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E-Book, Deutsch, 400 Seiten

null URIEL

Benders vierter Fall

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-943926-04-0
Verlag: HePeLo-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In einem kleinen Dorf im Bayerischen Wald tobte vor Jahrzehnten ein unerbittlicher Bandenkrieg. Längst ist der Ort von der Bildfläche verschwunden. Übrig sind nur noch die finsteren Erinnerungen Uriels an das Schicksal seines Vaters, der in seinen Augen das größte Opfer dieser Vergangenheit war. Getrieben von Hass und Rachegelüsten nutzt Uriel 50 Jahre nach der Auflösung des Dorfes die Gelegenheit – und rechnet ohne Skrupel ab. Kommissar Ralf Benders persönlichster Fall.
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RAPHAEL • DER ANFANG VOM ENDE? „Bis hierher sind wir also gekommen, der Herr ist mein Zeuge. Du hast es rechtzeitig geschafft, gut, ich bin das Spiel ohnehin leid.“ Raphael stand mit einem überheblichen Grinsen am höchsten Punkt des Baumeis. Das architektonische Meisterwerk, gebaut aus Holz, dem Werkstoff des Bayerischen Waldes, bot jedem, der es bis ganz nach oben schaffte, einen atemberaubenden Blick über die Berge der Region und erlaubte bei passender Wetterlage eine Aussicht bis zu den Ausläufern der Alpen. Es war so ein Tag. Stahlblau der Himmel, jede noch so tollkühne Wolke war bereits geschmolzen, wie das Glas in den Hochofen der Hütten, die bis heute die Jahrhunderte alte Tradition des Waldes am Leben hielten. Doch Raphael hatte keinen Blick für die Schönheit, die ihn umgab. Er schrie: „Mein Name ist Raphael“, als der andere ihn mit Ernst Gallbauer anspricht. Er kümmerte sich dabei nicht um die Besucher, die ihn und seinen Kontrahenten ängstlich ansahen, zurückwichen, ihre Handys zückten und mit Entsetzen Leute anriefen, facebook-Botschaften verschickten und den Namen „Raphael“– mit einem Hashtag versehen – twitterten. Er war ganz und gar Racheengel des Herrn. Und er war Todesengel des Herrn. Er war entschlossen, spürte aber ein wenig Unsicherheit, denn sein Gegenüber stand ihm in Entschlossenheit in nichts nach. „Was macht der Rücken?“, fragte Raphael und erwartet keine Antwort. Mein ist die Rache, schoss es ihm durch den Kopf und doch: Sollte er seinen Meister auf Erden gefunden haben? Er zweifelte nur den Bruchteil einer Sekunde und wünschte im selben Moment, er könnte sich für diesen Ungehorsam geißeln. Doch die Dornen mussten warten. Nein, er brauchte die Dornen gar nicht, denn sein Auftrag war so klar wie niemals zuvor. „Ich!“, schrie Raphael, „ich bin der Racheengel des Herrn. Ich bin der Todesengel des Herrn!“ • „Ja“, sagte Kriminalhauptkommissar Ralf Bender, „bis hierher sind wir gekommen. Und heute wird es enden!“ Er war den letzten Kilometer gerannt. Über Holzstege, die in bis zu 20 Meter Höhe und darüber hinaus zwischen Baumkronen in Richtung Aussichtspunkt führten. Noch vor drei Jahren, als die teuflische Reise begann, die ihn bis zu diesem Punkt gebracht hatte, wäre er hoffnungslos unterlegen, wäre nach wenigen Metern erschöpft zusammengebrochen. Doch jetzt: Er war fit wie nie in seinem Leben. Der unbändige Wille, zu Ende zu bringen was unvermeidbar war, trieb ihn an, gab ihm eine Kraft, die beinahe übermenschlich war. Hier würde sich sein, nein, hier würde sich ihrer beider Schicksal entscheiden. Es war egal, wie es danach weiterging, wichtig war nur, wie es heute enden würde. Er knurrte alle, die sich auf der Plattform befanden oder dabei waren, über die letzten Stufen nach oben zu kommen, bedrohlich an. Sie sollten verschwinden. Es war eine Sache zwischen ihm und Ernst Gallbauer. Und es sollten nicht noch mehr unschuldige Menschen sterben. • „Bender, es ist vorbei, wenn ich es sage“, lächelte Raphael. „Daran wirst du, wird niemand etwas ändern können. Der Herr ist mein Zeuge.“ • „Verdammter Mist“, fluchte Benno Seifeld rund 30 Minuten zuvor, „hört das denn niemals auf“? Seit sich die Neuigkeiten wie ein Lauffeuer verbreiteten, stand sein Telefon nicht mehr still. Benno Seifeld hatte dem Tagblatt und dem, wie er fand, unseligen Zeitungsgeschäft den Rücken gekehrt, wurde stattdessen Pressesprecher des Nationalparks. Und jetzt das. Es war noch nicht einmal neun Uhr morgens und schon lief alles aus dem Ruder. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie eine ganze Pressemeute ausschwärmte, um einen Showdown zu erleben, der selbst die Hysterie nach dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft in den Schatten stellen würde. Noch konnte er allerdings nicht ahnen, was rund um das Baumei gleich los sein würde. • Als das Telefon läutete, tigerte Manuela Hentschel ungeduldig in der Grafenauer Polizeiinspektion auf und ab. Franz Schaller saß seit mehr als einer halben Stunde an seinem Rechner und brachte keine Ergebnisse. „Oh mein Gott“, stöhnte sie, als das kurze Gespräch mit Bender wieder beendet war. „Er ist ihm auf den Fersen, sie fahren Richtung Neuschönau.“ „Er hat Raphael?“ Schaller schauderte bei seinen eigenen Worten. „Sag diesen Namen nicht, er heißt Gallbauer aber ja, er hat ihn, beinahe zumindest. Er jagt über die Nationalparkstraße, Gallbauer hat ihm offensichtlich telefonische Anweisungen gegeben. Bender ist entschlossen, es zu Ende zu bringen. Franz, wir müssen ihm helfen.“ „Ich bin dabei, also Richtung Neuschönau,“ sagte Franz Schaller, als Manu den Wagen startete. „Verdammt, ja. Aber inzwischen könnten sie schon wieder ganz woanders sein.“ Menschen sprangen verängstigt zur Seite, als Manuela Hentschel unaufmerksam an einem Hotel in Rosenau vorbei raste. „Geh du ran“, drängte sie Franz Schaller, als ihr Handy erneut läutete. • „Wer sind Sie? Pressesprecher? Seifeld? Kenn’ ich nicht. Was können Sie zu dem Fall beitragen?“ Manu hätte beinahe einen Unfall verursacht, als sie Schaller das Handy entriss. • „Seifeld sagt, sie rennen in Richtung Baumei, wie Bender es vermutet hat. Schau mich nicht so blöd an, Franz, sie nennen diesen Aussichtspunkt so. Aber Neuschönau war ein Volltreffer.“ Als Manu den Parkplatz des Nationalparks erreichte, standen bereits drei verwaiste Streifenwagen in den Gassen zwischen den parkenden Autos. Ein Schlagbaum war zersplittert, am Heck eines Lieferwagens klebte Benders BMW. • Manu entdeckte Benno Seifeld, der beschwichtigend und gestikulierend auf einige Passanten einredete. Als er die Kommissarin sah, unterbrach er seinen Redeschwall augenblicklich und stürmte auf sie zu. „Ich habe alle Ranger, die ich kriegen konnte, am Baumei postiert. Auch einige Ihrer Kollegen sind schon am Eingang. Doch sie werden der anstürmenden Menschenmasse nicht mehr Herr. Alle wollen da hoch, es ist irre.“ Wie zum Beweis krächzte eine Stimme aus seinem Funkgerät. „Wir brauchen hier mehr Leute, das schaffen wir nicht mehr lange.“ Benno Seifeld flehte Manu an: „Sie hören es, wir brauchen mehr Leute.“ „Sind unterwegs aber es wird noch einige Zeit dauern. Sie bleiben hier und sagen den Kollegen wo sie hin müssen.“ Schon stürmte sie, Schaller im Schlepptau, in die Richtung los, in die Seifeld gezeigt hatte. Mit gezogener Waffe rannte sie auf den Kassenbereich zu und teilte die Menge mit drohenden Gesten. Fotoapparate klickten, Kameras wurden auf sie gerichtet, doch Manuela Hentschel hatte nur ein Ziel: Ralf Bender. Sie hörte die Sirenen nahender Polizeiwagen und hielt einen Moment inne. Geschrei, Tumult, heran eilende Polizeibeamte, alles schien für einen Moment in Zeitlupe abzulaufen. Sie gab einen Schuss in die Luft ab und erzielte die Wirkung, die sie erhoffte: Mit einem Mal war alles still. Der Knall hatte die Meute– zumindest für den Moment – zum Innehalten gebracht. Schon waren genug Beamte da, die die Situation unter Kontrolle bringen konnten. Die Schaulustigen wichen zögernd zurück, beugten sich scheinbar der Übermacht. Doch der Mob war noch nicht geschlagen. Jemand schrie: „Ihr habt nicht das Recht uns aufzuhalten. Da oben ist der Mörder, da ist Raphael, den holen wir uns, die Sau.“ Schon drängte die aufgewiegelte Menge wieder in Richtung Eingang. Ein weiterer Schuss fiel, diesmal war er nicht ins Leere abgegeben worden. Ein junger Polizeibeamter blickte fassungslos zwischen seiner Pistole und einer Frau, die schreiend zu Boden gesunken war, hin und her. Als sei sie ansteckend, wich die Meute von ihr ab. Es sah aus, als bilde die verwundete Frau eine unüberwindliche Mauer zwischen der aufgebrachten Menge und denjenigen, die sie am Sturm auf das Baumei hindern wollten. Es waren die Sekunden die entscheiden, ob sich die Situation beruhigt oder aus dem Ruder läuft. Jener Moment, in dem ausgerechnet Franz Schaller das Richtige tat, beziehungsweise sagte: „Ist ein Arzt hier?“ Gleich zwei Männer drängten sich durch das Knäuel Adrenalin durchfluteter Menschen und versuchten der verletzten Frau zu helfen. Zeit genug, den traumatisierten Polizeibeamten zur Seite zu nehmen und sich so zu positionieren, dass der Eingang zum Baumwipfelpfad endgültig abgesperrt war. „Sie hat Glück gehabt, ein glatter Durchschuss, sie wird es schaffen“, sagte einer der beiden Ärzte, als spiele er die Hauptrolle in einem TV-Drama und warf einem der Umstehenden seinen Autoschlüssel zu. „Mein Wagen steht gleich da unten, weißer Q 7, ist nicht zu übersehen, holen sie meinen Koffer. Und jemand muss den Notarzt rufen.“ Mehrere Personen nutzen die Chance von dem Ort wegzukommen, boten sich an, zu helfen, den Wagen zu suchen, andere gingen weg oder drückten geschäftig die Nummer des Notrufs. Der Rest stand unentschlossen herum und versuchte zu begreifen, was gerade passiert und welcher Teufel der Raserei in sie gefahren war. „Danke Franz, dafür hast du nicht nur bei mir etwas gut“, sagte Manu zu ihrem jüngeren Kollegen, der sie verlegen und breit angrinste. Aus wilder Raserei war dank seiner Worte peinlich betretenes Schweigen geworden. Und doch, der Höllenritt, die Hysterie des Todes war noch lange nicht vorbei. • Benno Seifeld hastete durch die Menge auf Manuela Hentschel zu. Ein Nationalparkranger hinderte mit einem lautstarken: „Der gehört zu uns“, einen Polizeibeamten daran, einen weiteren Fehler zu begehen. „Oh mein Gott“, stöhnte Manu, nachdem sie kurz mit Seifeld gesprochen hatte und sah Franz...


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