E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten
Reihe: Frederike Suttner
Revers Hab keine Furcht
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-95441-636-3
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eifelkrimi
E-Book, Deutsch, Band 3, 272 Seiten
Reihe: Frederike Suttner
ISBN: 978-3-95441-636-3
Verlag: KBV
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Entführung, Mord und verschwundene Tiere …
Das Dorfleben in der Eifel ist nicht immer nur idyllisch!
Voller Sorge durchkämmt die pensionierte Kommissarin Frederike Suttner auf der Suche nach ihrem verschwundenen Kater Hannelore das Dorf und die ganze Umgegend. Sind in der Eifel wieder einmal Katzenfänger unterwegs oder ist Hannelore möglicherweise überfahren worden?
Unverhofft stolpert Frederike über mysteriöse Ereignisse, die noch Schrecklicheres erahnen lassen: Warum taucht ihre Sangesschwester Grete im Dorf auf, obwohl sie eigentlich weit weg von der Eifel auf einer Kreuzfahrt sein sollte? Was hat es mit den Unmengen an verwahrlosten Tieren auf sich, die auf dem Hof der kürzlich verstorbenen Claudia gefunden wurden? Und hat bei Claudias tödlichem Fahrradunfall womöglich jemand nachgeholfen?
Frederikes kriminalistischer Instinkt ist geweckt, und während sie weiter nach ihrem schwarzen Kater sucht, beginnt sie, Zusammenhänge zwischen all den Ereignissen herzustellen. Dabei tritt sie ihren Freunden bei der Eifeler Polizei wieder einmal gehörig auf die Füße. Dass sie sich dabei selbst in große Gefahr begibt, bemerkt sie fast zu spät …
Autoren/Hrsg.
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Mittwoch, 17. März
Frederike
Traurig leerte Frederike den Katzennapf und schaute müde in den Garten. Ihr Blick suchte eine kleine schwarze, pelzige Gestalt: Hannelore. Ihr Kater war jetzt schon seit mehr als einer Woche abgängig, und sie hatte sich noch nicht an den Gedanken gewöhnt, ihren Gefährten verloren zu haben. So füllte sie täglich seinen Napf auf und stellte ihn nach draußen. Zweimal war er tatsächlich am nächsten Morgen leer gewesen, aber von Hannelore – ja, der Kater hieß so – gab es keine Spur. Auch Igel fraßen gerne Katzenfutter, und so behielt Frederike ihre Gewohnheiten bei, zumindest solange noch Katzenfutterkonserven im Haus waren. Aber sie war deprimiert. Fast fünf Jahre hatte ihr Kater sie durch dick und dünn begleitet und ihr in dem alten Eifelhaus Gesellschaft geleistet. Hier lebte sie, seit sie vor acht Jahren nach einem aufreibenden Berufsleben aus Düsseldorf in die Eifel zurückgekehrt war. Jetzt war das Haus merkwürdig still und gleichzeitig wahnsinnig laut. Jedes Knarren im Gebälk, jedes Geräusch schreckte Frederike auf, die doch eigentlich gar nicht schreckhaft war. Angela, ihre Nichte, hatte ihr schon den Kopf gewaschen, weil sie sich so hängen ließ. Du bist einsam, hatte Angela gesagt. Ja, das war sie wohl. In den letzten Tagen hatte sie bei allen Nachbarn Keller und Scheunen durchstreift, war die Straßen von Leudersdorf abgelaufen, stets leise nach Hannelore rufend, hatte Tierarztpraxen abtelefoniert. Doch erfolglos. Inzwischen hatte sie kaum noch Hoffnung, Hannelore noch einmal wiederzusehen. Wahrscheinlich war er überfahren worden und lag tot in irgendeinem Straßengraben. Sie wusste, dass das Sterben zum Leben dazugehörte, aber das machte es nicht leichter. In ihrem Leben war Frederike oft genug mit dem Tod konfrontiert worden und meist in sehr unschöner Weise. Sie hatte schon mehr Leichen gesehen als Kühe. Wie kam sie jetzt auf Kühe? Egal. Vor ihrer Pensionierung war Frederike Suttner Kriminalhauptkommissarin bei der Mordkommission in Düsseldorf gewesen. Sie sprach selten darüber, seit sie zurück in die Eifel gezogen war, doch sie war Ermittlerin mit Leib und Seele. Immer noch. Das steckte nach so langen Jahren einfach in einem drin. Aber was Hannelore anging, versagten ihre Ermittlungskünste. Direkt vor der Gartentür krabbelte eine Hummel auf dem Boden. Anscheinend war sie zu erschöpft für die weitere Futtersuche. Frederike bückte sich und hob das kleine Insekt mithilfe eines Lesezeichens vorsichtig auf. Tja, zu Frühlingsbeginn war es gar nicht so einfach, genügend Nahrung zu finden. Sie brachte die Hummel zu einem kleinen Busch lilafarbener Krokusse und setzte sie vorsichtig direkt in eine Blüte. Zufrieden betrachtete sie, wie die Hummel in Bewegung geriet und das tat, was Hummeln gemeinhin so tun. Wäre Hannelore jetzt hier, hätte das Insekt nicht so viel Ruhe. Ihr Kater liebte es, Jagd auf alles zu machen, was brummte und summte. Ach, Hannelore! Frederike schloss die Tür zum Garten und stellte den Napf in die Spüle. Im Badezimmer füllte sie ihre Hände mit kaltem Wasser und badete ihr Gesicht darin. Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel. Hatten sich die Falten und grauen Haare vermehrt? Wundern würde es sie nicht. Doch eigentlich sah sie aus wie immer. Lockiges, halblanges Haar, grau meliert, wache blaue Augen, ein schmales Gesicht. Sie mochte den Anblick und fühlte sich eigentlich wohl in ihrer Haut. Doch nicht heute. Da half auch kein kaltes Wasser. Abends war Chorprobe. Eigentlich hatte Frederike überhaupt keine Lust zu singen, doch sie wusste, dass es ihr anschließend besser gehen würde. Ob ich jetzt zu Hause auf der Couch sitze oder singe, beides bringt mir Hannelore nicht zurück, sagte sie sich und zog entschlossen ihre Jacke aus dem Schrank. Noch einmal mit dem Kamm durchs Haar, ein letzter Blick in den Spiegel, und auf ging’s. Im Proberaum in der örtlichen Gaststätte war schon einiges los. Der Tisch des Alt war gut besetzt, und Frederike schob sich auf die Eckbank. »Du bist spät dran«, begrüßte sie Elsbeth, eine korpulente Mittsechzigern mit opulentem Dekolleté. »Ich dachte schon, du kommst heute nicht. Ist Hannelore inzwischen wieder aufgetaucht?« Es hatte sich in der Nachbarschaft herumgesprochen, dass der Kater abgängig war. Viele hatten kein großes Verständnis für Frederikes Betroffenheit. Hier auf dem Land waren Katzen in erster Linie Nutztiere. Sie sollten Mäuse fangen und gehörten auf den Hof, aber nicht ins Haus. Da machte man keine Welle, wenn mal eine Katze verschwand. Es gab schließlich noch genügend andere. Doch Elsbeth war selbst eine passionierte Katzenhalterin und besaß zwei Maine Coon, die aber ausschließlich im Haus gehalten wurden. »Nein!« Frederike schniefte leicht und winkte dem Wirt zu. »Ein Mineralwasser, bitte!« Dann wandte sie sich Elsbeth zu. »Jetzt ist er schon seit einer Woche weg. Ich befürchte, dass man ihn überfahren hat.« »Gib nicht zu früh auf. Er ist ein Kater, es ist Frühling, du weißt doch, wie die Kerle sind.« »Na ja, er ist doch kastriert.« »Aber weiß er das auch?«, mischte sich Eva ins Gespräch. Sie war eine der wenigen Jüngeren im Chor und senkte mit ihren dreißig Jahren das Durchschnittsalter erheblich. Elsbeth gluckste, doch Frederike ließ sich nicht ablenken. »So lange hätte er mich nie im Stich gelassen, für keine Frau der Welt!«, war sie sich sicher. »Ja, aber nur, weil du ihm immer dieses leckere Katzenfutter gibst. Mit dir hat das gar nichts tun.« Eva konnte schonungslos offen sein. Elsbeth schaute sie konsterniert an. »Was weißt du schon von wahrer Katzenliebe? Du hast doch einen Vogel!« Eva besaß in der Tat einen Papagei, ein Erbstück ihrer Großtante. »Der ist aber auch eine richtige Schmusekatze«, bestätigte sie. »Aber mal im Ernst: Wisst ihr, dass in der Neubausiedlung auch eine Katze vermisst wird? Gestern hat mich meine Nachbarin darauf angesprochen. Ihre Katze ist seit vier Tagen weg. Eine weiß-schwarz gescheckte.« »Eine Kuhkatze«, nickte Elsbeth. »Wie alt?« »Knapp ein Jahr.« »Vielleicht treibt ja ein Katzenfänger sein Unwesen«, unkte Elsbeth. »Da liest man ja immer mal wieder drüber! Ich habe erst letztens so einen komischen Lieferwagen mit polnischem Kennzeichen herumfahren sehen. Der fuhr ganz langsam durch die Straßen.« »Die haben wahrscheinlich nach einer Hausnummer gesucht«, schnaubte Frederike. »Katzenfänger! Nur weil es Polen waren? Also wirklich!« Doch Elsbeth beharrte auf ihrer Vermutung. »Die machen im Osten Rheumadecken aus Katzenfellen.« Frederike rollte nur noch mit den Augen. Warum hatte sie sich bloß auf das Thema eingelassen? Da mischte sich Werner vom Tenor-Nebentisch ein. »Sprecht ihr über verschwundene Tiere? Bei unserem Nachbarn ist der Hund entlaufen. Die suchen seit ein paar Tagen ihren Labrador Waldi. Ist anscheinend aus dem Garten ausgebüxt. Die haben auch schon vermutet, dass Tierfänger unterwegs sind.« »Das ist doch absurd. Jedes fremde Fahrzeug, das durchs Dorf fährt, wird hier misstrauisch beäugt. Ich befürchte eher, dass Hannelore in ein offenes Auto geklettert ist und jetzt den Weg nach Hause nicht mehr findet. Letzte Woche war der Heizungsinstallateur im Nebenhaus.« Frederike bemühte sich um Sachlichkeit. »Tja, dann solltest du mal dort nachfragen«, meinte Eva achselzuckend. »Wenn du Glück hast, haben die ihn bemerkt. »Ich habe schon in der Firma angerufen, aber denen ist nichts aufgefallen. Die wollten sich in der Nachbarschaft erkundigen. Ist aber schon ein paar Tage her.« Frederike klang nicht sehr hoffnungsvoll. Doch auch Werner hatte so seine Theorien. »Tierfänger gibt es häufiger in der Stadt als auf dem Land, aber unwahrscheinlich ist es nicht. Gerade in der Pandemie will ja jeder plötzlich ein Haustier haben. Da kann man mit gestohlenen Tieren richtig Geschäfte machen. Und den meisten Bauern ist doch egal, wenn da plötzlich mal eine Katze fehlt. Gibt ja genug Nachwuchs!« »Und außerdem – denk mal an die ganzen Tierversuche.« Auch Eva haute plötzlich in die Kerbe. Frederike stand auf, obwohl die Probe noch gar nicht offiziell begonnen hatte. »Ihr macht mich ganz verrückt. Ich glaube, mir ist heute doch nicht nach Singen.« Sie verließ, ohne sich umzublicken oder auf die Rufe der anderen zu reagieren, den Proberaum und ging wieder nach Hause. Ihr Herz war schwer. Das Gerede der Choristen hatte sie genervt. Tief in ihrem Inneren glaubte sie kaum noch daran, dass ihr Kater noch einmal auftauchen würde. Es war ihr schon schrecklich, dass Hannelore...