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E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Mühlhausen Hessen in der Weimarer Republik

Politische Geschichte 1918-1933
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8438-0681-7
Verlag: Waldemar Kramer ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Politische Geschichte 1918-1933

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-8438-0681-7
Verlag: Waldemar Kramer ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kaum eine Periode der Deutschen Geschichte erscheint heute so gut erforscht zu sein wie die 14 Jahre der ersten deutschen Demokratie, die 1933 durch die nationalsozialistische Diktatur zerstört wurde. Und doch wurde diese Zeit lange als Zwischenkriegszeit, Nachgeschichte des Kaiserreichs und Vorgeschichte zur Diktatur, gar als totgeborenes Kind der Revolution gesehen. Demgegenüber gilt die Weimarer Republik heute als eigenständige Epoche mit Entwicklungspotenzial und eigenen Erfolgen, die es vor allem geschafft hat, ihre turbulenten Anfangsjahre zu überleben. Im Fokus auf die Konflikte des Reiches ist die Darstellung der Geschichte seiner einzelnen Länder lange Zeit vernachlässigt worden, wird jedoch nun zunehmend zum Gegenstand von Betrachtungen. Dieses Buch zur Geschichte Hessens in der Weimarer Republik nimmt zwar einen Raum in den Blick, der als politische Einheit erst ab 1945 in den heutigen Grenzen bestand, aber sich auch davor schon durch historische, ideelle und institutionelle Verschränkungen auszeichnete. Präsentiert wird die politische Geschichte Hessens in den Jahren 1919 bis 1933 mit dem Verweis auf wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Entwicklungen insoweit sie diese Politik verständlich machen.

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Vorwort; Einleitung: Der hessische Raum in der ersten Demokratie; 1. Kriegslasten, Friedenssehnsucht und Demokratieerwartung; 2. Revolution zwischen Aufbruch und Kontinuität; 3. Auftakt der Demokratie; 4. Verfassungen als Fundamente; 5. Wahlen und Regierungen; 6. Über die Frau in der Politik; 7. Ein geeintes Hessen? – Die ausgebliebene Territorialreform; 8. Außenpolitische und ökonomische Zwangslagen; 9. Republik im Widerstreit; 10. Aufstieg der NSDAP und Gegenwehr im Zeichen der Wirtschaftskrise; 11. Endkampf der Republik; 12. Untergang der Demokratie und Wegbereitung der Diktatur; Schlussbetrachtung: Hessen zwischen Macht und Ohnmacht in der Republik; Anhang; Abkürzungen; Nachweis der Abbildungen; Literatur; Personenregister; Ortsregister


Einleitung:
Der hessische Raum in der ersten Demokratie
Am 16. März 1933 stimmte die „Frankfurter Zeitung“ einen Schwanengesang auf den benachbarten Volksstaat Hessen(-Darmstadt) an, dessen letztes demokratisch-republikanisches Kabinett wenige Tage zuvor aus den Angeln gehoben und an dessen Stelle eine Regierung der Nationalsozialisten installiert worden war. Damit wurde die in der Revolution 1918/19 ins Leben gerufene Demokratie zerstört. Am Ende des im August 1914 ausgebrochenen Ersten Weltkriegs war das 1871 begründete Kaiserreich zusammengebrochen. Auf die Monarchie war schließlich die Republik gefolgt. Im Bewusstsein um die Bedeutung des Machtwechsels in Darmstadt lobte die liberale Zeitung aus der größten Stadt der preußischen Provinz Hessen-Nassau das über die gesamte Zeit der Republik vornehmlich von Sozialdemokraten regierte Nachbarland: „Kein deutsches Land hat in diesen letzten vierzehn Jahren eines derartig beständigen Regierungssystems sich zu erfreuen gehabt wie der auf beiden Seiten der sagenhaften Mainlinie verteilte Volksstaat Hessen. […] Es ist eben tatsächlich kein Trümmerhaufen, sondern es ist ein wohlgeordnetes und im allgemeinen wohlregiertes Land, das die Regierung Adelung ihren Nachfolgern hinterlässt. In den bald eineinhalb Jahrzehnten seit dem großen Zusammenbruch hat es ohne Unterbrechung nur eine einzige Regierungskoalition gehabt […]. Es war die Weimarer Koalition von Sozialdemokratie, Zentrum und Demokratischer Partei. […] Im Vorsitz der Regierung war nur einmal, vor fünf Jahren, ein Wechsel eingetreten, als der erste Staatspräsident Ulrich bei seinem 75. Geburtstag die Führung in jüngere Hände gab und Herr Adelung an seine Stelle trat.“1 Was für den Volksstaat mit nur zwei Kabinettschefs, den Sozialdemokraten Carl Ulrich und Bernhard Adelung, galt, traf weitgehend auch auf das übermächtige Preußen zu, zu dem die Provinz Hessen-Nassau mit den beiden Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden gehörte. Ein kontinuierliches republikanisch-demokratisches Regierungshandeln bestimmte auch dort weitestgehend die Weimarer Zeit. Doch die erste deutsche Demokratie sollte nur eine Lebensdauer von 14 Jahren erreichen – nach einer turbulenten Zeit der Krisen und Überlebenskämpfe. Bereits 1933 wurde die Weimarer Republik zerstört und die nationalsozialistische Diktatur eingeleitet. Kaum eine Periode der deutschen Geschichte scheint so gut erforscht zu sein wie die der Weimarer Demokratie. Dabei galt sie lange lediglich als eine Phase des Übergangs zwischen Monarchie und Diktatur, als Nachgeschichte von halbdemokratischem Kaiserreich und Erstem Weltkrieg und als Vorgeschichte von nationalsozialistischer Schreckensherrschaft und Zweitem Weltkrieg. Es war eine deterministische Sicht vor allem aus dem linken bis linksliberalen Raum, dass die aus dem Zusammenbruch der Monarchie entstandene erste deutsche Republik von Anbeginn an wegen versäumter tiefgreifender Neuordnung in der Revolution den Keim einer tödlichen Krankheit in sich getragen habe, der 1930 zum Ausbruch gekommen sei und schließlich 1933 zum Ende des Weimar-Experiments geführt habe. Hierin finden sich linkssozialistische Wunschbilder mit einer Überbewertung des radikal-revolutionären Potentials in der Revolutionsphase (und der nachfolgenden Zeit), um zu konstatieren, dass der Untergang eigentlich schon in der Revolutionszeit begründet worden war. In der Beschreibung der kurzen Lebensdauer richtete sich der Blick lange Zeit immer auf Fehlentwicklungen und Mängel, die man für das Scheitern verantwortlich machte. Dabei wird gelegentlich übersehen, dass es eine für eine konsequente Reformpolitik erforderliche sozialistische Mehrheit eben nicht gab: nicht im Reich, nicht im mächtigen Preußen, nicht im mittelgroßen Hessen(-Darmstadt). Die doch eher eindimensionale Sichtweise scheint mittlerweile überwunden, auch wenn in mancher Betrachtung, auch neueren Datums, noch von einer verpassten linkssozialistischen Alternative oder gar einer rätedemokratischen/-diktatorischen Lösung zu lesen ist. Vielmehr steht nun im Vordergrund der historischen Analyse die Frage, ob diese Republik, das erste wirklich demokratisch strukturierte Gemeinwesen in der deutschen Geschichte, nicht auch Erfolge vorzuweisen hat. Sie verdient eben mehr Anerkennung, allein schon wegen der Tatsache, dass sie angesichts der Lasten und Belastungen überhaupt die ersten Jahre überstand. Es herrscht doch mittlerweile Einigkeit, sie als eine eigenständige Periode durchaus mit Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten zu sehen. Zwischen Chaos und Gewalt entwickelte sich republikanisches Denken und Handeln, erlebte die Demokratie trotz dauerhafter Krisen Phasen der weitgehenden Normalität und der steigenden Akzeptanz. Beim Blick auf die Gesamtentwicklung mit dem Fokus auf Reich und Reichsgewalt ist die Geschichte der einzelnen Länder in der ersten Republik lange Zeit zu kurz gekommen. Mittlerweile sind sie Gegenstand von Betrachtungen geworden, die in ihrer Tiefe weit auseinanderklaffen. Dabei weisen die Länder recht unterschiedliche Entwicklungen auf. Sie waren Stabilitätsanker der Republik, aber auch Krisenherde der Demokratie.2 Während in Thüringen der Nationalsozialismus schon früh Fuß fasste und 1930 an der Regierung beteiligt war, blieben das übermächtige Preußen und das südwestdeutsche Baden demokratische Horte bis in die Endphase der Republik. Das galt auch für den seinerzeitigen Volksstaat Hessen mit der Hauptstadt Darmstadt und weiten linksrheinischen, heute zu Rheinland-Pfalz gehörenden Gebieten. In dieser hier vorliegenden Darstellung geht es aber nicht allein um den Volksstaat, sondern um Hessen in seinen 1945 gezogenen Grenzen. Mit dem Blick auf Hessen erweitert sich unsere Perspektive auf die Weimarer Republik und das Scheitern der ersten deutschen Demokratie. Das heutige, nach dem Zweiten Weltkrieg erst geschaffene Hessen bestand am Ende des Ersten Weltkriegs 1918 aus vier unterschiedlichen Territorien. Die räumliche Gliederung über dem hessischen Raum war ganz wesentlich Resultat des preußisch-österreichischen Krieges von 1866, als sich Kurfürstentum Hessen und Herzogtum Nassau auf die Seite des später unterlegenen Österreichs geschlagen und die bis dahin Freie Stadt Frankfurt Österreich die Bundestreue gehalten hatte. Kurhessen, Nassau und Frankfurt verloren ihre Existenz als souveräne Staaten und gingen mit der Landgrafschaft Hessen-Homburg, die nach dem Tod des letzten Regenten im März 1866 in Personalunion mit dem Großherzogtum Hessen verbunden war, in Preußen auf und bildeten eine Provinz. Demgegenüber wurde durch den im September 1866 mit dem Königreich Preußen unterzeichneten Friedensvertrag das auf der Seite der Verlierer stehende Großherzogtum zwar territorial beschnitten – es verlor insbesondere das oberhessische Biedenkopf – und musste zudem neben der Leistung von drei Millionen Gulden Kriegsentschädigung seinen Verzicht auf Hessen-Homburg erklären, behielt aber seine Selbstständigkeit und zog schließlich als eigener Bundesstaat in das 1871 gebildete Deutsche Reich ein. 1918 zeigte sich damit folgende Gliederung im Raum Hessen: Da war die Provinz Hessen-Nassau als Teil des dominierenden größten Flächenstaats Preußen. Die Provinz mit der Hauptstadt Kassel unterteilte sich in die Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden. 1919 umfasste Kassel 24 Kreise, Wiesbaden 17. Der vom hannoverschen Gebiet umschlossene, zur Provinz Hessen-Nassau gehörende Kreis Rinteln, die vormalige Grafschaft Schaumburg, ging 1932 an die preußische Provinz Hannover. Die im Thüringischen eingeschlossene Exklave Schmalkalden gehörte bis 1944, als sie endgültig an den preußischen Regierungsbezirk Erfurt angegliedert wurde, zum Regierungsbezirk Kassel und damit zur Provinz Hessen-Nassau. Unter den zwölf Provinzen Preußens war Hessen-Nassau flächenmäßig mit 15.790 km2, also 5,5 Prozent vom Gesamtterritorium, die fünftkleinste, stellte mit rund 2,47 Mio. Einwohnern im Juni 1925 (2,58 Mio. im Juni 1933) etwas mehr als sechs Prozent der preußischen Gesamtbevölkerung und nahm dabei den achten Platz ein. 1925 lebten im Regierungsbezirk Kassel 1,1 Mio. und im Regierungsbezirk Wiesbaden 1,37 Mio. Einwohner. Während der Bezirk Kassel in der Zeitspanne bis 1933 einen Wanderungsverlust von 16.000 Einwohnern zu verzeichnen hatte, verbuchte der Bezirk Wiesbaden einen Wanderungsgewinn von 16.000 Köpfen.3 Die dem Wiesbadener Bezirk zugehörige ehemalige freie Reichsstadt Frankfurt war mit 475.000 Einwohnern Mitte der 1920er Jahre bevölkerungsmäßig die fünftgrößte Stadt Preußens. Der Volksstaat Hessen rangierte während der Weimarer Republik unter den (nach dem Zusammenschluss der thüringischen Staaten 1920 und der Angliederung Waldecks 1929 an Preußen) 17 Ländern/Stadtstaaten im Reich mit rund 7.700 km2 flächenmäßig an achter Stelle und mit 1,35 Mio. Einwohnern (1925) nach der Bevölkerungszahl auf dem siebten Platz. Zwei der bis zu 66 Stimmen hatte das kleine Land im Reichsrat, der Ländervertretung. Das Land gliederte sich in drei Provinzen, den beiden rechtsrheinischen, durch...


Prof. Dr. Walter Mühlhausen, geb. 1956, ist Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg. Er studierte Germanistik, Geschichte, Politik und Pädagogik und promovierte in Kassel. Seit 2006 ist er apl. Professor an der TU Darmstadt. Er ist Mitglied der Kommission für Politische und Parlamentarische Geschichte des Landes Hessen beim Hessischen Landtag, des wissenschaftlichen Beirats "Weimarer Republik" e. V. und der Hessischen Historischen Kommission (Darmstadt), der Historischen Kommission für Nassau (Wiesbaden) und der Historischen Kommission für Hessen (Marburg).



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