Petzel | Was soll der Unsinn? | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 508 Seiten

Petzel Was soll der Unsinn?

E-Book, Deutsch, 508 Seiten

ISBN: 978-3-7562-6146-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Diese Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen aus den Jahren 1977-2020 beschäftigt sich mit E.T.A. Hoffmann und seinen künstlerischen Zeitgenossen sowie mit bildenden Künstlern, die Hoffmanns Werke illustriert haben. Es folgen Beiträge über Friedrich Schillers Beziehung zur Französischen Revolution und über das weite Feld Theodor Fontanes. Eine literaturkritische Auseinandersetzung mit prägenden Autoren aus der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, Arno Schmidt, Günter Grass und Franz Fühmann, runden diesen Sammelband ab.

Jörg Petzel, geboren 1953 in Wittenberge/Elbe. 1982-1988 Studium der Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaften in Bamberg. 1989-2007 Mitherausgeber der maßgeblichen Ausgabe der sämtlichen Werke von E.T.A. Hoffmann im Deutschen Klassiker Verlag Seit 2006 Vize-Präsident der E.T.A. Hoffmann-Gesellschaft e.V. Danach Tätigkeit als freier Autor und Literaturwissenschaftler.
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HOFFMANN UND LANGBEIN Die Anregung zu diesem Beitrag gab Arno Schmidt1. In „Zettels Traum“ (Zettel 1082) verweist er die „Hoffmann-Spezialisten“ auf August Friedrich Ernst Langbeins Roman „Der Bräutigam ohne Braut“ (1810). Dieses Werk, meint Schmidt, weise deutliche Parallelen zu „Klein Zaches“ auf. Hoffmanns Werk erschien bekanntlich 1819. Schmidts provokante Frage lautet, leicht abgeändert: „Wer hat da wohl von wem ...?“ Hoffmann selbst hat sich im Vorwort zur „Prinzessin Brambilla“ ironisch über die Quellenforschung zu „Klein Zaches“ mokiert2, und C. G. v. Maassen schreibt in der Einleitung zu „Klein Zaches“: Auch literarischen Reminiszenzen glaubt man hie und da zu begegnen, und diese nachzuweisen, bildet einen besonderen Reiz für den Forscher, nur darf sich dieser nicht dazu hinreißen lassen, derartigen Entdeckungen, die oft recht zweifelhafter Natur sind, einen übertrieben großen Wert beimessen zu wollen; da allein, wo sogenannte Anlehnungen oder auch Zitate einwandfrei oder wenigstens mit größter Wahrscheinlichkeit auf ihre Quelle zurückgeführt werden können, gewinnen die Resultate einige Bedeutung, insofern als sie einen Einblick in die Geisteswerkstatt des Dichters geben, nicht aber, um an den Dichtungen, wenn auch noch so leisen, unangebrachten pedantischen Tadel oder lächerliche Kritik zu üben.3 Trotz dieser Mahnung Maassens bin ich der Meinung: Hoffmanns Arbeitsmethoden sind vom größten Interesse, und durch Aufdeckung erkennbarer Quellen, die Hoffmann in seinen Werken verarbeitete, werden seine Entlehnungsmethoden deutlicher bzw. durchsichtiger. Hoffmanns künstlerische Leistung wird dadurch in keiner Weise gemindert. Folgender Hinweis, freundlich und bereitwilligst erteilt von Friedrich Schnapp, stützt die These, wonach Hoffmann Langbeins Roman gekannt hat: Langbeins „Bräutigam ohne Braut“ ist im Katalog des Kunz‘schen Lese-Instituts (Bamberg, den 1. Januar 1813) unter Nr. 2939 verzeichnet in der nicht weniger als 1633 Bände umfassenden Abteilung „Romane und damit nah verwandte Schriften“. Kunz hat den „Bräutigam ohne Braut“ wohl gleich nach Erscheinen angeschafft, und das Buch dürfte Hoffmann zwischen 1810 und 1813 zu Gesicht gekommen sein. Bekanntlich hat Hoffmann sich wiederholt Bücher aus der Kunz‘schen Bibliothek entliehen, auch schon vor der Eröffnung des Lese-Instituts, z. T. nur aus Unterhaltungsbedürfnis. Selbst wenn Hoffmann Langbeins Roman nur flüchtig gelesen hat, können ihm Stellen daraus im Gedächtnis haftengeblieben sein. Maassen weist in seiner Einleitung darauf hin, daß die Titelfigur des „Klein Zaches“ auf eine persönliche Begegnung Hoffmanns zurückzuführen sei: Er soll den Sohn der Dichterin v. Heydebreck, der verkrüppelt war, im Tiergarten reiten gesehen haben. Dies konnte Friedrich Schnapp jedoch durch den Hinweis auf eine Bemerkung des Kammergerichtsrats Carl Adolph Wilke zu einer Federzeichnung Hoffmanns widerlegen4, in der der Student Friederici als Vorbild namhaft gemacht wird. August Friedrich Ernst Langbein wurde am 6. 9. 1757 in Radeburg bei Dresden als Sohn eines Amtmannes geboren. Zunächst besuchte er die Fürstenschule in Meißen. 1777-1780 studierte er Jura in Leipzig. Seine Mitarbeit an Bürgers Musenalmanach brachte ihm hohes Ansehen, so daß sogar Schiller seine Arbeiten gern druckte. 1781 war er Vizeaktuar in Großenhain, 1785 ging er als Advokat nach Dresden. Dort arbeitete er 1786-1800 als Kanzlist beim Geh. Archiv. 1800 übersiedelte er nach Berlin, wo er seit 1820 das Amt eines Zensors im Fach der schönen Wissenschaften ausübte. Dabei ging er in seinem Eifer so weit, daß er sogar einige seiner eigenen Schriften nicht verschonte und aus den Katalogen strich. Er besaß keine dichterische Originalität. Wohl kann man ihm ein bescheidenes komisches Talent und ein Geschick, leichtfüßige Verse zu schmieden, zugestehen. Wegen seiner mangelnden Erfindungsgabe wertete er meist alte literarische Quellen aus, besonders italienische Novellen und französische Fabliaux. Seine zweibändigen „Schwänke“ (1792), die oft den Ehebruch zum Thema haben, erfüllten ein offensichtliches literarisches Bedürfnis. Ihrer knappen Formulierung wegen zählen sie zu seinen wertvolleren Arbeiten, während seine zahlreichen Gedichtsammlungen weder von der Kritik noch von den Buchkäufern sonderlich gewürdigt wurden. Nur seine humoristischen Verse, die noch 1872 in einer Neuausgabe erscheinen konnten, erregten das Interesse der Leser wie auch seine Kriminalgeschichten, die er aus reiner Sensationslust schrieb und die er in den dritten Band seiner „Feierabende“ (1793-98) aufnahm. Seine komischen Romane und Erzählungen wie „Thomas Kellerwurm“ (1806) oder „Magister Zimpels Brautfahrt“ (1820), denen ein Zug ins Frivole anhaftet und die sich durch eine anspruchslose, aber gefällige Darstellung auszeichnen, waren eine ungemein beliebte Lektüre. Noch 1845 konnten Langbeins „Prosaische Schriften“ in 16 Bänden erscheinen. Sie sind durch eine arge Verspießerung des Lebens gekennzeichnet. Immerhin verstand Langbein es ausgezeichnet, seine künstlerischen Mängel geschickt zu verbergen. Seine Leser, die sich bei ihm angenehm unterhalten fühlten, sahen gern über alle formalen Schwächen ihres Lieblingsautors hinweg, der sich auch politisch so anzupassen verstand, daß ihm der preußische König eine Pension von 300 Talern gewährte. Langbein gelangte über die niedrige Sphäre der Komik freilich nie hinaus, doch verfügte er über genügend Mutterwitz, um einige Effekte durch seine Situationskomik zu erzielen. Komische Charaktere konnte er nicht überzeugend entwickeln. Selbst bei der Umformung literarischer Vorlagen zeigte sich sein Mangel an Esprit. Selten erreichte er das geistige Format seiner Vorbilder. Das deutsche Lesepublikum gab sich jedoch auch mit dem zweiten Aufguß zufrieden und bekannte sich auch noch nach Langbeins Tod (2. 2. 1835 Berlin) zu ihm. Bei dem Mangel an humoristischen Autoren in Deutschland konnte das kaum verwundern.5 Hans von Müller schreibt über Langbein: „Dieser gute alte Herr lebte seit 1800 als Schriftsteller in Berlin. Gubitz (der ihn in den „Erlebnissen I“ 187/94 hübsch schildert) lernte ihn bei Kra1owsky kennen; vielleicht kannte auch Hoffmann ihn von dort her.6 Die Lektüre von „Bräutigam ohne Braut“ ist durchaus amüsant; das Buch enthält ironische, oft sogar satirische Zeitkritik-Elemente, doch sind die trivialen Züge nicht zu übersehen. In unserem Zusammenhang interessiert nicht die Haupthandlung des Romans, sondern die Rahmenerzählung „Leben, Thaten und Widerwärtigkeiten eines kleinen Gerngroß (13. Kapitel, S. 202209, auch S. 212). Bei diesem Gerngroß handelt es sich um den Zwerg Zachäus Trill (!).7 Hier nun der Textvergleich: LANGBEIN: (11. Kapitel, Seite. 195) Junker Ortlieb (der, beiläufig gesagt, allein Hahn im Korbe blieb und keine jüngern Geschwister hatte) ging eines Tages, als er ungefähr achtzehn Jahre alt war, mit seinem Vater und seinem Hofmeister spazieren. Das geschah in der Nähe des Schlosses sehr oft, doch dießmal wagte sich das vorsichtige Kleeblatt fast bis an die Landstraße, die eine halbe Stunde weit entfernt war und eben jetzt von einem seltsamen Fuhrwerke befahren wurde. Es war ein kleiner, mit zwei Eseln bespannter Wagen, auf welchem ein hoher, buntgemalter Kasten stand, der zweien Affen, die oben auf der Decke saßen, zum Belvedere diente. Ein Wagenlenker in ausländischer Tracht ging nebenher, und knallte mit seiner Peitsche den säumigen Grauen immer vor den Ohren herum. Ortlieb, ein schärferer Seher als seine Begleiter, entdeckte die ungewöhnliche Erscheinung zuerst, schrie vor Verwunderung laut auf, und lief so schnell, als er kaum in seinem ganzen Leben gelaufen war, drauf zu. »Lieber Sohn! bester Junker! sachte sachte,« riefen Vater und Mentor zugleich, aber er ließ sich, von Neugier fortgerissen, nicht halten. »Himmel! es kann ihm ein Unglück begegnen! « sagte Herr von Runenstein, und begann mit dem Hofmeister einen Wettlauf, um den tollkühnen Springinsfeld vor Unfällen zu bewahren. Aber bevor sie ihn erreichten, stand er schon am Wagen und erhob ein Zetergeschrei, weil ihm einer der Affen den Hut vom Kopfe riß und der andere die Haare zerzaus‘te. Vater Runenstein, der diese Feindseligkeiten in einer Entfernung von hundert Schritten sah, schrie noch gräßlicher als Ortlieb, und stürzte über Stock und Stein ihm zur Hülfe. Doch schon vor seiner Ankunft vermittelte des Eselstreibers Peitsche den Frieden. Atemlos schloß Arbogast den geliebten Sohn in die Arme und fragte ängstlich, ob er verwundet sey. Ortlieb antwortete mit einem tröstlichen Nein; dennoch setzte Jener den Fremdling hitzig zur Rede: wie er sich unterfangen könne, mit so gefährlichen Tieren die Landstraße unsicher zu...


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