Mielke | Karl der Große | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 688 Seiten

Mielke Karl der Große


1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-86358-286-9
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 688 Seiten

ISBN: 978-3-86358-286-9
Verlag: Emons Verlag
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Vater Europas, Herrscher, Krieger und Heiliger. Auf dem Höhepunkt seiner Macht wird er im Petersdom vom Papst zum Kaiser gekrönt: Karl der Große, König der Franken und erster römisch-deutscher Kaiser. Er konnte nicht schreiben, aber versammelte die besten Gelehrten an seinem Hof. Er war unentweg in seinem riesigen Reich unterwegs und schlug als gefürchteter Kriegsherr Sachsen und Sarazenen. Er liebte seine Ehe- und Nebenfrauen ebenso wie seine zahlreichen Söhne und Töchter. Welche Kraft, welcher Wille eines Kerls - denn das bedeutet der Name Karl, - der die politische Landkarte Europas und die abendländische Kultur wesentlich geprägt hat.

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1 Der Papst und das Kind Die Ohren der Stute spitzten sich. Gleichzeitig schnaubte die Braune in die viel zu frühe Winterkälte. Von allen Pferden der kleinen Reiterschar, die sich am Rand der vereisten oberen Rhone flussaufwärts kämpfte, trug die Stute die leichteste Last. »He, Karl, pass auf!«, rief der versetzt hinter ihm reitende Anführer der Kriegergruppe. »Sieh nach vorn und nicht auf die Ohren der Mähre!« »Sie hat etwas gehört!«, antwortete der Junge, und seine hellblauen Augen blitzten stolz. Er ärgerte sich über die ständigen, eigentlich gut gemeinten, aber verletzenden Belehrungen seines Onkels. War er nicht groß genug, um mit seinen fellumwickelten Füßen festen Halt in den Steigbügeln zu finden? Hatte er den Wintereinbruch bereits im November nicht ebenso durchgehalten wie die in Schafspelze gehüllten Männer mit ihren Ohrenwärmern unter Helmen aus Leder und Eisen? Auch ihre Gesichter waren vor Kälte und Anstrengung gerötet. Was machte es da, dass er selbst erst in einigen Tagen seinen zwölften Geburtstag feiern würde? Natürlich wusste er, welche Auszeichnung es war, dass er zusammen mit den besten Männern des Frankenkönigs einem besonderen Ereignis entgegenreiten durfte. »Wenn eintrifft«, murmelte er den längsten und schwersten Satz, den er je auswendig gelernt hatte, »wenn eintrifft, worauf das ganze Frankenreich von der Bretagne bis Baiern wartet, das kranke Rom hofft, was der König der Langobarden mit aller Macht zu verhindern versucht hat und was die islamischen Herren Hispaniens, den christlichen Kaiser von Byzanz und den blutrünstigen Kalifen von Damaskus mit Sorge erfüllte, dann … ja dann wird dieser Tag den Beginn einer neuen Epoche einleiten.« Ein großer Tag, denn 753 Jahre nach Christi Geburt wollte erstmals ein Papst nördlich der Alpen erscheinen. Und das auch nur, weil er beim König der Langobarden in Pavia kein Gehör gefunden hatte. Der junge Königssohn hatte mitbekommen, was die Erwachsenen sprachen, doch eigentlich interessierte ihn die großartige Landschaft viel mehr. Noch nie zuvor hatte er derartige Berge gesehen. Die Walliser Alpen kamen ihm wie Wirklichkeit gewordene Weltenwunder aus den uralten Sagen und Überlieferungen der Ahnen vor, wie Asgard, die Burg der germanischen Götter, wie Utgard, die Felsenwildnis, und weit entfernt von Midgard, dem Land der Menschen. Hier hätten die Wipfel der Weltesche Yggdrasil in den Himmel hinaufragen können. Das Schnauben der Pferde, das Klirren der Waffengehänge und die gelegentlichen Warnrufe der Reiter vor und hinter ihm klangen genau so, wie er sich immer die ersten Ausritte der Uralten vorgestellt hatte. Der Anführer der Reiterschar merkte, wie es in Karl arbeitete. »Was ist denn, Blondschopf? Noch immer beleidigt, dass ich dich heute Morgen im Kloster über dem Grab des heiligen Moritz zurücklassen wollte?« »Nein«, sagte Karl und presste seine vor Kälte schmerzenden Lippen zusammen. Gekränkt und dennoch stolz drehte er den Kopf zur Seite. Seit sie die Königspfalz von Ponthion in der Champagne verlassen hatten, war kaum eine Stunde vergangen, in der Onkel Bernhard ihn nicht gerügt, auf Fehler in seinem Verhalten hingewiesen und immer wieder belehrt hatte. »Komm, Junge«, beschwichtigte Bernhard. Er ritt dicht neben Karl und legte ihm den Arm um die Schulter. »Ich meine es doch nur gut. Du bist ein großer, schöner Kerl, mutig und königlich in deinem Denken, aber du musst noch lernen, dass Träumereien ebenso tückisch sind wie das Eis hier am Ufer des Flusses.« Karl hörte die Worte seines Onkels, aber er wollte sie nicht verstehen, denn gleichzeitig bewegten sich erneut die Ohren seiner Stute. »Siehst du das?« Er sah seinen Onkel herausfordernd an. Er war ebenso wie sein Vater Pippin ein Sohn des berühmten Karl Martell. »Die Stute hört, was du nicht hörst! Und ich bemerke es, deshalb werde ich eines Tages größer und besser sein als du!« Bernhard lachte. »Karl, ich fürchte mich vor dir!«, rief er dröhnend. Er war der Anführer der Abordnung, die sein Halbbruder als König der Franken dem Papst entgegenschickte. Er lachte erneut, dann beugte er sich vor und ließ sein Pferd noch riskanter über die mehrschichtigen Eisplatten am Felsenufer staksen. »Dein Hengst hat auch etwas gehört!«, rief Karl ihm nach. »Ich glaube, sie kommen … dort oben, an der Nordflanke des Mons Jupiter …« Er deutete zum gewaltigen Bergmassiv, das aus dem engen Flusstal der oberen Rhone wie eine unüberwindliche, bis in den Himmel aufragende Mauer aussah. Bernhard zügelte seinen schwarzen Rappen, legte die Hand über die Augen und blinzelte über die strahlenden Schneeflächen hinweg zum dunklen Teil des Mons Jupiter. »Vor so hohen Bergen müssen wir Flachländer uns vorsehen«, rief er Karl zu. »Wir stammen vom unteren Rhein und haben kein Gefühl für die Gefahren des Hochgebirges.« Im gleichen Moment drang das ferne Echo eines Trompetensignals bis zu den Männern. »Sie kommen, sie kommen!«, riefen die Reiter, die sich seit Tagen im Sattel hielten. Karl spürte die Aufregung, und auch die Pferde schienen die tagelangen Anstrengungen zu vergessen. Selbst Bernhards Rappe fing sich wieder und sprang mit einem weiten Satz neben Karls Stute. »Unglaublich!«, sagte Bernhard und bewunderte die bunten Flecken hoch oben im Schnee. »Sie haben es geschafft! Ausgerechnet in der kalten Jahreszeit kommt ein Papst aus Rom über die Alpen. Stephan II., in Rom abgeholt, beschützt und begleitet durch unsere beiden besten Kirchenmänner.« Karl konnte sich kaum an den Abt Fulrad von Sanct Denis erinnern. Er hatte ihn nur einmal gesehen. Von Burchard von Würzburg wusste er nur, dass er ein Schüler des großen Missionars Bonifatius sein sollte. »Und wie findest du das alles, Junge?«, rief Bernhard vergnügt. »Ich glaube, dass es sehr wichtig ist.« »Wichtig? Nur wichtig?« Bernhard lachte noch lauter. »Es wird der größte Triumph deines Vaters sein! Denk doch – der Papst aus Rom, der mächtige Bischof der Christenheit … dieser Mann kommt unter unserem Schutz durch das gefährliche Aostatal und die Bergriesen ins Frankenreich! Und was will er? Ich sage es dir: Er will die Macht deines Vaters … gegen die Langobarden, die Araber, gegen die Oströmer in Konstantinopel und gegen die schlaff gewordenen Adelsfamilien am Tiber, die längst vergessen haben, was Rom einmal war. Sie lassen Schafe rund um den Lateranpalast weiden! In Rom, Karl, verstehst du?« Karl überlegte, was er über Rom wusste. Bisher hatten ihm seine Lehrer mehr über die Völkerwanderung, die germanischen Stämme und über die Merowinger als schwache Frankenkönige erzählt. Kaum ein Tag war vergangen, an dem er nicht etwas vom Ruhm und der Kraft seines Vaters gehört hatte, der vor Kurzem noch Hausmeier der fränkischen Merowingerkönige und nicht selbst König der Franken gewesen war. Rom … ja, was war Rom? Eine vage Erinnerung an ein Weltreich, das seit Jahrhunderten keine Bedeutung mehr hatte. Karl wusste, dass es überall an den großen Strömen und selbst in den düsteren Wäldern von Gallien, Austrien und Neustrien alte Kastelle, verfallene Städte und Reste von gepflasterten Römerstraßen gab. Er hatte sogar etwas aus der Schrift von Caesar über den Krieg der Römer in Gallien gelesen, auch wenn er die Sätze noch nicht nachschreiben konnte. All die Geschichten von den versunkenen Königreichen gefielen ihm, weil sie groß, voller Abenteuer und wie ein Ziel für ihn selbst waren. »Träum nicht schon wieder!«, rief Bernhard. »Was soll denn der Papst vom Sohn das Frankenkönigs denken? Komm, bleib noch zwei Stunden wach, dann treffen wir ihn!« Karl wusste nicht, was er erwartet hatte, aber mit Sicherheit nicht das, was er jetzt sah … Der Zug des Papstes war keine glanzvolle Prozession, sondern sah viel eher wie ein jämmerlich wirkender Abstieg frierender Saumtiere aus. In der Mitte der mühsam näher kommenden Gruppe wurde ein unsicherer Zelter an ledernen Gurten geführt. Von seinem Brustgeschirr spannten sich weitere Leinen bis zu einer durch den Schnee tiefer rutschenden Kuhhaut, auf der sich eine vermummte Gestalt festklammerte. »Ist das der Papst?«, fragte Karl ungläubig. Sein Onkel wischte sich über seinen mit Eisperlen bedeckten Schnurrbart. »Scheint so«, sagte er. Das, was er sah, schien ihm ebenso wenig zu gefallen wie den anderen. »Aber vergiss nicht, dass dieser Mann seit Oktober unterwegs ist. Und unsere beiden edelsten Kirchenfürsten, die ihn jetzt begleiten, waren vor zwei Jahren schon einmal in Rom.« »Ich weiß«, sagte Karl. »Sie sollten den damaligen Papst Zacharias fragen, ob es gut sei, dass derjenige König heißt, der zusammen mit seinem Sohn ins Kloster Prüm geschickt wurde und nur noch den Titel hat, oder ob nicht viel eher derjenige der wahre König ist, der alle Macht in seinen Händen hat.« »Wer hat dir das gesagt?«, fragte Bernhard verwundert. »Viele«, antwortete Karl. »Ich habe zugehört, wenn sich die Edlen und auch die Knechte darüber unterhielten. Und Vaters Frage an den Papst muss gut gewesen sein, sonst wäre doch immer noch der Merowinger Childerich III. König der Franken, oder?« »Darüber könnte man lange streiten«, seufzte Bernhard. Karl spürte, dass es Geheimnisse der Macht geben musste, von denen er nichts ahnte. »Auf jeden Fall hat die Reichsversammlung in Soissons vor zwei Jahren uns zum König gewählt«, sagte er. »Ich war dabei, und ich habe selbst gesehen, wie Bonifatius meinen Vater salbte. Und...


Thomas R. P. Mielke, 1940 als Sohn eines Brasilienpastors in Detmold geboren, lebt in Berlin. Nach einer Ausbildung zum Fluglotsen und dem Besuch der Werbeakademie Hamburg arbeitete er drei Jahrzehnte als Kreativdirektor in internationalen Werbeagenturen. Neben historischen Bestsellern wie "Gilgamesch", "Inanna", "Karl Martell" und "Karl der Große" schrieb er weitere historische Romane und Romanbiographien. Seine Bücher erreichten sechsstellige Auflagen und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Im Emons Verlag erschienen "Colonia - Roman einer Stadt", "Karl Martell - Roman eines ›Königs‹" und "Jakob der Reiche - Roman eines Bankiers".



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