Roman, Band 68 der Gesammelten Werke
E-Book, Deutsch, Band 68, 528 Seiten
Reihe: Karl Mays Gesammelte Werke
ISBN: 978-3-7802-1768-4
Verlag: Karl-May-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Weitere Infos & Material
1;INHALT;4
2;DER GELDPROTZ;6
2.1;Auf dem Keryhof;6
2.2;Der Geldprotz und sein Sohn;31
2.3;Tumult in der Waldschenke;58
2.4;Vater und Tochter;97
2.5;In den Krallen des Geiers;128
2.6;Um Haus und Hof;158
2.7;Geprellte Gauner;184
2.8;Im Spinnenloch;216
2.9;Wurzelsepps ‚bester Freund‘;256
3;DER SAMIEL;287
3.1;Der Kronenbauer und seine Geschichte;287
3.2;Liebe und Leidenschaft;319
3.3;Eine bedenkliche Wette;348
3.4;Spuren im Dunkel;380
3.5;Samiel und der Graf;414
3.6;Das Dunkel lichtet sich;442
3.7;Einbruch im Pfarrhaus;479
3.8;Samiels Ende;507
DER GELDPROTZ
Auf dem Keryhof
Der Geldprotz und sein Sohn
Tumult in der Waldschenke
Vater und Tochter
In den Krallen des Geiers
Um Haus und Hof
Geprellte Gauner
Im Spinnenloch
Wurzelsepps 'bester Freund'
DER SAMIEL
Der Kronenbauer und seine Geschichte
Liebe und Leidenschaft
Eine bedenkliche Wette
Spuren im Dunkel
Samiel und der Graf
Das Dunkel lichtet sich
Einbruch im Pfarrhaus
Samiels Ende
Eine bedenkliche Wette (S. 347-348)
Noch immer saß der Kronenbauer mit dem Wurzelsepp unter der Tanne. Sie schienen einander gleichgültige Dinge zu erzählen. Als Sepp jetzt die Bäuerin kommen sah, stand er von seinem Sitz auf und schwenkte ihr den Hut entgegen. „Schau, da kommt sie, da kommt sie, das prächtige Weib mit den klunkrigen Beinen und dem buckligen Leib!“ An Stelle der Kronenbäuerin antwortete Fritz Hiller schlagfertig: „Schau, dort steht er, dort steht er, der wacklige Kauz mit der riesigen Nas und der quabbligen Schnauz!“ „Ja“, lachte der Sepp, „der Fritz versteht’s halt schon, einem heimzuleuchten. Dem darf man nicht kommen, besonders, wenn er mit der schönsten Bäuerin rundum lustwandelt! Grüß Gott, Bäuerin! Weiß Gott, dass d’ halt immer noch hübscher wirst!“
„Und du immer ausgelassener“, antwortete sie. „Grüß Gott! Was hat dich hergebracht?“ „Ein gutes Geschäft.“ „Willst mir Eier abkaufen oder Milch oder Heu?“ „Nein. Heu hab ich selber genug im Schädel. Ich brauch’s nicht. Was andres. Kannst keinen Gast brauchen?“ „Einen Gast? Was für einen?“ „Einen feinen. Nicht einen, der nur da wohnt und isst und trinkt und fortgeht, fast ohne ‚Hab Dank‘, sondern einen, der fein zahlt.“ „Wie heißt er denn?“ „Ludwig. Herr Ludwig.“ „Das klingt nicht grad vornehm.“ „Wenn du nach dem Namen gehst, so kannst dich oftmals täuschen.“ „Freilich wahr, Sepp.
Es kann ein Lump einen feinen Namen haben. Aber was ist er denn, der Herr?“ „Ein Künstler ist er und dazu noch ein Gelehrter.“ „Malt er?“ „Er malt alles, was er sieht – wenn er Lust dazu hat. Fürs Geld tut er’s nicht. Dazu ist er zu reich.“ „Ist er alt?“ „Oh, er ist in den besten Jahren! Er ist noch nicht mal ganz so alt wie ich!“ „Na, dann danke ich. Wenn er nicht ganz so alt ist wie du, so kann er doch schon an die Siebzig zählen.“ „So schlimm ist’s nicht. Er hat etwas über dreißig so bis hin zu vierzig.“ „Das will ich mir eher gefallen lassen: Ich lieb nur die Jugend und die Schönheit!“, sagte sie, ohne zu bedenken, wie sie ihren Mann damit verletzte.
„Schön ist er schon“, erklärte Sepp. „Ich hab noch keinen prächtigeren Mann gesehn!“ „Bist ja ganz begeistert, alter Sepp! Wie schaut er denn aus, dein feiner Herr?“ „Hoch, stark, mit mächtigen, dunklen Augen, vor denen man sich fürchten möcht, wenn sie nicht auch so mild, lieb und gut blicken täten.“ „Grad wie ein Romanheld! Das wär halt mein Geschmack!“ „Na, Bäuerin, mit dem Geschmack musst dich wohl nach dem Bauern richten!“ „Schon, schon“, sagte sie kühl und streifte das wächserne Gesicht des Blinden mit einem raschen Blick.
„Diesen Herrn darfst’s überhaupt nicht merken lassen, dass er dir gefällt.“ „Nimmt er’s etwa übel? Sonst sind die Männer doch gewöhnlich von anderm Schlag!“ „Merken lassen darfst es ihn nicht, sonst geht er gleich fort.“ „O weh! Ist ja der reine Rührmichnichtan! – Kennst ihn denn so genau?“ „Natürlich! – Ist ja mein bester Freund! Wenn ich ihn nicht kennen tät, so würd ich ihn dir gar nicht empfehlen.“