Sacher | Ennio Empfindlich | Buch | 978-3-906183-32-9 | sack.de

Buch, Deutsch, Band 2, 93 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 270 g

Reihe: insBesondere Kinder

Sacher

Ennio Empfindlich

Buch, Deutsch, Band 2, 93 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 270 g

Reihe: insBesondere Kinder

ISBN: 978-3-906183-32-9
Verlag: kwasi verlag


Der achtjährige Ennio ist viel zu empfindlich – sagt sein Vater. Ennio findet sich genau richtig. Aber er versteht nicht, wieso sich alles ändern muss. Der Umzug aufs Land ist ihm schon zu viel, nun stinkt auch noch das neue Haus nach Fisch, sein Zimmer ist so kahl wie der Warteraum bei der Zahnärztin, und vor allem hat er sein Piratenbett nicht mehr!

Als auch noch das neue Nachbarsmädchen bei ihm klingelt, geht alles so richtig schief. Hätte Papa nur nicht von ihm verlangt, dass er mit dieser Kalila spielt. Dann wäre ihr blauer Drache nicht gestohlen worden, und er wäre nicht den lauten Jungs begegnet. Kein Wunder, dass er sich in sein Zimmer zurückzieht und heult.

Dummerweise ist er aber der Einzige, der die Sache wieder geradebiegen kann – wenn er es schafft, über sich selbst hinauszuwachsen.
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Zielgruppe


Zum Vor- und Selberlesen, Kinder ab 6, Erstlesealter

Weitere Infos & Material


Alles falsch

Ennio schnuppert. Es stinkt nach altem Fisch.
»Das ist die Farbe«, sagt Papa und lacht. »Gestern waren die Malerinnen da und haben alle Wände neu gestrichen.«
Ob Maler da waren oder nicht, ist Ennio egal. Was ihm nicht egal ist: In einem fremden Haus wohnen, das nach Fisch riecht. Und in dem es keine richtigen Möbel gibt, dafür jede Menge Schachteln. Die Schackteln sind an der Wand gestapelt und jede hat einen Kleber: Keller, Schlafzimmer, Küche, Atelier.
Das Haus ist groß. Ganz anders als ihre Wohnung in der Stadt. Dort gab es ein Zimmer für Ennio und eins für Mama und Papa. Dann die Küche und das Wohnzimmer. Hier gibt es so viele Zimmer, dass Ennio nicht einmal Lust hat, sie zu zählen. Außerdem eine Treppe. Eine Treppe in der Wohnung drin! Sie führt zu den Schlafzimmern, sagt Mama.
»Wo wohnen denn die anderen?«, fragt Ennio.
Zu Hause, da hat die Treppe zu den anderen Wohnungen geführt. Zu der von der alten Frau Kretz zum Beispiel, die immer geschimpft hat, weil sie traurig und alleine war.
»Unsere Nachbarn?«, fragt Mama. »Nebenan. Hast du die Häuser nicht gesehen? Weißt du was? Ich glaube, da wohnen auch Kinder. Mit denen kannst du von nun an spielen.«
Ennio nickt tapfer. Dabei bekommt er nur schon beim Gedanken an fremde Kinder Bauchweh. Andere Kinder wollen immer in großen Gruppen spielen und sich balgen. Ennio malt lieber mit Kreide auf die Straße. Dafür braucht er niemanden sonst.
»Komm, wir bauen dein Bett zusammen«, meint Papa. »Ich zeig dir dein Zimmer. Mach die Augen zu, es ist eine Überraschung.«
Ennio mag keine Überraschung. Überraschungen sind nichts weiter als Veränderungen. Ennio mag es, wenn alles wie immer ist. Aber Papa macht sein fröhliches Bärengesicht. Als ob er gleich einen ganzen Topf Honig ausschlecken dürfte. Das hat er zu Hause nur noch selten gemacht. Darum versucht Ennio zu lächeln und stolpert folgsam mit geschlossenen Augen an Papas Hand die Treppe hinauf.
Es geht geradeaus und um die Ecke. Papa stellt sich hinter ihn und legt ihm die Hand auf die Augen. Dann ruft er: »Eins, zwei, simsalabei«, und zieht die Hand weg.
Ennio schlägt die Augen auf. Das Zimmer ist groß und weiß. Es sieht aus wie bei der Zahnärztin. Schachteln stehen an der Wand. Darauf steht sein Name.
Ennio schluckt. Wenn es schon wegen der Farbe nach Fisch stinkt, warum sind dann die Wände nicht grün? Sein altes Zimmer hatte grüne Wände, und in der Ecke stand sein Piratenbett. Und es gab ein Fenster. Das neue Zimmer hat kein Fenster. Stattdessen eine Glastür, die auf einen Balkon führt. Papa macht sie gerade auf. »... und das Beste«, sagt er, »schau hier! Du hast eine eigene Treppe in den Garten!«
Ennio kämpft gegen die Tränen an. Er will keine Treppe in den Garten haben und auch keine Fenstertür. Sein Piratenbett soll hier stehen. Das hat Ennio schon, seit er klein war. Unten drin gibt es ein geheimes Versteck. Das ist sein Lieblingsplatz. Dort hat er alle seine Schätze versteckt. Auch seine Pilotenlampe mit den verschiedenen Farben.
»Und hier ist dein Bett«, sagt Papa. Er zeigt auf lange Pappschachteln. »Ich habe es extra für dich gekauft – als Geschenk zum neuen Haus!«
Ennio erstarrt. »Ein neues Bett?« Das meint Papa doch nicht ernst? Das kann nicht sein. Bestimmt ist es nur ein Dafür bist du doch schon seit einer Weile zu groß«, sagt Papa. »Jetzt bist du ein junger Mann und brauchst kein Kinderbett mehr. Du kannst das Neue selbst zusammenbauen, ich zeig dir, wie das geht.«
Ennio ist acht Jahre alt, und das Piratenbett ist genau richtig für ihn. Auch wenn er das Steuerrad schon lange nicht mehr benutzt. »Was hast du mit meinem Piratenbett gemacht?«, fragt er, und die Tränen klumpen sich zu einem dicken Kloß in seiner Kehle zusammen.
»Was ich damit gemacht habe?«, fragt Papa, als hätte er nicht verstanden.
»Wo ist mein Bett?!«
»Das habe ich fortgegeben«, sagt Papa, »du hast ja jetzt das Neue. Schau, hier ist die Bauanleitung. Zuerst brauchen wir einen Schraubenzieher.«
Aber Ennio will nicht. Er will sein Bett zurückhaben, das mit dem Versteck. Papa muss das doch wissen! Er muss jetzt gleich das Piratenbett holen und die Pilotenlampe, und das Zimmer muss grüne Wände haben. Mama und Papa haben so viele schöne Dinge über das neue Haus erzählt. Aber Ennio hat schon die ganze Zeit gewusst, dass es kein bisschen schön wird!
»Papa, ich will mein Bett!«, versucht es Ennio noch mal.
»Schau doch erst, wie das Neue aussieht«, sagt Papa.
Aber Ennio will nichts mehr hören. Und sagen kann er nichts mehr wegen dem Tränenkloß. Er rennt davon. Er braucht einen Moment, bis er die Treppe findet. Fast wäre er in die falsche Richtung gelaufen.
Unten ist Mama. Sie wühlt in einer der vielen Schachteln. Ennio rennt an ihr vorbei.
Papa ruft von oben: »Ennio, komm sofort zurück!«
Mit Riesenschritten holt er Ennio ein. »Es geht nicht, dass du einfach wegläufst, wenn dir etwas nicht passt!«
Ennio windet sich aus seinem Griff und umklammert Mamas Beine.
»Was ist denn bei euch los?«, fragt Mama und streicht sich die Haare aus dem verschwitzten Gesicht.
»Papa hat mir mein Piratenbett weggenommen!«, schreit Ennio. Jetzt kann er die Tränen nicht länger zurückhalten.
»Junger Mann, so geht das nicht«, schimpft Papa. »Zuerst schaust du dir das neue Bett an, und dann sagst du, ob du es magst oder nicht!«
»Lass ihn doch, Toni. Er braucht noch einen Moment.«
»Mama, wo ist meine Taschenlampe?«, ruft Ennio. Die braucht er jetzt dringend. Und ein Versteck. In dem er sitzen und dem Licht zusehen kann.
»Ach, Ennio, kann das nicht warten bis nach dem Abendessen?« Mama sieht erschöpft aus.
Aber Ennio braucht seine Taschenlampe jetzt. Ganz dringend. »Du bist genau so doof wie Papa!«, schreit er, obwohl es ihm bereits Leid tut. Bevor er Mamas enttäuschten Blick sieht, rennt er durch die nächstbeste Tür und kriecht in eine leere Schachtel. Es riecht muffig darin, wie im Keller.
»So geht das nicht, Maria«, hört er Papa sagen. »Du kannst den Jungen nicht so verhätscheln.«
»Das tue ich nicht«, wehrt sich Mama. »Ich sage nur, er braucht etwas Zeit, um sich an alles zu gewöhnen.«
»Wie soll er denn deiner Meinung nach in der Welt zurechtkommen, wenn er immer vor allem davonläuft?«, ruft Papa.
»Vielleicht war der Umzug doch keine gute Idee«, sagt Mama. Sie klingt bedrückt.
»Wenn er es nicht packt, dann liegt es daran, dass du ihn immer in Schutz nimmst«, wütet Papa.
»Er packt das schon«, sagt Mama.
Aber Ennio hört, dass sie sich nicht sicher ist.
»Im Moment sieht es nicht danach aus«, sagt auch Papa.
»Es wäre eine nette Abwechslung, wenn du ihn unterstützen würdest, statt ihn anzubrüllen.« Jetzt klingt Mama verärgert.
»Bravo«, ruft Papa. »Ich reiß mir ein Bein aus, will mit dem Jungen das Bett aufbauen, und wenn er nicht will, dann ist es meine Schuld!«
Ennio ist sich auch nicht sicher, ob er es packt. Schlimmer aber ist, dass Mama und Papa seinetwegen streiten. Jedes böse Wort brennt ihm ein Loch in die Haut. Es hilft nicht, dass er die Hände auf die Ohren presst.
»Dann bin ich ja mal gespannt, wie du ihn dazu bringst, am Montag in die Schule zu gehen«, sagt Papa.
Ennios Bauch zieht sich zusammen. Montag, das ist schon in drei Tagen. Davon will er erst recht nichts hören. Zum Glück sagt Mama jetzt: »Ich such weiter nach den Töpfen, sonst gibt es heute nichts mehr zu essen.«
Ennio wartet, bis er sicher ist, das Mama und Papa fort sind. Dann kriecht er leise aus der Schachtel und schleicht mit ihr aus dem Haus.
Draußen muss er blinzeln, weil die Sonne ihm ins Gesicht scheint. Vor dem Haus ist eine kleine Wiese mit einem Zaun rundherum, und irgendwo hat Ennio heute Morgen auch eine Schaukel gesehen. Aber jetzt sieht er gar nichts, weil ihm die Tränen übers Gesicht laufen.
Wie er diesen Ort hasst!
Im Schutz der Schachtel wagt er sich über die kleine Wiese. Wie gut wäre es, wenn er eine Schildkröte wäre. Die hat ihr Versteck ja auch immer dabei. In seinem Panzer würde es nach Erde riechen und vielleicht ein bisschen nach Salat. Auf jeden Fall nicht nach Fisch!
Die Sache mit dem Salat stimmt Ennio nachdenklich. Salat mag er nämlich gar nicht. Das wäre ein großer Nachteil am Schildkrötendasein: Von Spaghetti und Pizza kriegen Schildkröten bestimmt Bauchschmerzen.


Stephani, Tanja
Tanja Stephani ist Grafikerin, Illustratorin und freie Künstlerin. Sie lebt mir ihrer Familie und Tieren auf einem abgelegenen Bauernhof im Zürcher Oberland (Schweiz).
www.lartquirit.ch

Sacher, Noëmi
Noëmi Sacher, 1980 in Schwyz geboren, studierte Germanistik, Volksliteratur und Kunstgeschichte in Zürich und schloss mit einer Arbeit über Bestsellerforschung am Beispiel von Dan Brown ab. Absolvierte dann die Schule für Angewandte Lingistik in Zürich. Sie schreibt historische Romane, Fantasy und Kindergeschichten und lebt mit ihrer Tochter in Arth und Luzern (Schweiz).
www.schreib-einfach.ch


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