Oldach | Theodor v. Bismarck - Kriegstagebuch 1813/14 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Oldach Theodor v. Bismarck - Kriegstagebuch 1813/14

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-8187-4111-2
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Theodor v. Bismarck (1790-1873) hat über seine Teilnahme an den Befreiungskriegen ein Tagebuch geführt. Die gesammelten Tagebuchblätter wurden von ihm aus dem Feld in unregelmäßigen Abständen an seinen Vater geschickt, der sie sammelte und aufbewahrte. So entstand ein Selbstzeugnis, das aufgrund seiner Authentizität seinesgleichen sucht. Das E-Book enthält das Tagebuch in unkommentierter Fassung [siehe dazu Robert Oldach, Theodor von Bismarck (1790-1873): Leben und Taten eines preußischen Gardeoffiziers in den Befreiungskriegen (Forum Moderne Militärgeschichte), Berlin 2021].

Robert Oldach war von 2013 bis 2018 Assistent am Lehrstuhl für Nordische Geschichte an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Seine Dissertation behandelte zentrale Aspekte der schwedischen Militärpräsenz in Schwedisch-Pommern zwischen 1721 und 1807. Seitdem hat er zwei Publikationen über die Beteiligung der Schweden am Siebenjährigen Krieg verfasst sowie zwei Editionen über die Kriegserlebnisse preußischer Offiziere des Garderegiments in den Befreiungskriegen. Sein besonderes Interesse gilt historischen Selbstzeugnissen von Kriegsteilnehmern sowie der Frage, inwiefern und wie historische Ereignisse von ihnen ausgelegt und interpretiert werden. Somit dienen Selbstzeugnisse zu einem besseren Verständnis von dem, wie es war und wie es gekommen ist (Ranke).
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Theodor v. Bismarck: Kriegstagebuch 1813/14
1 Kriegsvorbereitungen
  [1] Den 23ten Jan. 1813. Heute Morgen um 8 Uhr gescheht unser Abmarsch von Potsdam. Fast jedermann, Abgehende sowohl als die meisten Zurückbleibenden, waren voller Freude, vor allem aber ich, der ich noch außer den Motiven, welche die andren zur Fröhligkeit stimmten, in Potsdam verschiedene Gläubiger zurückließ, deren Befriedigung mich für jetzt in größter Verlegenheit gesetzt haben würde und welche sich jetzt mit einer Anerkennung ihrer Forderungen begnügen musten. Gewiss soll aber, wenn mich der Himmel wieder nach Potsdam führt, die Bezahlung dieser ehrlichen Leute meine erste Pflicht seyn. Übrigens wurde mir der Abschied von niemand in Potsdam sehr schwer, da keiner von meinen Angehörigen dort war, von welchen allen ich in einem Briefe an meinen guten Vater Abschied genommen habe. Ich marschirte also sehr zufrieden und leicht aus (leicht in jeder Hinsicht, da mein ganzes Vermögen in etwa 8 Fr d’or bestand); viele von den anwesenden Zuschauern fanden es zwar, wie [2] ich während dem Vorbeymaschiren vernahm, sehr unrecht, daß ich so fröhlich aussähe, allein dies waren warscheinlich zurückbleibende Soldatenweiber oder Kinder, denen dies nicht zu verdenken war. Meine Freude wurde indessen bald etwas getrübt, da mein treuer Mineur, den ich schon seit mehreren Jahren hatte, es vorzog, nach Potsdam zurückzukehren; auch erfuhren wir, daß unsere Companie nicht, wie sie erst sollte, nach Schulzendorf, sondern nach Woltersdorff in Quartier käme, welches wir alle sehr beklagten, da in ersterm Orte ein Herr von Piper ist, welcher eine sehr liebenswürdige Tochter, die ich aus Berlin kenne, hat. - Der Marsch war für den ersten ziemlich stark, da er 5 starke Meilen betrug und die Glätte des Weges machte ihn noch beschwerlicher, dennoch legte ich ihn ganz zu Fuße zurück und kam um ½ 5 Uhr in Woltersdorff an, wo ich mit dem Obrister, dem Capitain Bülow, Hohendorff und Wallbrunn und den Leutnants Zieten und Maltitz bey einem Oberamtmann, [3] welcher, wenn ich nicht irre, Streich hieß, einquartirt wurde. Wir lagen unserer 5 auf einer großen Stube, hatten aber vortreffliche Betten und wurden mit einem sehr guten Mittagsbrodt bewirthet, welches uns allen, vorzüglich aber mir, sehr gut behagte, auch war ein recht hübsches Mädchen, die Tochter des Amtmanns, dort, aus welcher aber fast kein Wort herauszubringen war. Selchow, den 24ten. Nachdem wir heute um 7 Uhr von Woltersdorff aufgebrochen waren, langten wir um 2 Uhr nach einem Marsch von etwa 4 Meilen hier an. Wir gingen durch Königs Wusterhausen, wo mir die Freude zutheil wurde, meinen Freund Menken und das allerliebste Babettchen zu sehen. Da mir der Capitain Bülow, der krankeitshalber fuhr, seine Pferde dort lies, so hielt ich mich 1 ½ Stunde da auf und nahm während dieser Zeit ein sehr gutes Dejeuner nebst einer Bouteille vortrefflichen alten Rheinwein ein, wobey ich auch auf eine so angenehme Weise mit Babettchen unterhielt, daß mir die Zeit wie [4] Augenblick dahinschwand. Zugleich machte ich dort die Bekanntschaft einer Demoiselle Guichard, eines sehr niedlichen Mädchens, und ich hätte recht sehr gewünscht, daß es mir vergönnt gewesen wäre, mich noch länger dort aufzuhalten. Hier liege ich mit dem Capitain Wallbrunn zusammen bey dem Pastor. Zum Mittag sind wir alle bey dem Major Löschebrand gebeten gewesen. Dieser Ehrenmann kommandirte in der letzten Campagne das Regiment Gens d’armes! In seinem Hause, wo es übrigens recht gut zuging, fanden wir einen General Hertzberg nebst seinem Sohn und 2 sehr kokette Töchter, welche aber bis auf sehr feurige Augen eben nicht hübsch zu nennen waren. Der Wirth vom Hause sowohl als seine Frau Gemahlin stanken aber beyde so bestialisch, daß es in ihrer Nähe fast nicht auszuhalten war. Wie es schien, muste hier wohl eine Brau- und Brennerey seyn, denn während wir an einer sehr eleganten Tafel speiseten, wurde in demselben Haus [5] Bier und Brandwein verkauft, weshalb denn alle Augenblick ein Bauer oder Herr. mit der Flasche hereintrat und seine paar Dreier auch zählte. Der Obrist lag nebst seinen Adjutanten auf dem Gute und wir anderen sonsten, obgleich Frau von Löschebrand die entsetzlichsten Gesichter zog. Auch wie die Kletten bis um 10 Uhr dort, da wir uns in unserm Quartier sehr gelangweilt hätten. Es sollte hier ein französisches Battaillon mit uns zusammen in Quartier kommen, da wir aber eher anlangten, so musten sie ½ Meile weiter nach Storkow maschiren, wo sie bis auf weiter Ordre stehen geblieben sind. Beeskow, den 25. Heute sind wir nach einem mäßigen Marsch hier eingerückt und haben morgen Ruhetag. Auch hier waren 400 Mann Württemberger im Begriff sich einzuquartieren, weshalb eine Esquadron Garde du Corps und 1 Companie vom Normal-Bataillon alles bis zu unsrer Ankunft besetzt behielt. Die Württemberger kamen von der Armee und war die beau restes von 14.000 Mann. Beeskow, den 26ten. Morgen gehen 1 Major, 1 Capitain, 4 Offiziere und 8 Unteroff. nebst einen Chirurg nach Crossen voraus, um [6] Rekruten dort auszuheben; leider bin ich nicht dazu gekommen, welches mir sehr angenehm gewesen wäre, da ich große Schmerzen am Fuß halber nur mit vieler Mühe marschire und die Commandirten auf Wagens fortgeschaft werden. Es werden hier eine Menge Pferde ausgehoben, welche wir mit nach Breslau nehmen. Mit den plaisirs sieht übrigens hier nur sehr mittelmäßig aus. Gestern Abend waren wir bey einem Off. zusammen, wo das Buch der 4 Könige etwas studirt wurde, welches mir 1 rthlr. kostete. Heute nach der Parol ging alles in die Apotheke, wo die Erfrischungen aber auch nur sehr schlecht waren. Leopolds Haus habe ich mir heute auch in Augenschein genommen; es liegt am Markt und sieht ganz gut aus. Morgen früh um 7 Uhr marschieren wir von hier nach dem 4 Meilen entfernten Frankfurt und werden erst nach 4 Märschen in der Gegend von Grüneberg Ruhetag haben. Das Wetter hat uns bis jetzt sehr begünstigt, indem immer ein gelinder Frost gewesen ist. Wir sollten erst nicht auf Frankfurt, sondern von hier gerade nach Sagan gehen, allein da wir mit unsren Wagens und Geschütze die zugefrorene Oder nicht passieren können, so sind [7] wir genöthigt, bey ersteren Orte die Brücke zu passiren. Den 27', Frankfurt. Nach einem 5-stündigen Marsch sind wir hier eben nicht sehr ermüdet angelangt. Ich bin mit Grevenitz bey einem Policeicommissar Schäffer einquartirt, welcher uns, so gut es ihm möglich ist, aufgenommen hat. In diesem Augenblick aber (abends 9 Uhr) wird noch ein Garde du Corps-Off. angesagt; ich weiß aber noch nicht wer und es soll mir auch sehr gleichgültig seyn, da ich niemahls das beste Bette in Beschlag genommen habe. Vor unserm Einmarsch wurde wie gewöhnlich noch sehr lange getrödelt. Heute Abend sind wir unserer sehr viele in Ehrenbergs Weinkeller gewesen, wo wir tapfer gezecht haben. Morgen kömmt die 4, 5, 6te Comp. nach Ziebingen bey dem Grafen Finck, 3 Meilen von hier. Übrigens ist die Stadt jetzt sehr todt gegen damahls, als wir vor 3 Jahren mit dem Reg. hier standen. Heute haben wir mehrere französische und Bundestruppen einzeln begegnet, deren Anblick wirklich bejammernswürdig war. [8] Den 28t, Ziebingen. Nach einem der langweiligsten Märsche, durch lauter Wiese, Wald, ohne ein Dorf zu berühren, sind wir glücklich hier angelangt. Hier ist eine ganz besondere Wirthschaft. Das Dorf und Schloß, welches letztere ein im neusten Geschmack erbautes sehr weitleufiges Gebäude ist, gehört dem Grafen Finck, allein ein Herr von Burgsdorff, welcher das Haus erbaut hat, wohnt mit seiner Familie im 2ten Stock und bey diesem bin ich mit dem Lt. Crety in einer sehr kleinen Stube, welche nur einen Daumenbreit höher ist wie ich, einquartirt. Den Mittag haben wir nebst dem Major Tippelskirch, der auch hier oben wohnt, mit der Familie sehr steif und mittelmäßig gespeiset. Es war außer uns eine alte und junge Fr. v. Burgsdorff, ein wie es schien etwas gestörter Herr v. Burgsdorff, 2 Kinder und ein Professor, dessen Nahmen ich nicht weiß, der aber sehr gut sprach, bey Tische. - Heute Nachmittag um 5 Uhr haben wir hier einen französischen Obristen Nahmens Blancet, Cheff de l’etat major des 4ten Corps, begraben. Dieser arme Teufel war bey dem Überfall von Marienwerder [9] verwundet worden, von seinen beyden Leuten nach Küstrin gebracht und dort abgewiesen worden, da die Festung im Belagerungszustand war. Von dort hatten ihn die Leute nach Frankfurt gebracht und da mann ihn dort auch nicht hatte aufnehmen wollen, so waren sie mit ihm auf dem Wagen nach Glogau, allein schon hier war er im Kruge verschieden. Es wurde von den hier stehenden 3 Comp. 12 Unteroff. kommandirt, welche den mit Degen, Orden und Czacot verzierten Sarg trugen und der Obrist an der Spitze sämtlicher Off. folgte. Seine 2 zerlumpten Bedienten und ein hier durchkommender fr. Krüppel waren die Leidtragenden und folgten unmittelbar dem Sarge. Der Verstorbene war ein sehr reicher Mann gewesen und hatte bloß aus Lust zum Kriege diesen verderblichen Feldzug mitgemacht. Nach Aussage der Bedienten war sein Körper auch durch Hunger, Frost und Beschwerden gänzlich aufgerieben worden. Er hinterläßt eine Frau mit 3 Kindern, welche sein trauriges Ende wohl noch nicht ahnden. - Morgen kommen wir nach Crossen, 3 ½ Meilen von hier. [10] Den...


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