E-Book, Deutsch, Band 2093, 144 Seiten
Reihe: Baccara
E-Book, Deutsch, Band 2093, 144 Seiten
Reihe: Baccara
ISBN: 978-3-7337-2533-4
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bestsellerautorin Catherine Mann schreibt zeitgenössische Liebesromane, die im militärischen Milieu spielen. Ihr Mann, der bei der US Air Force arbeitet, versorgt sie mit allen nötigen Informationen, sodass sie keine Recherche betreiben muss. In der Zeit vor ihren Romanveröffentlichungen machte sie ihren Bachelor in Bildender Kunst auf dem College von Charleston und ihren Master in Theaterwissenschaften an der Universität von Queensboro. Heute kann sie sich in die Liste von namhaften Gewinnern des RITA Awards einreihen. Ihrem Ehemann, einem Piloten, folgt sie durch die ganze Welt, im Schlepptau ihre vier Kinder, einen Hund und eine Katze. Die Erlebnisse an ihren unterschiedlichen Wohnorten bieten ihr endlosen Stoff für weitere Romane.
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1. KAPITEL Manche Frauen träumten davon, in einem Krankenhaus ihr Kind zu bekommen, während ihr Partner ihnen die Hand hielt. Andere malten sich eine Hausgeburt aus, bei der der Mann ihrer Träume im Gleichtakt mit ihnen atmete. Niemand wünschte sich, mitten im Schneesturm in einem SUV sein Baby zur Welt zu bringen, nur mit seinem Ex-Verlobten als Hebamme. Oder in Naomi Steeles Fall die Babys. Plural. Zwei Stück. Das erste würde bestimmt in den nächsten paar … „Pressen, Naomi, pressen!“ Royce Millers sanfte, tiefe Stimme vermittelte Zuversicht. Im Innern seines SUV lief die Heizung auf Hochtouren. Draußen prasselte Schnee auf das Fahrzeug ein. „Verdammt, ich presse doch schon die ganze Zeit.“ Denn es bestand kein Grund, zu warten. Keine Hilfe war unterwegs. Hier auf dem verlassenen Highway nördlich von Anchorage in Alaska gab es nur sporadisch Handyempfang. Es war unklar, ob überhaupt jemand ihren Hilferuf gehört hatte, und ob sich die Retter durch den Schneesturm bis zu ihnen durchkämpfen konnten. Die Wehen hatten einen Monat zu früh eingesetzt. Die Sitze des SUV waren heruntergeklappt. Unter ihr war eine Decke ausgebreitet. Neben ihr stand ein Erste-Hilfe-Kasten. Gott sei Dank hatte Royce seinen Wagen für den Notfall gut mit allem ausgerüstet. Typisch. Er ging immer analytisch und organisiert vor, ganz der brillante Wissenschaftler, der auf alles vorbereitet war. Als Anwältin besaß auch Naomi eine analytische Seite, aber sie war eher für ihre Theatralik bekannt, die ihr im Gerichtssaal mehr als einmal gute Dienste geleistet hatte. Royce kniete auf dem Boden. Mit seinem muskulösen Körper hatte er nicht viel Platz im Wagen, aber es gelang ihm trotzdem, entspannt zu wirken. Ganz locker. Er hatte die Kontrolle. Schmerzen durchzuckten Naomi. Ihr Körper erstarrte in einem heftigen Krampf, der über alles hinausging, was sie in ihren Geburtsvorbereitungskursen gehört hatte. Intellektuell verstand sie, dass es gerade bei Erstgebärenden mit ein- oder zweimal pressen nicht getan war, aber sie hatte genug. Mehr als genug. Sie war den Tränen nahe und hätte gern geschrien, aber sie wollte Royce nicht noch mehr aufbürden. Bestimmt hatte er trotz seiner äußerlichen Ruhe Angst. Schweißperlen liefen ihm übers Gesicht. Und sie wusste, dass diese Wehe ihr noch keine Erleichterung verschaffen würde. Enttäuschung durchzuckte sie, obwohl der Schmerz nachließ. Sie atmete aus und ließ sich zurücksinken. Nahm sich Zeit, jedes bisschen Energie zu sammeln, so gut sie konnte. Das Licht draußen wurde schwächer. Der Tag ging zu Ende, und das Schneetreiben war nach wie vor dicht. Die Innenraumbeleuchtung des Autos ließ allerdings zu wünschen übrig. Royce hatte zusätzlich zwei Taschenlampen aufgehängt. Naomi wollte nicht darüber nachdenken, was passieren würde, wenn alles zu lange dauerte und ihnen das Benzin ausging. Monatelang hatte sie wegen ihres Blutdrucks Bettruhe halten müssen. Heute hatte sie endlich vom Arzt grünes Licht bekommen, wieder aufzustehen. Nach dem Termin hatte sie einfach nur eine nachmittägliche Spazierfahrt genießen wollen, um zu feiern, dass der letzte Monat ihrer Schwangerschaft weniger Einschränkungen unterworfen war. Sie war sich mit dem Geburtstermin ganz sicher, da sie sich mit Spendersamen künstlich hatte befruchten lassen. Als sie die Entscheidung gefällt hatte, war sie besorgt gewesen, dass sie vielleicht die Chance verpassen würde, je Mutter zu werden. Erst später hatte sie den exzentrischen Forscher Royce Miller kennengelernt. Ihre Beziehung war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Sie war damals im dritten Monat schwanger gewesen, und es war ihm nur zu leicht gefallen, ihre Babys als Ersatz für seine unbewältigte Vergangenheit zu benutzen. Royce tätschelte ihr mit der großen Hand das Knie. „Ist dir warm genug?“ Das Heulen des Windes übertönte seine Worte fast. „Ich habe meinen Mantel für die Babys bereitgelegt, aber ich kann dir mein Shirt geben.“ Sie wusste, dass die Schweißperlen auf seiner Stirn nichts mit der Temperatur im Fahrzeug zu tun hatten. „Mir geht es gut.“ Selbst wenn sie gefroren hätte – und das tat sie nicht, weil ihr Körper vor Schmerzen in Flammen stand –, hätte sie nicht noch mehr von Royce annehmen können. Er hatte so viel für sie geopfert, nachdem sie ihre Verlobung gelöst hatten. Er schien sich verpflichtet zu fühlen, an ihrer Seite zu bleiben, bis die Babys geboren waren. Jeder Tag seit der Trennung war eine bittersüße Qual. Mit ihm zusammen zu sein, ließ sie Reue und Trauer empfinden, aber letzten Endes auch Entschlossenheit. Diese Entschlossenheit brauchte sie, um sich gegen diesen ebenso stillen wie sturen Mann durchzusetzen. Ihre Entscheidung, mit ihm Schluss zu machen, war richtig gewesen. Trotzdem tauchte er immer wieder bei ihr auf und verfolgte seine eigenen Pläne. Zum Beispiel hatte er heute darauf bestanden, sie zum Arzt zu bringen, obwohl sie über ein Dutzend Familienmitglieder hatte, die gern geholfen hätten. Nach dem problemlosen Besuch beim Gynäkologen hatte Royce sie zurückbringen wollen. Der Wetterbericht hatte völlig harmlos geklungen. Sie hatten alles richtig gemacht, bis … Die nächste Wehe brach schnell und heftig über sie herein und baute sich nicht erst langsam auf, um sie vorzuwarnen. Naomi unterdrückte den Drang, aufzuschreien, und zwang sich, regelmäßig ein- und auszuatmen. Wie aus weiter Ferne hörte sie Royce bis zehn zählen. Es erdete sie, bis die Wehe endlich vorüberging und sie sich entspannen konnte. Er war immer so sorgfältig und präzise. Anders als sie in ihrer Impulsivität. Sie hatten sich zweimal getrennt, beim zweiten Mal für immer. Jedenfalls insofern, als sie jetzt nicht mehr miteinander schliefen und jede Erwähnung ihrer einstigen Liebe tabu war. Und als würde ihr das Karma dafür ins Gesicht lachen, dass sie diese angeblichen Grenzen gezogen hatte, saß sie jetzt mit Royce im Schneesturm fest, wie an dem Tag vor fast einem halben Jahr, als sie sich kennengelernt hatten. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, aber die Verlobungszeit war so schnell wieder vorbei gewesen, wie sie zusammengekommen waren. Sie waren einfach zu verschieden. Zuerst hatte Naomis Bedürfnis Probleme gemacht, ständig ihre Stärke und Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen, ein Nebenprodukt ihrer Krebserkrankung als Teenager. Royces überbehütende Art hatte sie eingeengt. Nach einer Weile hatten sie einen Kompromiss gefunden, was das betraf. Trotzdem hatte sich am Ende ihre jeweilige Persönlichkeit als noch größeres Problem erwiesen. Er war ein brillanter, eigenbrötlerischer Mann, der ganz in seiner Arbeit aufging, aber emotional unsicher war und immer noch eine Ersatzfamilie suchte. Sie war extrovertiert und fühlte sich im Gerichtssaal und im Kreise ihrer großen, lauten Familie am wohlsten. In Royces abgelegener Hütte hatte sie fast einen Lagerkoller bekommen. Und er war die Wände hochgegangen, als sie versucht hatten, in der Stadt zu leben. Sie konnte es nicht ertragen, mit anzusehen, wie er verlor, was ihn überhaupt erst zu etwas Besonderem machte. Sie hatten sich eingestehen müssen, dass sie viel zu unterschiedlich waren. Er war ein bewundernswerter Mann. Das setzte ihr mehr zu als alles andere. Dennoch hatte sie die ganze Zeit versucht, ihn von sich zu stoßen. Aber ganz gleich, was sie sagte oder tat, er wollte einfach nicht gehen. Sein Starrsinn bestärkte sie nur in ihrer Ansicht, dass es bei den Gefühlen, die er in ihre gemeinsame Zeit investierte, ausschließlich um die Babys ging. Er hatte darauf bestanden, während ihrer Schwangerschaft mit ihr in Kontakt zu bleiben, obwohl die Babys nicht seine leiblichen Kinder waren. Ihn zu sehen, brach ihr immer wieder das Herz. Aber da er als Berater für das Ölunternehmen ihrer Familie arbeitete, konnten sie einander ohnehin nicht komplett aus dem Weg gehen. Sie mussten lernen, eine friedliche Koexistenz zu führen. Sie hatte nur nicht damit gerechnet, dass diese Koexistenz auch umfassen würde, dass er zwischen ihren angezogenen Knien darauf wartete, ihre Zwillinge auf die Welt zu holen … Eine neue Schmerzwelle ließ sie in Panik geraten. „Ich habe Angst“, keuchte sie und kämpfte gegen den Schmerz an, was alles nur noch schlimmer machte. „Was, wenn etwas nicht stimmt? Wir sind mitten in der Wildnis …“ „Atmen, Naomi, atmen! Alles wird gut.“ „Als ob du …“, sie schnaubte, „… eine andere Wahl hättest …“, noch ein Keuchen, „… als das zu sagen.“ „Bei deiner letzten Untersuchung war alles in Ordnung.“ Er hielt inne und fuhr dann eindringlich fort: „Ich sehe den Kopf des Babys. Du schaffst das. Komm schon, Naomi!“ „Woher weißt du das?“, grummelte sie, klammerte sich am Türgriff fest und presste. Er ließ eine Hand auf ihrem Knie ruhen und fing ihren Blick auf. Warme dunkelbraune Augen. Er war so verlässlich. Ein Fels in der Brandung. „Ich habe schon einmal ein Baby auf die Welt geholt.“ „Wirklich?“ Sie wollte es glauben. Unbedingt. „Habe ich dir das nie erzählt?“ Das Lächeln auf seinem schönen Gesicht weckte Hoffnung in ihr. „Nein.“ Aber sie kannten einander ja auch noch kein Jahr lang. All die Leidenschaft und dann das gebrochene Herz waren in einen sehr engen Zeitraum gezwängt gewesen. Von Anfang an hatten sie die Finger nicht voneinander lassen können. Ihre sexuelle Verbindung hatte Vorrang davor gehabt, einander näher kennenzulernen. ...