E-Book, Deutsch, 256 Seiten
Margolis Einmal Sommer und zurück
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-641-17890-1
Verlag: cbt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 256 Seiten
ISBN: 978-3-641-17890-1
Verlag: cbt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hast du dir je gewünscht, jemand anderer zu sein?
Der Plan: Diese Sommerferien sollen für Katie und ihre beste Freundin Melody die besten aller Zeiten werden. Fakt: Am Ende der Ferien reden die beiden kein Wort mehr miteinander und sind höllisch eifersüchtig aufeinander. Warum: Natürlich wegen eines Jungen! Und weil keine damit glücklich ist, wünschen sie sich nichts mehr, als den Sommer noch mal zu erleben, in der Haut der anderen. Und so haben die beiden auf einmal einen nagelneuen Sommer vor der Nase. Ob nun ihr Plan wohl doch noch aufgeht?Eine eiscreme-süße, sonnendurchflutete und wölkchenleichte Sommerromanze!
Leslie Margolis ist die Autorin zahlreicher Bücher für Kinder und Jugendliche, die bereits in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Wenn sie gerade nicht schreibt oder liest, erkundet sie gerne fremde und vertraute Städte, schwimmt in Seen oder Meeren, fährt Fahrrad, spielt Tischtennis oder lässt es sich einfach mit ihren Kindern gut gehen. Sie lebt mit ihrer Familie in Los Angeles.
Weitere Infos & Material
Katie
Hokuspokus, Strandbus Der Sommer war eine Katastrophe. Und damit meine ich Mega-Katastrophe! Und das ist alles Melodys Schuld. Was echt lustig ist, weil sie angeblich meine beste Freundin ist und es der Sommer unseres Lebens hätte werden sollen. Wir sind beide im Juni dreizehn geworden und damit endlich alt genug, um allein mit dem Bus zur Crescent Moon Bay zu fahren. Crescent Moon Bay, falls jemand das nicht weiß, ist der spektakulärste Strand in Malibu. Melody und ich hatten einen Haufen Pläne, und in keinem davon ging es darum, dass sie mir meinen zukünftigen Freund ausspannt oder ich mit meinen beiden vierjährigen Stiefbrüdern allein an den Strand latschen muss. Aber tja, genau so ist es gekommen. Heute ist der letzte Tag der Sommerferien und Kevin hält Melody im Arm. Und ich? Ich halte Händchen mit Ryan und Reese, wir drei sind verklebt und riechen fett nach Erdnussbutter und Blaubeermarmelade. Der Strandbus fährt einmal in der Stunde, und daher ist es einfach nur Pech, dass wir zufällig im gleichen landen. Noch schlimmer ist, dass Melody und Kevin zuerst eingestiegen sind und sich in die dritte Reihe gesetzt haben, sodass den beiden Zwergen und mir nichts anderes übrig bleibt, als an ihnen vorbeizulaufen. Wenigstens sind sie total ineinander versunken. So bemerken sie mich vielleicht nicht, obwohl ich kaum zu übersehen bin. Ich bin ein Albatros, nur nicht ganz so grazil, und ich habe nicht nur meine Stiefbrüder, sondern auch die unförmigste Umhängetasche des Universums im Schlepptau. Ich trage Snacks, Handtücher, Sonnenschutz und viel zu viel Spielzeug: Fußbälle, einen Baseball, Eimer und Schaufeln, große Plastiklaster und eine riesige Plüsch-Schildkröte mit Sonnenbrille, ohne die die Jungen, wie sie behaupten, keine Sekunde auskommen können. Wir sind gerade erst eingestiegen, und Ryan fragt schon, ob wir bald da sind. »Der Bus hat sich noch nicht mal in Bewegung gesetzt«, flüstere ich. »Wann fährt er denn los?«, erkundigt sich Reese. »Sobald alle einen Platz gefunden haben.« Gleich müssen wir an Melody und Kevin vorbei. Ich bin mir sicher, dass sie uns hören können, und wünschte, Reese würde leise sprechen. »Ich habe einen Stein im Schuh«, verkündet Ryan. »Schildkröte verliert ihre Sonnenbrille«, sagt Reese noch lauter. Als ob sie es darauf angelegt hätten, mich zu demütigen. »Können wir bitte weitergehen?« Ich scheuche sie vorwärts und bin kurz vorm Losheulen, weil das alles einfach nicht fair ist. Ursprünglich hatte Melody ja versprochen, mit Ryan und Reese an den Strand zu fahren. Das war natürlich, bevor ich heimlich beobachtet habe, wie sie und Kevin sich letzten Samstagabend in Melodys Whirlpool geküsst haben. Aber das Absurde daran ist, dass ich mir, obwohl ich derart wütend und gekränkt bin, tief im Inneren doch wünsche, sie wäre bei uns. Das Leben ist einfacher mit Melody. Sie hat so eine süße, liebenswürdige Art. Und Ryan und Reese lassen sich von ihr sogar etwas sagen. Mom behauptet, das liege daran, dass sie nicht ihre Stiefschwester und seltener da sei. Aber ich weiß es besser. Meine Stiefbrüder hören auf Melody, weil sie Jungs sind, denn alle Jungen mögen Melody lieber, selbst Vierjährige. Wir beide verkörpern das universale Gesetz der Gegensätze. Melody zieht Jungen magisch an. Ich schrecke sie ab. Wir sind schon fast an den Turteltäubchen vorbei und demzufolge praktisch aus dem Schneider, als Ryan Melody entdeckt und aus Leibeskräften ihren Namen brüllt: »Melo!« Melo ist unser Spitzname für Melody. Er steht für »mellow«, also sanft, denn das ist sie, und für »Marshmallow«, denn die mag sie für ihr Leben gern. Wenn wir welche bei ihr zu Hause über dem Feuer rösten, nimmt sie sich immer mindestens drei extra. Kevin und Melody schauen überrascht zu uns hinüber. Ryan lässt meine Hand los und klettert auf ihren Sitz, obwohl dort kaum noch Platz ist. Melody rückt näher an Kevin heran, sodass sich jetzt auch noch ihre Beine berühren. »Hey, Jungs«, sagt Melody, und ihre Miene hellt sich auf, als sie meine Stiefbrüder sieht. Sie zerzaust Ryans Haar, schenkt Reese ein Lächeln und hebt nicht einmal den Blick, um mich zur Kenntnis zu nehmen. Auch Kevin ignoriert mich und das tut weh. »Hey, ihr kleinen Racker«, sagt er sanft, während er sich über Melody beugt und seine Hand ausstreckt. »Wer gibt mir fünf?« Ryan und Reese streiten sich darum, wer Kevin zuerst abklatschen darf. Derweil kämpfe ich mit den Tränen und bin froh, dass meine Augen hinter einer gigantischen Sonnenbrille mit herzförmigem Gestell und roten Glitzersteinen verborgen sind. Yes, meine Sonnenbrille ist abgrundhässlich und seit Jahrzehnten aus der Mode, aber ich trage sie ja zum Spaß. Zumindest ist das meine Absicht. Doch im Moment habe ich das Gefühl, dass sie einfach nur dämlich aussieht. Wenigstens versteckt sie meine feuchten Augen. Ich richte mich auf, schiebe die Plüsch-Schildkröte tiefer in die Tasche hinein und versuche, etwas von meiner Würde zu bewahren. »Können wir bei dir sitzen, Melody?«, bittet Reese in seinem süßesten Bettelstimmchen. Aber ganz offensichtlich ist dafür nicht genug Platz, und als er sich zu ihnen gesellen will, schiebt Ryan ihn wieder vom Sitz runter, weil er Melody für sich allein haben will. Meine ehemalige beste Freundin lächelt und säuselt: »Wenn es hier bloß nicht so eng wäre. Nächstes Mal sitze ich bei dir. Okay?« »Versprochen?«, fragt Reese. »Versprochen«, erwidert Melody feierlich und hält ihre rechte Hand hoch wie die pflichtbewusste Pfadfinderin, die sie einst gewesen ist. »Kommt, wir gehen weiter«, sage ich, fasse Ryan am Ellbogen und ziehe ihn vom Sitz. Er blickt zu mir auf und fragt: »Weinst du?« »Sei still!«, zische ich und schubse beide den Gang hinunter. Meine Monstertasche dotzt links und rechts gegen die Passagiere, ich höre sie grummeln und »Aua!« rufen, doch in meiner Hast blicke ich mich nicht einmal um oder entschuldige mich. »Ich will neben Melo sitzen«, jammert Ryan. »Das geht nicht!«, erwidere ich und fühle mich wie die gemeinste Schwester in der ganzen weiten Welt. Wir drei quetschen uns auf einen Sitz zwölf Reihen weiter hinten. Er ist außer Hörweite von Kevin und Melody, aber nah genug, um Kevins perfekten Hinterkopf bewundern zu können. Kevin trägt eine verblichene rote Baseballmütze. Aber selbst die scheint von seiner Aura zu strahlen, wie überhaupt alles an ihm – seine Haut, sein wuscheliges Haar, seine langen, schlanken Glieder. Ich schmelze dahin. Und befehle mir sofort, damit aufzuhören, doch dadurch werde ich erst richtig schwach. Oh Mann! Wenigstens lassen er und Melody jetzt die Finger voneinander. Sie liest ein Buch, und Kevin blickt einfach geradeaus und befasst sich vermutlich mit etwas so Coolem wie zu meditieren oder sich vorzustellen, wie er auf einem Surfbrett aussieht, oder ein romantisches Date mit Melo zu planen oder stumm ein abgefahrenes Gedicht zu rezitieren. Vielleicht auch alles gleichzeitig. Ich weiß nicht, was sie für ein Problem hat. An Melodys Stelle würde ich kein ödes Buch lesen. Ich würde dem perfektesten Vertreter der Gattung Junge direkt neben mir meine ganze Aufmerksamkeit schenken. Als ich sie gähnen sehe, ticke ich fast aus. Das ist so ungerecht, dass ich laut schreien möchte! Melody und ich waren uns einig, dass Kevin mir gehört. Das haben wir schon vor Monaten besprochen, weil sie Kevin nicht so gern hat wie ich. Kann sie gar nicht! Selbst wenn, ich hab ihn zuerst gesehen. Und außerdem – wie viel Glück hat ein Mädchen verdient? Melody hat doch schon alles: perfekte Eltern, die nicht geschieden sind und tatsächlich miteinander auskommen, ein Riesenhaus mit eigenem Whirlpool und einen Swimmingpool mit Rutsche. Ach ja, ihr Aussehen nicht zu vergessen. Melody ist um-wer-fend. Sie hat lockiges, blondes, samtweiches Haar, natürlich kein bisschen widerspenstig. Ihre Augen sind so blau wie die Karibik, nicht dass ich je dort gewesen wäre, um das einschätzen zu können. Mein Wissen stammt von der Jumbopackung Buntstifte von Ryan und Reese. Melody hingegen kennt die Karibik, weil sie jedes Jahr dorthin mit ihrer Großmutter in den Urlaub fährt. Sie war schon überall: auf den Turks- und Caicosinseln, auf St. John, St. Thomas, Saint-Barthélemy und Barbados. Moment. Gehört Barbados überhaupt zur Karibik? Wohl eher nicht, aber ich weiß es nicht genau. Natürlich spielt es keine Rolle, ob ich es weiß oder nicht. Da komme ich sowieso niemals hin. Ich komme bloß nach Seattle, weil mein Dad nach der Scheidung meiner Eltern vor vier Jahren dorthin gezogen ist. Seattle! Die Berge sind grün und imposant, was aber nutzlos ist, weil es immerzu kalt, düster und verregnet ist und man eh nicht rauskann. Zu allem Überfluss ist mein Dad mit einer Tierpräparatorin verheiratet. Ganz recht, meine Stiefmutter verdient ihre Kohle damit, tote Tiere auszustopfen. Wenn das nicht abartig ist! Klar nimmt sie ihre Arbeit auch mit heim. Das Haus ist vollgestopft mit allen möglichen toten Viechern, von winzigen weißen Mäusen bis zu mächtigen Elchen und allem dazwischen. Habe ich erwähnt, dass ich Vegetarierin bin? Ich bin Vegetarierin, und von toten Tieren umgeben zu sein, von denen die meisten zum Vergnügen gejagt und dann zum Angeben ausgestopft wurden, ist echt das Letzte. Deshalb lasse ich mich selten dort blicken. Nur, wie gerichtlich...