Nygaard | Hoch am Wind | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Hinterm Deich Krimi

Nygaard Hoch am Wind

Hinterm Deich Krimi

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Reihe: Hinterm Deich Krimi

ISBN: 978-3-96041-320-2
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Nygaards Kultkommissare ermitteln auf hoher See.

Der Husumer Kommissar Große Jäger und sein Team stehen vor einem Rätsel: Wer ist die Tote in Seglerkleidung, die im Wattenmeer gefunden wurde? In der geheimnisvollen Welt der Inseln und Halligen stoßen sie auf verdächtige Segler, streitlustige Besatzungen und verschworene Kameradschaften – und bald schon müssen die Husumer erkennen, dass auf dem Wasser ganz eigene Gesetze gelten.
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ZWEI
Eine Stunde später saß Seeler dem Husumer Oberkommissar Große Jäger gegenüber. Der Polizeihauptmeister hatte Kaffee gekocht und schenkte bereits die dritte Tasse nach. »Wir sind so weit durch«, sagte Große Jäger und schlürfte am heißen Getränk. »Gut«, sagte er anerkennend. »Macht doch einen Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau Kaffee aufsetzt.« »Ich bin mit meiner Wiltrud zufrieden«, erwiderte Seeler. »Auch Kaffee kochen kann sie.« Große Jäger klopfte mit der flachen Hand auf den Aktendeckel vor sich. »So ein Blödmann. Der Warnschuss vom letzten Mal hat offensichtlich nicht gereicht. Begreift Hähnel das nicht, dass er seinen Nachbarn weder beschimpfen noch verunglimpfen darf? Jetzt hat er schon wieder eine Anzeige wegen Verleumdung am Hals. Dieser Trottel. Läuft durch die Stadt und behauptet, der Nachbar würde es mit Ziegen treiben.« »Die Fehde zwischen den beiden ist in Tönning legendär. Das nimmt schon keiner mehr für voll.« »Ich würde es auch ignorieren. Aber wir müssen der Anzeige nachgehen. Ich war vorhin bei Hähnel. Der hat mir glatt einen Küstennebel angeboten. Ich vermute, das war nicht sein erster heute. Der soll mit dem Saufen aufhören, habe ich ihm gesagt. Dann hat er mich angegrinst. ›Wieso? Der komische Typ im Fernsehen hat doch auch behauptet, der türkische Präsident würde Ziegen vögeln.‹ Ich habe ihm erklärt, dass solche Beleidigungen strafbar sind. Außerdem ist sein Nachbar … Da ist er mir glatt ins Wort gefallen und hat gesagt, auch Sachsen ist alles zuzutrauen.« Große Jäger schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »So ein Idiot.« Er nahm den nächsten Schluck zu sich. »Gibt’s sonst noch was?« Er hob die Kaffeetasse leicht an. »Für das Gesöff komme ich glatt ein weiteres Mal zu euch nach Tönning.« Seeler lachte laut auf. »Den Rest erledigen wir allein.« Dann schien ihm etwas einzufallen. »Du kannst natürlich eine Frau suchen.« Große Jäger winkte ab. »Eine reicht mir.« »Ist keine Ärztin«, erwiderte Seeler. Das war der Fluch des platten Landes. Offenbar wusste jeder der achtzehntausend Eiderstedter von der Liaison des Oberkommissars mit der Gardinger Ärztin Heidi Krempl. »Unser Wallstreetmanager vermisst seine Frau.« »Wallstreetmanager?« Große Jäger zog fragend eine Augenbraue in die Höhe. »Ja, der Leiter unserer Sparkasse.« Der Oberkommissar zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Von der da drüben?« »Nee. Das ist die Nord-Ostsee-Sparkasse. Muchow ist Zweigstellenleiter der Uthlande-Sparkasse. Die ist hinten beim Rathaus. Gleich rechts um die Ecke.« »Und der vermisst seine Frau?«, wollte Große Jäger wissen. Seeler berichtete vom Besuch Muchows. »Ich habe ihn wieder nach Hause geschickt.« »Kennst du seine Frau?« Seeler grinste. »Mensch, ich bin glücklich verheiratet.« »So meine ich das auch nicht.« Der Polizeihauptmeister rieb sich die Nasenspitze. »Die ist zur kranken Tante nach Münster gefahren. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie sich bei der Gelegenheit von einem jungen Assistenzarzt privat ausführlich untersuchen lässt.« Jetzt grinste auch Große Jäger. »Das sollen die untereinander ausmachen.« Im zweiten Versuch gelang es Große Jäger, sich zu erheben. »Danke für den Kaffee« sagte er. »Mach’s gut, Uwe.« »Seeler – ja, Uwe – nein«, erwiderte der Schutzpolizist. »Und wenn du noch einen Kaffee möchtest … Kannst ja Muchow in seiner Spaßkasse besuchen.« Der Oberkommissar verließ die Polizeistation durch den Hintereingang. Große Jäger stolperte auf den beiden abwärtsführenden Stufen, ruderte mit den Armen, fing sich und ging zu den für die Polizei reservierten Stellplätzen auf dem Hinterhof, der gegenüber von einer Garagenanlage mit himmelblauen Türen begrenzt wurde. Auch auf der Rückseite hatte man das zweisprachige Schild mit dem Landeswappen und der Aufschrift »Polizei – Politii« angebracht. Er stieg in den Ford Focus aus dem Dienstwagenpool und umrundete das Gebäude der Nationalparkverwaltung. Es waren nur etwas mehr als zweihundert Meter bis zum Ende des Marktplatzes. Er fand eine Parkmöglichkeit direkt vor der Stadtverwaltung und suchte die Zweigstelle der Sparkasse auf. Die junge Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt sah auf, als er den Kassenraum betrat. »Moin. Ich suche Herrn Muchow.« »Moment«, sagte sie, ging zu einer offenen Tür und informierte den Zweigstellenleiter, dass ein Besucher ihn zu sprechen wünsche. Kurz darauf tauchte Muchow auf. »Ja, bitte?« Große Jäger kramte seinen Dienstausweis hervor und hielt ihn so, dass die junge Frau nichts erkennen konnte. »Ich hätte Sie gern privat gesprochen«, sagte er. »Privat?«, echote Muchow. »Um was geht es denn?« »Sie haben vor Kurzem jemandem einen Besuch abgestattet.« »Einen Besuch abgestattet?« Für einen Moment schien Muchow ratlos zu sein, dann begriff er. »Kommen Sie bitte«, sagte er, zeigte auf den gläsernen Besprechungsraum und schloss hinter sich und Große Jäger die Tür. Er zeigte sein Erstaunen darüber, dass so kurz nach seinem Besuch bei der örtlichen Polizei die Kriminalpolizei vorstellig wurde. »Ich war zufällig in einer anderen Sache vor Ort«, erklärte Große Jäger. »Der Kollege Seeler hat recht, dass er zum Abwarten rät. In allen anderen Fällen würde ich ihm zustimmen, da Sie aber eine Position in einem sensiblen Wirtschaftszweig innehaben, interessieren mich schon ein paar Details.« Er ließ sich von Muchow noch einmal das vortragen, was der Sparkassenleiter mit Seeler besprochen hatte. »Sie haben versucht, Ihre Frau zu erreichen?« Muchow bestätigte es ausdrücklich. Dann fragte Große Jäger nach dem Namen der erkrankten Tante und ließ sich deren Anschrift und Telefonnummer geben. Ein Handy, versicherte Muchow, habe Tante Hilde nicht. »Ist Ihre Frau berufstätig?« »Ja«, erklärte Muchow. »Sie arbeitet halbtags im Kirchenbüro von St. Laurentius.« Er zeigte aus dem Fenster. »Gleich da drüben.« Große Jäger fragte noch nach Muchows Handynummer und verabschiedete sich. Sein Weg führte ihn über die Bootfahrt und den Marktplatz, der fast ein wenig an ein an der Spitze stumpfes Dreieck erinnerte. Dort stand die mittelalterliche Saalkirche St. Laurentius mit ihrem weithin sichtbaren Barockturm, der den Marktplatz überragte und schon aus der Entfernung die kleine Stadt an der Eidermündung ankündigte. Hinter der Kirche lag das Pastorat mit dem Kirchenbüro in einem unscheinbaren weißen Haus, an dessen Fassade vier Rosenstöcke gepflanzt waren. Die Holz-Kassettentür war verschlossen. Er klingelte. Eine Frau in einer Kittelschürze öffnete ihm, nachdem er zuvor durch die geschlossene Tür das Brummen eines Staubsaugers gehört hatte. »Ich wollte eigentlich Frau Muchow sprechen«, sagte er. »Die ist nicht da.« »Und wer kann mir Auskunft erteilen?« »De Paster«, erklärte die Frau kurz und bündig. »Komm’ Sie man mit dörch.« Er folgte ihr, umrundete den Staubsauger in der Diele und stand kurz darauf dem Pastor gegenüber. »Pastor Seifert«, stellte sich der Mann mit dem mächtigen Bauch, der dicken Hornbrille und dem schütteren Haar vor. Jeans und ein buntes Karohemd ließen ihn nicht wie einen Geistlichen aussehen. »Große Jäger, Polizei Husum. Vorweg sei angemerkt, dass mein Besuch reine Routine ist. Ich bin zufällig in einer anderen Sache in Tönning gewesen. Frau Muchow arbeitet in Ihrem Büro?« Der Pastor bestätigte es. »Halbtags. Ist etwas mit ihr? Sie sollte eigentlich gestern Vormittag wieder hier sein.« Eine Spur Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. »Es gibt keinen Anlass zur Sorge«, versicherte Große Jäger. »Ich habe heute Morgen mit dem Ehemann telefoniert. Er arbeitet gleich um die Ecke bei der Sparkasse. Robert hat gesagt, Berrit müsse sich um eine erkrankte Tante kümmern. Er wisse nicht, wann sie wiederkomme. Das ist ein Zufall, dass sie gerade jetzt ihre Tante besucht.« »Wieso?« »Sie hat Donnerstag und Freitag letzter Woche Urlaub genommen.« »Kurzfristig?« Pastor Seifert schüttelte den Kopf. »Nein. Das haben wir schon vor ein paar Wochen besprochen. Das war langfristig geplant.« »Hat sich Frau Muchow bei Ihnen gemeldet und Bescheid gesagt, dass sie nicht zeitig zurückkommt?« Noch einmal schüttelte Seifert den Kopf. »Das macht mich stutzig. Berrit ist die Zuverlässigkeit in Person. Das ist noch nie vorgekommen. Deshalb habe ich auch beim Ehemann nachgefragt. Aber der hat mich beruhigt und gesagt, alles sei in Ordnung.« Große Jäger bedankte sich beim Pastor und fuhr nach Husum zurück. Merkwürdig, dachte er unterwegs. Muchows Aussage ihm und dem Polizisten Seeler gegenüber klang anders. Warum hatte sich Berrit Muchow nicht bei ihrem Mann und im Kirchenbüro gemeldet? Im Flur des Polizeigebäudes in der Poggenburgstraße traf er Hundt. Der Hauptkommissar strafte ihn mit Missachtung, drehte sich aber im Vorbeigehen um, als Große Jäger zur Begrüßung bellte. Große Jäger riss die Bürotür mit Schwung auf, sah Cornilsen an und hob lässig die Hand, dann deutete er eine leichte Verbeugung in Richtung des leeren Schreibtisches im Hintergrund an und meinte: »Moin, Christoph. Hier sind nur Trottel unterwegs. Zu deiner Zeit durften tollwütige Hunde nicht frei herumlaufen.« »He, he«, beschwerte sich Cornilsen. »Was soll das heißen: Hier laufen nur Trottel herum?« »Denk nach, Hosenmatz«, erwiderte Große Jäger. »Du sitzt doch, oder?« Cornilsen zeigte sich zufrieden und wollte wissen, wie die...


Hannes Nygaard ist das Pseudonym von Rainer Dissars-Nygaard. 1949 in Hamburg geboren, hat er sein halbes Leben in Schleswig-Holstein verbracht. Er studierte Betriebswirtschaft und war viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Hannes Nygaard lebt auf der Insel Nordstrand.


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