E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: Echo Lake-Reihe
McGinnis Echo Lake - Zweimal heißt für immer
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7325-8852-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 1, 400 Seiten
Reihe: Echo Lake-Reihe
ISBN: 978-3-7325-8852-7
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Josie ist Expertin für gebrochene Herzen und Seelen in Not. Sie ist Therapeutin und kann jedem helfen - nur sich selbst nicht. Auch nach Jahren in der Ferne kommt sie nur ungern in ihren Heimatort Echo Lake zurück. Während die Besucher im Freizeitpark ihrer Familie unvergesslich schöne Stunden verleben, verbindet Josie mit ihm den Verlust eines geliebten Menschen. Für sie steht fest: Sie wird schnellstmöglich wieder abreisen. Doch dann trifft sie auf Ethan, ihre erste große Liebe. Den Mann, den sie einst zurückließ ...
Auftakt der neuen Liebesroman-Reihe aus Vermont - zum Wegträumen schön!
Maggie McGinnis lebt mit ihren Kindern und Katzen in New England und hat sich in den USA als Autorin von romantischen Liebesromanen einen Namen gemacht. Mit ihrer Echo-Lake-Serie führt sie uns ins wunderbare Vermont.
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1
»Dad?« Durch die piependen Geräte am Bett der Intensivstation hörte Josie kaum die eigene Stimme. Sie trat näher. »Oh Gott. Daddy?« Die Anrede klang fremd. Und diese reglose Gestalt unter der Bettdecke, das konnte doch nicht ihr Vater sein. Das konnte nicht der Mann sein, der fünfzig Kilometer in der Woche lief und jedem, der es hören wollte, seine einwandfreien Blutdruckwerte und den beeindruckenden BMI nannte.
Erschrocken blickte sie in sein Gesicht. Ihr Vater war bleich, seine Haut schlaff und knittrig trocken wie Reispapier. Nur die Tropfen, die sich im Beatmungsschlauch sammelten, zeigten, dass er noch atmete. Josie zitterten die Knie, und sie griff blind nach der Stange am Fußende des Bettes.
»Ma’am?« Der strenge Tonfall hinter ihr ließ sie zusammenfahren. »Hier sind nur die engsten Familienangehörigen zugelassen.«
Josie nickte, konnte sich jedoch nicht von dem Kranken abwenden, der nur entfernt wie ihr Dad aussah. »Ich gehöre zur Familie.« Auch dieses Wort kam ihr schwer über die Lippen, dabei hatte sie sich an »engsten« nicht einmal versucht. »Er erkennt mich nur nicht.«
Josie spürte eine Hand an ihrem Ellbogen und drehte sich langsam um. Sie blickte in das Gesicht einer rundlichen Krankenschwester, deren kecker blonder Pferdeschwanz sein Bestes tat, um über die Altersfältchen an den Augen hinwegzutäuschen.
»Verzeihung«, wisperte sie und erschrak, als plötzlich Blutdruckmanschetten summten und sich die Decke über Dads Beinen hob. »Ich bin … ich bin seine Tochter.«
»Seine Tochter?« Die Schwester schaute sie fragend an. »Du meine Güte, tut mir leid! Das wussten wir nicht.«
»Konnten Sie auch nicht, Schwester. Eigentlich … rechnet keiner mit mir«, bekannte Josie verlegen.
Die Krankenschwester kam um sie herum und gab ihr die Hand. »Lassen Sie das ›Schwester‹ gleich weg. Ich bin Gayle.«
»Josie.«
»Möchten Sie sich hinsetzen, solange ich nach ihm sehe?«
Josie betrachtete das stille Gesicht auf dem Kissen und war nicht imstande, den Mund zu öffnen und zu antworten. Ihre Füße waren wie festgeklebt, und der Stuhl neben ihr schien viel zu weit weg zu sein. Dies war der Mann, der sein halbes Leben damit verbracht hatte, im Weihnachtspark der Familie die Besucher als Santa Claus mit »Ho-ho-ho« zu begrüßen. Er und still? Undenkbar.
Sie blickte zu Gayle auf, die Daten von den Geräten ablas und in ihren Laptop eingab. »Es war eindeutig ein Schlaganfall?«
Gayle nickte und tippte sich an den Kopf. »Gehirnblutung rechts.« Sie klappte den Laptop zu und rückte am Kopfende des Bettes einige Schläuche zurecht, die ein Durcheinander bildeten. »Ich bin hier fast fertig. Ich kann Sie allein lassen, wenn Sie für ein paar Minuten bleiben möchten. Sprechen Sie mit ihm. Er kann Sie wahrscheinlich hören.«
Josie schüttelte den Kopf. Nein. Reden wollte sie jetzt ganz bestimmt nicht.
»Erzählen Sie ihm, was Sie heute gemacht haben, wie das Wetter ist, ganz egal was. Hauptsache, er hört Ihre Stimme.«
Josie seufzte. »Ehrlich gesagt, Gayle, ich fürchte, wenn er meine Stimme hört, bekommt er womöglich einen Herzinfarkt dazu.«
Ethan saß am Schreibtisch vor dem Computer und informierte sich über die Nachrichten des Tages. Nachdem er viermal dieselbe Schlagzeile gelesen hatte, klickte er das Fenster zu. Er versuchte, nicht auf den leeren Stuhl gegenüber zu starren, ertappte sich aber immer wieder dabei. Er konnte es nicht fassen, dass Andy im Krankenhaus lag. Wegen eines Schlaganfalls!
Und Josie war auf dem Weg hierher.
Er schob den Stuhl zurück und schaute über die Schulter aus dem Fenster. In Snowflake Village glitzerte und funkelte es an jedem Baum, jedem Karussell, jedem Weg. »Ho-Ho-Camp« hatte Josie es immer genannt. Ein Mekka der Realitätsflucht.
Zum tausendsten Mal in den letzten fünf Jahren fragte er sich, was sie wohl sagen würde, wenn sie ihn im Unternehmen ihrer Familie auf dem Sessel des Finanzchefs sitzen sähe, sein Schreibtisch Kopf an Kopf mit dem ihres Vaters. Ethan blickte auf sein rotes Poloshirt und das Schneeflockenlogo an der Brust. Das war weit entfernt von der blauen Ausgehuniform und den Rangabzeichen der Marine, die er inzwischen hätte tragen sollen, aber ein Rutlander Linebacker hatte diese Lebensplanung mit einem Tackle in der Endausscheidung vor elf Jahren zunichtegemacht.
Da sein rechtes Knie einen bleibenden Schaden zurückbehalten hatte, hatte er nun eine leitende Position in einem Freizeitpark inne, statt in Übersee bei einem Militäreinsatz zu sein. So hatte Ethan sich sein Leben absolut nicht vorgestellt. Er war jedoch dankbar gewesen, als Josies Vater ihm die Stelle des Finanzchefs angeboten hatte, nachdem endgültig klar war, dass Josie nicht zurückkommen und den Posten besetzen würde.
Jetzt aber war sie unterwegs nach Echo Lake. Es musste erst um Leben und Tod gehen, damit sie herkam … und nun war es so weit.
Geistesabwesend rieb er seinen linken Ringfinger und fluchte leise, als er es bemerkte.
Erschrocken fuhr er auf, weil jemand die Treppe heraufeilte. War sie etwa schon da? Er sah feuerrote Haare durch den Flur kommen und atmete auf. Nicht Josie, Gott sei Dank. Nur ihre alte beste Freundin.
Molly stürmte in sein Büro. »Du musst mich retten!« Sie warf sich in Andys Sessel. Ihre grünen Augen funkelten lebhaft, als sie über die Schulter zur Tür schaute. »Diese Blind Dates sind ein Desaster!«
Nach einem raschen Blick zum Flur sah Ethan sie an. Es amüsierte ihn bis heute, dass sie und Josie ihre ganze Kindheit über beste Freundinnen gewesen waren. Denn Molly war temperamentvoll und laut, Josie dagegen zurückhaltend und eher still.
»Hat ein Serienmörder es auf dich abgesehen? Oder ein Italiener?«
»B.« Sie fächelte sich mit einem Blatt Papier Luft zu. »Beim ›Frosty Freeze‹ habe ich ihn abgehängt, glaube ich.«
»Soll ich ihn über die Sicherheitskameras suchen?«
Sie richtete sich auf. »Würdest du das tun?«
»Nein, Mols. Deine Dating-Probleme musst du lösen, nicht ich.«
»Wenn du mich heiraten würdest, hätte ich keine Dating-Probleme mehr. Noch so ein blödes, widerliches arrangiertes Date, und ich zerre dich an den Haaren zum Standesamt, nur damit mir Mamma nicht weiter in den Ohren liegt.«
Er zog die Brauen hoch. »Das klingt nach Steinzeit, da verzichte ich lieber.«
»Mamma denkt, ich werde von heute auf morgen verblühen und eingehen, wenn ich nicht in Kürze einen Ehemann finde.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob die Lage schon so verzweifelt ist.« Ethan verkniff sich ein Schmunzeln.
»Ach, du hast ja keine Ahnung. Die Frau steigert sich da voll rein.«
»Was hat sie jetzt wieder angestellt?«
Molly seufzte. »Italian Love Match Punkt com.« Sie spuckte den Namen förmlich aus.
»Eine italienische Partnerbörse?«
»Am besten, du bringst mich gleich um.«
Er lachte. »Mir scheint, Mamma B. kann das besser.«
»Ich dachte, sie kann auf dem blöden Computer gerade mal die Waren fürs Restaurant bestellen. Stattdessen bestellt sie jetzt schon Männer für mich.«
»Tja, das kannst du einer Mom nun mal nicht übelnehmen.«
»Hör auf zu lachen.«
»Kann ich nicht, tut mir leid.« Er tat, als tippte er. »Italian Love Match Punkt com, sagst du? Mal sehen. Molly Bellini.«
Ein blau glitzernder Flipflop traf ihn am Kopf, ehe er sich ducken konnte. »Können wir nicht wenigstens so tun, als hätten wir geheiratet?«
»Nein. Kommt nicht infrage. Deine Familie ist komplett irre. Wir würden schreckliche Kinder haben.«
»Aber immerhin hätten wir welche! Ich glaube, Mamma kommt es weniger darauf an, dass ich heirate. Sie will bloß Enkelkinder.«
»Tut mir leid, Mols. Da kann ich dir nicht helfen. Es braucht einen Stärkeren als mich, um eine Bellini zu heiraten.«
»Du bist ein Spielverderber.« Sie sah auf die Uhr. »Haben wir nicht in der Junior High einen Pakt geschlossen, einander zu heiraten, wenn wir bis dreißig niemanden gefunden haben?«
»Nein. Und wir sind noch nicht dreißig.«
Molly stand auf, um aus dem Fenster zu spähen. »Na gut, genug von mir. Reden wir doch einmal über deine Dating-Probleme.«
»Bestimmt nicht.«
»Soll ich nicht endlich mal ein Profil für dich einstellen?« Sie zwinkerte ihm zu.
»Bitte sag mir, dass du das nicht getan hast.«
»Hab ich nicht.« Sie setzte sich wieder in Andys Sessel. »Also, was ist los? Du guckst plötzlich so ernst.« Sie kaute auf einem ihrer rosa Fingernägel, wie Josie es früher getan hatte, wenn sie nervös war. Komisch, wie viele solch kleiner Gewohnheiten die beiden voneinander übernommen hatten, ohne sich dessen bewusst zu sein.
»Andy hatte gestern einen Schlaganfall.«
»Äh … was? Andy? Santa?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein!«
Ethan nickte langsam. »Doch.«
»Wie schlimm ist es?«
»Das weiß man noch nicht.«
Molly kniff die Augen zu und rieb sich die Stirn. »Glaubst du, Josie weiß es? Sie hat zwar nichts mehr mit ihnen zu tun, aber …« Sie blickte auf. »Sollten wir versuchen, sie zu erreichen?«
»Sie weiß schon Bescheid. Diana hat offenbar heute früh mit ihr gesprochen.«
»Also … sie kommt her?«
»Ja.«
»Ach.« Nachdenklich schob Molly den nächsten Finger zwischen die Lippen. »Wow. Aber sie wird zum Krankenhaus fahren, oder? Nicht hierher. Sie wird den Park links liegen lassen, meinst du nicht?«
Ethan holte tief Luft und atmete ruhig aus. »Keine Ahnung.«
»Ja, wird sie. Sie kann ihn nicht ausstehen. ›Ho-ho-Camp‹, weißt du...




