E-Book, Deutsch, Band 56, 160 Seiten
Reihe: Perry Rhodan Neo
Staffel: Arkon 8 von 12
E-Book, Deutsch, Band 56, 160 Seiten
Reihe: Perry Rhodan Neo
ISBN: 978-3-8453-3835-4
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Hermann Ritter, geboren 1965 in Darmstadt, interessierte sich schon früh für das phantastische Genre. Sein Sozialarbeit-Studium schloss er mit einer Diplomarbeit über Fantasy-Rollenspiele ab, während seines Studiums der Geschichte und Politik schrieb er über alternative Weltenentwürfe in der Literatur. Danach war er zeitweise als Geschäftsführer für einen amerikanischen Spielehersteller tätig. Heute kümmert sich der in Darmstadt lebende Hermann Ritter hauptberuflich als Projektleiter für einen freien Träger der Sozialarbeit um benachteiligte Jugendliche. Der phantastischen Literatur ist Ritter auch in seiner knapp bemessenen Freizeit verpflichtet: Er liest sich durch Berge von Science Fiction, Krimi und Fantasy - zu seinen Favoriten zählen Klassiker wie Cordwainer Smith und Lyon Sprague de Camp. Hermann Ritter ist seit 30 Jahren in der Science-Fiction-Fan-Szene aktiv: Er publiziert Fan-Zeitschriften, organisiert Kongresse und war jahrelang Vorsitzender der PERRY RHODAN-Fan-Zentrale. Daneben veröffentlichte er Artikel und Kurzgeschichten zu allen Bereichen der Fantasy und Science Fiction; als Mitherausgeber von 'Magira', dem Jahrbuch für Fantasy, ist er für eines der wichtigsten Sekundärwerke des Genres verantwortlich. Nachdem er schon im Jahr 2000 beim PERRY RHODAN-WeltCon in Mainz und 2001 beim PERRY RHODAN-Fest in Rastatt auf der Bühne stand, spielte er beim PERRY RHODAN-WeltCon 2011 eine wichtige Rolle als Moderator, Auktionator und Diskussionsleiter. 'Schreiben ist eine Tätigkeit, die einen gewissen Suchtfaktor hat', gibt Ritter unumwunden zu. So war es nur eine Frage der Zeit, bis er zum Story- und Romanautor wurde. Zu seinen professionellen Veröffentlichungen zählen Kurzgeschichten für die Heftromanreihe 'Ren Dhark', ein Taschenbuch für die SF-Reihe 'BattleTech' und ein Sachbuch über Naturspiritualität. Seit 2003 stellt Hermann Ritter für die PERRY RHODAN-Serie alle vier Wochen die Clubnachrichten zusammen, die über die Aktivitäten der Fans informieren. 2008 konnte er mit einer Kurzgeschichte für die Reihe 'Stellaris' auch den PERRY RHODAN-Lesern seine Qualitäten als Autor unter Beweis stellen. Im Jahr darauf stieg er mit zwei Heftromanen in die Serie PERRY RHODAN-Action ein. 2012 folgt mit 'Schatten über Ferrol' Hermann Ritters erster Beitrag zur Reihe PERRY RHODAN NEO. 'Die größte Herausforderung war, dass ich mich überwinden musste, zu schreiben', bemerkt Ritter zu seinem Debüt als PR-Autor. 'Immerhin kenne ich Perry und Konsorten schon über 30 Jahre ... da ist eine gewisse Hochachtung angesagt.'
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2.
Der Sündenfall An Bord der AL'EOLD, 17. Mai 2037 Der Raum roch nach Angst. Es war eine Mischung aus Schweiß, der Luft in einem Tigerkäfig und einem unterliegenden Geruch eines exotischen Gewürzes, das nicht zu identifizieren war. Caine kannte diesen Geruch. Er hatte ihn in Krankenhäusern gerochen, wo Menschen lagen, die kaum wie Menschen aussahen. Ihre schwärenden Wunden hatten die Luft vergiftet. Einheimische Schwestern waren durch die Gänge geeilt, hatten kostbare Medikamente zu denen gebracht, die eine Chance hatten, gesund zu werden. Andere Patienten waren einfach mit ihren Betten an die Wand geschoben worden. Sie waren hier, um zu sterben. Ihre Verwundungen waren zu groß, eine Rettung war mit der vorhandenen medizinischen Versorgung nicht möglich. Und doch atmeten die Patienten noch, klammerten sich an das Leben, an die Hoffnung auf ein Wunder. Dieses würde mit einem UN-Transporter vor dem weißen Zelt landen, um im gleißenden Licht einer Halogenlampe Menschen in knitterfreien weißen Uniformen auszuspucken, die sofort in seriöser Geschäftigkeit Karton nach Karton ausluden. Mit den Gaben der westlichen Welt, die verteilt wurden, würden sie die Opfer eines der vielen Bürgerkriege versorgen. Caine kannte das Gefühl der Hilflosigkeit, das einen in diesen Momenten übermannte. Er sah sich selbst auf einem Campingstuhl, dessen Kakibraun vor Jahren schon einem undefinierbaren Farbton gewichen war – genauso wie die Uniformen der Soldaten in jenem längst vergessenen, unwichtigen Konflikt. Er vermochte die vielen Hände zu fühlen, die er gehalten hatte. Alte Hände, bedeckt mit braunen Flecken. Junge Hände, noch nicht gezeichnet von schwerer Arbeit oder den vielen kleinen Narben des Älterwerdens. Er hatte manikürte Frauenhände gehalten, mit langen Nägeln, auf denen kleinen Strasssteine blinkten. Er hatte Hände gehalten, deren Finger offene Wunden waren. Er hatte sie gehalten, wenn der Atem der Sterbenden schwächer wurde. Wenn sie sich in einem letzten, rasselnden Atemzug gegen das Unvermeidbare auflehnten und ein letztes Mal Luft einsogen, bevor sie starben. Erst wenn die Finger in seiner Hand erschlafften, hatte er das medizinische Personal gerufen, dessen einzige Aufgabe es war, den Tod festzustellen. Nur wenn jemand Qualifiziertes die üblichen Bewegungen gemacht hatte – das Halten zweier Finger an die Halsschlagader, das traurige Nicken und das Hochziehen der Decke über das Kinn –, hatte er die Hand vorsichtig genommen und sie zusammen mit der anderen Hand auf dem Bauch des Toten gefaltet. Er hatte viel gesehen in jenen Jahren, in denen er als junger Priester in die Welt gegangen war, um zu missionieren. Ungezählte Male hatte er UN-Missionen begleitet, die eigentlich Frieden bringen sollten. Andauernd hatte er mit ansehen müssen, wie schwierig es war, den Menschen diesen Wunsch zu erfüllen. Und immer wieder hatte er sich gefragt, ob seine Mission nicht viel sinnloser war als das, was die Soldaten versuchten. Denn er wollte den Menschen den Glauben bringen. In all seinen Jahren hatte er keinen einzigen Menschen missioniert. Doch, den kleinen Jungen in Ghana oder Nigeria oder Uganda, der ihn mit kindlicher Neugier gefragt hatte, wer der Mann sei, der auf dem Symbol um seinen Hals zu sehen war. In den Stunden, in denen er damit beschäftigt war, etwas aufzuräumen oder zu säubern, hatte der kleine Junge seinen Geschichten zugehört. Von der Geburt des kleinen Kindes in Bethlehem. Von den drei Weisen aus dem Morgenland, die gekommen waren, um Geschenke zu bringen. Von dem schwarzen König, von dem weißen König und dem arabischen König – die drei Weltgegenden, die drei damals bekannten Kontinente, die sich in Gestalt der Könige vor dem neuen Herrscher der Welt verbeugten und ihm Geschenke brachten. Er hatte von der Berufung des kleinen Kindes erzählt, von seinem ersten Auftritt im Tempel, von dem Anschwellen seiner Jüngerschar und seinem Leidensweg. Lange hatte er gebraucht, um dem kleinen Jungen zu erklären, dass es mal einen Garten Eden gegeben hatte. Einen Garten, in dem alle Pflanzen gediehen und alle Tiere glücklich waren. Und wie es zum Sündenfall gekommen war. Der Junge hatte ihn nur ungläubig angeschaut. Caine hatte versucht, dessen Neugierde zu stillen. Bis er nach vielen schmerzvollen Stunden begreifen musste, dass der Junge nicht die theologische Grundlage seiner Erzählung anzweifelte. Er hatte hier nicht erklären müssen, warum die Erschaffung der Welt in sieben Tagen neben der Evolution als Lehre bestehen blieb, ohne den Anspruch zu haben, sie zu ersetzen. Diese Diskussionen waren es, die ihn von der Isle of Man vertrieben hatten, hinaus an einen Ort, wo nicht Wissenschaft und Vernunft jeden Tag voranschritten und das Recht der Gläubigen bestritten, Dinge zu glauben, anstatt sie zu wissen. Der Junge hatte einfach nicht verstanden, dass es einen Garten geben könnte, in dem die wilden Tiere friedlich waren und in dem Nahrung im Überfluss vorhanden war. Und wenn es jenen Garten wirklich gegeben hatte, irgendwo da draußen vor langer, langer Zeit – warum hatten die Menschen dieses Paradies verlassen? Dabei hatte der Junge anklagend auf das Zelt geschaut, das sie umgab. Auf das schäbige Feldbett mit dem Moskitonetz, auf den alten Reisekoffer, der Caine viele Jahre lang begleitet hatte, auf die schäbige Kleidung des weißen Priesters, der hierhergekommen war, um seiner eigenen, unverständlichen Berufung zu dienen. An diesem Tag hatte Caine beschlossen, nach Europa zurückzukehren. Er wusste, dass er keine Antworten für die Skeptiker hatte, die ihn nach der Evolution fragten. Aber er hatte noch weniger Antworten für den kleinen Jungen mit den großen Augen und dem vor Hunger geblähten Bauch. Keine einzige Antwort. Für mehrere Jahre war er in ein Kloster nach England zurückgekehrt. Er hatte gelesen, sein theologisches Wissen erweitert; gebetet und meditiert und Gott um Antworten auf diese Fragen gebeten. Dann kamen die Außerirdischen. Von einem Tag auf den nächsten war es nicht mehr wichtig, was in seiner Klosterzelle geschah. Die Politik der Welt wurde in der Wüste Gobi entschieden, wurde in den Datenkanälen diskutiert. Als wäre aus der Wüste erneut ein Ruf erschallt, mit dem man die Gläubigen zu sich rief, waren sie aus allen Teilen der Welt gereist, um sich Perry Rhodan anzuschließen. Eines wurde ihm schnell klar: Dieser Rhodan war kein weiterer selbst erklärter Messias. Er tat keine Wunder. Die Menschen, die dazu fähig waren, sammelten sich trotzdem um ihn. Sie nannten sich Mutanten. Viele von ihnen waren wirklich zu Leistungen fähig, die wie Wunder aussahen. Und die Außerirdischen. Auf einmal tauchten sie überall auf der Erde auf. Sie sammelten Dinge von der Erde. Und ihre Fremdartigkeit war völlig anders als jene der grauen Männchen, welche die UFO-Gläubigen vor fünfzig Jahren überall gewittert hatten. Diese Außerirdischen waren keine Engel und erst recht keine Teufel. Sie waren ein Zeichen dafür, dass Gottes Erfindungsreichtum auch auf anderen Welten gewirkt hatte. Und die Kirchenbänke, die schon von Jahr zu Jahr leerer geworden waren, verloren für die Menschen noch mehr von jenem Trost und Zuspruch, die in den letzten Jahrzehnten wie eine Tünche auf der obersten Schicht des Gottesdienstes gelegen hatten. Caine hatte auf einmal verstanden, was er tun musste. Er hatte seine Sachen gepackt und war wild entschlossen, sich wieder der Menschheit zu widmen. Jahre nach seinen Erlebnissen in Afrika und Monate nach seiner Entscheidung in der Klosterzelle waberte wieder der Geruch von Angst durch seine kleine Kabine. Wieder lag eine Hand in seiner. Doch dieses Mal war die Hand nicht krank. Sie war gesund, kräftig; unter den Fingernägeln waren noch die Spuren von Öl oder einer anderen dunklen Flüssigkeit zu erkennen. Muss man Raumschiffe schmieren? Er wusste es nicht. Er wusste, dass früher irgendwas von Walen – der Tran? – verwendet worden war, um Satelliten zu schmieren. Angeblich war es das einzige Material, das in der Kälte des Weltraums nicht zerstört wurde. Caine riss sich zusammen. Der Mann vor ihm hatte Angst. Kreatürliche Angst. Und er hatte in der Tiefe des Weltraums zu einem Glauben zurückgefunden, den er auf der Erde sicher vor Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten abgelegt hatte. Er war auf einmal wieder Christ. Caine hatte nie damit hinter dem Berg gehalten, dass er nicht nur als medizinische Fachkraft an Bord des Raumschiffes diente. Die Jahre in Krankenstationen, die nötigen Vorbereitungen hatten aus ihm keinen Arzt gemacht, auf den man angewiesen sein wollte, wenn man lichtjahreweit von der Erde entfernt im Weltraum unterwegs war. Aber er war ein guter Krankenpfleger, immer noch kräftig und geduldig. Und er hatte die Befähigung, den Menschen zuzuhören, egal welchen Glauben sie ihren eigenen nannten. Wenn jemand kam, der über etwas reden wollte, war Caine für ihn da. Er war kein Psychiater oder Psychologe. Aber viele Menschen brauchten keinen ausgebildeten Arzt, um sich zu unterhalten. Sie genossen die niedrige Hemmschwelle, die er bei seinen Gesprächen aufbaute. Wer kam, der erhielt seine ganze Aufmerksamkeit. In den letzten Tagen hatte er viele Gespräche geführt. Einige Menschen waren auch im Weltraum nur Menschen mit begrenztem Horizont. Es war nicht mehr die Frage nach der Evolution und der Schöpfungsgeschichte, die er beantworten musste. Er wurde gefragt, ob es bei den Fantan einen Sündenfall gegeben hatte. Ob eines jener fremdartigen Wesen für die Sünden seiner Artgenossen gekreuzigt worden war – oder ob dessen Gläubige...