Peter Götz
E-Book, Deutsch, 396 Seiten
ISBN: 978-3-347-90354-8
Verlag: tredition
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Peter Götz, 1972 in Fürth geboren und dort aufgewachsen, ist gelernter Energieanlagenelektroniker. Er arbeitete als Fotomodell, Tänzer, verkaufte Lebensversicherungen und wechselte schließlich in die Immobilienbranche. Heute leitet er eine der erfolgreichsten Grundstücksgesellschaften in Nürnberg, berät in Sachwert-Anlagen und gewinnbringenden Investitionen. ? Der erste Weg zum Erfolg ist, zufällige Begegnungen zuzulassen. Für alle, die große Ziele haben. Denn egal, wo du aufgewachsen bist und welche Schulbildung du hast - du kannst es schaffen ... wenn dir am rechten Ort zur rechten Zeit die 'richtigen' Menschen begegnen, mit Zuversicht und einer Portion Glück! In den nachfolgenden Erzählungen ist mein Leben festgehalten, so wie ich es sehe. Alles entspricht der Wahrheit, und doch wurden aus dramaturgischen Gründen manchmal Szenen rekonstruiert, die so gewesen sein könnten. Das betrifft insbesondere Dialoge, die mir nur sinngemäß in Erinnerung geblieben sind, sowie Begebenheiten, an die ich mich kaum mehr erinnern kann. Die meisten Personen sind durch Namen und andere Merkmale verfremdet, um sie zu schützen. Meine Familie, Freunde und Bekannte sowie die im Buch erscheinenden Personen werden so manche Szene anders erlebt haben. Dieses Risiko muss ich eingehen, wenn ich mein Leben schriftlich festhalten will. Ich möchte nicht anklagen und schon gar nicht 'abrechnen', sondern lediglich meine Lebensgeschichte aus meiner ganz persönlichen Sicht erzählen.
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Jour fixe, was ist das denn? Nun stand eine erneute Veränderung an, was konkret bedeutete, dass wir innerhalb von sechs Monaten zweimal die Firma gewechselt hatten. Aktuell handelte es sich um eine aus zwei Geschäftsführern bestehende Gesellschaft, die ich hier Clausen & Berger GmbH nennen möchte. Eine berufliche Veränderung, die ich mit Blick auf die beiden Chefs noch heute als absolut glückliche Begegnung sehe, auch wenn mich diese viel Lehrgeld gekostet hat. Die Firma konzentrierte sich kaum noch auf Versicherungen, diese schienen mehr ein Abfallprodukt, sondern in erster Linie auf den Verkauf von Immobilien als Kapitalanlage. Für die meisten von uns absolutes Neuland. Und es gab noch einen Haken. Ein junger Mann Anfang zwanzig konnte durchaus kompetent eine Versicherung veräußern, aber nahm man einem so jungen Kerl Erfahrungen in Immobilien ab? Das schien schon deshalb schwierig, weil er sich altersbedingt in einer völlig anderen Einkommensgruppe befand und nur schwerlich an Kunden herankam, die über entsprechende finanzielle Möglichkeiten verfügten. Doch Clausen & Berger würde uns schon das nötige Know-how beibringen. Wirklich? Na ja, ein wenig Skepsis schien angebracht, denn das „Beibringen“ geschah durch … ich sage mal … Stubenseminare. Es wurde vielleicht erklärt, wie sich der Wert einer Immobilie berechnet. Doch so eine richtige Schulung mit Standortanalyse, Wirtschaftsplänen, Marktentwicklung und ich weiß nicht was alles, so etwas gab es nicht. Und wenn, wurden die Provisionen in den Vordergrund gestellt. Wie viel kann ein jeder verdienen? Wie erfolgreich könnt ihr als Vertriebspartner sein? Ganz ehrlich, ich habe mich auch nicht weiter damit beschäftigen wollen. Ich wollte Geschäfte abschließen – und das würde mir schon irgendwie gelingen. Und doch legte die Firma, die strukturiert wirkte und effektiv und erfolgreich geführt wurde, auf Schulungen großen Wert. Schulungen im Sinne von Motivationstrainings, gespickt mit subtilen psychologischen Verhaltensregeln. Denn wer am Markt erfolgreich sein wolle, so die Meinung der Geschäftsleitung, brauche eine positive Einstellung und die Fähigkeit, innere Ressourcen zu aktivieren. Na gut. Damals sprang ich noch auf dieses Aufputschen an, ließ mich von rhetorisch geschickten Coaches beeinflussen, wenn diese vom Abstreifen alter Gewohnheiten sprachen, von Energie und Klarheit, die es zu gewinnen galt. Verschlang all die angesagten Bücher von Dale Carnegie und anderen Rednern. Clausen & Berger schien ganz wild darauf, dass wir uns mit Strategien zur Entfaltung der eigenen Persönlichkeit beschäftigten, zu uns selbst fanden und lernten, unsere Arbeit mit Begeisterung zu erledigen. Und die beiden Gesellschafter bestanden auf Jours fixes, einem für mich neuen Begriff, über den ich erst einmal gedanklich stolperte. Dabei handelt es sich um fest vereinbarte, regelmäßig stattfindende Termine, in denen sich das Team zu Besprechungen zusammenfand, um die aktuelle Lage und anstehende Projekte zu diskutieren. Raimund fuhr sofort darauf ab, aber anders, als es wünschenswert gewesen wäre. Er sah in diesen Jours fixes, um diesen Begriff noch einmal zu verwenden, keineswegs eine Verbesserung der Arbeitsatmosphäre, eine Stärkung des Teamgeistes und eine Möglichkeit zur Vermeidung von Konflikten. Vielmehr schienen sie ihm eine willkommene Plattform, um sich selbst darzustellen. Mit anderen Worten: Sie dienten ihm als Selbstzweck, wie sich bald zeigen sollte. Ich wollte aber nicht gleich meckern, sondern mich überraschen lassen. Und dann der Glücksmoment! Kaiko Clausen, einer der Gesellschafter, fragte Raimund und mich eines Tages, ob wir nicht jeweils ein Büro leiten wollten. In Fürth würde eines frei und die Leitung in Schwabach, unserem Standort, stünde ebenfalls zur Disposition. Hier sah ich meine Chance und entschied mich sofort für Fürth, während Raimund mit Schwabach einverstanden war. Anabell, ein Ex-Partner Raimunds sowie mein gesamtes Team folgten mir nach Fürth. Die Kleeblattstadt erschien mir in dem Moment tatsächlich wie ein Glücksbringer. Endlich würde ich eigenständig arbeiten, meine Ideen einbringen und mich so entfalten können, wie ich glaubte, dass es richtig sei. Die Jours fixes führte ich weiterhin durch, weil sie die Mitarbeiter disziplinierten, morgens pünktlich im Büro zu sein. Ich bereitete mich explizit darauf vor, überlegte mir bestimmte Aktionen und verteilte die daraus resultierenden Aufgaben – auch um die Treffen für die Mitarbeiter spannend zu machen. Das Verhalten Raimunds hatte mich womöglich dazu motiviert, mir besonders viel Mühe zu geben. Seine anfängliche Begeisterung hatte ziemlich schnell nachgelassen und man hatte ihm angesehen, wie wenig Bock er auf diese von der Geschäftsleitung verordneten Treffen hatte. Vor allem, als ihm bewusst geworden war, dass er als Teamleiter ja selbst pünktlich vor Ort sein musste, anstatt morgens erst mal eine Runde Golf zu spielen. Ein wichtiges Thema war nach wie vor: Wie gewinnen wir kapitalkräftige Kunden? Hier half uns eine frei verkäufliche und gerade erschienene CD-ROM für Windows 3.11 und Mac, mit der man durch den Kaufpreis von 49,95 DM in den Besitz von Millionen privater und geschäftlicher Telefon- und Adresseinträge gelangte. Datenschutz war damals durchaus schon ein Thema, aber eher am Rande. Ich recherchierte nach Wohngebieten, wobei mich interessierte, wer vor längerer Zeit gebaut und demnach bereits einen Teil seines Hauses abbezahlt hatte, sodass er in eine Immobilie als Kapitalanlage investieren könnte. Ich gab entsprechende Straßennamen ein und achtete bei der Recherche auf Vornamen, die eine Altersstruktur zwischen fünfunddreißig und fünfzig Jahren zuließen. Diese Adressen druckte ich aus und verteilte sie an meine Leute. Doch halt. Stopp. Einen Moment. Wir brauchten für das, was man im Fachjargon KALTAKQUISE nennt, einen ansprechenden Text, einen konkreten Leitfaden, auf den sich die Telefonisten stützen konnten und der verhinderte, dass der Anrufer bei unverhofften Fragen ins Schleudern geriet. Vor allem sollte derjenige in der Lage sein, unser Angebot in drei Sätzen rüberzubringen. All das musste vorab trainiert werden, was hieß, ich brachte den Leuten zunächst das richtige Terminieren bei. Woher ich wusste, worauf es ankam? Ehrlich gesagt hatte ich keinen blassen Schimmer. Ich kaufte mir ein Fachbuch, las es durch und stellte mich anschließend vor die Gruppe, um zu erzählen, was mir im Gedächtnis geblieben war. Niemand zweifelte an meiner Kompetenz und ich galt offensichtlich als unumstößlicher Profi. Nachdem der Telefonknigge bei allen zu sitzen schien, veranstaltete ich am frühen Abend, wenn die anzusprechenden Familien aller Voraussicht nach zu Hause waren, mit den Mitarbeitern sogenannte Telefonpartys. Heißt, es gab Wodka-Orange, um lockerer zu werden, und ich ging von Zimmer zu Zimmer und schaute, wer telefonierte, aber vor allem, wie er es tat, achtete auf Stimme, Tonfall und Wortwahl. Im Arbeitspapier zu diesem Buch habe ich geschrieben: Ich ging wie ein Feldwebel von Tür zu Tür. Na ja, das klingt mir ein wenig zu streng, auch wenn ich Leistung erwartete, die ich dann auch geliefert erhielt. Obwohl … so einfach lief es anfangs nicht. Ich erinnere mich an eine heikle Situation, denn ich muss gestehen, dass ich niemals Bock hatte, selber zu telefonieren. Kaltakquise war nie mein Ding, und doch musste ich dafür sorgen, dass meine Leute den Text hoch motiviert rüberbrachten – und nicht nur das. Sie sollten eine konkrete Terminabsprache für ein weiterführendes Gespräch treffen. Eines Tages sagte Sami, ein junger Mann aus der Gruppe, entnervt, nachdem ich ihn mehrmals in Verhalten und Sprechweise korrigiert hatte: „Mensch, Peter, das ist ja gut und schön, was Sie mir erzählen und wie ich das alles machen soll. Aber wenn Sie das so gut können, wie Sie sagen, dann rufen Sie doch mal selber an und zeigen mir, wie’s geht. Ich jedenfalls glaube nicht, dass wir so Termine kriegen.“ Puh, was für markige Worte. Mir wurde ziemlich mulmig zumute, zumal die restlichen Leute des Teams aufhorchten und flugs zu uns rüberkamen. Sie umstellten den Schreibtisch und sahen mich erwartungsvoll an, während Sami mir die zu bearbeitende Liste hinschob, mit dem Zeigefinger auf eine markierte Adresse deutend: „Der hier ist der Nächste!“ Mist, dachte ich verzweifelt, jetzt habe ich die Mannschaft darauf getrimmt, die Telefonlisten von oben bis unten durchzuarbeiten, und kann mir jetzt nicht einmal einen vermeintlich vielversprechenden Namen aussuchen. Und überhaupt … was, wenn ich anrufe und zu stottern beginne. Wenn ich mich verhaspele. Und noch schlimmer, wenn ich keinen Termin kriege. Die lachen sich dann doch über mich kaputt: Ach, guck, unser Telefontrainer, der Oberstrukki, der kann es doch selber ned! Schlimme Szenen tauchten in Sekundenschnelle vor meinem geistigen Auge auf. Ich sah mein Team...