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E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Paul TABUN

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-7487-0294-8
Verlag: BookRix
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Seinerzeit hat Hitlers tödliches Giftgas Tabun niemanden umgebracht. Doch seit dem Krieg tötet es jedes Jahr ahnungslose Touristen an den deutschen Küsten!   Auf den Gleisen des Rasenden Roland verbrennt ein junger Familienvater. Die blinde ehemalige Oberstaatsanwältin Katharina König ahnt, dass es kein normaler Unfall war, wie es die Behörden auf Rügen glauben machen wollen. Alle schweigen und bald geraten sie und ihr junger Assistent Elias selbst in Lebensgefahr.   Als ein hochintelligenter Rechtsradikaler auftaucht, wird klar, dass es um viel mehr geht. Wie soll eine Blinde gemeinsam mit einem charmanten, erfolglosen Jazzmusiker den teuflischen Plan eines Terroristen verhindern, der die Welt aus den Angeln heben will?      Michael Pauls fesselnder Öko-Politthriller TABUN fasst ein heißes Eisen an! Hochspannung ist bis zur letzten Seite garantiert! Nach 'Wimmerholz' und 'Das Haus der Bücher' ist es der erste Fall von  Katharina König.   Warnung! Nach diesem brillant recherchierten Thriller ist ein unbedarfter Urlaub an Ost- oder Nordsee kaum noch möglich.
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Sonntag – noch sieben Tage

»Guten Morgen, Katharina.« Elias war verunsichert, wie er nach seinem ahnungslosen Auftritt am Vorabend auf sie zugehen sollte. »Guten Morgen, Elias. Sie sind schon wieder zu spät«, begrüßte sie ihn ohne Vorwurf in der Stimme. Es trat eine Pause ein. Katharina schmunzelte und tastete nach dem Ziffernblatt ihrer Armbanduhr. »Es ist acht Uhr vierundreißig«, informierte sie ihn. »Gestern … ich wusste nicht, dass Sie … Bitte entschuldigen Sie.« »Dass ich blind bin? Ich dachte, Ihre Tante hätte sie vorgewarnt und Sie als meinen Aufpasser engagiert.« Katharina schien sich köstlich zu amüsieren. »Nein, hat sie natürlich nicht«, antwortete Elias zerknirscht. »Das macht sie mit mir gerne ... lässt mich einfach ins offene Messer laufen.« »Bitte versuchen Sie, zukünftig pünktlich zu sein«, kam Katharina wieder auf seine Verspätung zurück. »Ich orientiere mich an Uhrzeiten, das ist sehr wichtig für mich. Warten und unerwartete Veränderungen bringen meine Strukturen durcheinander und dann finde ich mich nur schlecht zurecht. Das wird die nächsten Tage sowieso schon schwer genug für mich.« »Pünktlichkeit steht auf der Liste meiner Stärken ja nicht gerade unter den Top Ten, aber ich versuche es«, versprach Elias. ›Das wird anstrengend‹, dachte er bei sich. »Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Ich habe überhaupt keine Ahnung, wie ich mit Ihnen umgehen soll. Ich habe da keine Erfahrung.« Katharina lachte. »Das haben die wenigsten Menschen. Deshalb gehen viele Blinden oft sogar aus dem Weg. Sie meinen das meist überhaupt nicht böse, sondern sie sind einfach genauso unsicher wie Sie und wollen peinliche Situationen vermeiden.« »Man kann sich das als Sehender vielleicht auch nicht so gut vorstellen«, versuchte Elias, vor allem sein eigenes Verhalten zu erklären. »Sie wollen wissen, wie es ist, blind zu sein?« Elias stammelte. »Ja, irgendwie schon. Ich möchte es verstehen.« »Schließen Sie die Augen«, sagte Katharina. »Was?« »Schließen Sie die Augen! Los, machen Sie schon«, forderte Katharina ihn erneut auf und Elias schloss die Augen. »Was sehen Sie?« »Nichts natürlich«, antwortete Elias verwundert über die Frage. »Nun, genau genommen sehen Sie jetzt nur nicht mit den Augen.« »Ich verstehe nicht«, sagte Elias verunsichert. »Nun, wenn ich Sie bitten würde, sich aus dem Krug Wasser in das Glas einzugießen, könnten Sie mit der Fingerspitze im Glas feststellen, wann es voll ist. Das sind Tricks, Techniken, die man lernen kann.« »Okay.« »Gut. Sagen Sie mir jetzt bitte, wie viel Uhr wir haben.« Elias räusperte sich irritiert. »Nun, auch das geht nur mit Technik, mit Hilfsmitteln, also dem Handy, das spricht, oder einer Uhr, deren Ziffernblatt Sie abtasten können. Oder Sie warten, bis die Glocke im Kirchturm schlägt.« Sie lachte. »Nun sagen Sie mir bitte, wie viele Personen eben zur Tür hereingekommen sind.« »Ich habe keine Ahnung, ich habe nicht darauf geachtet.« Elias kniff die Augen fester zusammen und versuchte sich zu erinnern. »Genau! Aufmerksamkeit und aktive Wahrnehmung ist für Blinde besonders wichtig. Merken Sie sich alles. Hören, fühlen, riechen, dazu aber auch die Erfahrung, das alles wird kombiniert, um sich ein Bild zu machen, was um einen herum passiert.« »Okay, ich verstehe langsam.« »Sie haben die Augen weiter geschlossen, ja?« »Ja.« »Es kamen doch eben zwei Leute herein und haben sich an den Tisch direkt neben der Tür gesetzt. Ich vermute einen Mann und eine Frau. Die Dauer, wie lange die Tür geöffnet war, das Stühlerücken, das Gemurmel, das ich nicht verstehen, aber vom Klang der Stimmen unterscheiden konnte. Zwei Karten hat die Bedienung gebracht, zweimal dazu ›Bitte‹ gesagt. Kleinigkeiten, die für mich Informationen liefern.« Elias staunte, auf was Katharina alles achtete, selbst während sie mit ihm gesprochen hatte. Er hatte das hereingekommene Paar gar nicht beachtet. »Nun sagen Sie, welche Farbe die Schuhe der Dame haben!« »Was?«, fragte Elias ungläubig. »Wie bitte soll ich ...?« Katharina lachte. »Schon gut, alles können Blinde eben auch nicht. Sie werden sich an mich gewöhnen. Ich bin ganz normal. Nur meine Augen funktionieren nicht.« Elias sagte erst einmal gar nichts. Die Beispiele waren anschaulich. Nur das ›Nur meine Augen‹, klang in ihm nach. »Ganz so einfach kann es ja nicht sein«, dachte er. Er goss sich Kaffee ein und diesmal schaute er dabei genau hin. »Augen zu und durch« dachte Elias schließlich. Er lächelte über sich selbst, natürlich würde er die Augen offen halten. Er hatte ja gerade erlebt, was sonst passiert. Aber er wollte sein Verhalten vom Vorabend klären. »Es ist mir wirklich unangenehm. Ich hätte natürlich wissen müssen, wer Sie sind. Katharina König, die berühmte Oberstaatsanwältin aus Köln!«, wagte Elias einen Vorstoß. »Der Mahrfeld-Prozess damals war eine Sensation in allen Medien. Dieser Anlagebetrug hat ja fast die ganze Fußball-Bundesliga in Aufruhr gebracht und ich weiß nicht wie viele Top-Spieler, Trainer und Manager die Karriere gekostet.« »Berühmt bestimmt nicht«, widersprach Katharina. »Manche betitelten mich eher mit ›berüchtigt‹. Dreiundvierzig Spieler der Ersten und Zweiten Bundesliga waren es, um genau zu sein, und knapp über eine Milliarde Schwarzgeld.« »Eine Milliarde?« Elias stockte der Atem. Diese Dimension war ihm nicht bewusst gewesen. »Dann gehören Fußballfans seitdem wohl nicht zu ihren Freunden, oder?« Elias war beeindruckt. »Fußball hat mich noch nie interessiert. Ein ziemlich affiger Sport und noch dazu vollkommen überbezahlt. Dafür hat der Finanzminister sich persönlich bei mir bedankt. Und den bösen Brief von Herrn Hoeneß haben mir meine Kollegen damals wie eine Ehrenurkunde eingerahmt ins Büro gehängt.« Katharina musste bei der Erinnerung lachen, aber man hörte auch etwas Stolz in ihrer Stimme und eine gehörige Portion Wehmut. Elias stellte seine Tasse ab und musterte sie unauffällig aus dem Augenwinkel heraus. Er wollte nicht, dass sie seine Blicke bemerkte. Ihre Fingernägel waren dunkelrot lackiert, das Gesicht leicht geschminkt. Elias war sich ziemlich sicher, dass die Fingernägel am Tag zuvor in einem deutlich helleren Rot lackiert gewesen waren. Er fragte sich, wann und vor allem wie eine Blinde das so akkurat hinbekommen konnte. Katharina ahnte, dass Elias sie wieder betrachtete. Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, spürte sie seine Blicke, so wie am Tag zuvor, nur dass er sie da noch als Frau betrachtet hatte, jetzt war sie ›die Blinde‹. Normalerweise war sie durch ihren Stock ja sofort als solche erkennbar, deshalb war sie für die Leute ›besonders‹. Sie hatte sehr lange darüber nachgedacht, mit welcher Bezeichnung sie am besten zurechtkam, denn mit ›behindert‹ wollte sie nichts zu tun haben. Mit ›blind‹ kam sie mittlerweile zurecht. Etwas besser an den guten Tagen, aber selbst an den schlechten war das für sie noch erträglich. Sie hatte noch nicht ergründen können, was oder wer entschied, ob es ein guter oder ein schlechter Tag war. Einen guten Tag hatte sie, wenn sie klarkam, schon mit den kleinen Dingen und Herausforderungen, die der Alltag an eine Blinde stellte. An guten Tagen konnte sie sich ihre Nägel lackieren, ohne dass es aussah, als hätte Anna im Kindergarten ein Bild gezeichnet und die Ränder übermalt. An schlechten Tagen konnte sie nicht einmal die richtige Menge Zahnpasta aus der Tube drücken und auf der Zahnbürste platzieren. Das führt meistens dazu, dass irgendwann jemand sie peinlich berührt darauf aufmerksam machte, dass sie ihre Kleidung verschmiert hatte. Das war dann definitiv ein schlechter Tag, und dann kamen sie hervor, die Depressionen, die sie so hasste und denen sie sich doch nicht entziehen konnte, bis zum nächsten Morgen, wenn sie erneut auf die Tube drückte. »Meine Fußnägel habe ich übrigens auch neu lackiert«, riss Katharina Elias aus seinen Gedanken. Elias schnappte nach Luft, griff erschrocken nach seiner Tasse und schlürfte hörbar seinen Kaffee. Katharina war sich sicher, dass sein Gesicht rot angelaufen war, was sie amüsierte. Eine kleine Entlohnung dafür, den prüfenden Blicken so ausgeliefert zu sein, fand sie. »Es ist gut, Elias«, sagte sie dann, »Sie können ganz normal mit mir umgehen. Wenn ich Hilfe brauche, sage ich es Ihnen«, ergänzte sie. Elias atmete erleichtert auf. Sie hatte Humor, das gefiel ihm und würde es ihm vielleicht leichter machen, mit der Situation zurechtzukommen. »Aber Mahrfeld...


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