ab. Mit ihr möchte al-Muhagir Jihadwillige zum Kampf gegen abweichende Muslime und Nichtmuslime anstacheln. Seine Kampfdoktrin wertet Abweichler und Gegner ab, entmenschlicht sie und erklärt sie zu Feinden Gottes und des wahren Islam. So werden sie zur Zielscheibe vorgeblich gottgewollter, exzessiver Gewalt gemacht.
Im Ergebnis resultieren die Gewaltnarrative al-Muhagirs aus einer ideologisierten Herangehensweise an die konstitutiven Quellen des Islam und die Rechtswerke klassischer muslimischer Gelehrter. Hierzu reißt er die autoritativen Referenzquellen, die er verwendet, aus deren zeitlichen, räumlichen und thematischen Kontexten und konstruiert aus ihnen eine eigene Argumentationskette, deren einziges Ziel die Rechtfertigung von Gewalt ist. Durch die dargebotene Lesart des Islam soll sich den Adressaten der Eindruck aufdrängen, dass Gewaltnarrative und deren Handlungsdirektiven auf einer soliden islamrechtlichen Basis stehen.
Die beiden untersuchten Schriften selektieren, priorisieren und setzen Ereignisse aus frühislamischer Zeit in Analogie mit gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Diese Vorgehensweise zielt in erster Linie auf die Stiftung von Sinn und Kohärenz sowie auf die Plausibilisierung von Handlungsdirektiven ab. Seinen Adressaten liefert al-Muhagir eine Darstellung gegenwärtiger Ereignisse als Wiederholung oder gar Fortsetzung der Konflikte in der salaf-Epoche. Indem er sich auf Mythen und Ideen aus dieser Epoche stützt, bedient er die Sehnsucht seiner Adressaten nach religiöser Authentizität und liefert ihnen theologische Rechtfertigungen für rigorose Gewalt.
Mit dem stetigen und inflationären Rückgriff auf die göttliche Autorität als Legitimationsressource will sich al-Muhagir jeder Diskussion über die tatsächliche Wertigkeit seiner Rechtspositionen und theologischen Lehrmeinungen entziehen. Da er sich anmaßt, ein Bevollmächtigter Gottes zu sein, nimmt er sich das Recht, den Wert des Lebens von Muslimen und Nichtmuslimen zugunsten des von ihm propagierten Kampfes gegen die vermeintliche Hegemonie des Unglaubens zu relativieren. Die Konsolidierung einer islamischen Herrschaft salafistischer Prägung als Ziel rechtfertigt seiner Auffassung nach die Anwendung entgrenzter terroristischer Gewalt und folglich auch die Inkaufnahme des Todes von unschuldigen Muslimen und Nichtmuslimen. Dies geschieht unter Leugnung jeder moralischen Regel und jeder menschengemachten normativen Ordnung.