Pausch / Siedau | Todesbeichten: Provinzkrimi Österreich | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 198 Seiten

Pausch / Siedau Todesbeichten: Provinzkrimi Österreich

E-Book, Deutsch, 198 Seiten

ISBN: 978-3-902784-95-7
Verlag: Federfrei Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In der 2000-Seelen-Gemeinde Hinterstein hat sich ein Aufsehen erregendes Verbrechen ereignet. Der ortsbekannte Pfarrerskoch Matthias ist verschwunden. Kommissar Fink aus Salzburg, hegt anfangs große Zweifel an der Theorie eines Verbrechens. Denn ohne Leiche kann er nicht ermitteln. Nach einiger Zeit aber verdichten sich die Hinweise auf einen Mord und eines Tages findet tatsächlich der ortsbekannte Senn einen mausetoten Matthias - ermordet mit einem hartgesottenen Osterei und aufgebahrt wie in einem Osternest.
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Kapitel 2
In einem kleinen Ort zu verschwinden, ist nicht einfach. Wenn dann doch jemand verschwindet, ist das durchaus etwas Besonderes. Vor allen Dingen viel besonderer als der kleine Ort selber. Denn so kleine Orte wie Hinterstein gibt es wie Sand am Meer. Obwohl der Vergleich hinkt. Stellt man sich vor, jedes Sandkorn am Meer stünde für eine Ortschaft, Hinterstein wäre sicherlich nur mit einem halben Bröserl vertreten. So ein unscheinbarer Ort war Hinterstein. Hätte es nicht eine Tafel am Ortsanfang und -ende gegeben, man wäre glatt hindurchgefahren, ohne von diesem Dorf großartig Notiz zu nehmen. Aber das Wort »großartig« sollte im Zusammenhang mit Hinterstein nicht in einem Satz erwähnt werden, denn es trägt viel zu dick auf. Mit den umliegenden, eingemeindeten Bauern kam man auf 1980 Bewohner. Diese Zahl war eine schreckliche Blamage für den ortsbekannten Bürgermeister. Er machte es sich jeden Tag zum Vorwurf, dass der Ort die 2000er-Grenze nie erreicht hatte. Diese 20 »Hanseln«, wie er sie liebevoll nannte, nicht aufgetrieben zu haben, vermieste ihm regelmäßig die Stimmung. Seine Sekretärin sah das ganz anders. Sie ermunterte ihren Chef mit den Worten: »Samma froh, bittschön, dass wir nit noch 20 weniger sand.« Das hatte durchaus etwas für sich, besonders in Anbetracht der niedrigen Geburtenraten in ganz Europa. Es brachte den Bürgermeister aber trotzdem nicht dazu, erhobenen Hauptes durch sein stagnierendes Hinterstein zu flanieren. Ihm schien es bei seinen Rundgängen so, als würde der Ort langsam, aber sicher das Leben aushauchen. Die dörfliche Dynamik, die er aus seiner Kindheit kannte, war verschwunden. Die Geschäftslokale waren weniger geworden. Die Schülerzahlen verringerten sich. Sogar den Gendarmerieposten hatte man zugesperrt, als man damals die Gendarmerie abgeschafft und alles der Polizei einverleibt hatte. Nur das Haus samt Schild »Gendarmerie« gab es noch. Und den alten Streifenwagen. Dem Innenministerium war es kein dringliches Anliegen gewesen, ihn zurückzunehmen und umzurüsten. So vegetierte der alte »Weiße« mit den roten Streifen in der Kurzparkzone vor dem Stiegenaufgang zum Posten dahin. Das tat dem Bürgermeister im Herzen weh. Manchmal spielte ihm seine Fantasie einen Streich, und er dachte: »Vielleicht braucht ihn ja irgendwann mal ein Regisseur für einen Film, der in Hinterstein gedreht wird.« Aber in Hinterstein wurde freilich kein Film gedreht, denn die großen Filmemacher hatten andere Pläne und unser Bürgermeister, der ein fanatischer Kinofan war, spürte, dass ihm diese Hoffnung nicht in Erfüllung gehen würde. Außer – ja, außer es gäbe irgendwann mal ein wirklich spektakuläres Ereignis in seinem Dörfchen inklusive medialer Aufmerksamkeit. Dann war alles möglich. Bis dahin aber war kein großer Optimismus angesagt. Und so stand das alte Gendarmerieauto eben weiterhin in der Kurzparkzone, was übrigens niemand störte. Wer sollte schon einen Dienstwagen der Gendarmerie strafen? Tja, wer exekutierte überhaupt etwas in Hinterstein? Die Kurzparkzone war schon lang zu einer »Langparkzone« geworden. Dabei wäre gerade in Hinterstein das Wort Kurzparkzone zutreffend gewesen, denn sie umfasste nur ca. zehn Stellplätze. Dauerparker gab es hier außer dem Gendarmeriewagen auch nicht. Zumindest auswärtige Kfz und deren Besitzer verweilten für gewöhnlich nicht dauerhaft in diesem Ort. Auch dieses Faktum war für den Bürgermeister nicht sehr ermutigend. Der Einzige, den der ausrangierte Dienstwagen ein wenig störte, das war der Postler. Er bildete sich ein, das alte Fahrzeug würde dem Postamt, welches sich gleich neben dem Posten auf derselben Seite des Dorfplatzes befand, Kundenparkplätze wegnehmen und deshalb wäre das Amt so wenig frequentiert. Den Ausdruck »frequentiert« hatte er einmal im Fernsehen gehört, und seitdem benutzte er ihn am Tag mindestens vier bis fünf Mal. Zumindest jedes Mal, wenn ihn jemand auf die Lage am Postamt ansprach und obwohl er insgesamt eher schweigsam war. Insgeheim hoffte er sogar darauf, etwas aus seiner vermeintlichen Wortgewandtheit machen zu können. Er war nämlich auch ein bisschen träumerisch veranlagt. Deshalb spekulierte er, ähnlich wie der Bürgermeister, damit, dass irgendwann in Hinterstein ein Film gedreht und er, wenn auch nur als Nebendarsteller, entdeckt würde. Es war nämlich ein Charakteristikum vieler Hintersteiner, dass sie einem großen Traum nachhingen, zu dessen Verwirklichung sie aber keinen Deut beitrugen. Sie träumten einfach ein wenig und dachten gleichzeitig, dass sich ohnehin nichts ändern würde. Nun, jedenfalls veranlasste das Ortsbild samt altem Gendarmeriewagen den Bürgermeister und den Postler unabhängig voneinander dazu, sich Drehbücher auszudenken, die sie niemals niederschrieben, sondern lediglich in ihren Köpfen mit sich herumtrugen. Für den Postmann war das Auto aus den oben genannten Frequenzgründen aber auch ein Ärgernis. Musste er ihn doch unentwegt ansehen, diesen alten Kübel, wenn er aus dem Fenster starrte, weil nichts los war. Einmal war er sogar schon kurz davor gewesen, ihn abschleppen zu lassen. Doch er fürchtete, dass dann der ehemalige Postenkommandant im Ruhestand mit einer Ankettungsaktion gedroht hätte, und so viel Aufhebens wollte er als Briefträger dann doch nicht verantworten. Denn schließlich war er ja ein einfacher Mann, auch wenn er von Filmrollen träumte und auch wenn er von den meisten Hausfrauen, die er auf der täglichen Runde durch den Ort traf, regen Zuspruch bekam. Unser Postler fand überhaupt Anklang bei den Frauen, zumindest bei den 40- bis 60-jährigen. Diese beglückte der Hintersteiner »Postillon d´ Amour« manchmal sogar als Aushilfsliebhaber, wenn der Gatte als Fernfahrer oder Untertagebauarbeiter während der Woche nicht zu Hause war. Und so war es nicht verwunderlich, dass gerade diese Hausfrauen lautstark in das Horn des Postfuxes bliesen. Aber das tut hier nichts zur Sache. Ach ja, Fux hieß der Herr mit dem gelben Dienstrad. Seinen kleinen Kastenwagen hatte man ihm vor zwei Jahren aus dem Etat gestrichen, daher kam wohl auch der Argwohn gegen das motorisierte Polizeivehikel. Andererseits war die autofreie Mobilität gar nicht so schlecht, zumal er gerne mal ein Schnapserl zu sich nahm und dann ohnehin nur mehr mit dem Dienstrad fahren konnte. »Franz Fux, Briefträger« stand auf einem alten, vergilbten Messingschild, welches er an seinem verwaschenen, hellblauen Hemd mit Emblem trug. Als in den 1990er Jahren der gleichnamige Briefbombenbauer im Zuge von Ermittlungen verhaftet worden war, dachten einige Hintersteiner wirklich, ihr Postbeamter wäre »hops« gegangen. Als Postbeamter wäre man da natürlich an der Quelle gesessen. Und einen etwas schrulligen Eindruck machte der trotz Dienstjahren niemals zum Postmeister beförderte Fux zugegebenermaßen auch. Zumindest nach außen hin. Innerlich sah er sich eher dem Post-Fuchs zugetan als dem Antisemitismus. Und er hatte natürlich nichts mit dem Briefbomber zu tun. So präsentierte sich also der Hinterstein´sche Dorfplatz einem ankommenden Besucher: mit der Post, dem aufgelassenen Posten daneben und dem Gemeindeamt samt niedergeschmettertem Bürgermeister gegenüber. Am Eck hätte es noch einen kleinen Greißler gegeben, hätte dieser nicht auch schon seit einem halben Jahr für immer seinen Rolladen unten gelassen. Seitdem bezogen die Hintersteiner ihre Lebensmittel aus der Bezirkshauptstadt. Oder vom fahrenden Tiefkühlhändler, der von den Hausfrauen auch liebevoll »Po-Frost« genannt wurde. Zu guter Letzt gab es dann noch, wie sollte es in einem Ort wie Hinterstein auch anders sein, eine bodenständige Gastwirtschaft. Tiefsinnigerweise hieß das Wirtshaus in Hinterstein »Zum Hinteren Stein«. Natürlich assoziierbare Vergleiche mit den Gourmet-Restaurants »Zum Goldenen Hirsch« oder »Zur Blauen Gans« wären aber an dieser Stelle aus Qualitätsgründen unangebracht, obwohl der Wirt das anders sah. Er, der von den Einheimischen liebevoll »Wamperter« genannt wurde, war überzeugt von einem Komplott gegen ihn, da man ihn nicht im Gault Millau angeführt hatte. Denn so wie der Bürgermeister und der Postler vom Kinoruhm träumten, schwelgte der Wirt hin und wieder in Nobelrestaurant-Phantasien, die aber – man muss es wohl nicht extra erwähnen – nur einer maßlosen Selbstüberschätzung entsprangen. Stirnseitig vom Marktplatz thronte an der vierten Seite, im Gegensatz zu den anderen, eher heruntergekommenen Häusern, ein mächtiger, vierkantiger Pfarrhof mit angeschlossenem Friedhof, in dessen Mitte sich eine eigentlich für die Dimension des Pfarrhofs zu kleine Kirche befand. Allein die Größenverhältnisse am Platz deuteten schon darauf hin, dass hier seit jeher die klerikalen Vertreter das Sagen gehabt haben mussten. Und tatsächlich war auch jetzt noch der Fried- und Pfarrhof in Hinterstein jener Ort, an dem sich das Leben und der Tod in gesunder Fluktuation abspielten. Aber offenbar hatte in Hinterstein nicht nur der Friedhof Leichen im Keller, denn auch der Pfarrhof barg ein dunkles Geheimnis. ...


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