Reichs | Mit Haut und Haar | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 400 Seiten

Reihe: Die Tempe-Brennan-Romane

Reichs Mit Haut und Haar

Roman
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-13827-1
Verlag: Blessing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 6, 400 Seiten

Reihe: Die Tempe-Brennan-Romane

ISBN: 978-3-641-13827-1
Verlag: Blessing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Arbeit einer echten Anthropologin umgesetzt in hochspannende Fiktion
Der Sommer ist brütend heiß in Charlotte, North Carolina. Gerade will Tempe Brennan vor der Hitze in den wohlverdienten Urlaub fliehen, als auf einer verlassenen Farm Überreste von brutal abgeschlachteten Schwarzbären gefunden werden. Doch das ist noch nicht alles. Zwischen den skelettierten Pranken stößt Tempe auf menschliche Knochen und damit auf die Spur von Schmugglern, die mit dem Töten von Wildtieren blutiges Geld verdienen. Wer ihnen zu nahe kommt, muss um sein Leben fürchten. Tempe ermittelt.

Kathy Reichs, geboren in Chicago, lebt in Charlotte und Montreal. Sie ist Professorin für Soziologie und Anthropologie, eine von nur knapp hundert vom American Board of Forensic Anthropology zertifizierte forensischen Anthropolog*innen und war unter anderem für gerichtsmedizinische Institute in Quebec und North Carolina tätig. Ihre Romane erreichen regelmäßig Spitzenplätze auf internationalen und deutschen Bestsellerlisten und wurden in dreißig Sprachen übersetzt. Für den ersten Band ihrer Tempe-Brennan-Reihe wurde sie 1998 mit dem Arthur Ellis Award ausgezeichnet. Die darauf basierende Serie »BONES - Die Knochenjägerin« wurde von Reichs mitkreiert und -produziert.

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1
Als ich die Überreste des toten Babys einpackte, raste der Mann, den ich töten sollte, nordwärts nach Charlotte. Zu der Zeit wusste ich das noch nicht. Den Namen des Mannes hatte ich noch nie gehört, ich wusste nichts von dem grausigen Spiel, in dem er mitspielte. In diesem Augenblick beschäftigte mich nur, was ich Gideon Banks sagen würde. Wie sollte ich ihm beibringen, dass sein Enkel tot und seine jüngste Tochter auf der Flucht war? Meine Gehirnzellen stritten sich schon den ganzen Vormittag. Du bist forensische Anthropologin, sagten die Logik-Jungs. Ein Besuch bei den Angehörigen gehört nicht zu deinen Pflichten. Der Medical Examiner wird deine Befunde referieren. Die Detectives der Mordkommission werden die Nachricht überbringen. Ein Telefonanruf. Das stimmt ja alles, entgegneten die Gewissen-Jungs. Aber dieser Fall ist anders. Du kennst Gideon Banks persönlich. Ich empfand eine tiefe Traurigkeit, als ich das winzige Knochenbündel in seinen Behälter packte, den Deckel schloss und eine Fallnummer auf das Plastik schrieb. So wenig zu untersuchen. So ein kurzes Leben. Während ich die Röhre in einen Beweismittelschrank einschloss, schickten mir die Gedächtniszellen ein Bild von Gideon Banks. Runzliges braunes Gesicht, krause graue Haare, ein Stimme, als würde Isolierband zerreißen. Bild vergrößern. Ein kleiner Mann in einem karierten Flanellhemd, der einen Mopp über einen Fliesenboden schiebt. Die Gedächtniszellen präsentierten mir schon den ganzen Vormittag dasselbe Bild. Ich versuchte, andere heraufzubeschwören, sah jedoch immer nur das eine. Gideon Banks und ich hatten bis zu seiner Pensionierung vor drei Jahren fast zwei Jahrzehnte lang in der University of North Carolina zusammengearbeitet. Hin und wieder hatte ich ihm dafür gedankt, dass er mein Büro und mein Labor sauber hielt, hatte ihm Geburtstagskarten geschickt und ihm jedes Weihnachten ein kleines Geschenk gemacht. Ich wusste, dass er sehr gewissenhaft und tiefreligiös war und seine Kinder abgöttisch liebte. Und er hielt die Korridore makellos sauber. Das war alles. Außerhalb des Büros kreuzten sich unsere Wege nicht. Bis Tamela Banks ihr Neugeborenes in einen Holzofen legte und verschwand. Ich ging in mein Büro, fuhr meinen Laptop hoch und breitete meine Notizen auf dem Schreibtisch aus. Ich hatte meinen Bericht noch kaum begonnen, als eine Gestalt in der Tür erschien. »Ein Hausbesuch kommt nun wirklich nicht in Frage.« Ich drückte »Speichern« und hob den Kopf. Der Medical Examiner des Mecklenburg County trug grüne Chirurgenkluft. Ein Fleck auf seiner rechten Schulter ahmte in dunklem Rot die Form von Massachusetts nach. »Macht mir nichts aus.« So wie mir eiternde Pickel auf meinem Hintern nichts ausmachten. »Ich übernehme das gerne.« Tim Larabee hätte recht attraktiv sein können, wäre er nicht endorphinsüchtig. Das tägliche Marathontraining hatte seinen Körper ausgezehrt, sein Haar schütter werden lassen und seine Gesichtshaut gegerbt. Die immer gleiche Bräune schien sich in den Höhlungen seiner Wangen zu sammeln und sich um seine viel zu tief liegenden Augen zu verdichten. Augen, die jetzt verkniffen waren vor Besorgnis. »Neben Gott und der Baptistenkirche war die Familie die Grundfeste von Gideon Banks’ Leben«, sagte ich. »Das wird ihn erschüttern.« »Vielleicht ist es nicht so schlimm, wie es aussieht.« Ich warf Larabee den Blick zu. Wir hatten dieselbe Unterhaltung schon vor einer Stunde geführt. »Okay.« Er hob eine sehnige Hand. »Es scheint wirklich ziemlich schlimm zu sein. Ich bin mir sicher, dass Mr. Banks Ihr persönliches Engagement zu schätzen weiß. Wer fährt Sie?« »Skinny Slidell.« »Ihr Glückstag.« »Ich wollte allein fahren, aber Slidell akzeptierte ein Nein nicht.« »Skinny? Wirklich?« Gespielte Überraschung. »Ich glaube, Skinny ist scharf auf eine Auszeichnung für sein Lebenswerk.« »Ich glaube, Skinny ist scharf auf Sie.« Ich warf mit einem Bleistift nach ihm. Er wehrte ihn mit der Hand ab. »Passen Sie auf sich auf.« Larabee ging wieder. Ich hörte, wie die Tür zum Autopsiesaal geöffnet und dann wieder zugezogen wurde. Ich sah auf die Uhr. Viertel vor vier. Slidell würde in zwanzig Minuten hier sein. Meine Gehirnzellen schraken kollektiv zurück. Was Skinny anging, herrschte zerebrale Übereinstimmung. Ich fuhr den Computer herunter und lehnte mich zurück. Was sollte ich Gideon Banks sagen? Pech, Mr. Banks. Wie’s aussieht, hat Ihre Jüngste entbunden, den Balg in eine Decke gewickelt und als Feuerholz benutzt. Klasse, Brennan. Wamm! Die Optik-Zellen schickten ein neues Bild. Banks, der ein Foto aus einer rissigen Brieftasche zieht. Sechs braune Gesichter. Bürstenschnitte bei den Jungs, Zöpfe bei den Mädchen. Alle mit Zähnen, die zu groß sind für das Lächeln. Kamera zurückfahren. Der alte Mann strahlt das Foto an und behauptet hartnäckig, dass alle seine Kinder aufs College gehen würden. Taten sie das? Keine Ahnung. Ich zog meinen Labormantel aus und hängte ihn auf den Haken an meiner Tür. Falls die Banks-Kinder tatsächlich die UNC-Charlotte besucht hatten, als ich noch an der Fakultät war, dann hatten sie wenig Interesse an Anthropologie gezeigt. Ich hatte nur eins gesehen. Reggie, ein Sohn aus der Mitte der Nachwuchschronologie, hatte meinen Kurs über die Evolution des Menschen belegt. Die Gedächtniszellen präsentierten mir einen schlaksigen Jungen mit Baseballkappe, das Schild nach hinten, das Verbindungsband knapp über den rasiermesserscharfen Augenbrauen. Letzte Reihe im Hörsaal. Intellekt Eins, Mitarbeit Drei minus. Wie lange war das her? Fünfzehn Jahre? Achtzehn? Ich hatte zu der Zeit mit sehr vielen Studenten gearbeitet. Damals konzentrierte sich meine Forschung auf den Tod in der Vorzeit, und ich hatte mehrere Seminare abgehalten. Bioarchäologie. Osteologie. Primatenökologie. Eines Morgens war eine meiner ehemaligen Anthropologiestudentinnen in meinem Labor aufgetaucht. Als Detective des Morddezernats der Polizei von Charlotte-Mecklenburg brachte sie mir Knochen, die aus einem flachen Grab geborgen worden waren. Könne ihre frühere Professorin feststellen, ob diese Überreste die eines vermissten Kindes seien? Ich konnte es. Sie waren es. Dieser Fall war mein erster Kontakt mit gerichtsmedizinischer Arbeit. Heute halte ich nur noch ein Seminar ab, und zwar in forensischer Anthropologie, und ich wechsle zwischen Charlotte und Montreal hin und her, wo ich für die jeweiligen Polizeibehörden als forensische Anthropologin tätig bin. Die Geografie war ein Problem gewesen, als ich noch in Vollzeit unterrichtete, und erforderte eine komplexe Choreografie innerhalb des akademischen Kalenders. Heute reise ich, bis auf die Dauer dieses einen Seminars, hin und her, wie die Fälle es erfordern. Ein paar Wochen im Norden, ein paar im Süden, länger, wenn die Arbeit am Fall oder Aussagen vor Gericht es erfordern. North Carolina und Quebec? Eine lange Geschichte. Meine akademischen Kollegen nennen das, was ich tue, »angewandte Anthropologie«. Mithilfe meines Wissens über Knochen entlocke ich Kadavern oder Skeletten oder Teilen davon, die in einem zu schlechten Zustand für eine Autopsie sind, relevante Details. Ich gebe den Skelettierten, den Verwesten, den Verbrannten und den Verstümmelten, die ansonsten in anonyme Gräber kommen würden, ihre Namen zurück. Bei einigen stelle ich Art und Zeitpunkt ihres Todes fest. Von Tamelas Baby war nur ein Becher verkohlter Fragmente geblieben. Ein Holzofen macht keinen Unterschied zwischen einem Scheit und einem Neugeborenen. Mr. Banks, es tut mir sehr Leid, aber … Mein Handy klingelte. »He, Doc, ich parke vor der Tür.« Skinny Slidell. Von allen vierundzwanzig Detectives des Kapitalverbrechen- und Morddezernats der Polizei von Charlotte-Mecklenburg derjenige, den ich am wenigsten mochte. »Bin gleich unten.« Ich hatte mehrere Wochen in Charlotte verbracht, als der Tipp eines Informanten zu der schockierenden Entdeckung in dem Holzofen führte. Die Knochen kamen zu mir. Slidell und sein Partner ermittelten wegen Mordes. Sie hatten den Tatort durchsucht, Zeugen aufgespürt, Aussagen aufgenommen. Alles führte zu Tamela Banks. Ich hängte mir Handtasche und Laptop über die Schulter und ging nach draußen. Unterwegs steckte ich den Kopf in den Autopsiesaal. Larabee schaute von seinem Schussopfer hoch und wedelte warnend mit latexverhülltem Zeigefinger. Ich antwortete mit übertriebenem Augenverdrehen. Das Institut des Mecklenburg County Medical Examiner, kurz MCME, befindet sich an einem Ende eines nichts sagenden, verklinkerten Schuhkartons, der ursprünglich ein Sears-Garten-Center war. Das andere Ende beherbergt ausgelagerte Büros der Polizei von Charlotte-Mecklenburg. Ohne jeden architektonischen Charme bis auf die leicht abgerundeten Ecken, ist das Gebäude von genug Asphalt umgeben, um ganz Rhode Island zu versiegeln. Als ich durch die gläserne Doppeltür trat, sog meine Nase einen Geruchscocktail aus Auspuffgasen, Smog und heißem Asphalt ein. Die Mauern des Gebäudes und die Klinkertreppe, die es mit einem schmalen Ausleger des Parkplatzes verband, strahlten Hitze ab. Hot town. Summer in the City. Auf der Grünfläche auf der anderen Seite der College Street saß eine schwarze Frau an eine Platane gelehnt, die elefantösen Beine weit von sich gestreckt. Sie fächelte sich mit einer...


Reichs, Kathy
Kathy Reichs, geboren in Chicago, lebt in Charlotte und Montreal. Sie ist Professorin für Soziologie und Anthropologie, eine von nur knapp hundert vom American Board of Forensic Anthropology zertifizierte forensischen Anthropolog*innen und war unter anderem für gerichtsmedizinische Institute in Quebec und North Carolina tätig. Ihre Romane erreichen regelmäßig Spitzenplätze auf internationalen und deutschen Bestsellerlisten und wurden in dreißig Sprachen übersetzt. Für den ersten Band ihrer Tempe-Brennan-Reihe wurde sie 1998 mit dem Arthur Ellis Award ausgezeichnet. Die darauf basierende Serie »BONES - Die Knochenjägerin« wurde von Reichs mitkreiert und -produziert.

Berr, Klaus
Klaus Berr, geb. 1957 in Schongau, Studium der Germanistik und Anglistik in München, einjähriger Aufenthalt in Wales als "Assistant Teacher", ist der Übersetzer von u.a. Lawrence Ferlinghetti, Tony Parsons, William Owen Roberts, Will Self.



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