Opielka | Zukunftslabor Schleswig-Holstein | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2019-1, 164 Seiten

Reihe: ISÖ-Text

Opielka Zukunftslabor Schleswig-Holstein

Demographie und Digitalisierung #ZLabSH

E-Book, Deutsch, Band 2019-1, 164 Seiten

Reihe: ISÖ-Text

ISBN: 978-3-7494-5939-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Auseinandersetzung über die Zukunft des Sozialstaats handelt von der Nachhaltigkeit des Sozialstaats. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat im Jahr 2017 ein "Zukunftslabor" auf den Weg gebracht, das für die Zukunft der Sozialen Sicherung neben systemimmanenten Reformen die Reformideen Grundeinkommen und Bürgergeld untersuchen und diskutieren soll. Die vorliegende Literaturstudie dokumentiert die Ergebnisse der ersten Arbeitsphase, einer Bestandsaufnahme der Herausforderungen von Demographie und Digitalisierung an die Soziale Sicherung. Auf ihr sollen die Zukunftsszenarien und dann die konkreten Reformszenarien aufbauen, die später berechnet werden und die sozialpolitische Diskussion nach vorne bringen sollen.

Prof. Dr. Michael Opielka ist wissenschaftlicher Leiter und Geschäftsführer des ISÖ - Institut für Sozialökologie gGmbH in Siegburg und Professor für Sozialpolitik an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena.
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2 Wirkungen des anstehenden demographischen Wandels auf die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland
Bruno Kaltenborn
Kurzfassung
Deutschland steht in den nächsten Dekaden ein tiefgreifender demographischer Wandel bevor. Eine geringe Geburtenrate und eine steigende Lebenserwartung als die Determinanten der natürlichen Bevölkerungsentwicklung tragen zu einer weiter alternden und gleichzeitig schrumpfenden Bevölkerung bei. Zuwanderung von jungen Erwachsenen wirkt der natürlichen Bevölkerungsentwicklung entgegen, kann diese bei einem positiven Wanderungssaldo auf dem Niveau der letzten Dekaden von 100.000 bis 200.000 Personen jährlich allerdings nicht aufhalten, sondern nur abmildern. Nach den vorliegenden aktuellen amtlichen Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes und von Eurostat wird die Bevölkerung von 82,8 Mio. Ende 2017 auf 67,6 bis 80,7 Mio. Ende 2060 zurückgehen (vgl. Tabelle 2). Damit verbunden ist ein Anstieg der Relation von Personen im Ruhestandsalter ab 65 Jahren zu jeweils 100 Personen im Erwerbsalter (20 bis 64 Jahre) von 35,5 Ende 2017 auf 58,5 bis 69,4 Ende 2060. Die schrumpfende und vor allem alternde Bevölkerung ist eine Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme. Betroffen sind hauptsächlich die gesetzliche Rentenversicherung, die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung, weil im Ruhestandsalter hier typischerweise keine oder nur vergleichsweise geringe Beiträge gezahlt werden und gleichzeitig die meisten Leistungen beansprucht werden. Für die Gebietskörperschaften ergeben sich hingegen tendenziell Entlastungen bei Ausgaben für Kinderbetreuung und andere familienpolitische Leistungen sowie bei Bildungsausgaben, allerdings Belastungen für Beamtenversorgung und Beihilfe; insgesamt dürfte es bei den Gebietskörperschaften künftig fiskalischen Spielraum geben. Geht man von unveränderten Beitragssätzen zur Sozialversicherung aus, dann beträgt der Gegenwartswert der Finanzierungslücke bei der Rentenversicherung (unter Berücksichtigung regelgebunden steigender Bundeszuschüsse) etwa das Anderthalbfache des jährlichen Bruttoinlandsprodukts,10 bei der Krankenversicherung sind es rund 80% und bei der Pflegeversicherung rund 40% des jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Tabelle 2: Eckdaten aktueller amtlicher Bevölkerungsvorausberechnungen Merkmal Ist (Ende)
2017a Projektion für (Ende) 2060 Minimum Maximum Geburtenrate 1,57 1,4 1,64 Lebenserwartung Jungen 78,4 Jahre 84,7 Jahre 86,7 Jahre bei Geburt Mädchen 83,2 Jahre 88,6 Jahre 90,4 Jahre Fernere Lebenserwartung Männer 17,80 Jahre 21,9 Jahre 23,7 Jahre von 65-jährigen Frauen 21,00 Jahre 24,9 Jahre 26,5 Jahre Wanderungssaldo +416.000 +100.000 +200.000 Bevölkerung 82,8 Mio. 67,6 Mio. 80,7 Mio. Altenquotientb 15-64 Jahre 32,8 53,7 64,1 20-64 Jahre 35,5 58,5 69,4 a Lebenserwartung: 2015/17. b Ältere ab 65 Jahren je 100 Personen im Erwerbsalter von 15 bzw. 20 bis 64 Jahren. Anmerkung: Berücksichtigt wurden die acht Varianten der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (Statistisches Bundesamt 2015b; 2015c), die später aktualisierte Variante (Statistisches Bundesamt 2017) und die Basisvariante der Bevölkerungsvorausberechnung von Eurostat (2017). Quelle: Eurostat (2017); Statistisches Bundesamt (2015b; 2015c; 2017; 2018c; 2019); Statistisches Bundesamt (GENESIS Online-Datenbank, Statistik 12612-0009) (Geburtenrate 2017); Statistisches Bundesamt (GENESIS Online-Datenbank, Statistik 12411-0005) (Bevölkerung und Altenquotient Ende 2017); E-Mail des Statistischen Bundesamts vom 16. Januar 2019 (fernere Lebenserwartung von 65-Jährigen im Jahr 2060 der Variante 2-A der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung); Eurostat-Datensatz „Bevölkerungsvorausberechnung auf nationaler Ebene (2015-2080)"; eigene Berechnungen. Werden jenseits der gesetzlich festgelegten Bundeszuschüsse zur Renten- und Krankenversicherung wie bislang die Ausgaben dieser beiden Versicherungszweige sowie der Pflegeversicherung durch Beiträge gedeckt, so müssen die Beitragssätze infolge der zu erwartenden demographischen Entwicklung deutlich steigen. Für die Rentenversicherung ergibt sich bis Mitte der 2030er Jahre - nach dem Erreichen des Ruhestandsalters der geburtenstarken Jahrgänge von Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre - ein Anstieg des Beitragssatzes von derzeit 18,6% auf etwa 22% bis 23%, 2060 müsste er um etwa weitere zwei Prozentpunkte und bis 2080 um nochmals etwa einen weiteren Prozentpunkt erhöht werden. In der Krankenversicherung dürfte aufgrund des amtlich vorausberechneten demographischen Wandels der erforderliche Beitragssatz (einschließlich kassenindividueller Zusatzbeitragssatz) von derzeit 15,5% bis 2040 auf 18% bis 21% und 2060 auf 19% bis 23% steigen. In der Pflegeversicherung dürfte der erforderliche Beitragssatz für Personen mit Kind(ern) von derzeit 3,05% bis 2040 auf bis zu 4% und bis 2060 auf 4% bis 6% steigen. In der Summe der drei Sozialversicherungen ergibt sich danach ein Anstieg des Beitragssatzes von derzeit 37,15% auf 44% bis 48% um 2040 und auf 47% bis 54% um 2060. Gleichzeitig würde das Rentenniveau netto vor Steuern von derzeit 48,3% auf 42% bis 44% um 2040 und auf rund 41% um 2060 sinken. Trotz des sinkenden Rentenniveaus dürfte bis Mitte der 2030er Jahre der Anteil Älterer, die bedürftigkeitsgeprüfte Fürsorgeleistungen beziehen oder als armutsgefährdet gelten, nur moderat zunehmen. Die ausschließliche Betrachtung der künftig erforderlichen Erhöhungen der Beitragssätze überzeichnet allerdings die Folgen des anstehenden demographischen Wandels, da gleichzeitig die Gebietskörperschaften tendenziell entlastet werden (siehe oben). Um dies zu berücksichtigen, kann die Entwicklung der demographieabhängigen Ausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt betrachtet werden. Sie steigen nach den vorliegenden Projektionen bis 2060 je nach Annahmen um drei bis neun Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts. Die skizzierten Vorausberechnungen hängen in unterschiedlicher Intensität von den zugrunde liegenden demographischen und weiteren Annahmen ab: Geburtenrate: Eine Erhöhung der Geburtenrate führt kurz- und mittelfristig aufgrund zusätzlicher Ausgaben für Kinderbetreuung, weitere familienpolitische Leistungen und Bildung sowie ggf. einer geringeren Erwerbsbeteiligung der Eltern zu moderaten zusätzlichen Belastungen für die öffentliche Hand, sehr langfristig per Saldo zu moderaten Entlastungen. Lebenserwartung: Ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung führt zu hohen zusätzlichen fiskalischen Belastungen, weil Ältere deutlich überproportional Leistungen der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch nehmen und unterproportional zu ihrer Finanzierung beitragen. Wanderungsbewegungen: Wanderungsgewinne führen nicht nur zu einer Vergrößerung, sondern auch zu einer Verjüngung der Bevölkerung, da Wanderungsbewegungen ganz überwiegend junge Erwachsene betreffen. Inwieweit zusätzliche Zuwanderung zu fiskalischen Be- oder Entlastungen führt, hängt entscheidend von der Qualifikation der Zuwanderer und der Geschwindigkeit ihrer Arbeitsmarktintegration ab. Langfristig fiskalisch vorteilhaft sind bereits Zuzüge, wenn mehr als 20% der Zuwanderer im Durchschnitt wie Deutsche und weniger als 80% wie die im Inland lebenden AusländerInnen Steuern und Abgaben entrichten und Sozialleistungen erhalten. Lebensarbeitszeit: Eine langfristige sukzessive Verlängerung der Lebensarbeitszeit - insbesondere infolge einer Erhöhung der Regelaltersgrenze über 67 Jahre hinaus ab 2031 - führt zu zusätzlichen Steuer- und Beitragseinnahmen und verschiebt die Rentenzahlungen. Allerdings fallen dadurch die Rentenanpassungen höher aus und infolge der längeren Lebensarbeitszeit steigen die individuellen Rentenansprüche. Insgesamt ergeben sich dauerhaft positive Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte, während der Phase der Verlängerung der Lebensarbeitszeit deutlich, anschließend nachlassend. Wirtschaftliche Entwicklung: Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum haben nur geringe Auswirkungen auf öffentliche Finanzierungsdefizite und Beitragssätze zur Sozialversicherung. Dies liegt daran, dass mit dem Wachstum dieser Größen nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben für Sozialleistungen annähernd proportional steigen....


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