E-Book, Deutsch, Band 1, 463 Seiten
Reihe: Sins in the City
E-Book, Deutsch, Band 1, 463 Seiten
Reihe: Sins in the City
ISBN: 978-3-7363-0505-2
Verlag: LYX
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Bevor Cara McKenna das Schreiben zu ihrem Beruf machte, arbeitete sie als Verkäuferin, Barista und Designerin. Sie schreibt heiße Liebesgeschichten mit Tiefgang - etwas düster, ein bisschen humorvoll, aber immer sehr emotional. Unter ihrem Pseudonym Meg Maguire erscheinen erotische Geschichten. Cara ist stolzes Mitglied der Romance Writers of America, und ihre Romane wurden bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Weitere Informationen unter www.caramckenna.com sowie auf Twitter (@caramckenna).
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1
Nachdem die Rechnung beglichen war, umarmte Samira ihre beste Freundin vor der Bar zum abendlichen Abschied. Sie versprachen einander, sich bald wieder zu treffen. Anschließend blickte Samira auf die Uhr ihres Handys. Gerade noch genug Zeit. Mit unter dem Einfluss des Cocktails leicht verträumtem Gang überquerte sie die Walnut Street, hielt auf Sephora zu und steuerte schnurstracks die Parfumwand an. Sie hielt sich die Probefläschchen der verschiedenen Herrendüfte an die Nase, bis sie einen fand, der ihr gefiel – ein frisches Zitrusaroma. Samira sprühte das Cologne in die Luft und ging hindurch. Anschließend stellte sie das Probefläschchen zurück, erfreut darüber, sich diesmal keine schiefen Blicke eingehandelt zu haben wie an der Make-up-Theke bei Macy’s. Wieder draußen an der frischen Luft erwartete sie ein Spaziergang von gerade mal einem knappen halben Kilometer nach Hause. Am Nachmittag hatte es geregnet, und die kühle Luft Anfang April fühlte sich elektrisch an, knisternd vor Leben und Möglichkeiten. Sie atmete den Frühling zusammen mit dem Cologne ein und malte sich aus, was für ein Mann diesen Duft wohl in ihren Haaren und an ihrer Kleidung hinterlassen haben könnte. An diesem Abend hatte sie einen anderen Drink als sonst gekostet, einen Greyhound – Wodka und Grapefruitsaft. Wer mochte dieser geheimnisvolle Mann sein, der den Cocktail für sie bestellt hatte? Ihr Ehemann würde es wissen wollen. Er ist groß, entschied sie, als sie die Straße überquerte. Groß und gut gebaut, mit klaren, blauen Augen, drahtigen Muskeln, einer weichen, tiefen Stimme und gefühlvollen Händen. Und er ist gut bestückt. So viel stand fest. Das würde Mike vor allem anderen hören wollen. Sam taufte ihren imaginären Liebhaber Nick und entschied, dass er Ruderer war. Wochentags ruderte er jeden Morgen auf dem Allegheny, deshalb besaß er kräftige, definierte Arme, und er arbeitete als … Rettungssanitäter. Schick. Was für ein Traumtyp ihr imaginärer Seitensprung doch war! Ihre Wohnung bestand aus einer Hälfte eines alten Ziegelsteinhauses im viktorianischen Stil, und als sie sich dem Gebäude näherte, ging sie in Gedanken die Gesichter ihrer Lieblingsschauspieler durch, bis sie eines fand, das zu ihrem imaginären Nick passte. Sam fühlte sich geradezu schwummerig, als sie die Steinstufen erklomm und die Schlüssel hervorkramte, beinah so, als hätte sie diesen attraktiven, athletischen, selbstlosen Nick wirklich für einen Drink und eine heiße Nummer im Bett getroffen. Dabei hatte sie in Wirklichkeit im Elbow Room mit keinem Mann gesprochen, abgesehen von dem, der ihre Cocktails gemixt hatte. Oooh, ein Barkeeper. Als sie die Tür aufschob, entschied sie spontan, dass sie ihre nächste getürkte Affäre mit einem Barkeeper erleben würde. Nicht, dass es Mike interessiert hätte, welchen Berufen die Männer nachgingen. Sam lächelte, als sie sah, dass auf dem Boden vor dem Briefschlitz keine Post wartete. Das bedeutete, er war rechtzeitig von der Arbeit weggekommen und hoffentlich schon eine Weile zu Hause, sodass er sich mit seinen eigenen Fantasien darüber, wo sie steckte, was sie trieb und mit wem, in Stimmung gebracht hatte. Der Gedanke ließ ein Lächeln um ihre Lippen spielen. Mike Heyer verkörperte einen wandelnden Widerspruch. Außerhalb dieser Mauern war er ein harter Kerl – leitender Drogenfahnder der Polizei von Pittsburgh, der spontan Entscheidungen traf. Und sein Körper passte zu seinem Auftreten: hart, rau, allzeit bereit. Außerhalb dieser Mauern hatte er immer alles im Griff, war sich stets voll bewusst, welchen Rang er bekleidete und wie ihn andere wahrnahmen. Selbstsicher und kompetent. Im Bett konnte er genauso sein und war es oft auch. Aber ein-, zweimal im Monat ließ er innerhalb der Grenzen dieser Spiele die Last der Autorität von seinen Schultern fallen und erlaubte sich, dem Raum zu geben, was nach Sams Vermutung seine tiefsten, prägendsten Ängste waren. Du bist schwach, sagten ihm diese Spiele. Du bist unterlegen, du kannst nicht mithalten. Du versagst. Sam grinste, als sie hinter sich abschloss. Ihr gefiel es, zu wissen, dass sie die einzige Hüterin seiner geheimen Begierden war, die Einzige, die ihn zu sehen bekam, wenn er sich in ein rundum glückliches Wrack verwandelte. Die Einzige, die ihn dazu verwandeln durfte. Es hatte eine Zeit gegeben, da wollte sie mit jenen geheimen Begierden nichts zu tun haben. Als Mike sie ihr ursprünglich gestanden hatte, war es ein schwerer Schlag sowohl für ihr Selbstvertrauen als auch für ihren Glauben an die Beziehung gewesen, derer sie bis dahin so sicher gewesen war. Sam hatte nicht gewusst, was mit ihrem – zu jenem Zeitpunkt – Verlobten los war, sie hatte nur gemerkt, dass sie angefangen hatte, sich wie eine Verbrecherin in seinen Augen zu fühlen, und dass die härteren Bereiche ihres Liebeslebens, die sie davor so genossen hatte, zu hart geworden waren, zu rau. War er früher besitzergreifend gewesen, so war er stattdessen mitunter gemein und anklagend geworden. Vor Mike hatte sie Lover schon für weniger abserviert, aber dieser Mann war von Anfang an anders gewesen. Von dem Abend an, als sie sich begegnet waren. Vor ihm hatte sie sich mit einem anderen nie so frei gefühlt – so frei, dass sie es beinah so empfunden hatte, als lerne sie sich selbst zum ersten Mal richtig kennen. Sie hatte festgestellt, wie albern sie sein konnte, wenn sie in der Gegenwart eines Mannes entspannt war – und wie viel besser der Sex war, wenn er sich nach Abenteuer statt einem Pflichtakt anfühlte. Doch es war schmerzlich deutlich geworden, dass da noch etwas war, das er ihr nicht erzählte. Also hatte sie gedroht, ihn zu verlassen – und sie hatte es ernst gemeint; die qualvollste Entscheidung ihres Lebens –, wenn er ihr nicht verriet, was mit ihm los war. Und schließlich hatte er es ihr verraten. Seither lautete ihr Motto: Nichts als die Wahrheit. Immer. Anfangs hatte sich Sam eingeschüchtert, ja sogar abgestoßen gefühlt. Aber die Wahrheit hatte ihr gesagt: Es liegt nicht an etwas, das du falsch gemacht hast. Es liegt an Dingen, von denen er sich insgeheim wünscht, du hättest sie falsch gemacht. Mit der Zeit hatten Sams Gefühle einen Wandel von Bestürzung über Skepsis und Akzeptanz und letztlich hin zu Neugier durchlaufen. Sie hatte fast ein Jahr gebraucht, um an den Punkt zu gelangen, an dem sie sich mit seinen Bedürfnissen angefreundet hatte, und im Verlauf dieser Monate hatte sich auch Mike verändert. Ihr war klar geworden, dass jenes Geständnis wie eine tonnenschwere Last auf seinen Schultern gewesen war, und nachdem der zermalmende Druck von ihm genommen war, hatten all die alten Warnzeichen aufgehört zu blinken. Keine Anschuldigungen mehr, keine verwirrenden Signale mehr, keine Nervosität im Bett mehr. Der Mike, in den sie sich verliebt hatte, war zurückgekehrt, nur mit einem kleinen Fetisch unverhohlen im Schlepptau. Und nachdem Sam sicher geworden war, dass es sich dabei nicht um ihren Feind handelte, hatte sie beschlossen, ihn zu ihrem Freund zu machen. Sie hatte ihn zu ihrem Partner bei der Aufgabe erhoben, ihren Ehemann auf jene Weise um den Verstand zu bringen, nach der er sich am meisten sehnte. Als sie das erste Mal angefangen hatten, Mikes ungewöhnliche Vorliebe zu erkunden, hatte Sam dasselbe getan wie an diesem Abend – sie war bis nach dem Abendessen fortgeblieben und mit einem fremden Männerduft an ihr nach Hause gekommen. Damals hatte sie einfach länger gearbeitet, hatte anschließend einen Abstecher in den Drogeriemarkt gemacht und sich Duftproben aus Lifestyle-Zeitschriften für Männer auf die Handgelenke gerieben. Aber nachdem sie in den letzten Jahren gesehen hatte, was ihre Spiele bei ihrem Mann bewirkten, hatte sie gelernt, selbst darin aufzugehen. Derselbe Fetisch, durch den sie sich früher herabgesetzt gefühlt hatte, verwandelte sie nun in eine mächtige, verruchte Mischung aus Teufelin und Göttin. Eine sexuelle Superschurkin. Und verdammt, es machte Spaß, diese Macht zu besitzen. Einmal oder zweimal im Monat traf sich Sam mit Freundinnen auf einen Drink und hielt dabei in der Bar insgeheim Ausschau nach Männern, die sie in ihrer Fantasie dort kennenlernte. Sie probierte neue Cocktails, tat so, als wären sie ihr geschickt worden, und durchstöberte genüsslich jene Parfumproben – das gehörte alles zur Vorbereitung. Mittlerweile, knapp drei Jahre nach dem Ultimatum, konnte sie sich kaum noch an die Zeit erinnern, als sie Mikes Fetisch abgestoßen hatte – inzwischen konnte sie sich ihre Ehe ohne die verruchten Spiele gar nicht mehr vorstellen. Das wäre, als nähme man ihr eines ihrer Lieblingsgewürze. Die Mahlzeiten wären zwar nach wie vor nahrhaft, aber der exotische Kick würde fehlen. »Hallo?« »Hi, Schatz«, rief Mike von oben zurück. Oben befand sich sein Arbeitszimmer. Er musste wohl den Papierkram des Tages mit nach Hause genommen haben. Normalerweise zog er es vor, diese Dinge im Revier zu erledigen und den Job dort zu lassen, wo er hingehörte, doch Sam wusste, dass auch dies einen Bestandteil ihres Spiels darstellte. Zur Überbrückung des Wartens, während er sich ausmalte, wie sie irgendwo unterwegs war und im Bett eines Fremden bestiegen wurde. Sams Herzschlag beschleunigte sich, als sie ihre Jacke auf den Kleiderständer hängte, und wurde noch schneller,...