Buch, Deutsch, Band Bd. 89, 384 Seiten, PB, Format (B × H): 150 mm x 220 mm, Gewicht: 680 g
Reihe: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde
89. Band 2020
Buch, Deutsch, Band Bd. 89, 384 Seiten, PB, Format (B × H): 150 mm x 220 mm, Gewicht: 680 g
Reihe: Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde
ISBN: 978-3-7395-1289-1
Verlag: Verlag für Regionalgeschichte ein Imprint von Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG
Über kaum eine andere Epoche wird so intensiv diskutiert und mit so viel Leidenschaft gestritten wie über das 20. Jahrhundert. Die Diskussionen um den Nationalsozialismus und seine Folgen sind aktuell wie nie. Diese Gegenwart der Vergangenheit wird in den neuen Lippischen Mitteilungen thematisiert. Aber auch die anderen historischen und naturwissenschaftlichen Beiträge zeigen die große Vielfalt und Lebendigkeit von Geschichte und Tier- und Pflanzenwelt in Lippe.
https://www.regionalgeschichte.de/detailview?no=1289
Zielgruppe
0. Mitglieder des NHV
1. Lipper
2. Zeithistoriker
3. Landeshistoriker Westfalen
4. Landesbibliotheken
5. Landes/Staatsarchive
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Editorial • 11
Schwerpunkt: Ostwestfalen-Lippe im 20. Jahrhundert
Wolfgang Bender: »Die Grippe greift immer weiter um sich.«Die Spanische Grippe des Jahres 1918 in Lippe und ihre Folgen • 15
Kerstin Kalkreuter. Der »Sozialismus der Tat«. Die Arbeiterwohlfahrt in Lippe von ihren Anfängen bis 1933 • 33
Michael Spehr: Zwangssterilisierung und »Euthanasie« auf dem Wittekindshof • 55
Uwe Kaminsky: Paternalistische Verschwiegenheit - Bethel, die Zwangssterilisation und NS-»Euthanasie« • 69
Margret Hamm: Zwangssterilisierte und »Euthanasie«. Opfer zwischen Stigmatisierung und Ausgrenzung im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik • 89
Thomas Dann: »Judenmöbel« in Lippe. Über den Umgang mit den mobilen Hinterlassenschaften geflüchteter, vertriebener oder deportierter lippischer Personen jüdischen Glaubens in der NS- und Nachkriegszeit • 101
Alexander Friedmann: Arminius der Cherusker, Friedrich Engels und Lion Feuchtwanger. Die Schlacht im Teutoburger Wald (9 n. Chr,) und deren Rezeption in der stalinistischen Sowjetunion am Vorabend des Zweiten Weltkrieges • 131
Uli Veith (Nachwort Jürgen Scheffler): Verschlagen nach Lage. Aus Berlin in die Provinz • 147
Florian Lueke: Erste Kommunalwahlen nach der Gebietsreform 1969. Als die NPD im Lemgoer Stadtrat saß • 165
Geschichte
Jörg Wunschhofer: Das Domkapitel Paderborn und das Land Lippe • 173
Tim Rieke: Textliche Gestaltungen von Urkunden zu Güterübertragungen an Klöster am Beispiel des Kloster Falkenhagen bei Lügde • 193
Willy Gerking: Aus dem Leben des Christoph Wolrad Eggerding, Amtmann in Schwalenberg • 215
Heiko Hungerige / Hansi Hungerige: Das Gedenkkreuz für Johannes Franziskus Hungerge (1799-1843) auf dem Bickelberg in Feldrom (Horn-Bad Meinberg) • 243
Ingo Löppenberg: Preußen und Lippe als Kulturstaaten im 19. Jahrhundert. Bildungspolitik, Kulturpflege und Denkmalschutz im Vergleich • 255
Naturwissenschaften
Heinrich Biermann / Dietrich Horstmann: Die Schmetterlingssammlung von Friedrich Brokmeier (1893-1968) im Lippischen Landesmuseum in Detmold • 285
Jürgen Braunsdorf: Schutz des Feuersalamanders im LWL-Freilichtmuseum Detmold. Ein Artenhilfsprojekt im Rahmen der Biodiversitätsstrategie des Kreises Lippe • 301
Manfred Hofmann: Das Quellgebiet der Strothe zwischen Schlangen-Kohlstädt und Horn-Bad Meinberg • 317
Buchbesprechungen
Ulrich Andermann / Fred Kaspar, Leben im Reichsstift Herford. Stiftsfrauen, Priester, Vikare und Bürger. 2019 (Anne Diekjobst) • 327
Friedrich Brakemeier / David Merschjohann / Bärbel Sunderbrink (Hg.), 50 Jahre »neue« Stadt Detmold. Gegner, Befürworter und Folgen der Kommunalen Neugliederung von 1970. 2020 (Carsten Doerfert) • 330
Annette Fischer (Hg.), Geschichte der Dörfer Schlangen, Kohlstädt, Oesterholz und Haustenbeck. Bd. 3. 2020 (Wilhelm Hagemann) • 331
Maren-Sophie Fünderich, Wohnen im Kaiserreich: Einrichtungsstil und Möbeldesign im Kontext bürgerlicher Selbstrepräsentation. 2019 (Thomas Dann) • 338
Stefan Gerber (Hg.), Das Ende der Monarchie in den deutschen Kleinstaaten. Vorgeschichte, Ereignis und Nachwirkung in Politik und Staatsrecht 1914-1939. 2018 (Bärbel Sunderbrink) • 341
Mayarí Granados / Jürgen Scheffler / Fabian Schröder (Hg.), Reiselust. Der Amsterdamer Künstler Martin Monnickendam in Lippe und im Weserbergland 1923. 2020 (Christiane Cantauw) • 345
Wolfgang Günther / Oliver Nickel / Ulrike Pastoor (Hg.), Das Sozialwerk Stukenbrock. Impulse für Forschung und Musealisierung. 2020 (Jürgen Scheffler) • 348
Katrin Jaspers / Wilfried Reininghaus (Bearb.), Westfälisch-lippische Kandidaten der Januarwahlen 1919. Eine biographische Dokumentation. 2019 (Bärbel Sunderbrink) • 351
Frank Konersmann, Der Heilpädagoge Herbert Müller in Eben-Ezer. Biographie eines Schul- und Anstaltsleiters (1906-1968). 2019 (Jürgen Scheffler) • 353
Gerhard Kuebart / Matthias Altevogt / Michael Bischoff (Hg.), St. Marien zu Lemgo. Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde. 2020 (Anne Diekjobst) • 356
Philipp Müller, Geschichte machen: Historisches Forschen und die Politik der Archive. 2019 (Peter Steinbach) • 359
Jürgen Scheffler (Hg.), The German-Jewish Dilemma. The Story of the Hochfeld Family from the 18th Century until Today. 2019 (Sara Elkmann) • 365
Dominique Schröder, »Niemand ist fähig das alles in Worten auszudrücken«. Tagebuchschreiben in nationalsozialistischen Konzentrationslagern 1939-1945. 2020 (Peter Steinbach) • 367
Stefan Wiesekopsieker, 100 Jahre Landwirtschaftliche Buchführungs-Genossenschaft Lippe eG 1920-2020. 2020 (Heinrich Stiewe) • 372
Vereinschronik 2019/2020 • 377
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter • 383
Die diesjährige Ausgabe der Lippischen Mitteilungen beschäftigt sich im Schwerpunkt mit dem 20. Jahrhundert. Über kaum eine andere Epoche wird so intensiv diskutiert und mit so viel Leidenschaft gestritten – nicht umsonst wird die Zeitgeschichte oftmals auch als »Streitgeschichte« bezeichnet. Neben der besonderen Bedeutung der historischen Ereignisse, als Beispiel genannt seien die Revolution von 1918, der Zerfall der Weimarer Republik, der Nationalsozialismus oder auch die 68er-Bewegung, die oftmals tiefgreifende Zäsuren setzten, spielen bei der Bewertung dieser Zeiten auch individuelle Erfahrungen und Sichtweisen, bedingt durch die zeitliche Nähe, eine wichtige und nicht zu unterschätzende Rolle. So sind die Diskussionen um den Nationalsozialismus, seine Folgen und besonders die damit verbundene Vergangenheitsbewältigung aktuell wie nie. Es ist sicher nicht übertrieben, von einer »Gegenwart der Vergangenheit« zu sprechen.
Diese Gegenwart der Vergangenheit können wir auch mit den Beiträgen der Lippischen Mitteilungen unter Beweis stellen: Wolfgang Bender eröffnet den Schwerpunkt mit einer Untersuchung zur Ausbreitung einer historischen Pandemie. Unter dem Titel »Die Spanische Grippe des Jahres 1918 in Lippe und ihre Folgen« untersucht er deren lokalen Verlauf und zieht Parallelen zur heutigen Corona-Pandemie. Damit ist dieses Thema an Aktualität kaum zu überbieten. Kerstin Kalkreuter berichtet über den »Sozialismus der Tat« und analysiert die Arbeiterwohlfahrt in Lippe von ihren Anfängen bis 1933.
Besonders freuen wir uns über die Beträge von Michael Spehr, Uwe Kaminsky und Margret Hamm. Alle drei Aufsätze entstanden als Vorträge im Rahmen einer Kurztagung zum Thema »Zwangssterilisation und ›Euthanasie‹ im Nationalsozialismus und ihre Aufarbeitung in OWL«, die am 4. Februar 2020 vom Landesarchiv NRW Abt. OWL und dem Stadtarchiv Detmold veranstaltet wurde. Michael Spehr berichtet über »Zwangssterilisierung und ›Euthanasie‹ auf dem Wittekindshof«, Uwe Kaminsky wirft einen Blick auf die »Paternalistische Verschwiegenheit« und untersucht die Zwangssterilisation und NS-»Euthanasie« in Bethel. Magret Hamm nimmt die Perspektive der Opfer ein und berichtet über »Zwangssterilisierte und ›Euthanasie‹-Opfer zwischen Stigmatisierung und Ausgrenzung« im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik.
Auch Thomas Dann greift die Zeit des Nationalsozialismus auf und untersucht unter dem Titel »›Judenmöbel‹ in Lippe. Über den Umgang mit den mobilen Hinterlassenschaften geflüchteter, vertriebener oder deportierter lippischer Personen jüdischen Glaubens in der NS- und Nachkriegszeit« die wirtschaftliche Ausbeutung der jüdischen Bevölkerung und die (Nicht-)Aufarbeitung dieser Vorgänge. Alexander Friedmann blickt mit neuer Perspektive auf das berühmteste lippische Denkmal und betrachtet »Das Hermannsdenkmal aus sowjetischer Sicht«.
Immer dann, wenn zwischen historischen Fakten und persönlichem Erleben und Erinnern eine Diskrepanz entsteht, treffen unterschiedliche Positionen mit großer Vehemenz aufeinander. So rief der letztjährige Beitrag von Margret Rottleuthner-Lutter und Hubert Rottleuthner mit dem Titel »Abitur 1968 – Hintergründiges« zahlreiche, z. T. emotionale Reaktionen hervor. Wir als Redaktion freuen uns über Debatten und Austausch, denn nur so funktioniert wissenschaftliche Forschung und Erkenntnisgewinn – doch war der Ton der Auseinandersetzung nicht immer von Sachlichkeit geprägt. Besonders froh sind wir deshalb über die Möglichkeit, die Quellen selbst zum Sprechen bringen zu können. Unter dem Titel »Verschlagen nach Lage. Aus Berlin in die Provinz« drucken wir einen Radiobeitrag von Uli Veith (WDR 5) aus dem Jahr 1994 ab, der die Lemgoer Schulleiterin Käthe Aettner und ihre Weggefährtinnen selbst zu Wort kommen lässt. Jürgen Scheffler zeigt in seinem Nachwort auf, welche Leerstellen es in der Erforschung dieser Lehrerinnenbiografien bis heute gibt.
Florian Lueke wagt schließlich den Sprung in die jüngere Zeitgeschichte der 1960er Jahre mit einer Untersuchung zur »NPD im Lemgoer Stadtrat«. Damit schließt er den Schwerpunkt zum 20. Jahrhundert ab.
Darüber hinaus finden sich im historischen Teil weitere interessante Aufsätze, die sich anderen Epochen der lippischen Geschichte widmen. So schildert Jürg Wunschhofer in seinem Aufsatz »Das Domkapitel Paderborn und das Land Lippe« die vielfältigen Verbindungen der beiden Territorien im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Tim Rieke untersucht die »Semantiken der Güterübertragung in klösterlichen Urkunden am Beispiel des Kloster Falkenhagen bei Lügde« und liefert einen spannenden Beitrag zur regionalen mediävistischen Forschung. Willy Gerking beschäftigt sich mit der unglücklichen Biografie des Schwalenberger Amtmanns Christoph Wolrad Eggerding aus dem18. Jahrhundert. Heiko und Hansi Hungerige stellen ein ungewöhnliches Gedenkkreuz für ihren 1843 verstorbenen Vorfahren Johannes Franciscus Hungerge in Feldrom (Horn-Bad Meinberg) vor. Ingo Löppenberg vergleicht schließlich »Preußen und Lippe als Kulturstaaten im 19. Jahrhundert« und schließt damit den historischen Teil der Lippischen Mitteilungen ab.
Im naturwissenschaftlichen Teil freuen wir uns, drei interessante Aufsätze präsentieren zu können: Im ersten Beitrag von Heinrich Biermann und Dietrich Horstmann wird der Brückenschlag zwischen Naturwissenschaft und Geschichte vollzogen: Die beiden Autoren widmen sich der »Schmetterlingssammlung von Friedrich Brokmeier (1893-1968) im Lippischen Landesmuseum Detmold«. Auch Jürgen Braunsdorf schafft eine Verbindung zwischen Museum und Natur und präsentiert unter dem Titel »Schutz des Feuersalamanders im LWL-Freilichtmuseum Detmold« ein Artenhilfsprojekt im Rahmen der Biodiversitätsstrategie des Kreises Lippe. Abschließend untersucht Manfred Hofmann »Das Quellgebiet der Strothe zwischen Schlangen-Kohlstädt und Horn-Bad Meinberg«. Wie immer runden zahlreiche Rezensionen und die Vereinschronik von Wolfgang Bender die Lippischen Mitteilungen ab.
Alle diese Beiträge zeigen wieder einmal die große Vielfalt und Lebendigkeit von Geschichte sowie Tier- und Pflanzenwelt in Lippe. Das Redaktionsteam wünscht viel Freude und großen Erkenntnisgewinn bei der Lektüre der neuen Ausgabe der Lippischen Mitteilungen!
Julia Kathke, Jürgen Scheffler, Tom Steinlein, Heinrich Stiewe und Michael Zozmann