Ein persönliches Arbeitsbuch
E-Book, Deutsch, 236 Seiten
ISBN: 978-3-17-042293-3
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es holt Sie in Ihrer täglichen Funktion in der Feuerwehr, bei der Polizei oder im Rettungsdienst ab und ermöglicht mit vielen selbsterlebten Beispielen und Übungen aus den Blaulichtorganisationen eine gründliche Selbstreflexion. Der Autor redet erfrischend Klartext und scheut auch vor "heißen Eisen" und Tabuthemen nicht zurück.
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[51]2Selbstführung und Psychologie
2.1Fragen zur Selbstreflexion
Tabelle 4: Fragen zur Selbstreflexion 2 – Selbstführung und Psychologie Nr. Frage Ja / Nein / Weiß nicht 1 Ist Ihnen klar, dass Sie als Führungskraft bewusst auf sich selbst achten und sich selbst führen müssen? 2 Ist es für Sie nachvollziehbar, wenn jemand für die Karriere/die Laufbahn sein Privatleben opfert? 3 Sehen Sie bei sich selbst einen Zusammenhang zwischen Ihrem Privatleben und Ihrem Führungsverhalten? 4 Gehen Sie davon aus, dass Sie kreativ sein können, auch wenn Ihr Alltag hektisch und übermäßig ausgefüllt ist? 5 Wissen Sie, was Sie in Ihrer Arbeit innerlich antreibt; kennen Sie Ihre wirkliche Motivation? 6 Arbeiten Sie auch dann weiter, wenn niemand zusieht und Ihre Ergebnisse wertschätzt? 7 Meinen Sie, dass die fachlichen Anforderungen in Beruf und Ehrenamt in den letzten Jahren angestiegen sind? 8 Meinen Sie, dass Sie den fachlichen Anforderungen Ihrer Arbeit auf Dauer gut gewachsen sein werden? 9 Haben Sie selbst eine besondere Methode, wie Sie sich immer wieder fachlich fit halten? 10 Haben Sie den nötigen Abstand zu Problemen und eine gewisse Härte, um Führungskraft sein zu können? 11 Sind Sie sehr harmoniebedürftig und versuchen Sie, es allen Recht zu machen? 12 Würden Sie von sich selbst sagen, dass Sie ein disziplinierter und strukturierter Mensch sind? 13 Merken Sie bei sich selbst, wie Ihre Führungsarbeit Sie seelisch und körperlich belastet? [52]14 Werden Sie im Urlaub/im Dienstfrei/in Ihrer Freizeit nervös und unruhig, wenn es einmal nichts zu tun gibt? 15 Ertappen Sie sich manchmal dabei, wie Sie nutzlose Dinge einfach tun, um Leerlauf und Langeweile zu vermeiden? 2.2Hab Acht auf Dich selbst – Selbstführung
Zielsetzung der Einheit Nachdem es in den vorangegangenen Einheiten um allgemeine Grundlagen der Menschenführung ging, folgen nun wichtige Inhalte zum Thema Selbstführung und Psychologie. Das erste Unterkapitel beschäftigt sich mit der Notwendigkeit, sich selbst zu führen und ist vermutlich das persönlichste des ganzen Buches. Es wird ein wichtiger Zusammenhang verdeutlicht, der in der Praxis oft zu wenig beachtet und gerne ausgeblendet wird: Wer andere Menschen führen will, muss zuerst sich selbst führen wollen und können. Man kann es auch umgekehrt formulieren: Nur wer sich selbst führen kann, kann und sollte auch andere Menschen führen. Erfahren Sie in diesem Abschnitt, was das genau bedeutet und lernen Sie, diesen einfachen Zusammenhang bei sich und anderen zu beobachten und zu beachten. Wer andere beherrschen will, muss sich selbst beherrschen. Karl Martell Habe acht auf dich selbst und auf deine Lehre. Paulus an Timotheus, Die Bibel, 1. Timotheus 4,16 Wenn es Deinen inneren Frieden kostet, ist es zu teuer. Unbekannt Erlebte Geschichte aus dem Rettungsdienst Es war Montagmorgen; die Nachtschicht war ruhig gewesen. Nur drei Einsätze, wovon bei zweien keinerlei Material vom Rettungswagen entnommen werden musste. Mit seinem Kaffee saß er im Lager der Wache und sortierte das wenige Sanitätsmaterial in einen kleinen Korb, um es später im Rettungswagen aufzufüllen. [53]Das war eigentlich nicht seine Aufgabe, aber er war ohnehin immer früh auf den Beinen. In der morgendlichen Ruhe begannen seine Gedanken um alles Mögliche zu kreisen. Ein freier Tag und die neue Woche lagen vor ihm. Ansonsten hatten sich die Zeiten irgendwie geändert. Nicht, dass man es irgendwie beschreiben, beziffern oder mit Händen greifen könnte. Aber nach und nach und von ihm selbst beinahe unbemerkt war ihm alles – das heißt sein ganzes Leben – entglitten. Nur wenige Monate hatte es dazu gebraucht. Er war von seinem Sockel als angesehener Notfallsanitäter in seiner Rettungswache heruntergerutscht, obwohl er nach wie vor Praxisanleiter war und vor einem Jahr eine glänzende Notfall-Sanitäter-Prüfung hingelegt hatte. Ihm selbst kam es mehr als harter Sturz vor, weniger als sanftes Rutschen. Da nützte es auch nichts, dass die Praktikanten immer noch mit Bewunderung zu ihm hochblickten. Er kam immer häufiger unrasiert und unausgeschlafen zum Dienst, was ihm früher nie passiert wäre. Seine Kollegen begannen natürlich, hinter seinem Rücken zu reden. Man befürchtete schließlich, dass irgendwann ein Patient seine Fahrigkeit auszubaden hätte. Zwar hatte er bis heute seinen speziellen Rettungsdienst-Humor behalten, aber der Anteil an Sarkasmus in seinen Witzen war deutlich größer geworden. Seine Entscheidungsfreude im Einsatz war nicht mehr die alte; bei Ausbildungen wanderten seine Gedanken immer wieder zu seiner Familie, vor allem zu seinem Sohn. Niemals hätte er gedacht, dass ihn die Geschichte mit seiner Frau so aus der Bahn werfen könnte. Es war merkwürdig: Fremdgegangen war keiner von beiden, das Eigenheim war fertig, sie hatte beide einen halbwegs gut bezahlten Job. Sie würden ihr Häuschen noch fünfzehn Jahre abzahlen müssen; was aber geschieht im Falle einer Trennung? Und wann hatten die Probleme eigentlich angefangen? Diese Frage konnte er sich beim besten Willen nicht beantworten. Irgendwie hatten sie sich auseinandergelebt. Neuerdings traf seine Frau alte Schulfreunde in den sozialen Medien. Das hatte er mitbekommen und wer weiß, vielleicht waren es mehr als Schulfreunde? Auf seine Fragen erhielt er zuhause immer nur spärliche, ausweichende Antworten. Ihm war, als zöge es ihm die Beine weg; als würde er auf Treibsand stehen. Er fühlte eine grausame innere Leere; ein mächtiges Gefühl der Sinnlosigkeit machte sich in ihm breit. Die Gedanken kreisten auch im Dienst ständig um die »Baustellen« zuhause; sein Ehrenamt betrieb er nur noch, weil es keinen Besseren für die Aufgabe gab. – Wie ferngesteuert trug er den Korb zum Rettungswagen. Draußen begann der Lärm des morgendlichen Berufsverkehrs. Was würde ihn zuhause erwarten? Theoretische Grundlagen Ein Großteil der Führungsarbeit besteht aus dem Lösen von Problemen und Konflikten. Auseinandersetzungen auf der Arbeit sind dabei meist deutlich leichter zu [54]verkraften als Streit und Unfrieden zuhause. Private Probleme können einem den Boden unter den Füßen wegziehen und sind wahrscheinlich häufiger die Ursache für Führungsfehler im dienstlichen Betrieb, als wir alle annehmen. In jedem Fall wirken sich Sorgen und Probleme im Privatbereich auf das Führungsverhalten aus. Es ist kaum machbar, das Eine vom Anderen sauber zu trennen. Am leichtesten zu beobachten, ist dieser Zusammenhang bei Anderen: bei Mitarbeitern und Vorgesetzten. Nicht wenige männliche Kollegen lassen in der Dienststelle »die Sau raus«, weil sie zuhause »unterm Pantoffel stehen«. Das Umgekehrte gilt aber auch: Wer ein erfülltes und zumindest halbwegs glückliches Privatleben hat, kann im Dienst ausgeglichen und berechenbar führen. Nur so kommt die zu Recht erwartete Professionalität im Dienst zustande. Bild 7: Selbstführung – Zusammenhänge im dienstlichen und privaten Bereich Es gibt also einen nicht zu leugnenden Zusammenhang zwischen meinem Innenleben und meinen Beziehungen im Privaten zu meinem Führungsverhalten im Dienst. Um das Zitat von Karl Martell oben auf eine brutal einfache Formel zu bringen: »Wer sich selbst nicht führen kann, kann auch andere nicht führen«. Der Begriff »Selbstführung« ist dabei eine erstaunlich wenig strapazierte Vokabel. Es wird kaum oder nie darüber gesprochen; für viele (nicht nur Nachwuchs-Führungskräfte) ist der Begriff an sich vollkommen neu. Was also ist damit gemeint? Versuchen wir eine Definition: Sich selbst führen meint zunächst, die eigene Person und das eigene Leben im Griff zu haben; mit sich selbst im Reinen zu sein und auch privat in geordneten Verhältnissen zu leben. Perfektion wird dabei niemals erreicht, nur ein Zustand, dass man ausreichend ausgeglichen und ausbalanciert ist, dass man im dienstlichen Kontext seinen Aufgaben als Führungskraft zufriedenstellend nachgehen kann. Bei diesem Thema weiß ich nicht, wie es Ihnen als Leser bis hierher geht. Vielleicht betrachten Sie eine Abhandlung über diese Dinge als unzulässige Einmischung. Es ist jedenfalls sehr modern, Privates und Dienstliches strikt zu trennen. Das hat natürlich auch gute Gründe. Professionell ist es nicht, wenn [55]Privates unseren Dienst unzulässig beeinflusst. Die Dienststelle ist schließlich keine Einrichtung für Familientherapien. Es gilt neuerdings als professionell, wenn man (v.a....