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E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Hinterm Deich Krimi

Nygaard Schwelbrand

Hinterm Deich Krimi

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Hinterm Deich Krimi

ISBN: 978-3-86358-450-4
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Deutschlands Norden wird von einer Serie blutiger Zwischenfälle erschüttert: Brandsätze werden gezündet, Träger öffentlicher Ämter werden verfolgt und ermordet. Die Landesregierung scheint machtlos, Angst regiert die Bevölkerung. Wer hat ein Interesse daran, das Land zu zerschlagen? »Es reicht«, schreiben die Täter in ihren Ankündigungen. Das sagt auch der Ministerpräsident und beauftragt Lüder Lüders vom LKA Kiel mit dem brisanten Fall. Gemeinsam mit dem Husumer Große Jäger begibt sich Lüders auf die Spur eines äußerst skrupellosen Gegenspielers.
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EINS Es war die Jahreszeit der Stille und des Besinnens, der Vorfreude auf das große Fest der Christenheit. Rund um den Erdball freuten sich Milliarden von Menschen auf das Weihnachtsfest. Und wer seine spirituelle Erfüllung nicht im Christentum fand, mischte mit beim Kommerz, der sich schon seit Langem das Fest untergeordnet hatte. Die Andacht der Vorweihnachtszeit war allgemeiner Hektik gewichen. Es galt, die Vorbereitungen für das Fest zu treffen, Geschenke zu beschaffen, die Wohnung herzurichten, für das Besondere zu sorgen, das in diesen Tagen auf den Tisch kommen sollte. Nur wenige Menschen konnten oder wollten sich dem entziehen, insbesondere nicht, wenn Kinder zur Familie gehörten. Es war ein oft gehörter Vorwand, man mühe sich nur für die Kinder ab. Das interessierte Jörg Asmussen nicht. Natürlich standen die beiden Söhne im Mittelpunkt der Festvorbereitungen, selbst wenn sie mit zwölf und acht Jahren nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubten und die christliche Grundlage des Weihnachtsfestes und die damit verbundenen Gebräuche wie den gemeinsamen Gottesdienstbesuch eher als lästige Pflichtübung betrachteten. Trotz allen Stresses in der Vorweihnachtszeit wollte Jörg Asmussen die lieb gewonnenen Gepflogenheiten zum Fest nicht missen, auch wenn Rieke, seine Frau, die Hauptlast der Vorbereitungen zu tragen hatte. »Nächstes Jahr machen wir diesen Wahnsinn nicht mehr mit«, beteuerte Rieke immer wieder erneut, wenn sie an den letzten Tagen vor Weihnachten erschöpft den kurzen Feierabend genoss. Jörg Asmussen nickte nur. Er kannte seine Frau, mit der er über fünfzehn Jahre verheiratet war, gut. Es war eine Liebe, die sich aus den Kindheitstagen hinübergerettet hatte. Niemand, schon gar nicht er, dürfte es wagen, an den eingefahrenen Ritualen der Familie zu rütteln. Die Kinder wollten es nicht. Ihre Eltern investierten viel in die Zufriedenheit der Söhne, selbst wenn es schwerfiel, die Ansprüche des Nachwuchses zu befriedigen. Jörg Asmussen war nach Dienstschluss ins Stadtzentrum gegangen. Husum, seine Geburtsstadt, hatte sich wieder einmal als Magnet für zahlreiche Besucher von nah und fern erwiesen. Die quirlige Innenstadt mit ihrem festlichen Weihnachtsschmuck strahlte ein besonderes Ambiente aus. Hier im Norden wurde es in der Woche vor dem ersten Advent schon früh dunkel. Die lange Dämmerung brach bereits am Nachmittag an, und gegen sechzehn Uhr war die Sonne untergegangen. Wer Zeit und Muße fand, sich an den weihnachtlich geschmückten Häuserfronten und Schaufenstern zu erfreuen, die Adventsbeleuchtung im Schlossgang zu genießen, der mochte seine Freude an der Vorweihnachtszeit haben. Jörg Asmussen hatte keinen Blick dafür, weder für die Tanne mit der Weihnachtsbeleuchtung auf dem Marktplatz beim Tinebrunnen noch für die Buden des Weihnachtsmarktes vor der Marienkirche. Er hatte eilig eine Bratwurst hinuntergeschlungen. Das hatte er sich nicht nehmen lassen. Dafür verzichtete er auf das Brötchen mit Burgunderbraten, das er beim Stand vor dem Husumer Kaufhaus, dem ehemaligen Hertiegebäude, sonst verzehrte. Denn heute war alles anders gewesen. Rieke hatte ihm einen Einkaufszettel mitgegeben. Seine Gelassenheit, der leichte Spott über Riekes Stöhnen wegen der vorweihnachtlichen Belastungen waren schon bald einem Groll gewichen, als er sich in den überfüllten Geschäften mit anderen ebenso gestressten Kunden um das rare Verkaufspersonal stritt, das von mehreren Seiten gleichzeitig mit Fragen und Wünschen bestürmt wurde. Natürlich war der Donnerstag ein bevorzugter Abend zum Einkaufen. Asmussen hatte es gewusst. Trotzdem hatte er ausgerechnet heute den Weg in die Innenstadt gesucht. Er war nicht erfolgreich gewesen. Mit Ausnahme der Liste von Tees, die er im Stammgeschäft der Familie in der etwas ruhigeren Neustadt besorgt hatte, waren seine Bemühungen vergeblich gewesen. Lediglich das kunstvoll verpackte kleine Päckchen vom Juweliergeschäft am Marktplatz hatte seine Stimmung aufgehellt. Wie oft hatte Rieke, wenn sie durch das kleine Zentrum Husums gebummelt waren, vor dem Fenster gestanden und sich den Ring angesehen. Seine Frau äußerte im Gegensatz zu den Kindern keine unbescheidenen Wünsche. Rieke wusste, wie knapp die Familie kalkulieren musste, auch wenn sie selbst als Halbtagskraft in einer Buchhandlung in der Krämerstraße ein wenig zur Aufbesserung des Familienbudgets beisteuerte. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, war sie ganztags beschäftigt. Er hatte ihr vom Eingang aus einen kurzen Gruß und einen angedeuteten Handkuss zugeworfen. Mit einem Lächeln hatte sie es quittiert, während sie weiter kunstvoll Geschenke einpackte. Asmussen hatte es aufgegeben. Er würde an einem der nächsten Tage erneut einen Vorstoß in die Innenstadt unternehmen, vielleicht an einem Montag, hatte er überlegt. Resigniert hatte er sich in den älteren Opel Vectra gesetzt und war zum Stadtrand gefahren. In einem Elektronikfachmarkt hatte er vergeblich nach dem gesucht, was der Älteste als Wunsch notiert hatte. Asmussen konnte nicht einmal etwas mit der Bezeichnung anfangen. Natürlich hatte er auch in diesem Fachgeschäft keine professionelle Hilfe gefunden. So war der Frust weiter gewachsen, und er hatte sich entschlossen, nur noch die zweite Einkaufsliste abzuarbeiten, die Rieke ihm am Morgen mitgegeben hatte. In ihrer kleinen gestochenen Handschrift hatte sie notiert, was die Familie in der kommenden Woche an Lebensmitteln und Haushaltsbedarf benötigte. Asmussen hatte beschlossen, auf das Zusammensammeln beim Discounter zu verzichten. Er hatte keine Energie mehr, sich in die lange Schlange vor der Kasse einzureihen. Es hatte ihn Überwindung gekostet, geduldig am Kreisverkehr zu warten. Obwohl der Kreis Nordfriesland zu den dünn besiedelten Regionen gehörte, riss die Schlange der Fahrzeuge aus Richtung Innenstadt nicht ab. Es hatte schon den ganzen Tag geregnet, und der Scheibenwischer kratzte über die Scheibe. Es war ein unangenehmer feiner Sprühregen, zu wenig für die Scheibenwischer, zu viel, um den Feuchtigkeitsfilm auf der Scheibe zu ignorieren. Asmussen war in eine zu kleine Lücke hineingeschossen, nachdem sein Hintermann ungeduldig gehupt hatte. Der vorfahrtberechtigte Fahrer hatte es mit Gelassenheit ertragen. Die Husumer waren die Benutzung von Kreisverkehren gewohnt. Ihre kleine Stadt war voll davon. Auf der gegenüberliegenden Seite hatte Asmussen den Kreisel verlassen und ein wenig Schadenfreude empfunden gegenüber den Autofahrern, die hier ungeduldig darauf warteten, in den Kreisverkehr hineinfahren zu können. Nach wenigen Metern war er nach rechts abgebogen. Er hatte dem wuchtigen holzgeschnitzten Tor mit den chinesischen Schriftzeichen und den beiden steinernen Löwen davor keine Beachtung geschenkt. Dieses Bauwerk war ebenso wie der sich hinter den Säulenwacholdern ein wenig versteckende Bambuspalast so kunstvoll gestaltet, dass es nach Asmussens Ansicht originalgetreuer aussah als im Reich der Mitte selbst, obwohl er noch nie in China war. Dafür wusste er, wie vorzüglich man in diesem Chinarestaurant speisen konnte. Dahinter dehnte sich ein Teil des Gewerbegebiets aus. »Die Automeile«, da gleich mehrere Automarken hier ihre örtlichen Vertretungen unterhielten. Am Ende der Straße lag in einem unscheinbaren Gebäude, das von außen mehr einem Lagerhaus glich, die angesagte Disco der Stadt, zu der leider auch sehr oft die Polizei zu Einsätzen gerufen wurde. Asmussen hatte eine Weile auf dem großen Parkplatz suchen müssen, bis er eine Parklücke fand. Es war stockfinster, der Regen hatte zugenommen, und die Menschen waren damit beschäftigt gewesen, eilig ihre Einkäufe aus den Einkaufswagen in ihren Fahrzeugen zu verstauen. Asmussen hatte keinen Blick für die vertraute Umgebung, für den Croqueladen, das Geschäft für Anglerbedarf oder das Erotikfachgeschäft. Vor der Automatiktür hatte man einen gläsernen Windschutz gebaut, den es zu umrunden galt. Man wusste hier an der Küste mit dem Wetter umzugehen. Vom langen Gang zweigten die kleinen Läden der Dienstleister ab, der Friseur, die Apotheke, der Zeitungsladen, der Geldautomat. Für das leibliche Wohl sorgten die Bäckereifiliale und der Snack-Point auf der gegenüberliegenden Seite. Asmussen nannte das Bistro zur Erheiterung seiner Familie stets »Schnack-Punkt«. Das kleine Auto oder das Pferd, die sich nach einem Münzeinwurf sanft bewegten, wurden schon seit vielen Jahren nicht mehr von den Kindern frequentiert. Asmussen lächelte in sich hinein, als er sich erinnerte, dass es früher ein steter Kampf gewesen war, die Kinder daran vorbeizulotsen. Er hatte den weiteren Geschäften und den Sonderangeboten, die im Gang des Einkaufszentrums standen, keine Beachtung geschenkt und war in den großen Verbrauchermarkt eingetaucht, den ein fremder Besucher in dieser Größe kaum in der kleinen Stadt vermutet hätte. Mit einem übervollen Einkaufswagen war Asmussen zu seinem Opel zurückgekehrt und hatte den Einkauf im Vectra verstaut. Der Kofferraum hatte sich wieder einmal als zu klein erwiesen, und so musste er einen Teil der Ware mühsam auf Rücksitz und Beifahrersitz verteilen. Er war genervt. Ein ganzer Tag Arbeit bedeutete nicht so viel Stress wie die vorweihnachtliche Hetzerei durch die Geschäfte. Asmussen hatte auch keinen Blick dafür gehabt, wer auf dem lebhaft frequentierten Parkplatz in seiner Nähe mit ähnlichen Verrichtungen beschäftigt war. Er hatte sich auch keine Gedanken gemacht, ob die Menschen ähnlich gestresst waren wie er selbst. Zu allem Überfluss hatte es auch unablässig geregnet. Husum, die feuchte Stadt am Meer. Es regnete immer noch. Asmussen war von oben bis unten durchnässt. Das Wasser tropfte ihm von den feuchten Haaren ins Gesicht, leckte in die Augen und lief über die Wange am Hals entlang in den...


Hannes Nygaard ist das Pseudonym von Rainer Dissars-Nygaard. 1949 in Hamburg geboren, hat er sein halbes Leben in Schleswig-Holstein verbracht. Er studierte Betriebswirtschaft und war viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Hannes Nygaard lebt auf der Insel Nordstrand.
www.hannes-nygaard.de


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