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E-Book, Deutsch, Band 6288, 240 Seiten

Reihe: Beck Paperback

Mey Darknet

Waffen, Drogen, Whistleblower

E-Book, Deutsch, Band 6288, 240 Seiten

Reihe: Beck Paperback

ISBN: 978-3-406-77708-0
Verlag: C.H.Beck
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein 19-Jähriger, der vom elterlichen Wohnzimmer aus knapp eine Tonne Drogen verkauft … Whistleblower, die im Schutz der Anonymität brisante Informationen übermitteln … politische Kollektive, die ihre Plattform vor dem Zugriff von Behörden schützen wollen.

Wie sieht das Darknet aus, das für viele Menschen so beängstigend wie anziehend ist? Ist es gut, böse oder irgendetwas dazwischen? Und lohnt sich ein Besuch? Der Journalist Stefan Mey hat sich in die Tiefen des Darknets begeben. Schnell wurde ihm klar, wie viele der kursierenden Informationen Mythen sind und wie wenig an wirklichem Wissen existiert. Es hat ihn gereizt, diesem schwer zu erkundenden Ort seine Geheimnisse zu entlocken. Mey hat sich in intensiven Recherchen ein eigenes Bild gemacht, er hat Dutzende wissenschaftlicher Darknet-Studien nach verwertbaren Ergebnissen durchforstet und über abhörsichere Kanäle das Gespräch mit Leuten "da draußen" gesucht.
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4 Ethische Abgründe im Darknet
Waffen, Terrorismus und Kinderpornographie
Und was ist mit den wirklich üblen Sachen? Werden auch Waffen und Gift unbekümmert auf den Darknet-Marktplätzen gehandelt sowie Mordaufträge, menschliche Organe, Bilder missbrauchter Kinder oder radioaktive Stoffe? Das Darknet und die fiesen Bilder
Kinderschutz-Organisationen verwehren sich gegen den Begriff Kinderpornographie. Sie halten das Wort Pornographie in dem Zusammenhang für verharmlosend und sprechen lieber von «Missbrauchsabbildungen.» Solche Abbildungen stellen für die Opfer stets eine mindestens doppelte Belastung dar: Zum einen stehen hinter jedem Bild oder Video tatsächliche Vergewaltigungen eines Kindes in der realen Welt, die in der konkreten Situation fürchterliches Leid für die Kinder bedeuten und deren psychische Spuren oft auch noch im Erwachsenenalter das Leben erschweren. Es gibt Hinweise darauf, dass die Dynamik von Foren oder sonstigen Plattformen, auf denen getauscht wird, dazu führt, dass sich die User gegenseitig anstacheln und motivieren, neue Bilder und Videos zu «produzieren» – sprich: erneut ein Kind zu vergewaltigen. Das US-amerikanische Child Victim Identification Program, das Missbrauchsbilder sicherstellt, berichtet, dass die Abbildungen oft extrem gewalttätig sind, Penetrationen enthalten, Kinder dabei gefesselt oder auf eine andere Weise gefoltert werden. Hinzu kommt, dass Abbildungen im Netz von dort kaum zu entfernen sind. Die Opfer müssen davon ausgehen, dass Bilder von ihrer Vergewaltigung als Kind immer wieder up- und downgeloadet und angesehen werden. Die US-Organisation zitiert eine Frau, die, ab dem Alter von vier, jahrelang vor der Kamera missbraucht worden war: «Ich werde ausgebeutet und benutzt, jeden Tag und jede Nacht irgendwo in der Welt von irgendjemandem.» Welche Rolle das Darknet bei der Verbreitung solcher Missbrauchsabbildungen spielt, ist umstritten. Das Child Victim Identification Program beklagt die schiere Masse solcher Bilder, trifft aber keine Aussagen über die Verteilung auf das klassische Netz und die digitale Unterwelt. Es heißt nur: «Kinderpornographie hat einen Platz im Darknet gefunden.» Auf vielen Foren und auf den großen Marktplätzen für Drogen sind sie tabu. Dort schert man sich zwar wenig um Gesetze, fern jeglicher Moral bewegt man sich trotzdem nicht. Die großen Märkte haben festgeschriebene Produktpolitiken, die zumindest die übelsten Dinge untersagen. Es gibt sie aber dennoch, diese wirklich üblen Aktivitäten im Darknet. Deren Existenz stellt das größte Dilemma für Tor dar: Die Technologie soll Menschen vor Ausspionierung durch übergriffige Staaten schützen und dem Gutem dienen, sie versteckt aber auch Leute, die Kinder vergewaltigen und die Aufzeichnungen und Abbildungen davon anonym über das Netz tauschen. In den wenigen Fällen, in denen Ermittlungsbehörden die Personen hinter den abgeschirmten Tauschstrukturen enttarnen konnten, entdeckten sie Tausende brutale Bilder und Videos, auf denen mitunter sehr junge Kinder zu sehen waren. Im Sommer 2017 wurde unter Federführung der deutschen Polizei eine Plattform mit dem zynischen Namen «Elysium» lahmgelegt, die seit Ende 2016 bestanden hatte und knapp 110.000 Mitglieder-Profile zählte. Auf der Seite wurden, wie es in einer Mitteilung des Bundeskriminalamts hieß, «Aufnahmen schwersten sexuellen Missbrauchs von Kindern, darunter auch von Kleinstkindern, und Darstellungen sexueller Gewalthandlungen gegen Kinder» getauscht. Zudem wurde der sexuelle Missbrauch fremder und eigener Kinder verabredet, dafür dienten unter anderem mehrsprachige Chatbereiche in deutscher, englischer, französischer, spanischer und italienischer Sprache. Festnahmen gab es in verschiedenen Ländern, das Kernteam saß den Ermittlungen nach aber in Deutschland. Drahtzieher waren Frank M., ein 39-jähriger Mann aus dem hessischen Landkreis Limburg-Weilburg, sowie Joachim P. aus dem Raum Stuttgart. Neben diesen beiden Administratoren gab es einen «Grafiker» aus dem oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech sowie einen Chat-Moderator aus Tübingen. Die vier Männer wurden im März 2019 wegen der «bandenmäßigen Verbreitung von kinderpornographischen Schriften» zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und zehn Monaten und neun Jahren und neun Monaten verurteilt. Für den Moderator Joachim G. gab es außerdem Sicherheitsverwahrung. Er hatte nicht nur an der Tauschplattform mitgearbeitet, sondern auch nachweislich Kinder vergewaltigt – die vier und acht Jahre alten Kinder eines Österreichers, den er auf Elysium kennengelernt hatte. Und 2021 ging ein neuer Foren-Name durch die Medien: Im April 2021 hatte die Polizei «Boystown» lahmgelegt. Als Hauptbeschuldigte gelten drei Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das Darknet-Missbrauchsforum hatte seit Juni 2019 bestanden und war «spezialisiert» auf Bilder von Jungs. Jeden Tag gab es mehr als 1000 Beiträge. In den Beiträgen wurden Links zu Fotos und Videos gepostet. Laut einer Recherche der NDR-Formate Panorama und Strg_Z hatte es auf «Boystown» einen «Hardcore»-Bereich für schweren Missbrauch sowie einen «Softcore»-Bereich gegeben. Neben Missbrauchsbildern wurden in der Kategorie «Non Nude» außerdem Alltagsfotos von Kindern gepostet, gestohlen von Social Media. Die Polizei fand 400.000 Profile auf «Boystown». Allerdings ist unklar, wie viele User tatsächlich dahintersteckten. Das Forum selbst empfahl, sich für jeden Besuch ein neues Profil zuzulegen. Bedenkliche Zahlen
Wie sehr solche üblen Nutzungen das Darknet dominieren, oder ob sie nur einen kleinen Anteil ausmachen, ist ein ideologischer Streitpunkt. Angehörige der Netz-Community werfen Politik und Behörden gern vor, dass sie ein übertriebenes Szenario von einem Darknet voller Kinderpornographie zeichnen – als Versuch, Anonymisierungstechnologie zu diskreditieren, die ihnen aus ideologischen Gründen nicht passt. Ende 2014 allerdings ging ein Schock durch die IT-Szene, seitdem kursiert eine Zahl, die das Darknet tatsächlich in keinem guten Licht erscheinen lässt. Der britische Informatiker Gareth Owenson von der University of Portsmouth hatte eine Liste aktiver.onion-Seiten erhoben und diese per Text-Analyse in Kategorien eingeteilt. Das Ergebnis: Etwa die Hälfte der Seiten hatten klar illegale Bezüge, auf 15 Prozent ging es um Drogen, auf 9 Prozent um betrügerische Geschäftsmodelle. Es gab auch die Kategorie «abuse» (Missbrauch), die Owenson folgendermaßen definierte: «Seiten, bei denen der Titel irgendeine Form des sexuellen Missbrauchs (typischerweise von Minderjährigen) signalisiert, die in den meisten westlichen Rechtsgebieten illegal ist.» Traurigerweise, heißt es in der Studie, waren solche Seiten leicht über die Meta-Daten erkennbar, was nahelegt, dass die jeweiligen Web-Master davon ausgingen, dass Tor ihnen eine robuste Anonymität garantiert. Etwa 2 Prozent der Seiten gehörten in diese Kategorie. Auch in anderen Studien wurde für die Missbrauchskategorie ein Anteil im niedrigen einstelligen Bereich ermittelt. Auf eine solche Zahl kam auch eine erste Untersuchung im Rahmen des Forschungsprojekts Panda (Parallelstrukturen, Aktivitätsformen und Nutzerverhalten im Darknet), ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie sowie der Technischen Universität Darmstadt. Man hatte die Startseiten von 5000 Darknet-Adressen gescannt, dabei wurden 4,3 Prozent der Adressen als Kinderpornographie klassifiziert, meint der Informatiker Florian Platzer vom Panda-Projekt. Die Seiten wurden nicht manuell untersucht, sondern automatisiert textbasiert klassifiziert. Platzer meint aber, dass man die Analysesoftware vorher mehrfach getestet habe und dass die inhaltliche Zuordnung von Darknet-Seiten meist gut funktioniert habe. Owenson und sein Forschungskollege hatten nicht nur.onion-Adressen in Kategorien gruppiert, sie hatten auch auf die tatsächliche Nutzung geschaut, die eine deutlich höhere Aussagekraft hat als bloße Zahlen zu einzelnen Adressen. Das konnten sie, weil sie bei ihrer Forschung auf einen Trick zurückgriffen....


Stefan Mey hat Soziologie und Publizistik studiert und ist freier Journalist in Berlin. Seit Jahren berichtet er über Technologie und über die Frage, was das Internet mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft macht. Über das Darknet hat er bisher für mehr als ein Dutzend Medien geschrieben, darunter das ZDF-Portal "heute.de", die IT-Medien "Heise online" und "iX", die Branchenzeitschrift "Deutsches Ärzteblatt" sowie das Politikmagazin "Le Monde Diplomatique".


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