Salvatore Der magische Stein
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-641-08468-4
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Legende von Drizzt
E-Book, Deutsch, Band 5, 448 Seiten
Reihe: DIE DUNKELELFEN
ISBN: 978-3-641-08468-4
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Halbling Regis befindet sich in der Gewalt des Meisterassassinen Artemis Entreri, der ihn in die Stadt Calimshan verschleppt, um ihn dem dortigen König der Unterwelt auszuliefern. Doch Entreri hat auch ein persönliches Interesse an dem Halbling. Denn mit ihm als Druckmittel wird es ihm endlich gelingen, den Dunkelelf Drizzt Do'Urden zu einem Duell zu zwingen und so endlich die Frage zu klären, die ihm auf der Seele brennt: Welcher der beiden Kämpfer ist der beste der Welt?
R. A. Salvatore wurde 1959 in Massachusetts geboren, wo er auch heute noch lebt. Bereits sein erster Roman »Der gesprungene Kristall« machte ihn bekannt und legte den Grundstein zu seiner weltweit beliebten Romanserie um den Dunkelelf Drizzt Do´Urden. Die Fans lieben Salvatores Bücher vor allem wegen seiner plastischen Schilderungen von Kampfhandlungen.
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Tausend kleine Kerzen DER MEUCHELMÖRDER BEOBACHTETE gebannt, wie sich der Rubin langsam im Kerzenlicht drehte und den Tanz der Flammen in tausend winzigen Miniaturen zurückwarf – es waren zu viele Spiegelungen. Kein Edelstein konnte derart kleine und makellose Facetten haben. Und trotzdem war die Reihenfolge nicht zu leugnen, ein Wirbel von winzigen Kerzen, der ihn immer tiefer in den roten Stein hineinzog. Kein Juwelier hätte ihn so schleifen können. Die Genauigkeit übertraf alles, was man mit einem Handwerkszeug erreichen konnte. Dies war ein magisches Artefakt, ein Werk, so sagte er sich selbst, das gerade darauf angelegt war, den Betrachter in diesen plötzlichen Wirbel, in die Klarheit der roten Tiefen des Steins zu reißen. Tausend kleine Kerzen. Kein Wunder, dass er den Kapitän so leicht hatte überzeugen können, ihn auf seinem Schiff nach Calimhafen mitzunehmen. Den Eingebungen, die aus den wundersamen Tiefen dieses Edelsteins herrührten, konnte man sich nicht so einfach entziehen. Eingebungen der Gelassenheit und des Friedens, Worte, die nur Freunde über ihre Lippen brachten … Ein Lächeln zeigte sich auf seinem sonst so grimmigen Gesicht. Er konnte tief in diese Ruhe hineinwandern. Entreri riss sich aus der Anziehungskraft des Rubins los und rieb sich die Augen. Er war verblüfft, dass sogar er, der doch so diszipliniert war, dem magischen Edelstein kaum widerstehen konnte. Er warf einen kurzen Blick in die Ecke der kleinen Kabine, wo Regis wie ein Häufchen Elend zusammengekauert saß. »Jetzt kann ich verstehen, warum du unbedingt dieses Juwel stehlen musstest«, sagte er zu dem Halbling. Regis schreckte aus seinen Grübeleien auf. Er war überrascht, dass Entreri mit ihm gesprochen hatte – das erste Mal, seit sie in Tiefwasser an Bord gegangen waren. »Und außerdem weiß ich jetzt, warum Pascha Pook ihn unbedingt zurückhaben möchte«, fuhr Entreri fort, eher zu sich als zu Regis. Regis hob den Kopf, um den Meuchelmörder beobachten zu können. Konnte der Rubinanhänger sogar Artemis Entreri unter seinen Einfluss bekommen? »Es ist wirklich ein wunderschöner Edelstein«, begann er hoffnungsvoll. Er wusste nicht recht, wie er mit diesem neuen, ungewohnten Einfühlungsvermögen des eiskalten Meuchelmörders umgehen sollte. »Es ist mehr als ein Edelstein«, erwiderte Entreri geistesabwesend, und seine Augen, die einfach nicht widerstehen konnten, folgten wieder dem geheimnisvollen Wirbel der trügerischen Facetten. Regis erkannte den friedlichen Gesichtsausdruck des Meuchelmörders wieder, denn so hatte er auch ausgesehen, als er zum ersten Mal Pooks wunderschönen Anhänger untersucht hatte. Damals war er ein erfolgreicher Dieb gewesen und hatte in Calimhafen ein gutes Leben geführt. Aber die Zukunft, die dieser magische Stein versprach, war anziehender gewesen als das behagliche Leben in der Diebesgilde. »Vielleicht hat der Anhänger mich gestohlen«, schlug er impulsiv vor. Aber er hatte Entreris Willenskraft unterschätzt. Der Meuchelmörder warf ihm einen eisigen Blick und ein Lächeln zu, das deutlich verriet, dass er wusste, worauf Regis hinauswollte. Aber der Halbling musste sich an jeden Strohhalm klammern und drang weiter auf ihn ein. »Ich denke, die Kraft des Anhängers hat mich wirklich einfach überwältigt. Darin liegt kein Verbrechen. Ich hatte einfach keine andere Chance …« Entreris höhnisches Lachen unterbrach ihn. »Du bist entweder ein Dieb oder ein Schwächling«, fauchte er. »In beiden Fällen wirst du in meinem Herzen keine Gnade finden. Und in beiden Fällen verdienst du Pooks Zorn!« Er schnappte nach dem Anhänger, der an einer goldenen Kette baumelte, und ließ ihn in seinen Beutel gleiten. Dann holte er einen anderen Gegenstand hervor, eine Onyxstatuette, die einem Panther verblüffend ähnlich war. »Erzähl mir davon!«, forderte er Regis auf. Regis hatte sich bereits gefragt, wann Entreri wohl Interesse an der Statuette zeigen würde. Er war in Mithril-Halle dabei gewesen, als der Meuchelmörder auf der anderen Seite von Garumns Schlucht mit ihr gespielt und Drizzt verhöhnt hatte. Aber bis zu diesem Augenblick hatte Regis Guenhwyvar, den magischen Panther, nicht wiedergesehen. Regis zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich frage nicht ein zweites Mal«, drohte Entreri, und die eiskalte Gewissheit seines Untergangs, die unausweichliche Atmosphäre von Gefahr, die alle Opfer von Artemis Entreri nur zu gut kannten, senkte sich über Regis. »Sie gehört dem Dunkelelf«, stammelte er. »Ihr Name ist Guen…« Regis blieb das Wort im Hals stecken, als in Entreris freier Hand plötzlich ein juwelenbesetzter Dolch wurfbereit lag. »Willst du etwa einen Verbündeten rufen?«, fragte Entreri erbost. Er verstaute die Statuette wieder in seiner Tasche. »Ich weiß, wie das Tier heißt, Halbling. Und ich versichere dir, dass du tot sein wirst, bevor die Katze hier ist.« »Fürchtest du dich denn vor ihr?«, wagte Regis zu fragen. »Ich gehe jedenfalls kein Risiko ein«, erwiderte Entreri. »Aber willst du denn nicht den Panther rufen?«, drängte Regis weiter, da er einen Weg suchte, um die Waagschalen der Macht auszugleichen. »Als Gefährten für deine einsamen Reisen?« Entreris Lachen zog den Gedanken ins Lächerliche. »Gefährte? Warum sollte ich mich nach einem Gefährten sehnen, kleiner Narr? Welchen Nutzen sollte ich daraus ziehen?« »Mit der Vielzahl kommt die Stärke«, wandte Regis ein. »Narr«, wiederholte Entreri. »Da irrst du dich gewaltig. In den Straßen bringen Gefährten Abhängigkeit und Untergang mit sich! Sieh dich doch mal an, Freund des Dunkelelfen. Welche Stärke gibst du Drizzt Do’Urden jetzt? Er jagt jetzt blind hinter uns her, um dir zu helfen und seiner Verantwortung als dein Freund nachzukommen.« Der Meuchelmörder stieß das Wort »Freund« mit unverhohlenem Abscheu hervor. »Um letzten Endes zu sterben!« Darauf konnte Regis nicht antworten, und er ließ den Kopf hängen. Entreris Worte waren nur zu wahr. Seine Freunde würden in Gefahren geraten, die sie sich noch gar nicht vorstellen konnten, und alles nur seinetwegen, alles wegen der Fehler, die er begangen hatte, bevor er sie überhaupt kennengelernt hatte. Entreri steckte den Dolch wieder ein und sprang plötzlich auf. »Genieße die Nacht, kleiner Dieb. Schwelge im kalten Meereswind. Koste alle Empfindungen dieser Reise aus, denn auf ihr siehst du dem Tod ins Gesicht: Calimhafen bedeutet sicherlich deinen Untergang – und den Untergang deiner Freunde!« Er stürmte aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Er hat sie nicht abgeschlossen, dachte Regis. Er hat noch nie eine Tür abgeschlossen! Aber das war auch gar nicht nötig, musste er sich wütend eingestehen. Angst und Schrecken waren die Ketten des Meuchelmörders, und sie waren genauso spürbar wie Eisen. Kein Ort, wohin man gehen konnte, kein Ort, wo man sich verstecken konnte. Regis ließ den Kopf in seine Hände sinken. Er wurde sich der Schaukelbewegung des Schiffs und des rhythmischen, gleichförmigen Knirschens der alten Holzbretter bewusst, denn sein Körper bewegte sich gezwungenermaßen im gleichen Rhythmus. Er spürte, wie die Bewegung seine Eingeweide aufwühlte. Halblinge lieben das Meer ohnehin nicht, und Regis war selbst nach den Maßstäben seiner Rasse furchtsam. Entreri hätte für ihn keine schlimmere Folter finden können als eine Fahrt über das Schwertmeer in Richtung Süden. »Nicht schon wieder«, stöhnte Regis und zog sich an der kleinen Luke in der Kabine hoch. Er öffnete das Fenster und hielt den Kopf in die erfrischende Kälte der Nachtluft hinaus. * * * Entreri ging über das leere Deck. Über ihm blähte der Wind die Segel, und die frühwinterlichen Stürme trieben das Schiff auf seinem südlichen Kurs vorwärts. Unzählig viele Sterne übersäten den Himmel und funkelten in der leeren Dunkelheit bis zum Horizont, wo sie von der geraden Linie des Meeres abgegrenzt wurde. Entreri holte wieder den Rubinanhänger hervor, sodass dessen Magie das Sternenlicht einfangen konnte. Er beobachtete, wie sich der Anhänger drehte, und musterte seinen Wirbel. Er wollte ihn so gut wie möglich erforschen, bevor sich ihre Reise dem Ende näherte. Pascha Pook würde entzückt sein, den Anhänger zurückzuerhalten. Er hatte ihm so viel Macht verliehen! Mehr Macht, erkannte Entreri jetzt, als andere vermutet hatten. Mit dem Anhänger hatte Pook aus Feinden Freunde und aus Freunden Sklaven gemacht. »Mich auch?«, überlegte Entreri, der von den kleinen Sternen, die sich in dem roten Edelstein zeigten, wie gebannt war. »War ich auch ein Opfer? Oder werde ich es sein?« Er hätte es nie für möglich gehalten, dass er, Artemis Entreri, unter den Einfluss eines magischen Talismans geraten könnte, aber die Macht des Rubinanhängers ließ sich nicht anzweifeln. Entreri lachte laut auf. Der Rudergänger, die einzige Person außer ihm an Deck, warf ihm einen neugierigen Blick zu, ließ es aber dabei bewenden. »Nein«, flüsterte Entreri dem Rubin zu. »Du wirst mich nicht wieder in die Gewalt bekommen. Ich kenne deine Tricks und werde sie noch besser kennenlernen! Ich werde dem Verlauf deiner verlockenden Bewegungen folgen, und ich werde auch einen Weg herausfinden!« Lachend legte er sich die goldene Kette wieder um den Hals und versteckte den Rubin unter seiner Lederweste. Dann tastete er suchend in seinem Beutel herum, ergriff die Statuette des Panthers und wandte den Blick...