Misar-Dietz / Zelger | Interpretieren | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 1/2021, 128 Seiten

Reihe: ide - informationen zur deutschdidaktik

Misar-Dietz / Zelger Interpretieren

E-Book, Deutsch, Band 1/2021, 128 Seiten

Reihe: ide - informationen zur deutschdidaktik

ISBN: 978-3-7065-6162-4
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Interpretieren gehört zu Recht zu den unhinterfragten Lehr- und Lernbereichen des Deutschunterrichts. Vermittlungswege, Gegenstände und Ziele dieser kulturellen Praxis schließen an alltägliche Deutungspraktiken an, in der Schule ist sie auch von didaktischen Routinen und Kompetenzerwartungen bestimmt. Werden dabei rezeptiv-analytische oder aber handlungs- und performanzorientierte Lektüren favorisiert – und welches Wissen ist dafür notwendig?
Dieser Band gibt Einblick in die spannende fachdidaktische Diskussion, stellt neue Forschungsergebnisse zu Einstellungen und zur Modellierung von Interpretationsaufgaben vor und diskutiert Ansätze anhand zahlreicher Praxisbeispiele. So geht es um rassismuskritisches Interpretieren und dekonstruktive Lektüren, Aufgaben der Zentralmatura und verschiedenste interpretative Handlungen mit Gedichten und Geschichten, Bilderbüchern und Filmen.

INHALT

EDITORIAL
Christina Misar-Dietz, Sabine Zelger: Wer was wie interpretiert
MAGAZIN
Kommentar: Hajnalka Nagy: Fragen der literarisch-politischen Bildung zu einem umstrittenen Gedicht
ide empfiehlt: Beate Laudenberg: Artur R. Boelderl, Ursula Esterl, Nicola Mitterer (Hg., 2020): Poetik des Widerstands. Eine Festschrift für Werner Wintersteiner
Neu im Regal
ZUR EINFÜHRUNG
Ulf Abraham: Man kann nicht nicht interpretieren. Deutungsvermutungen im Alltag und im Deutschunterricht

INTERPRETIEREN WIE? KONZEPTE UND MODI
Thomas Zabka: Interpretieren als Handeln – literaturdidaktische Reflexionen
Juliane Köster: Interpretationsaufgaben in Lern- und Leistungssituationen. Kritik und Potenzial
Herbert Staud: Literaturinterpretation – Griffe in die Praxiskiste

INTERPRETIEREN WOZU? ZIELE UND GEGENSTÄNDE
Sabine Zelger: Handlungsräume für Geschichten! Anregungen für eine Praxis des Interpretierens
Clemens Tonsern: Die Interpretation eines Lernvideos als kulturelle Bedeutungsproduktion. Ein Bericht aus der unterrichtlichen Praxis mit DaZ-Lernenden
Michael Baum, Emmanuel Breite: Jenseits der Interpretation. Ideologie und Rhetorik in Hans Christian Andersens Kunstmärchen „Des Kaisers neue Kleider“

INTERPRETIEREN WER? ÜBERZEUGUNG UND ORIENTIERUNG
Stefan Neuhaus: Literatur lesen und interpretieren. Ein kurzer Leitfaden am Beispiel von Wolf Haas’ Roman Das Wetter vor 15 Jahren (2006)
Daniela Matz: Literaturinterpretation in der Perspektive von Deutschlehrenden
Heidi Rösch: Rassismuskritisches Interpretieren mit heterogenen Lerngruppen

SERVICE
Stefanie Schwandner: Lektüren zum Interpretieren und darüber hinaus. Bibliographische Notizen
Misar-Dietz / Zelger Interpretieren jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


INHALT

EDITORIAL
Christina Misar-Dietz, Sabine Zelger: Wer was wie interpretiert
MAGAZIN
Kommentar: Hajnalka Nagy: Fragen der literarisch-politischen Bildung zu einem umstrittenen Gedicht
ide empfiehlt: Beate Laudenberg: Artur R. Boelderl, Ursula Esterl, Nicola Mitterer (Hg., 2020): Poetik des Widerstands. Eine Festschrift für Werner Wintersteiner
Neu im Regal
ZUR EINFÜHRUNG
Ulf Abraham: Man kann nicht nicht interpretieren. Deutungsvermutungen im Alltag und im Deutschunterricht

INTERPRETIEREN WIE? KONZEPTE UND MODI
Thomas Zabka: Interpretieren als Handeln – literaturdidaktische Reflexionen
Juliane Köster: Interpretationsaufgaben in Lern- und Leistungssituationen. Kritik und Potenzial
Herbert Staud: Literaturinterpretation – Griffe in die Praxiskiste

INTERPRETIEREN WOZU? ZIELE UND GEGENSTÄNDE
Sabine Zelger: Handlungsräume für Geschichten! Anregungen für eine Praxis des Interpretierens
Clemens Tonsern: Die Interpretation eines Lernvideos als kulturelle Bedeutungsproduktion. Ein Bericht aus der unterrichtlichen Praxis mit DaZ-Lernenden
Michael Baum, Emmanuel Breite: Jenseits der Interpretation. Ideologie und Rhetorik in Hans Christian Andersens Kunstmärchen "Des Kaisers neue Kleider"

INTERPRETIEREN WER? ÜBERZEUGUNG UND ORIENTIERUNG
Stefan Neuhaus: Literatur lesen und interpretieren. Ein kurzer Leitfaden am Beispiel von Wolf Haas' Roman Das Wetter vor 15 Jahren (2006)
Daniela Matz: Literaturinterpretation in der Perspektive von Deutschlehrenden
Heidi Rösch: Rassismuskritisches Interpretieren mit heterogenen Lerngruppen

SERVICE
Stefanie Schwandner: Lektüren zum Interpretieren und darüber hinaus. Bibliographische Notizen


Wer was wie interpretiert
Interpretieren ist eine »Fertigkeit, die es erlaubt, aus einem Gedicht eine Keule zu machen« (Enzensberger 1988, S. 31). Mit dieser Metapher bringt Hans Magnus Enzensberger 1976 in seinem »[b]escheidene[n] Vorschlag zum Schutz der Jugend vor den Erzeugnissen der Poesie« seine Kritik an einer Praxis auf den Punkt, die einer »Wahnvorstellung«, der »idée fixe von der ›richtigen Interpretation‹« (ebd., S. 33) folgt. Angesichts der vielen die Lektüre bestimmenden Faktoren mangle ihr jegliche Plausibilität: »Die Lektüre ist ein anarchischer Akt. Die Interpretation, besonders die einzige richtige, ist dazu da, diesen Akt zu vereiteln. Ihr Gestus ist demzufolge stets autoritär, und sie ruft entweder Unterwerfung oder Widerstand hervor.« (Ebd., S. 34) Heute ist in der Literaturdidaktik eine Gegenüberstellung von Lektüre und Interpretation nicht mehr in Gebrauch, Lektüre- und Interpretationsprozesse werden anders gefasst. Interpretieren als »Verständigung übers Verständnis« (Spinner 1987, S. 17) setzt den Fokus auf sprachliche Aushandlungsprozesse, die Lektüren vorbereiten, begleiten und durch Anschlusskommunikation erweitern können. Unterschiedlichste Faktoren werden berücksichtigt und in rezeptiv-analytischen sowie handlungs- und produktionsorientierten Ansätzen angeeignet und umgesetzt. Im Unterschied zur Literaturwissenschaft wird für den Kontext Deutschunterricht allerdings weniger von »einem selbständigen Handlungsimpuls« (Pieper 2015, S. 186) ausgegangen, als das Ziel verfolgt, »einen plausiblen Anlass der Klärung und Verständigung« (ebd.) über Texte zur Verfügung zu stellen. In der Literaturtheorie sind es nicht zufällig genau diese Rahmungen, die strittig sind, die Frage nach den Fragen also, die an Texte herangetragen werden und damit Bedeutung generieren – oder immer weiterfragend dekonstruieren. Verhandelt wird nämlich weniger die Aussage von Literatur, sondern wie lesend Wirklichkeit geschaffen wird. Denn auf welche Weise ermächtigt das Interpretieren dazu, Welt mit- und umzugestalten – oder sie so zu betonieren, wie sie ist? Die Literaturdidaktik gibt sich oft bescheidener, fokussiert Voraussetzungen des Interpretierens, wie mentale Dispositionen und Teilkompetenzen, die miteinander verflochtenen Prozesse des Verstehens und Deutens sowie bewertbare Interpretationsprodukte. Andererseits bedarf es literaturdidaktischer Erweiterungen, wenn bei der Interpretation »einem Gegenstand – etwa: einem literarischen – […] im Rahmen sprachlicher Handlungen Bedeutungen zugewiesen« werden (Pieper 2015, S. 186). Denn was ist das, was interpretiert wird, und wie formieren und schulen sich die hinter der Passivkonstruktion verborgenen Akteure? Die SchülerInnen, die LehrerInnen, die Lehramtsstudierenden, die Lehrenden? Die Ordnung des Zuweisens und der Sprachhandlungen wird mit unterschiedlicher Autorität implementiert und immer wieder unterlaufen, die Positionen und Beliefs innerhalb und zwischen Lehrenden und Lernenden unterscheiden sich nicht unwesentlich. Die Diskussion ist rege und wird auch in vorliegendem Heft entlang praktischer Fragen weitergeführt. Dabei geht es um Konzepte und Modi (Abschnitt 1), um Ziele und Gegenstände des Interpretierens (Abschnitt 2) und um das interpretierende Personal, dessen Zusammensetzung und Schulung (Abschnitt 3). Was wo nachgelesen werden kann, bezüglich literaturwissenschaftlicher Zugänge sowie didaktischer Konzepte und Methoden, hat Stefanie Schwandner1 sorgfältig in der Bibliographie zusammengetragen. Der luzide Kommentar von Hajnalka Nagy zu Michael Köhlmeiers Protestgedicht nähert sich der politischen Dimension von Texten und deren Interpretation anhand eines aktuellen Beispiels und fragt nach Handlungsmöglichkeiten im Deutschunterricht. In seinem richtungsweisenden Beitrag »Man kann nicht nicht interpretieren« legt Ulf Abraham eine anthropologische Sicht auf das Interpretieren dar. In Anspielung auf Paul Watzlawicks Diktum »Man kann nicht nicht kommunizieren« fasst er das Interpretieren als alltägliches menschliches Verhalten, das »überall [stattfindet], wo etwas Wahrgenommenes oder Beobachtetes nicht spontan und aufwandslos zu verstehen ist« (Abraham, S. 11). Speziell wird das Interpretationshandeln bei Kunstwerken mit ihren Unbestimmtheiten und Vieldeutigkeiten. Bei deren Interpretation müssen Vorstellungen konkretisiert, Vermutungen angestellt, Hypothesen plausibel gemacht werden. Polyvalenz wird schließlich auf unterschiedliche Weise vereindeutigt. Den Weg von der analytischen Beschreibung zur Interpretation skizziert Abraham anhand von Beispielen aus Bilderbüchern, Kurzfilmen und Graphic novels und betont den interaktiven Charakter dieser Kompetenz. Letztlich gehe es um die »Fähigkeit, Literatur möglichst eigenständig zu verstehen und zu deuten, zu erleben und zu schätzen und mit andern in Austausch über all dies zu treten« (ebd., S. 18). 1. Interpretieren wie? Konzepte und Modi Doch wie wird die Fähigkeit, Texten Bedeutung zuzuweisen, im Rahmen des Deutschunterrichts aufgebaut? Welche Funktionen und Methoden der Interpretation sollten Berücksichtigung finden, mit welchen Aufgabenstellungen werden welche Teilkompetenzen geschult und wie werden sie in Prüfungsaufgaben abgebildet? Antworten auf diese Fragen bieten die Beiträge im ersten Teil des Bandes, der didaktischen Ansätzen des Interpretierens gewidmet ist. Sie loten das Feld der Interpretationshandlungen systematisch und symptomatisch aus und fördern dabei nicht zuletzt wichtige Aspekte zutage, die leicht aus dem Blick geraten. Thomas Zabka, dessen Pragmatik der Literaturinterpretation (2005) die deutschdidaktische Beschäftigung mit Interpretationen nachhaltig geprägt hat, bietet in seinem Grundlagenbeitrag »Interpretieren als Handeln – literaturdidaktische Reflexionen« einen Überblick über die zentralen Funktionen (Verständlich-Machen, ästhetischperformative, Wertungs- sowie Welterschließungsfunktion) und Komponenten (Kontext, Modus, Code und Subjekt) des hermeneutisch gefassten Interpretierens und leitet Ansatzpunkte für die Unterrichtsplanung ab. Die Systematik, die anschaulich entlang eines Gedichts von Conrad Ferdinand Meyer entwickelt wird, bietet einen hervorragenden Rahmen für Projektierung und Reflexion der sprachlichen Handlung »Interpretation«, ganz besonders für das argumentierende Schreiben in der Oberstufe. Die Anforderungen der Textsorte »Textinterpretation«, wie sie die österreichische schriftliche Reife- und Diplomprüfung Unterrichtssprache vorsieht, stehen im Mittelpunkt des Beitrags von Juliane Köster. Sie analysiert Arbeitsaufträge des literarischen Themenpakets der Reifeprüfungen der letzten Jahre, stellt einzelnen Aufgabenstellungen Performanzen gegenüber und vergleicht die Anforderungsprofile mit beispielhaft ausgewählten Übungsaufgaben aus gängigen österreichischen Schulbüchern der Oberstufe. Die Ergebnisse zeigen – soviel sei an dieser Stelle schon verraten –, dass es aus Sicht der renommierten Forscherin durchaus Optimierungspotenzial gibt: sowohl für den Aufbau der notwendigen Teilkompetenzen durch entsprechende Lehrmittel als auch für die Weiterentwicklung dieser »Königsdisziplin« unter den literaturbezogenen Maturaaufgaben. Unterschiedliche Herangehensweisen an das Interpretieren im Deutschunterricht sind im Beitrag von Herbert Staud versammelt, und zwar sowohl in methodischer als auch in thematischer Hinsicht. Neben Beispielen zu szenischen Verfahren finden sich Aufgabenstellungen zum Symbolverstehen, zum Überprüfen von Interpretationshypothesen aufgrund sprachlicher Analyse sowie kontrastive Übungen zu pragmatischen und literarischen Texten. Interpretieren wird dabei niemals als Selbstzweck gesehen, sondern soll in erster Linie Zugänge zur Literatur schaffen und individuelle Erkundungen bestärken. 2. Interpretieren wozu?
Ziele und Gegenstände Welche Ziele sind dem Interpretieren von Texten hinterlegt und welche wären darüber hinaus oder stattdessen opportun? Mit einem solchen Interesse am Bruch mit Gewohnheiten hinterfragen die Beiträge im zweiten Abschnitt des Bandes geläufige Begegnungen mit Geschichten und das Gegenstandsfeld selbst. Praxen des Autoritären in Kultur und Gesellschaft auf der Spur beleuchten und verändern sie den Rahmen, in dem Deutungen ausverhandelt werden. Texte werden gegen den Strich und in anderen Settings gelesen, die Anweisungen für das Herstellen von Bedeutung werden in und durch Lektüren exemplarisch vorgeführt und dekodiert. Mit Sabine Zelger begeben wir uns auf die Suche nach »Handlungsräumen für Geschichten«. Wenn Interpretieren wie die Erzähltradition als kommunikative und soziale Handlung aufgefasst wird, muss der Gegenstand reizen, indem er, wie Walter Benjamin fordert, Merkwürdiges an sich hat. Mit Blick auf den Deutschunterricht lotet der Beitrag Raum für Interpretationshandlungen aus: sei es an den Grenzen von Bild und Text im Bilderbuch, von Faktischem und Fiktionalem in literarischen Sachtexten, in Dokumentationen, Theater und Fanfiction. Der Sinn gemeinsamen Deutens wird im...


IDE ist die Zeitschrift für den Deutschunterricht. IDE hält den Dialog zwischen der Praxis in der Schule und didaktischer Forschung aufrecht. IDE ist das Podium für den ständigen Erfahrungsaustausch zwischen Deutschlehrer_innen in der Praxis. IDE öffnet Klassenzimmer und Konferenzräume: Informationen und Kommunikation über Praxis und Projekte, über Erfahrungen, Reaktionen, über Wünsche und Horizonte. Für alle Schultypen. Für alle Schulstufen.
IDE – INFORMATIONEN ZUR DEUTSCHDIDAKTIK erscheint viermal im Jahr.


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