Sanders | Die Partnerschule | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Sanders Die Partnerschule

Paartherapie im Integrativen Verfahren

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-7495-0270-7
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Partnerschule statt Scheidung Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden – mit oft negativen Folgen für die Partner selbst wie für die Kinder. Eine einvernehmliche Trennung ist ein hehres Ziel, das aber nur selten erreicht wird. Die meisten Paare, die wegen Beziehungskonflikten eine Beratung aufsuchen, wollen ihre Beziehung retten. Diesem Anliegen trägt Rudolf Sanders mit seiner Partnerschule Rechnung. In einem geschützten Rahmen können die Paare ganz neue Erfahrungen machen und bisher verborgene Ressourcen entdecken. Das Lernziel: Beziehungskompetenz. Die ersten Gruppenseminare nach diesem Ansatz fanden 1990 statt. Stets wurden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse integriert, und inzwischen wird die Partnerschule – nach mehr als 170 Gruppenseminaren – auch für einzelne Paare angeboten. In diesem Buch werden … -die theoretischen Grundlagen der „Partnerschule“ beschrieben, - Anwendungsgebiete der Methode benannt, - zahlreiche Übungen für jedes einzelne Modul angeboten.
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2. Die Partnerschule als Paartherapie im Integrativen Verfahren
2.1 Besonderheiten der Integrativen Therapie (IT)
Was bedeutet der Zusatz „im Integrativen Verfahren“? Mit „integrativ“ ist ein grundlegendes Verständnis der therapeutischen Beziehung und des therapeutischen Prozesses gemeint: Die leibliche Orientierung im Menschenbild weist dem Prozess das Ziel zu, dass die zwischenmenschliche und zwischenleibliche Dimension wächst. Das Paar arbeitet (konzeptionell auch als Ziel zu verstehen) an seiner leiblich und mental repräsentierten und erfahrbaren Grenze zwischen Ich und Du in der triadischen Beziehung zum Therapeuten. Dabei spielen neben der Sprache die Arbeit mit dem Körper (Tafler 2008, Hofmann 2010, Lissy-Honegger 2015) und kreative Ausdruckmöglichkeiten, die ich hier als „musischen Raum“ bezeichne, eine zentrale Rolle. Das Wort „integrativ“ wird in der Therapieszene immer häufiger verwendet. Deshalb möchte ich im Folgenden einiges zum Thema Integratives Verfahren sagen. Die Anfänge integrativer Theorie, Praxeologie und Praxis datieren Mitte der 1960er-Jahre. Die Begründer*innen dieses Ansatzes, Hilarion Petzold und Johanna Sieper (1940–2020), seit 1974 auch Ilse Orth und Hildegund Heinl (1919–2005), haben dieses komplexe Verfahren und seine vielfältigen Methoden und Anwendungsformen als einen „bio-psycho-sozial-ökologischen Ansatz in der Lebensspanne“ mit einer klaren entwicklungspsychologischen Orientierung erarbeitet (Sieper 1971). Ausgehend von der „anthropologischen Grundformel“ der Integrativen Therapie (Petzold 1993) werden Menschen als „Körper-Seele-Geist-Wesen im sozialen und ökologischen Kontext und Kontinuum“ gesehen. Aus dieser Sichtweise entstand eine „Integrative Humantherapie“. Ein wichtiges Anliegen der Begründer*innen ist, den Menschen nicht auf einen Teilbereich (wie im medizinischen Paradigma: für Kopfschmerzen gibt es eine Tablette) zu reduzieren, sondern ihn in all seinen Dimensionen zu erfassen. Letztere haben nicht nur eine grundlegende Relevanz für Gesundheit, Wohlbefinden und Persönlichkeitsentwicklung, sondern im besonderen Maße auch für Störungen, Erkrankungen und Lebensprobleme. – Ein Bogenschütze würde seine Bewusstheit auch nicht allein auf die Hand richten, die die Sehne des Bogens spannt (Herrigel 1983). Das Leibkonzept Die Besonderheit der Integrativen Therapie (IT): Sie ist eine leibgebundene Therapie. Damit reicht sie natürlich über eine herkömmliche Arbeit in der Paartherapie hinaus, etwa wenn dort der Schwerpunkt auf der Vermittlung von Kommunikationsregeln liegt. Wahrnehmung, Geist, Gefühl und Wollen sind „verkörpert“, sind an ein „Embodiment“ gebunden; sie sind Leiblichkeit, im Leibsubjekt integriert (Pauls 2013). Und Letzteres wiederum ist nicht zu trennen vom sozialen und ökologischen Zusammenhang. Jeder erlebt in jedem Moment seines Lebens genau dieses Zusammenspiel zum größten Teil außerhalb seiner bewussten Wahrnehmung (Ryba 2018). Engagement: Beispiel Netzwerk Partnerschule e. V. Unser wachsendes Wissen über leibliche Außen- und Innenwahrnehmungen (Porges 2010) und über unsere Gedächtnissysteme (Roth & Strüber 2017), über Ökologien, Umweltbelastungen und über die Heilwirkungen der Natur (Petzold et al. 2019) ermöglicht ganz neue Zugangsweisen für die Arbeit mit Menschen. Diese Sicht auf das Menschsein und sein Eingebettet-Sein in die Welt hat seit den 1960er-Jahren viele Kolleg*innen nicht nur angesprochen, sondern ausgesprochen begeistert; hat sie mit Geist erfüllt sein und engagiert vielfältige Wege in der Arbeit mit Menschen gehen lassen. Damit andere von ihren Erfahrungen profitieren können, bieten sie zahlreiche Veröffentlichungen zum kostenfreien Download an (https://www.eag-fpi.com). Ein solches Verfahren und seine Methoden leben mit den Menschen und durch die Menschen, die sie repräsentieren, die sie lehren und in ihren therapeutischen und agogischen Arbeitsbereichen überzeugend und glaubwürdig vertreten. Und die in ihrer Lebenspraxis integrative Leitideen umsetzen – als Einzelpersonen und als Gemeinschaften. Das gilt auch für Klient*innen, die durch den Integrativen Ansatz Hilfe und Förderung erfuhren. Ein Beispiel sind die Ratsuchenden, die sich 2000 im Netzwerk Partnerschule e. V. zusammenschlossen, um durch Mitgliedsbeiträge und Spenden allen Paaren, unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten, eine Teilnahme an Gruppen zu ermöglichen (Sanders 2018). „Patient*innen und Therapeut*innen sind Partner*innen in kritischer Kulturarbeit“ (Petzold 2000). Dass es etwas wie das Netzwerk Partnerschule e. V. gibt, zeigt: Diese Vorgehensweise, eine Paartherapie im Integrativen Verfahren, wird als engagierte Arbeit für Menschen, die menschliche Gesellschaft und die Natur erkannt und wertgeschätzt. Die Chance von Netzwerken und die in ihnen wirkenden gemeinsamen Gedanken, Gefühle und Willensentschlüsse – „kollektive Repräsentationen“, wie Serge Moscovici sagt – liegt darin, dass ihre Anliegen durchtragen und Verbreitung finden und damit vielen Menschen zugute kommen. Dass wir Menschen einen Körper haben, dass Klärung und Bewältigung von Interaktions- und Kommunikationsstörungen nicht allein über eine „Redekur“ zu verändern sind, setzt sich erst langsam in der Therapieszene durch. Wir haben einen Körper, aber wir sind Leib. Das zentrale Konzept ist hier das Leibkonzept der Integrativen Therapie (Hofer-Moser 2018). Dabei handelt es sich einerseits um ein vertieftes philosophisch-erkenntnistheoretisches Verständnis der menschlichen Existenz und des Wesens des Menschseins als Körper-Seele-Geist-Ganzheit und seines zur und in der Welt-Seins. Andererseits fundiert es so grundsätzliche Konzepte der IT wie Intersubjektivität, Zwischenleiblichkeit und Lebenswelt. Das Leibkonzept ist für die IT wesentlich, sowohl im Verständnis der therapeutischen Beziehung als auch in der Begründung ganz konkreter leiborientierter Interventionen. Und somit unterscheidet das Leibkonzept die IT von den meisten anderen Psychologieschulen. Dass das Messer auf dem Tisch liegt, heißt nicht, dass ich nach ihm greifen kann. Auch der Leib ist stets gegenwärtig, in jedem Vorhaben und in jeder Wahrnehmung. Er ist unser Stand- und Ausgangspunkt, kurz unser totales Bezugszentrum. Er lässt sich aber nicht losgelöst als solcher erkunden, um ihn dann in seinem Weltbezug zu untersuchen. Der Leib ist keine Scheibe zwischen mir und der Welt; er ist mein primäres In-der-Welt-Sein (Heidegger 1927). Dank seiner sind wir jeweils schon draußen bei den Dingen. In der IT spielt deshalb das Prinzip komplexer Achtsamkeit eine zentrale Rolle. Wir können unsere Gedanken, Gefühle, Willensregungen, Körperempfindungen und Handlungsimpulse beobachten. Wir sind weit mehr als unsere Gedanken und Gefühle und können mithilfe von Achtsamkeit leichter aus Denk-, Fühl-, Wollens- und Verhaltensautomatismen aussteigen. Achtsamkeit spielt in der IT von Anbeginn eine zentrale Rolle. Deshalb hat sich, im Gegensatz zu anderen Psychotherapieschulen, die Achtsamkeitswelle bisher kaum explizit in ausführlichen Publikationen niedergeschlagen. Petzold und Orth sprechen sogar von komplexer Achtsamkeit, die auf den Leib und die Lebenswelt gerichtet ist. Für sie ist das eine nicht ohne das andere zu haben, zu begreifen oder interventiv zu beeinflussen. Zielrichtung ist die Entwicklung einer ausgeglichenen Achtsamkeit zwischen einer Sensibilität für das eigene Wohl und für das Wohl des Anderen. Um was geht es in einer Leibtherapie, so, wie sie in der IT konzipiert ist? Kurz zusammengefasst um zweierlei: Äußeren sinnlichen Erfahrungen gilt es in einer als hektisch und besinnungslos erlebten Zeit wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dadurch bekommen sie Bedeutung. Die Fähigkeit zum eigen leiblichen Spüren wird vertieft. So kultiviert sich ein Gefühl der Verbundenheit mit sich selbst als Leib und mit der sozialen und ökologischen Mitwelt. Mit dieser „Integrativen Humantherapie“ waren Petzold, Sieper, Orth und Heinl ihrer Zeit sicherlich weit voraus. In ihrem Buch Embodiment, die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen (Storch et al. 2006) bezeichnen es die Autor*innen als ein Wagnis, Kognitionswissenschaften, Psychologie, Neurobiologie und die Körperarbeit in einem transdisziplinären Projekt zu vereinen: „Bis auf wenige Ausnahmen [hat] der Mensch als Gegenstand der akademisch wissenschaftlichen Psychologie in der heutigen Zeit keinen Körper […]. Er verfügt über Denkprozesse, Intelligenz und Informationsverarbeitungskapazität. Ihm widerfahren Affekte, Emotionen und Stimmungen. Er hat sogar unbewusste Motivlagen und Bedürfnisse – aber einen Körper hat er nicht … Die Empörung über diese Sachlage war es, die uns vier zusammenbrachte“ (Storch et al. 2006, S. 7). Fazit: Die leib- und achtsamkeitsgebundene theoretische Perspektive hat konzeptionelle und methodische Folgen, z. B. die Arbeit an der Körper- und Leibgrenze, durch Bewegung, durch den Zugang zum Menschen, durch kreative Medien und last, but not least durch das Zusammenführen von Menschen, um Empowerment-Erfahrungen zu ermöglichen (Pauls 2013b). 2.2 Wege der Selbstermächtigung durch Inbesitznahme des musischen Raums
Auch jenseits von Worten verfügt jeder Mensch über musische Sprachen. Er kann seinen Ausdruck finden, etwa durch Musik, durch die Arbeit mit kreativen Materialien wie Farben oder Tonerde, oder die Bewegung des Leibes. Wenn er sich...


Rudolf Sanders, Dr. Phil., Dipl.-Päd., Ehe-, Familien- und Lebensberater, Lehr- und Forschungstätigkeit im Bereich der Ehe- und Paarberatung, Begründer des Verfahrens Partnerschule, bis 2016 Leiter der katholischen Ehe- und Familienberatungsstelle Hagen & Iserlohn, Mitglied im Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung (DAJEB). Herausgeber der Online-Fachzeitschrift Beratung Aktuell.


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