E-Book, Deutsch, Band 4, 320 Seiten
Reihe: Mamma Carlotta
Pauly Flammen im Sand
12001. Auflage 2012
ISBN: 978-3-492-95691-8
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Sylt-Krimi
E-Book, Deutsch, Band 4, 320 Seiten
Reihe: Mamma Carlotta
ISBN: 978-3-492-95691-8
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als bei Bauarbeiten auf Sylt ein Skelett gefunden wird, tappt Hauptkommissar Erik Wolf im Dunkeln: Wer ist die Tote, die vor fünf Jahren ermordet wurde? Seine umtriebige italienische Schwiegermutter hat schnell einen Verdacht, wer das Mordopfer sein könnte, doch gründet ihre Vermutung weniger auf Beweisen, sondern mehr auf ihrer Intuition. Dann, einen Tag vor dem traditionellen Biikebrennen, verschwindet erneut eine Frau. Mamma Carlotta ist entsetzt, denn sie kennt die Vermisste gut. Während des großen Volksfests macht sie dann einen schrecklichen Fund…
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Sören war schlecht gelaunt. »Warum haben Sie es so eilig? Nach fünf Jahren kommt es doch auf eine Stunde auch nicht mehr an. Wenigstens die Lasagne hätten wir noch essen können.« »Die Befragung wird vermutlich nicht lange dauern«, entgegnete Erik. »Dann werde ich meine Schwiegermutter bitten, Ihnen den Rest aufzuwärmen, ehe Sie nach Hause fahren.« »Rest?«, maulte Sören. »Wo Dr. Hillmot am Tisch sitzt, gibt es keine Reste.« Als sie das Ortsschild passierten, schien Sören sich damit abgefunden zu haben, dass seine Portion von Dr. Hillmot vertilgt werden würde. Er wandte sich nun endlich dem Fall zu, statt dem Abendessen hinterherzujammern. »Zuzutrauen wäre es Jannes Pedersen schon«, sagte er. »Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung, mehrere Körperverletzungen, einmal sogar gefährliche. Seiner Akte kann man entnehmen, dass er ein brutaler, rücksichtsloser Kerl ist. Was er haben will, holt er sich. Notfalls eben mit Gewalt. Wer ihm in die Quere kommt, kriegt einen drüber, und wer sich mit ihm anlegt, erst recht.« »Und wer sich von ihm trennen will, wird umgebracht?«, versuchte Erik zu provozieren. »Warum nicht?«, fragte Sören zurück. »Wenn Gefühle im Spiel sind, werden Gewalttäter noch gewalttätiger.« Erik schwieg, bis er seinen Wagen vor dem Geschäftshaus in der Steinmannstraße zum Stehen brachte. »Aber wie sollen wir das beweisen?«, fragte er schließlich. »Nach fünf Jahren?« Sören wollte von seiner Mutlosigkeit nicht angesteckt werden. Er stieg aus und sah sich angriffslustig um. Der Verkaufsraum des Modeateliers war in das dämmrige Licht der Nachtbeleuchtung getaucht, die mit dem Verschließen der Ladentür eingeschaltet wurde, und auf der anderen Seite des Hauses, im Fahrradladen, sah es nicht anders aus. Im Februar waren kurz vor acht die meisten Ladentüren verschlossen. Erik und Sören traten auf die Haustür zu, die in die Privaträume von Jannes Pedersen führte. Ein Namensschild gab es nicht neben der Klingel, anscheinend war das nicht nötig. Dass hier Jannes Pedersen wohnte, wusste jeder, und auf Yvonne Perrette und Geraldine Bertrand kam es anscheinend nicht an. Erik drückte auf den unteren der beiden Klingelknöpfe, aber nichts geschah. Hinter den Fenstern, die zur Straße gingen, blieb es dunkel. Er machte einen Schritt zurück und blickte in die erste Etage hoch. Dort war ein schwaches Licht zu sehen, und er meinte sogar, eine Bewegung hinter der Gardine auszumachen. Entschlossen drückte er auf den oberen Klingelknopf, und tatsächlich surrte kurz darauf der Türöffner. Sie traten ein und standen in einem Flur, an dessen Ende sich eine geschlossene Wohnungstür befand. Eine Treppe führte in die erste Etage. Die Beleuchtung flammte auf, und die Tür oben öffnete sich. »Ja, bitte?« Erik starrte mit leicht geöffnetem Mund auf die schlanken Beine, die auf der obersten Treppenstufe standen, auf den kurzen Rock, der knapp über den Knien endete, und dann in das hübsche, runde Gesicht, das sich ihm entgegenbeugte. »Wollen Sie zu mir?« Sören hatte vergeblich auf eine Reaktion seines Chefs gewartet, deshalb war er es, der antwortete: »Kriminalpolizei! Wir möchten zu Herrn Pedersen.« Wie immer und überall tat auch hier das Wort Kriminalpolizei seine Wirkung. Eilig kam die Frau die Treppe herunter. Als sie vor Erik stand, war sie noch attraktiver, und ihre großen Augen raubten ihm den Atem. Sören schien sie zu kennen. »Madame Bertrand, wissen Sie, wo Herr Pedersen sich aufhält?« Sie drehte sich zu der Tür um, die in die Erdgeschosswohnung führte. »Keine Ahnung. Aber was ist mit meiner Schwester? Ist sie nicht zu Hause?« Das also war die Frau, über die Mamma Carlotta kein freundliches Wort verlor! Erik fand mühsam zu seiner Sprache zurück. »Sieht so aus. Es hat niemand geöffnet.« Geraldine überlegte kurz. »Yvonne wollte am Abend zu Wilko. Fliesen für das neue Bad aussuchen.« Sie machte eine vage Geste in die Richtung, in der Wilko Tadsens Baustoffmarkt lag. »Kann es sein, dass sie immer noch bei Wilko Tadsen ist?«, fragte Sören. »Der Laden hat auch schon geschlossen«, antwortete Erik an Geraldines Stelle. Sie schenkte ihm ein winziges Lächeln. »Kann schon sein, dass Yvonne noch auf ein Glas bei den Tadsens geblieben ist.« »Sie kennen sich privat?« »Wir sind Nachbarn. Jannes und Wilko sind uralte Freunde.« Erik wandte sich zum Gehen. »Dann werden wir es nebenan versuchen.« Geraldines Blick verlor nun die Freundlichkeit. »Darf ich fragen, was das alles soll? Was wollen Sie von Jannes und von meiner Schwester?« Erik antwortete schnell. »Nur eine Zeugenaussage! Aber für uns sehr wichtig.« Geraldine schien diese Auskunft nicht zufriedenzustellen. Sie antwortete unwirsch: »Jannes ist heute Nachmittag in die Werkstatt gekommen und hat gesagt, er müsse aufs Festland. Er wusste nicht, ob er am Abend zurückkommen würde.« »Aufs Festland?« Erik runzelte die Stirn. »Wohin genau?« »Das hat er nicht gesagt.« »Und Sie können es sich nicht vorstellen?« Geraldine lachte spöttisch. »Jannes gehört nicht zu den Männern, die sagen, wohin sie gehen und woher sie kommen.« Erik beließ es dabei. Er zog eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche und reichte sie Geraldine. »Herr Pedersen soll mich anrufen, sobald er zurück ist. Würden Sie ihm das bitte ausrichten?« »Selbstverständlich!« Geraldine nahm die Visitenkarte entgegen und warf einen kurzen Blick darauf. »Ich werde es ihm sagen, Herr Wolf. Schön, dass ich bei der Gelegenheit Carolins Vater kennenlerne«, ergänzte sie. »Ihre Tochter ist übrigens sehr begabt.« Erik lächelte verlegen. »Finden Sie wirklich?« Geraldine nickte. »Und Ihre Schwiegermutter ist uns eine große Hilfe.« Ehe Erik etwas erwidern konnte, ging Sören dazwischen, dem eine Frage auf den Nägeln brannte: »Gehen Sie öfter in List spazieren?« Geraldine sah ihn ungehalten an. »Was soll die Frage?« »Wir haben Sie gestern dort gesehen. Auf dem Gelände des Hotelneubaus. Wollen Sie uns sagen, was Sie dort gemacht haben?« »Ich interessiere mich für Baustellen. Mein Vater war Bauunternehmer und Architekt.« »Und warum unbedingt die Baustelle in List?« »Weil ich dort gelegentlich zu tun habe. Wir planen eine Zusammenarbeit mit Gosch.« Nun wurde ihr Blick herausfordernd. »Und Sie? Was haben Sie auf der Baustelle in List gemacht?« »Mein Vater war auch Bauunternehmer«, behauptete Sören, ohne auf Eriks empörten Blick zu achten, der genau wusste, dass Sörens Vater Kellner im Kliffkieker von Wenningstedt war. »Gute Nacht, Madame Bertrand«, fügte Sören mit so höflicher Miene an, dass Geraldine die Frage herunterschluckte, ob er sich über sie lustig machen wolle. Erik verbot es sich, einen Blick zurückzuwerfen, als sie zum Nachbarhaus gingen. Leise fragte er Sören: »Was haben Sie mit Ihren Fragen bezweckt?« »Glauben Sie etwa, dass eine Frau wie Geraldine Bertrand Interesse an Baustellen hat?« »Was sollte ich Ihrer Meinung nach glauben?« »Dass sie sich auf der Baustelle umgesehen hat, weil sie wissen wollte, ob Elske Petersen dort ausgebuddelt wird.« Erik blieb stehen und starrte Sören mit offenem Munde an. »Sie wollen behaupten, Geraldine Bertrand hat Elske Pedersen umgebracht?« Von Sören fiel die fröhliche Spitzfindigkeit ab. »Das nun nicht. Aber sie könnte davon wissen.« »Sie war vor fünf Jahren noch nicht auf Sylt.« »Stimmt.« Sören sah plötzlich so aus, als schämte er sich für die Fragen, die er Geraldine Bertrand gestellt hatte. »Und wenn sie wüsste oder auch nur den Verdacht hätte, dass Jannes Pedersen seine Frau umgebracht hat, hätte sie längst bei uns auf der Matte gestanden.« Erik nickte zufrieden. »Na, also!« Er ging auf das Haus der Tadsens zu. »Was wissen Sie eigentlich über Madame Bertrand? Meine Schwiegermutter mag sie nicht.« Sören zuckte mit den Schultern. »Ich kenne sie nur flüchtig. Über Jannes Pedersen dagegen wurde schon immer viel geredet, und als seine Frau verschwand, erst recht. Jeder hat es ihm gegönnt, anscheinend hatte keiner damit gerechnet, das Elske tatsächlich den Mut aufbringt, ihn zu verlassen. Aber dann wieder haben sich alle geärgert, dass er so leicht davongekommen ist.« »Was meinen Sie damit?«, fragte Erik, während er neben der dunklen Haustür der Tadsens nach der Klingel suchte. »Dass sie keine Ansprüche gestellt hat. Aus lauter Angst vor ihm, hieß es damals.« Sören nahm seinem Chef, der immer noch an der falschen Stelle nach dem Klingelknopf suchte, das Läuten ab. »Nun wissen wir ja, dass es andere Gründe gab.« Wilko Tadsen öffnete die Haustür und sah die beiden Männer erstaunt an. »Die Polizei? Habe ich was verbrochen?« Er lachte verlegen und gleichzeitig wachsam. Wie so oft in solchen Situationen fragte sich Erik, warum die Polizei selten als Freund und Helfer empfangen wurde, sondern bei jedem noch so unbescholtenen Bürger zunächst für Angst sorgte. »Wir suchen Yvonne Perrette«, sagte er besonders freundlich, um Wilko Tadsen seine Sorge zu nehmen. »Ihre Schwester sagt, sie wäre bei Ihnen.« »Sie war hier.« Wilko Tadsen blickte auf seine Uhr. »Aber nur kurz.« Er trat ihnen einen winzigen Schritt entgegen, als wollte er sie zurückdrängen. »Ist was mit Yvonne?« Erik schüttelte den Kopf. »Nichts Wichtiges«, behauptete er. »Nur eine Zeugenaussage. Die hat Zeit bis morgen.« Er tat so, als wollte er gehen, dann drehte er sich noch einmal um....