E-Book, Deutsch, Band 2, 663 Seiten
Reihe: COLONY WARS TRANTHAL
E-Book, Deutsch, Band 2, 663 Seiten
Reihe: COLONY WARS TRANTHAL
ISBN: 978-3-7565-7334-9
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Stefan Piasecki verfasst spannende und präzise recherchierte Romane. Neben dem Kriegsdrama 'Kleine Frau im Mond', dem Stasi-Spionageroman 'Die Sterne der Welt', dem Medienthriller 'Long Forgotten' und der 'Colony Wars Tranthal'-Serie (als Stefan Boucher) ist mit 'Himmelsleiter - Nardebane Aseman' ein historischer Roman zu den Anfängen der Luftfahrt erhältlich. Als Hochschullehrer lehrt und forscht er über die gesellschaftlichen Auswirkungen technologischer Innovationen und Entwicklungen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
3
Zur selben Zeit im Raumhafen Espe – KLBN-Frachtterminal »Ja, die Pflicht. Irgendwie können wir uns unseren Pflichten doch alle nicht entziehen, oder? Vom kleinsten Arbeiter bis zum Gouverneur. Es gibt eben Arbeit, die getan werden muss, habe ich nicht recht?« Seit sie diesen langen Gang zum großen Frachtterminal des Sternenhafens Espe, nordöstlich der Hauptstadt Hallwa, entlangschritten, ergoss sich unaufhaltsam der Redeschwall des Schichtleiters auf Len Kakaia. Dieser grunzte nur hin und wieder etwas, das sowohl als Zustimmung wie auch als Ablehnung interpretiert werden konnte. Len hatte keine Lust zu reden. Ihm war warm, der Geruch von Reinigungsmitteln stach ihm in die Nase und er war müde. Eben setzte der Schichtleiter zu einer weiteren philosophischen Betrachtung an, als Len innehielt und ihn eindringlich ansah. »Ihre Kenntnisse in Ehren, aber ich muss jetzt wirklich mal nachdenken.« Die Miene des Arbeiters verzog sich unwillig, doch er schwieg. Er musterte Len Kakaia in dessen Uniform eines Majors der kolonialen Miliz. Ihm war unwohl in der Begleitung des jungen Polizisten. Er wollte nicht auffallen. Begleitet nur vom Hall ihrer Schritte auf dem sauberen Kunststoffboden, gingen sie weiter. Rechter Hand tat sich eine kleine Nische auf, in der regungslos einer der Reinigungsroboter stand. Zu seinen mechanischen Füßen kniete ein Techniker und hantierte hinter der geöffneten Frontklappe mit verschiedenfarbigen Kabelsträngen und Platinen. Mühsam drehte er den Oberkörper und musterte Len. »Oh, Besuch!«, kam es unfreundlich von unten. »Hast du Beris gesehen?«, fragte der Vorarbeiter. »Der verdammte Kerl hat sich wieder nicht abgemeldet. Langsam reicht es mir. Der kann doch nicht einfach abhauen.« »Wieso? Er hat wahrscheinlich seine Arbeit gemacht und ist jetzt nach Hause zu seiner Errungenschaft, wie er sich immer ausdrückt. Diese Errungenschaft möchte ich wirklich mal kennenlernen.« Er lachte schmutzig und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. Die beiden gingen weiter. »Dieser Beris … Wenn ich anfange, von dem zu erzählen, höre ich nicht mehr auf und …« »Ach und he!«, rief der Techniker ihnen hinterher. »Bei der Gelegenheit können Sie auch gleich weitergeben, dass wir hier bald anbauen müssen, nachdem die Lieferungen wieder zugenommen haben.« Len sah den Schichtleiter an. »Meint der mich?« Und etwas lauter in Richtung des Technikers: »Ich bin von der Miliz, nicht vom Gouverneursrat. Wenn Sie was wollen, müssen Sie mit denen reden!« »Und beeil dich gefälligst!«, rief der Vorarbeiter hinterher. »Wenn die Leuchten erst mal aus sind, kannst du den Weg zurück kriechen. Ich schalte ab, wenn wir hier raus sind.« Wieder an Len gerichtet, fuhr er fort: »So ist das eben hier. Sobald die letzten Frachter drin sind, knipst uns die Energiebehörde das Licht aus. Sparen, sparen, sparen. Wie soll das nur weitergehen?« »Ich weiß«, sagte Len ruhig. »Ist ein Wunder, dass die Dinger überhaupt noch fliegen.« Endlich zog der Schichtleiter es anscheinend vor, wirklich den Mund zu halten. Leider hielt er es nicht lange aus. »Lange geht das sowieso nicht mehr. Letzten Monat wurde wieder einer ausgemustert. Jetzt sind nur noch zwei im Einsatz.« »Zwei?« Len war überrascht. »Ich habe erst neulich von fünf aktiven Transportern gehört.« »Klar, die bleiben ja auch öffentlichkeitswirksam stehen. Aber sie dienen nur noch als Teileträger.« Len schüttelte den Kopf. Früher sind es einmal regelmäßige Verbindungen mit Dutzenden Raumschiffen gewesen, die zwischen Espe und Mond acht pendelten. »Der Werksschutz wurde verstärkt, es dauert jetzt doppelt so lange, um rein- und wieder rauszukommen.« Lens Aufmerksamkeit wurde wieder auf seine Aufgabe gelenkt. »Ist das ein Problem?«, fragte er. »Gibt es dafür einen konkreten Anlass?« Er wusste genau, dass die Unruhe in der Gesellschaft zunahm und dass es seit einigen Monaten zu subversiven Aktionen kam. Propaganda war das kleinste Problem. Schwieriger waren Sachbeschädigungen mit politischem Hintergrund, Diebstähle von Technologie und sogar kleinere Anschläge ohne größeren Schaden. Aber man musste das ernst nehmen. Ihn interessierte, was der Vorarbeiter davon wohl wusste. »Nö, mir sagt man nichts«, antwortete der diplomatisch und Len ließ es dabei bewenden. Nach einigen Metern gelangten sie an eine Tür, deren Umrisse den Maßen der Laderoboter entsprachen und eine Ahnung weckten, für wen hier eigentlich gebaut worden war. »Dann sind wir wohl da«, sagte Len aus einer Art Schuldgefühl heraus, noch etwas sagen zu sollen, obwohl er genau wusste, dass sie am Ziel waren. Er wollte den Schichtleiter nicht wirklich brüskieren. Der Mann nahm zwei verschiedene Codekarten und schob sie nacheinander in den kleinen Schlitz dicht neben der Tür. Ein leises Knacken ließ erkennen, dass sie nun entriegelt war. Len streckte die Hand aus, um sie zu öffnen, doch er merkte, dass der Mann neben ihm noch irgendetwas sagen wollte. Er seufzte innerlich. »Was ist denn noch? Sie sagten selbst, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.« »Na ja«, druckste der dickliche Mann herum. »Ich würde nur gerne wissen, ob wirklich so viel verschwindet und so.« Len zog die Augenbrauen hoch. »Sagt man das?« »Sagt man!«, bekräftigte der Schichtleiter und nickte heftig. »Und wer sagt das?« »Die Kollegen sagen das und einige andere Leute. Die Sache mit dem Tribitium, Sie wissen schon. Es wäre ein Skandal und ohne Tribitium gäbe es keine Energie und nun fördern wir das Zeug schon wieder von Mond acht und trotzdem verschwindet immer mehr …« Aufgrund der desolaten Situation nach dem letzten Krieg mit den Dar’y war begonnen worden, die längst außer Dienst gestellten Abbauanlagen auf Mond acht wieder zu nutzen. Len und seine Freunde Brit Darburg und Dars Poole waren direkt von der Militärakademie in diesen Krieg eingezogen worden, den sie glücklicherweise überlebt hatten. Mit Brit hatte er noch Kontakt, hin und wieder. Dars war verschwunden und niemand wusste, ob er noch lebte. Kurz vor Kriegsende hatte er ihn noch einmal gesehen, ein Zufall nur. Seitdem – nichts. Len war in die Miliz eingetreten und konnte aufgrund seiner militärischen Verdienste dort schnell bis zum Major aufsteigen. Eine schöne Karriere, aber auch nicht ungewöhnlich. Militärangehörige wurden noch immer bevorzugt. Die Energieausbeute auf Mond acht war nicht groß, aber man benötigte dringend jedes noch so kleine Vorkommen. Transportiert wurde mangels Ersatz mit uralten Raumfrachtern. Die Effizienz war in Ordnung – man gewann mehr Energie, als man aufwenden musste, aber die Operation war weit davon entfernt, so erfolgreich zu sein wie noch vor zwei Jahrzehnten, als man mit der Raffinierung und Lagerung kaum nachkam. Len musste zusehen, dass er den Mann wieder zum Schweigen brachte. »Ich nehme an, der Grund für Ihre Sorge ist Ihre Verantwortlichkeit in diesem Frachtterminal hier«, sagte er. »Es stimmt: Tonnenweise verschwindet Tribitium, aber niemand weiß, wo. Die besten Gelegenheiten dafür wären entweder direkt von Mond acht aus – was doch wohl eher unwahrscheinlich ist – oder aus diesem Frachtterminal hier.« Unwillkürlich zuckte der Schichtleiter zusammen. Die nach dem Krieg wieder aufgenommenen Raumfrachttransporte waren so eingeschränkt und waren von solch veralteter Technologie abhängig, dass es ein Wunder war, dass es überhaupt klappte. Wer sollte da oben wohl sonst landen? Die reine Energienot nach dem Krieg hatte die Kolonie dazu gezwungen und nun warteten auch die Dar’y noch immer auf die ihnen zugesagten Rationen. »Aber um Sie zu beruhigen«, fuhr Len fort, »bis jetzt habe ich nicht den kleinsten Anhaltspunkt dafür entdecken können, dass hier etwas fehlt. Vielleicht verschwindet es auch während des Fluges. Oder meinen Sie, es passiert doch zwischen hier und Dar’y-Jash?« Er bewegte seinen Kopf näher zu dem des Mannes und riss langsam die Augen auf. Unbewusst machte der es ihm nach, wich dabei aber erschrocken etwas zurück. »Ich habe jedenfalls nichts damit zu tun«, keuchte der leise und ernst. Die Dar’y hatten wiederholt und zuletzt auch öffentlich fehlende Liefermengen angemahnt und das hatte zu großem Aufruhr geführt. Len konnte ein Lachen nicht mehr unterdrücken. »Das glaube ich Ihnen. Dazu wären Sie gar nicht fähig.« Die Augen des Schichtleiters verengten sich und sein Gesicht bot ein Spektrum von Gefühlen, das von Erleichterung bis zu Zorn über die vermeintliche Beleidigung führte. Wenn diese hohen Tiere nur nicht immer in Rätseln sprächen! »Ja, dann viel Erfolg, und ich gehe dann jetzt«, sagte er beleidigt. »Danke«, erwiderte Len. Und nach einer Pause: »Aber dann gehen Sie auch wirklich.« ...