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E-Book, Deutsch, 786 Seiten

Müller Herrenpartie


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-2826-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 786 Seiten

ISBN: 978-3-7597-2826-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als der junge Rottenführer Franz Seiler im Sommer 1943 mit einem geheimen Einsatzkommando der SS nach Korsika kommt, hat er nach seinen Erlebnissen an der Ostfront und in Tunesien alle Illusionen über den Krieg verloren und innerlich bereits mit dem Nationalsozialismus gebrochen. Da der Auslandsnachrichtendienst in Berlin dem italienischen Achsenpartner und Besatzer Korsikas zunehmend misstraut, soll eine in Zivil und mit falschen Papieren eingeschleuste SS-Einheit angesichts der drohenden Landung der Alliierten die Übernahme der Insel durch das Deutsche Reich vorbereiten oder für den Fall des Misslingens wenigstens korsische Kollaborateure für den Aufbau einer Fünften Kolonne gewinnen. Franz Seiler fällt die Aufgabe zu, seine Vorgesetzten in einem Citroën Traction Avant bei ihren Erkundungen kreuz und quer über die Insel zu fahren und das Fahrzeug einsatzbereit zu halten. Die Fahrten durch die atemberaubenden Landschaften der Mittelmeerinsel und die Beschäftigung mit dem beeindruckenden Fahrzeug lassen Franz' Absicht zu desertieren mehr und mehr in den Hintergrund treten. Als dann jedoch der Rommelschatz, das den Juden Tunesiens geraubte Gold, ins Spiel kommt, gerät Franz Seiler in tödliche Gefahr und wird zur Entscheidung gezwungen.

Helmut Müller hat lange Jahre als Lehrer gearbeitet, doch einen großen Teil seiner Zeit hat er seit Jahrzehnten real oder in Gedanken auf Korsika verbracht. Er versucht beim Schreiben dem schmalen Pfad einer durch Fakten und Detailgenauigkeit im Zaum gehaltenen Fantasie zu folgen.

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FRANZ,
4. JULI 1943
Franz Seiler hatte sich aus der stickigen Hitze seiner engen Kabine an Deck geflüchtet. Doch obwohl er müde war, hatte es auch dort lange gedauert, bis er endlich eingeschlafen war. Die Bank in der Nähe der Reling, auf der er lag, war zu kurz, und so hatten ihn zuerst seine Versuche wachgehalten, auf dem harten Untergrund eine einigermaßen bequeme Schlafstellung zu finden. Als dann zu allem Überfluss auch noch seine Gedanken begannen, um die abenteuerlichen Umstände seiner Reise zu kreisen, war für längere Zeit an ein Einschlafen gar nicht mehr zu denken. Aber irgendwann hatte es dann doch geklappt. Als er später aus seinem oberflächlichen Schlaf wieder erwachte, spürte er, dass noch nicht viel Zeit verstrichen sein konnte. Irgendein Geräusch hatte ihn geweckt, ein Klappern vielleicht oder unterdrücktes Lachen, Stimmengemurmel. Wie spät es wohl sein mochte? Er streifte umständlich den Ärmel seiner Windjacke zurück und starrte benommen, auf die grünlich glimmenden, zierlichen Striche und Pünktchen des Zifferblatts seiner Armbanduhr. Dreißig Minuten nach 1 Uhr. Er ließ sich aufseufzend zurücksinken und schloss die Augen. Die Nacht war noch lang, da wäre es das Beste, schnell wieder einzuschlafen. Das leise Brummen und Vibrieren der Maschinen irgendwo tief unter ihm und das unablässige Rauschen, mit dem das Schiff durch das Wasser glitt, würden ihm dabei helfen. Vom Bug her strich stetig und leicht der Fahrtwind über sein Gesicht. Das Schiff, die „Château Yquem“, würde am frühen Morgen gegen 8 Uhr in Bastia einlaufen, vielleicht auch etwas später, hatte ein Mitglied der Mannschaft vermutet. Was der Matrose ihm außerdem noch erzählt hatte, war für Franz nicht gerade beruhigend gewesen. „Ankunft am Morgen oder erst gegen Mittag – wen interessiert das in diesen Zeiten schon“, hatte er mit einer wegwerfenden Handbewegung erklärt. Ob man überhaupt ankäme, darum ginge es im doch Grunde, das sei heutzutage die viel wichtigere Frage! Und das hatte er ganz seelenruhig, wie nebenbei erklärt. Na ja, ein bisschen Glück müsse man schon haben, damit alles gut gehe. Man befinde sich schließlich nicht auf einer Vergnügungsfahrt, nicht wahr? Mit englischen U-Booten sei Tag und Nacht zu rechnen, und als ob damit nicht genug wäre, kämen in letzter Zeit auch noch die Amerikaner mit ihren Flugzeugen ins Spiel. Da sei es auf jeden Fall wichtig, gerade nachts alle Lichter zu löschen und unnötigen Lärm zu vermeiden, kein Geschrei zu machen, auch keine Musik. Sogar die Motoren liefen gedrosselt, im Schleichtempo, denn auf See trügen Geräusche in windstillen Nächten weit. Gerade in letzter Zeit seien die Briten verstärkt auch nachts unterwegs und machten die Gewässer speziell zwischen dem Festland und Korsika unsicher. Die „Général Bonaparte“, ein Passagier- und Frachtschiff wie die „Château Yquem“, habe es erst vor kurzem, am 19. Mai, auf ihrem Weg nach Nizza erwischt. Das sei allerdings am helllichten Tag passiert, so zirka 30 bis 40 Meilen vor der Küste. Von einem englischen U-Boot torpediert! Das müsse man sich mal vorstellen. Beste Sicht habe an dem Tag geherrscht und der Pott sei eindeutig als Passagierschiff erkennbar gewesen! Mit einem einzigen Torpedo: Rumms und weg! Weit über hundert Tote! Und für die „Rosbifs“ war’s das dann, Geschäft erledigt, abgedreht und weg. Zum Glück seien zwei deutsche Torpedoboote in der Nähe gewesen, die hätten wenigstens noch über hundert Menschen retten können. Aber besorgt müsse er trotzdem nicht sein, hatte der Seemann gelächelt, als er Franz Seilers beunruhigten Blick bemerkte. Eigentlich stünden die Chancen für eine ruhige Nacht gar nicht so schlecht. Zurzeit habe man Neumond und fahre unter Verdunkelung und mit halber Kraft. Schuld an allem seien ja eigentlich die Italiener, fuhr er fort. Die Schiffsverbindung zwischen Korsika und dem französischen Mutterland sei ihnen ein Dorn im Auge, deshalb müsse bei jeder Fahrt eine bewaffnete italienische Wachmannschaft an Bord sein. Bei der Erwähnung der Italiener hatte der Matrose sich kurz umgeschaut und dann demonstrativ über die Reling gespuckt. „Wegen der paar lächerlichen Figuren gelten wir nicht mehr als neutral und liefern den Engländern einen Grund, uns an den Kragen zu gehen“, hatte sich der Matrose empört. Er schien bemüht zu sein, seinen Unwillen gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen. Franz schaute sich um. Die kleine Gruppe von Männern, deren Gemurmel ihn wohl geweckt hatte, stand nicht weit von seiner Bank entfernt rauchend und plaudernd an der Reling. Ihre Silhouetten waren in der mondlosen Dunkelheit kaum auszumachen, nur die roten Pünktchen ihrer brennenden Zigaretten, die ab und zu aufglühten, verrieten wo sie standen. An dem Tonfall der gemurmelten Sätze und der Art, wie Rede und Gegenrede geführt wurden, erkannte er, dass dort die Gruppe der Italiener an der Reling stand, die Wachmannschaft, von der der Seemann gesprochen hatte. Nachdem deren leise Unterhaltung allmählich eingeschlafen war, blieben sie noch ein Weilchen schweigend beieinander stehen und lösten dann ihre kleine Versammlung mit einem kurzen, gedämpften Auflachen und ein paar Zurufen auf. Nachdem die Decktür ein letztes Mal zugeklappt war, kehrte Ruhe ein. Seit Franz das erste Mal eingeschlafen war, hatte der Himmel sich bezogen, und mit den Sternen war der allerletzte Lichtschimmer verschwunden. In der nun vollkommen dunklen Nacht war kaum noch zu unterscheiden, wo neben dem Bauch des Rettungsbootes, das über ihm hing, der offene Nachthimmel begann. Franz überkam das abenteuerliche Gefühl, die Orientierung im Raum verloren zu haben und irgendwo ohne festen Halt im Nichts zu schwimmen. In den letzten Tagen hatten sich die Ereignisse überstürzt. Das hatte ihn davon abgehalten, sich innerlich auf die Lage einzustellen, die dieser ungewöhnliche Einsatz für ihn mit sich brachte. Diesmal war alles anders. Das fing schon damit an, dass er seit Tagen in diesen Zivilklamotten herumlief. Eigentlich war ihm das gar nicht so unrecht und er hatte mit einer gewissen Erleichterung festgestellt, wie schnell er sich an diese locker sitzende Kleidung wieder gewöhnt hatte und sich wie selbstverständlich in ihr zu bewegen begann. Anfangs, während der Bahnfahrt durch Frankreich über Lyon nach Marseille, war das noch anders gewesen. Da hatte er im Zug das Gefühl gehabt, von allen Seiten kritisch gemustert und angestarrt zu werden, gerade so, als durchschaue jeder, der ihn sah, seine Kostümierung und sähe ihm durch seine Verkleidung hindurch trotzdem die verrufene Uniform an. Erst ab Lyon begann seine Unsicherheit endlich zu schwinden, ab da hatte er den größten Teil der Zeit damit verbracht sich hinter einer französischen Zeitung zu verkriechen oder zu schlafen. Die Zeitschrift, auf die er zufällig gestoßen war, kannte er nicht. Als er während einer Umsteigepause etwas ratlos vor dem Bahnhofskiosk stand, hatte deren vielversprechender Name seine Neugier erregt: „Je suis partout“ – „Ich bin überall“, so hieß das Blättchen vielversprechend. Manche der Karikaturen in seinem Innern fand er zwar ganz amüsant, aber beim genaueren Hinsehen und nachdem er auch einzelne Texte studiert hatte, wurde ihm schnell klar, dass er es wohl doch nur mit einer französischen Version von Streichers „Stürmer“ zu tun hatte. Ab da flaute sein Interesse an dem Blatt ab und er überließ es bald einem Mitreisenden. Den Rest der Zeit hatte er sich wieder in seine Abteilecke gedrückt und zu schlafen versucht. Nachdem er am nächsten Morgen in Marseille von der hiesigen SD-Dienststelle den Wagen übernommen hatte, den er nach Korsika bringen sollte, war endlich die letzte Anspannung von ihm gewichen. Und vollends beruhigt war er, als später nicht einmal der Hauptfeldwebel an der Kontrollstation der Feldgendarmerie an der Ausfallstraße nach Nizza seine neue französische Identität bezweifelte. Wieso auch. Seiner vorzüglich gemachten „carte d’identité“ zufolge hieß er jetzt Francois Schweitzer, war französischer Staatsbürger und befand sich mit untadeligen Papieren und dem Wagen seines Chefs auf einer nicht näher bezeichneten Geschäftsreise. Das genügte, Punktum! Dabei hatte der Posten seine Papiere preußisch-gründlich studiert und ihm danach freundlich grüßend den Weg freigegeben. Und er, Francois Schweizer, hatte den Gruß nicht etwa preußisch-zackig, sondern bewusst lässig erwidert, wie es schließlich von einem Elsässer zu erwarten war. Seinen schwarzen Citroën hatte er behutsam wieder anfahren lassen und dabei das Gefühl genossen, von einem Fachmann in seiner neuen Identität bestätigt worden zu sein. Schon nach den ersten Kilometern war ihm klar, dass die Techniker der SD-Außenstelle in Marseille bei der Wahl des Fahrzeugs ein gutes Händchen gehabt hatten. Bestimmt steckte auch hier Graff dahinter. Immerhin reichte sein...



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